4389/J XXVII. GP

Eingelangt am 01.12.2020
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Mag. Stefan

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport 

betreffend Gewichtung akademischer Titel im Bewerbungsverfahrens des Bundes

 

Mastergrade an Fachhochschulen sind akademische Titel, die nur durch ein vorangegangenes Bachelorstudium (im Ausmaß von mindestens 180 ECTS) erreicht werden können. Es sind daher anerkannte Masterstudiengänge. Mastergrade in der Weiter-bildung werden nach Absolvierung von Masterlehrgängen an Fachhochschulen verliehen. Diese Masterlehrgänge, die einen Kostenaufwand von mehreren tausend Euro erfordern, setzten kein Bachelorstudium als vorangegangenes Studium zwingend vor-aus. Eine Aufnahme ist unter anderem auch nach mehrjähriger Berufserfahrung möglich.

Beides hat seinen Ursprung in den gesetzlichen Regelungen des Fachhochschul-Studiengesetzes (FHStG). Masterstudiengänge sind vor allem in § 3 FHStG, Masterlehrgänge in § 9 FHStG geregelt.

Zudem sind Masterstudiengänge „akkreditierte Produkte“, die ein Akkreditierungs-verfahren bei der Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria (AQ Austria) durchlaufen. Masterlehrgänge hingegen werden durch ein FH-internes Qualitätssicherungsverfahren entwickelt, geprüft und freigegeben. Nach spätestens sieben Jahre wird durch ein externes, institutionelles Audit evaluiert.

Die Studienplätze von Masterstudiengänge werden vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung genehmigt und finanziert. Die Förderungshöhe pro Studienplatz hängt vor allem vom Anteil an technischen Lehrveranstaltungen im Curriculum ab. Zudem ist eine Analyse des Bedarfs und der Akzeptanz des Studienganges vor allem im Bereich der Arbeitswelt (Bedarfs- und Akzeptanzanalyse) gesetzlich verpflichtend vorgesehen. Masterlehrgänge werden unter anderem durch Lehrgangsgebühren der Teilnehmer finanziert. Die Förderung von „Studienplätzen“ erfolgt hier nicht.

In § 9 FHStG werden Masterlehrgänge konkret als Lehrgänge zur Weiterbildung charakterisiert, während § 3 FHStG Masterstudiengänge als Studiengänge auf Hochschulniveau mit einer wissenschaftlich fundierten Berufsausbildung definiert. Zusätzlich sind für Studiengänge die kontinuierliche Weiterentwicklung als fester Bestandteil des Qualitätsmanagementsystems der Hochschule verpflichtend.

Zugangsberechtigt für Masterstudiengänge sind nur jene Personen, die einen facheinschlägigen Diplom- oder Bachelorabschluss an einer in- oder ausländischen post-sekundären Bildungseinrichtung absolviert haben. Die Zugangsvoraussetzungen für Masterlehrgänge werden von der anbietenden Institution selbst bestimmt. Eine akademische Vorbildung ist nicht zwingend erforderlich. Allein die berufliche Vorerfahrung kann Interessierte für die Aufnahme qualifizieren.

 

Der Abschluss eines Masterstudienganges und Masterlehrganges berechtigt zum Tragen des akademischen Titels „Master“ ohne Zusatzbezeichnung, wie es bis 2006 noch für den Masterabschluss einer FH üblich war. Jedoch sind Abschlüsse von Masterlehrgängen oftmals weder international anerkannt, noch berechtigen sie zur Fortsetzung eines Doktorats.

Dementsprechend sind Masterstudiengänge und Masterlehrgängen trotz gleichlautender Bezeichnung des akademischen Titels nicht gleichwertig.

 

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundes-minister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport folgende

 

 

Anfrage

 

 

1.    Inwiefern wird im öffentlichen Dienst im Bewerbungsverfahren zwischen Masterstudiengängen und Masterlehrgängen unterschieden?

2.    Inwiefern findet eine Unterscheidung bereits in der Stellenausschreibung statt?

3.    Inwiefern beeinflusst der beschriebene Unterschied von Mastergraden die Entscheidungsfindung bei der Auswahl von Kandidaten für Stellen im öffentlichen Dienst?

a)    Welche Prioritäten sind bei der Auswahl maßgeblich?

b)    Welche Rolle kommt dabei den einzelnen Mitgliedern der Bewerbungs-kommission zu?

4.    Inwiefern können Bewerber mit einem abgeschlossenen Masterlehrgang ohne vorangegangenen Bachelorstudiengang, Bewerbern mit einem abgeschlossenen Masterstudiengang, Bachelorstudiengang oder Diplomstudium bei der Auswahl vorgezogen werden?

5.    Wenn es zu einer Bevorzugung kommen kann, welche rechtliche Grundlage ist dafür maßgeblich?

6.    Sind oder waren im Zusammenhang mit akademischen Graden aufgrund von Masterlehrgängen Verfahren anhängig?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn ja, wann? (Bitte für die Jahre 2015-2020 angeben)

c.    Wenn ja, welche Konsequenzen haben sich daraus ergeben?

7.    Wie werden Absolventen eines Masterlehrganges in den Gehaltsschemata des Bundes eingestuft?

8.    Inwiefern kommt es dabei zu einer Gleich- oder Ungleichbehandlung mit Absolventen eines Masterstudiengangs, Bachelorstudiengangs oder Diplomstudiums?

9.    Unter welchen Voraussetzungen ist es möglich, dass ein Bewerber ohne abgeschlossenes Studium den Vorzug gegenüber einem Mitbewerber mit einem abgeschlossenen Studium erhält?

10. Wie viele Fälle sind Ihnen für die Jahre 2019 und 2020 bekannt?

11. Welche Bedeutung wird der beruflichen Erfahrung im Bewerbungsverfahren im Vergleich zu einem qualifizierten Studium beigemessen?

12. Wer kann im Vorfeld des Bewerbungsverfahrens Einfluss auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung der Ausschreibung und die Zusammenstellung der Anforderungs-erfordernisse nehmen?

13. Wie wird eine Besetzung durch den bestqualifiziertesten Bewerber sichergestellt?

14. Inwiefern und in welcher Regelmäßigkeit evaluieren Sie die diesbezüglichen Mechanismen?