4694/J XXVII. GP

Eingelangt am 18.12.2020
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Anfrage

der Abgeordneten Sabine Schatz, Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend die Hausdurchsuchungen und Waffenfunde im Dezember 2020

 

Im Dezember 2020 verlautbarte der Innenminister in einer Pressekonferenz, dass im rechtsextremen Milieu einer der größten Waffenfunde der letzten Jahrzehnten erfolgt sei. Der Standard schreibt dazu: „Der 53-jährige Peter B., einschlägig verurteilter Rechtsextremer, soll in einen großangelegten Waffen- und Drogenhandel involviert sein. Stimmen seine Aussagen bei der Polizei, sei ein Teil der Waffen für deutsche Neonazis bestimmt gewesen, die damit möglicherweise eine bewaffnete Miliz aufbauen wollten.“[1] Es sei auch neben B. zu vier weiteren Festnahmen in Österreich gekommen. Zwei weitere Festnahmen habe es in Deutschland gegeben.

 

Bei dem Hauptverdächtigen handle es sich um den 53-jährigen Österreicher Peter B, der bereits Anfang der 1990er-Jahre als Neonazi auffiel, unter Briefbomben-Verdacht stand und wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung vorbestraft ist. Bereits 1990 lernte B. Gottfried Küssel im damaligen Stammlokal der "Volkstreuen Außerparlamentarischen Opposition" (VAPO) kennen. Mit dabei war auch der Neonazi Franz Radl. Bei B. waren bereits 1993 dreizehn Gewehre, fünf Pistolen, ein Bajonett sowie Sprengstoffbestandteile, bei seinen Schwiegereltern B.s stellten ErmittlerInnen damals das damals größte Waffenlager der österreichischen Nachkriegszeit sicher: Hunderte von Panzerbüchsen, Hand-und Mörsergranaten, 20 Kilo Sprengstoff TNT und jede Menge Munition. Stimmen die Aussagen des Verdächtigen bei der Polizei, so sei ein Teil der Waffen für deutsche Neonazis bestimmt gewesen, die damit möglicherweise eine bewaffnete Miliz aufbauen wollten.

 

Zuletzt war Peter B. im Juni 2018 wegen NS-Wiederbetätigung zu einer Haftstrafe von über zwei Jahren verurteilt worden.

 

Der Vorsitzende der deutschen InnenministerInnenkonferenz Georg Maier sagte hinsichtlich der Funde: „Die schiere Masse von Waffen, die in Österreich beschlagnahmt wurde, ist beängstigend. Denn man weiß ja, dass diese Leute keine Hemmungen haben, die Waffen auch einzusetzen. Das macht mir Sorgen.“[2]

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende Anfrage:

 

1.   Wie viele Verdächtige gibt es in der oben genannten Causa aktuell (aufgeschlüsselt nach Bundesländern, Staatsbürgerschaft, Geschlecht)?

2.   Wie viele Hausdurchsuchungen fanden insg. Im Kontext der genannten Causa statt? (Bitte um Aufschlüsselung nach Datum und Uhrzeit des Beginns der HD, Postleitzahl)

a.    Wie viele Wohneinheiten wurden durchsucht?

b.    Wann wurden die richterlichen Beschlüsse für die HDs jeweils angesucht und genehmigt?

3.   Wurden bei allen Verdächtigen Hausdurchsuchungen durchgeführt?

a.    Wenn nein, warum nicht?

4.   Wie viele BeamtInnen waren im genannten Kontext jeweils und insgesamt im Einsatz?

a.    Welche Einheiten führten die Hausdurchsuchungen jeweils aus?

5.   War die Einsatzgruppen zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS) an den Hausdurchsuchungen in irgendeiner Form an den Hausdurchsuchungen beteiligt? (Bitte um Ausführungen)

6.   Kam es im Zuge der Hausdurchsuchungen auf Seiten der Verdächtigen zu Verstößen gegen österreichische Rechtsnormen?

a.    Wenn ja, inwiefern und in wie vielen Fällen? (Bitte um Auflistung nach Verstoß)

7.   Wurden PolizeibeamtInnen im Kontext der Hausdurchsuchungen verletzt?

8.   Gegen wie viele der Beschuldigten liegen aufrechte Waffenverbote vor?

9.   Wie viele der Beschuldigten verfügen über eine Waffenbesitzkarte bzw. einen Waffenpass? (Bitte um Auflistung nach Geschlecht, Staatsbürgerschaft und Bundesland)

10.Wie viele der Verdächtigen waren bereits vor den Ermittlungen rund um die genannte Causa amtsbekannt? (Bitte um Auflistung nach Bundesland und Geschlecht)

a.    In wie vielen Fällen sind Verdächtige in der genannten Causa bereits wegen Verstößen gegen das Verbotsgesetz amtsbekannt?

b.    In wie vielen Fällen sind Verdächtige bereits wegen Verhetzung amtsbekannt?

11.Lag gegen eine/n oder mehrere Beschuldigte ein dringender Tatverdacht vor?

a.    Wenn ja, gegen wie viele Beschuldigte lag ein dringender Tatverdacht vor?

12.Wegen des Verstoßes gegen welche Rechtsnormen wurden die Hausdurchsuchungen durchgeführt? (Bitte um konkrete Ausführungen)

13.Wann wurde der Termin der Hausdurchsuchungen festgelegt?

a.    Warum wurde der konkrete Termin gewählt?

14.Wann wurden Sie von der Hausdurchsuchung informiert?

15.Wie viele Festnahmen gab es im Zusammenhang mit der genannten Causa?

16.Erweitere sich der Kreis der Verdächtigen im Zusammenhang mit Ermittlungserkenntnissen in dieser Causa?

a.    Wenn ja, um wie viele Personen? (Bitte um Angabe nach Geschlecht, Bundesland)

 

Verortung der Verdächtigen

17.Liegt in Ihrem Ressort eine Gefahreneinschätzung hinsichtlich der Häufung von Waffenfunden im rechtsextremem Milieu vor?

18.Fanden Hausdurchsuchungen in diesem Zusammenhang bei Mitgliedern/AktivistInnen der Identitären Bewegung statt?

a.    Wenn ja, bei wie vielen?

19.Sind in Ihrem Ressort Verbindungen zwischen den Verdächtigen und der Identitären Bewegung bekannt?

a.    Wenn ja, welche?

20.Fanden Hausdurchsuchungen in diesem Zusammenhang bei Mitgliedern/AktivistInnen von „Die Österreicher“ statt?

a.    Wenn ja, bei wie vielen?

21.Sind in Ihrem Ressort Verbindungen zwischen „Die Österreicher“ und den Verdächtigen im Kontext genannten Causa bekannt?

a.    Wenn ja, welche?

22.Fanden Hausdurchsuchungen in diesem Kontext bei Mitgliedern deutschnationaler Burschenschaften statt?

a.    Wenn ja, bei wie vielen?

23.Wie viele der Beschuldigten sind einschlägig bekannten Gruppen/ Organisationen/ Netzwerken der extremen Rechten zuzuordnen? (Bitte um Auflistung der Anzahl pro Gruppe/Organisation/Netzwerk)

24.Wie viele der Beschuldigten weisen Verbindungen zu parlamentarischen Parteien auf und/oder sind MandatsträgerInnen auf Gemeinde-/Länder-/Bundesebene bzw. in öffentlichen Körperschaften?

25.Wie viele der Verdächtigen sind auch im Verschwörungstheoretischen Umfeld zu verorten?

26.Wie viele der Verdächtigen sind auch im Umfeld der Reichsbürger/Staatsverweigerer zu verorten?

27.Gibt es in Ihrem Ressort durch die Ergebnisse der Hausdurchsuchung eine neue Bewertung der Gefahrenlage, die durch Rechtsextremismus in Österreich ausgeht?

 

Sicherstellungen

28.Was wurde bei den Hausdurchsuchungen konkret sichergestellt? (Bitte um konkrete und vollständige Auflistung)

a.    Wie viele sichergestellte Objekte verstoßen dabei konkret gegen das Verbotsgesetz?

b.    Wie viele sichergestellte Objekte verstoßen dabei konkret gegen das Abzeichengesetz?

c.    Wie viele Waffen wurden bei den Hausdurchsuchungen beschlagnahmt?

29.Bei wie vielen Beschuldigten wurden Waffen gefunden?

a.    Liegen bei allen gefunden Waffen alle notwendigen Berechtigungen vor?

b.    Bei wie vielen Beschuldigten wurden illegale Waffen gefunden?

c.    Welche Arten von Waffen wurden bei den Beschuldigten gefunden?

d.    Was ergaben die kriminaltechnischen Untersuchungen hinsichtlich der Einsatzfähigkeit der Waffen ergeben? (Bitte um konkrete Ausführungen)

e.    Wie viele der gefunden Waffen können als Kriegsmaterial klassifiziert werden?

                                         i.    Was ergaben die kriminaltechnischen Untersuchungen hinsichtlich der Einsatzfähigkeit des Kriegsmaterials ergeben? (Bitte um konkrete Ausführungen)

f.     Wurden Waffen bei Beschuldigten gefunden, gegen die es bereits ein bestehendes Waffenverbot gibt?

                                         i.    Wenn ja, bei wie vielen?

                                        ii.    Wenn ja, wie viele Waffen wurden bei jenen Beschuldigten gefunden, die bereits ein Waffenverbot erhalten hatten?

30.Konten kriminaltechnische Untersuchen der Waffen feststellen, ob diese bereits in Verwendung waren?

31.Ist in Ihrem Ressort bekannt, wo die/der Verdächtige(n) die Waffen erworben hatte?

a.    Wenn ja, leiten sich darauf für Ihr Ressort konkrete Handlungsschritte ab?

b.    Wenn nein, warum nicht?

32.Wurden nach den Hausdurchsuchungen Waffenverbote ausgesprochen?

33.Wie viele der beschlagnahmten Mobiltelefone wurden kriminaltechnisch bereits ausgewertet?

34.Wie viele der beschlagnahmten Laptops/Festplatten/PCs wurden kriminaltechnisch bereits ausgewertet?

35.Wie viele der beschlagnahmten Datenträger wurden kriminaltechnisch bereits ausgewertet?

36.Ist es, resultierend aus den Ermittlungsergebnissen der Hausdurchsuchungen zu weiteren Festnahmen/Hausdurchsuchungen gekommen?

a.    Wenn ja, warum und wie viele?

37.In den Medien wurde berichtet, dass alleine bei einer Örtlichkeit ca. bis zu 100.000 Schuss Munition gefunden wurden. Ist das korrekt?

38.Wie viel Schuss Munition wurde im Zuge der HD insg. sichergestellt? (Angabe so genau wie möglich bitte)

 

Sonstiges

39.Steht die genannte Causa in einem Zusammenhang mit den Waffenfunden vom 16. September 2020 (vgl. 3486/AB vom 23.11.2020 zu 3460/J (XXVII. GP[3])?

40.Kann ein Kontakt zwischen den Verdächtigen im Zusammenhang mit der Causa des Dezember 2020 und dem Verdächtigen vom 16. September ausgeschlossen werden?

41.Wie das Innenministerium am 10.11.2020 in einer Aussendung[4] bekannt gab, fanden bei 40 Verdächtigen Hausdurchsuchungen im Zusammenhang mit mutmaßlichem Rechtsextremismus statt. Steht die Causa vom Dezember 2020 in einem Zusammenhang mit den HD im November 2020?

42.Kann ein Kontakt zwischen den Verdächtigen im Zusammenhang mit der Causa des Dezember 2020 und dem Verdächtigen vom November ausgeschlossen werden?

43.Kann ein Kontakt zwischen den Verdächtigen im Zusammenhang mit der Causa des November 2020 und dem Verdächtigen vom 16. September ausgeschlossen werden?

44.Wurden bei der Hausdurchsuchung Belege/Hinweise für die Aussage des Verdächtigen gefunden, Waffen für deutsche Neonazis bestimmt gewesen seien, die damit eine bewaffnete Miliz aufbauen wollen würden?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Ist in Ihrem Ressort bekannt, ob der deutsche Partnerdienst diesbezüglich weitere Ermittlungsfortschritte erzielen konnte?



[1] https://www.derstandard.at/story/2000122445163/fuenf-festnahmen-und-spektakulaerer-waffenfund-in-rechtsextremer-szene [zuletzt abgerufen am 15. Dezember 2020]

[2] https://www.rnd.de/politik/chef-der-innenministerkonferenz-alarmiert-waffenfund-in-osterreich-beangstigend-D2JGPNANKBACVIZNXZF4UNWDVE.html [zuletzt abgerufen am 16. Dezember 2020]

[3] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_03486/imfname_850317.pdf, [zuletzt abgerufen am 16. Dezember 2020]

[4] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20201110_OTS0159/entschiedener-kampf-gegen-jede-form-von-extremismus, [zuletzt abgerufen am 10. November 2020]