4714/J XXVII. GP

Eingelangt am 21.12.2020
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Anfrage

der Abgeordneten Andreas Kollross und Alois Stöger, Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie

betreffend verpflichtende Einführung eines Abbiegeassistenten für LKW

Rechtsabbiegende LKW stellen im innerstädtischen Bereich für RadfahrerInnen und FußgängerInnen eine erhebliche Gefährdung dar. In Wien verstarb vor eineinhalb Jahren ein 9-jähriger Bub, nachdem er von einem LKW-Fahrer im toten Winkel übersehen wurde. Generell verunglückte eine hohe Anzahl von FahrradfahrerInnen und FußgängerInnen durch Kollisionen mit LKW.
Im Jahr 2019, dem aktuellsten Jahr, das von der Statistik Austria ausgewertet wurde, kamen neun Menschen in solchen Unfallsituationen ums Leben. In den fünf Jahren davor bewegte sich diese Zahl zwischen 14 und 21 Todesopfern.

Dem Stand der Technik entsprechende Assistenzsysteme können im direkten Umfeld des LKW ungeschützte VerkehrsteilnehmerInnen erkennen und den/die FahrerIn warnen. Die deutsche Unfallforschung der Versicherer (UDV) geht davon aus, dass etwa ein Drittel der im Straßenverkehr getöteten RadfahrerInnen bei Abbiegeunfällen ums Leben kommen. Eine Studie aus dem Jahr 2011, die vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft in Auftrag gegeben wurde, ergab, dass - bezogen auf alle Unfälle zwischen LKW und RadfahrerInnen und FußgängerInnen - fast die Hälfte mit Hilfe eines Abbiegeassistenten vermeidbar gewesen wäre.

Das Kraftfahrgesetz regelt im §23, dass Kraftfahrzeuge und damit auch LKW mit geeigneten, entsprechend großen Rückspiegeln und erforderlichen anderen Einrichtungen für die indirekte Sicht ausgerüstet sein müssen, die so angebracht sind, dass der/die LenkerIn von seinem Platz aus die Straße neben und hinter dem Fahrzeug ausreichend überblicken kann, auch wenn das Fahrzeug voll besetzt oder beladen ist.

Seit 2011 gibt es die technische Möglichkeit des Einbaus eines Abbiegeassistenten für LKW. Diese Abbiegeassistenzsysteme können erheblich zur Verbesserung der Verkehrssicherheit im Straßenverkehr beitragen und Unfälle zwischen rechtsabbiegenden LKW und ungeschützten VerkehrsteilnehmerInnen verhindern. Bereits im Jahre 2017 wurde im Verkehrsministerium das Testprojekt „Mobil-Eye" gestartet, in dem LKW mit einem Abbiegeassistenten ausgestattet wurden. In diesem Test war ein Sensor, der ein Warnsignal abgibt, in die LKW installiert. Auch die „General Safety Regulation" der Europäischen Kommission vom 17. Mai 2018 fordert die Einführung von elektronischen Abbiegeassistenten für LKW und Busse. Ebenso hat sich der Verkehrsministerrat unter österreichischer Präsidentschaft mit einem Straßenverkehrssicherheitspaket befasst.

Unternehmen/HalterInnen von KFZ wird vom BMK eine Förderung für die Kosten von Anschaffung und Einbau von Rechts-Abbiegeassistenzsystemen in Bestandsfahrzeugen und Neufahrzeugen in Höhe von bis zu EUR 900 pro neu installiertem System angeboten. Da eine Nachrüstung Kosten von lediglich EUR 2.000 bis 3.000 verursacht, kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine Nachrüstung die Unternehmen grob unangemessen belastet.

Die Einführung von verpflichtenden Abbiegeassistenten und eine entsprechende Nachrüstung für bereits zugelassene LKW scheint aus all den genannten Gründen zwingend geboten. Die EU-weite Verpflichtung zu Abbiegeassistenzsystemen in neuen LKW ab 2022 birgt die Gefahr, dass jetzt installierte Systeme mit den später definierten Standards nicht kompatibel sind. Daher ist die Bundesregierung gefordert, sich auf EU-Ebene für einen auch später gültigen technischen Rahmen von Standards einzusetzen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1.       Im Verkehrsausschuss am 22. Oktober gaben Sie an, sich auf EU-Ebene intensiv für verpflichtende Regeln einzusetzen. Haben Sie sich seit dem 22.Oktober bereits auf EU-Ebene für einen langfristig gültigen Standard bei Abbiegeassistenzsystemen eingesetzt?

                                                   i.      Wenn ja, wann und bei welcher Gelegenheit?

                                                 ii.      Wenn ja, welche gesetzlichen Regelungen haben Sie vorgeschlagen?

                                               iii.      Wenn nein, wann gedenken Sie das zu tun?

                                               iv.      Wenn nein, welche gesetzlichen Regelungen werden Sie vorschlagen?

 

2.       Gedenken Sie eine Novelle des Kraftfahrgesetzes 1967 zu initiieren, wonach bereits zugelassene, österreichische Lastkraftwagen mit technisch geeigneten Abbiegeassistenzsystemen verpflichtend nachzurüsten sind?

a.       Wenn ja, wann werden Sie dieses Gesetz in Begutachtung schicken?

b.       Wenn ja, wann soll dieses Gesetz in Kraft treten?

c.       Wenn nein, warum nicht?

 

3.         Wie viele Rechts-Abbiegeassistenzsystemen wurden im Zuge der sechsten Ausschreibung des Österreichischen Verkehrssicherheitsfonds gefördert? (Mit Bitte um Anzahl der ausgerüsteten LKW, Höhe der ausgegebenen Summe und Auflistung nach Bestandsfahrzeugen und Neufahrzeugen)

4.       Haben Sie Kenntnis darüber, wie viele LKW in Österreich ohne einem Rechts-Abbiegeassistenzsystem auf den Straßen unterwegs sind?

a.         Wenn ja, wie viele?

5.       Haben Sie Kenntnis darüber, wie viele LKW in Österreich mit einem Rechts-Abbiegeassistenzsystem auf den Straßen unterwegs sind?

a.         Wenn ja, wie viele?

6.       Haben Sie ein erklärtes Ziel, wie viele LKW bis 2024 mit Rechts-Abbiegeassistenzsystemen ausgestattet werden sollen?

a.         Welchen prozentuellen Anteil in der LKW-Flotte sollen diese darstellen?

7.       Planen Sie weitere Maßnahmen, um die Nachrüstung von Rechts-Abbiegeassistenzsystemen in LKW voranzutreiben?