4761/J XXVII. GP

Eingelangt am 23.12.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres

betreffend Abfluss von Bundesheerwaffen an deutsche Neonazis

Vergangenen Freitag wurde ein erfolgreicher Großschlag des Wiener Landeskrimi­nalamtes gegen die militante Szene bekannt: Im Zuge von Suchtgiftlieferungen aus Deutschland im Oktober wurde ein Waffenarsenal entdeckt (https://www.krone.at/2296749). Maschinengewehre und andere Waffen "wie für ei­nen Krieg" wurden bei einer Bande Rechtsextremer sichergestellt - der Hauptver­dächtige in dieser Causa ist einer der bekanntesten österreichischen Neonazis. Er hat die Geschichte der rechten Szene Österreichs stark geprägt und ist als Gefolgs­mann von Gottfried Küssel bekannt. Schon in den 80ern machten die gemeinsamen "Wehrsportübungen" (bei denen auch Heinz-Christian Strache zu Gast war) Schlag­zeilen. Er war bereits wegen Wiederbetätigung in Haft. Die Ermittler des LKA Wien fanden bei Hausdurchsuchungen unter anderem 20 hochmoderne Maschinenpisto­len, insgesamt mehr als 70 automatische und halb automatische Schusswaffen, so­wie Munition in sechsstelliger Zahl.

Bei den Ermittlungen wegen der Drogenlieferungen aus Deutschland wurde zudem festgestellt, dass mit dem Erlös Waffen aufgekauft wurden, die in weiterer Folge für Deutschland bestimmt waren. Auch Innenminister Karl Nehammer bestätigt, dass die Waffen für die rechtsextreme Szene in Deutschland bestimmt gewesen seien, "um eine rechtsradikale Miliz" aufzubauen.

Der Fund ist grundsätzlich also durchaus positiv. Aber nun gibt es neue Details. Zum einen scheint der Hauptverdächtige die Pistolen der Marke Glock nämlich selbst ge­baut zu haben. Aber noch brisanter; es wurden Stg77 gefunden, die eigentlich beim Bundesheer verwendet werden. Das bedeutet, dass nun geprüft werden muss, ob die Sturmgewehre möglicherweise aus Militärbeständen stammen.

Was eigentlich klingt, als wäre es völlig unmöglich, ist tatsächlich gar nicht so un­wahrscheinlich; selbst bei der deutschen Bundeswehr wurde vor Kurzem von einem ähnlichen Fall berichtet: https://www.tagesschau.de/inland/bundeswehr-munition- 105.html. Der Eliteeinheit KSK fehlten plötzlich Munition und Sprengstoff - danach wurde zusätzlich bekannt, dass auch der Bundeswehr einiges an Munition abhanden gekommen war. Auch im Fall der KSK besteht der Verdacht, dass Rechtsextremisten auf diese Art und Weise versucht haben, sich mit Waffen und Munition auszustatten. Um Zahlen zu nennen: Der Bundeswehr fehlen mehr als 60.000 Schuss Munition, der KSK Einheit wurden 62 Kilogramm Sprengstoff und 48.000 Schuss Munition ent­wendet.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

1.    Inwieweit sind Sie oder Mitarbeiter_innen Ihres Ressorts in die Ermittlungen zu dem oben genannten Fall eingebunden?

2.    Beim Diebstahl von Militärwaffen ist im Regelfall davon auszugehen, dass diese für kriminelle und/oder terroristische Zwecke gedacht sind. Gibt es ein Prozedere nach dem das BMLV Verluste von Waffen und Sprengstoff an das BMI und/oder andere zivile Behörden meldet?

a.    Wenn ja, bitte um Übermittlung.

b.    Wenn nein, gibt es Überlegungen, ein solches - zum Beispiel im Rah­men der BVT Reform - zu erstellen?

3.    Wie viele Faustfeuerwaffen (insb. Glock) und Langwaffen (insb. StG 77) und wie viel Stück dazu gehörige Munition bzw. Sprengstoff aus den Beständen des In­nenministerium bzw. der Polizei sind seit 2015 als abgängig/verloren/gestohlen etc. gemeldet?

a.    Wie verteilen sich diese Fälle auf die einzelnen LPDs?

b.    In wie vielen Fällen wurden die Waffen, Munition bzw. Sprengstoff zu einem späteren Zeitpunkt aufgefunden?

c.     In wie vielen Fällen wurden die Waffen, Munition bzw. Sprengstoff zu einem späteren Zeitpunkt nicht aufgefunden?

d.    In wie vielen Fällen konnte der Verbleib des Materials geklärt werden?

e.    In wie vielen Fällen konnte der Verbleib des Materials nicht geklärt wer­den?

4.    In wie vielen Fällen verschwand das Material aus der unmittelbaren Gewahrsame eines/einer Polizist_in?

5.    In wie vielen Fällen verschwand das Material aus einem Depot in einer PI?

6.    In wie vielen Fällen verschwand das Material aus der Gewahrsame eines zentra­len Polizeidepots?

7.    Ist jede Waffe im Bestand des BMI einem bestimmten Angehörigen des BMI/der Polizei zugeordnet?

8.    Existiert im Wirkungsbereich des BMI eine zentrale Datei, die sämtliche Dienst­waffen und deren persönliche Zuordnung bzw. ihren Lagerplatz erfasst?

9.    Welches Prozedere existiert im Wirkungsbereich des Innenministeriums für verlo­rene/abgängige/gestohlene Waffen, Munition bzw. Sprengstoff der Polizei?

10. Welche Präventionskonzepte existierten im Wirkungsbereich des Innenministeri­ums um den Verlust/Abgang/Diebstahl von Waffen, Munition bzw. Sprengstoff der Polizei zu verhindern?

11 .Wenn es schon in der Vergangenheit zu Diebstall von Waffen, Munition oder Sprengstoff oder anderen Beständen des BMI oder andere öffentlicher Institutio­nen kam, welche Schritte wurden gesetzt, um solche Vorfälle in Zukunft zu ver­meiden?