5027/J XXVII. GP

Eingelangt am 18.01.2021
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Anfrage

der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Frauen und Integration im Bundeskanzleramt

betreffend Negative Auswirkungen der Teilzeitbeschäftigung von Frauen: Frauenbilder

 

Gemeinhin wird mit dem rohen statistischen Einkommensunterschied darauf gepocht, dass Frauen einfach deshalb weniger verdienen, weil sie eben Frauen sind. Jedoch ist dieser Vorwurf der pauschalen geschlechtsspezifischen Lohndiskriminierung nur bedingt haltbar. Tatsächlich lässt sich ein erheblicher Teil der vorhandenen Einkommensunterschiede anhand verschiedener Charakteristika erklären und nachvollziehbar begründen. Hauptsächliche Gründe für den Lohnunterschied sind etwa die Berufswahl, tatsächlich angewandte Kompetenzen im Job, vor allem aber lange Karenzzeiten und die Rückkehr in den Job auf Teilzeitbasis. Zwei Aspekte darunter scheinen besonders großen Einfluss zu nehmen: Erstens ist der österreichische Arbeitsmarkt stark in sogenannte Männer- und Frauenberufe aufgeteilt, die schlichtweg unterschiedlich bezahlt werden.

Zweitens werden sowohl in der Praxis als auch in der Literatur Berufsunterbrechungen und lange Teilzeitphasen als ein wichtiger Grund für die unterschiedliche Bezahlung von Männern und Frauen erkannt. In Österreich dauert die Zeit der Elternkarenz länger als in skandinavischen Ländern, andere Rollenbilder verstärken die Tendenz zur langen Karenz noch zusätzlich. Österreichische Frauen sind auch heute noch vergleichsweise traditionell: Laut der Befragung des International Social Survey Programme stimmten 52 Prozent der Frauen in Österreich der Aussage zu oder sogar stark zu, dass das „Familienleben leidet, wenn die Mutter Vollzeit arbeitet“. In Schweden und Dänemark waren es jeweils nur 14,8 Prozent und 19 Prozent. Umgekehrt stimmten 43 der befragten Schwedinnen bzw. 60 Prozent der befragten Däninnen dieser Aussage „absolut nicht“ zu.

Speziell die Mutterschaft wirkt sich signifikant auf das Einkommen von Frauen aus. Zehn Jahre nach der Geburt des ersten Kindes liegt das Erwerbseinkommen von Frauen in Österreich im Schnitt um 51 Prozent unter dem Wert im Jahr vor der Geburt wie eine neue Studie zeigt. Der maßgeblich größte Teil der Gehaltseinbußen entsteht, weil Mütter die Arbeitszeit reduzieren. Viele Frauen kehren nach einer Geburt nur in Teilzeit auf den Arbeitsmarkt zurück, manche gar nicht

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Die Auswirkungen einer Teilzeitbeschäftigung manifestieren sich in einem geringeren Einkommen, schlechteren Aufstiegschancen, weniger Arbeitslosengeld aber auch in niedrigeren Pensionen. 

Zu einem interessanten Ergebnis kommt außerdem eine aktuelle Studie, wonach mehr Kindergartenplätze, oder die Dauer der Karenz bedingt Auswirkungen auf das Einkommen haben, da Frauen nach der Geburt großteils einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen und im weiteren Erwerbsverlauf nur in den seltensten Fälle in eine Vollzeitbeschäftigung wechseln. Ausschlaggebend ist hier neben einer modernen Familien und Arbeitsmarktpolitik vor allem eine gute Informationspolitik und ein vorausschauendes, frauenpolitisches Maßnahmenpaket zur Abfederung der negativen Folgen von Teilzeitarbeit für Frauen.

https://www.derstandard.at/story/2000121606806/starke-gehaltseinbussen-fuer-muetter-mehr-kindergartenplaetze-helfen-kaum

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Im Regierungsprogramm ist das Ziel verankert, dass Frauen selbstbestimmt, ökonomisch unabhängig und frei von Gewalt oder Angst vor Diskriminierung leben. Sind seitens der Regierung aktuell konkrete frauenpolitische Maßnahmen zur Förderung der ökonomischen Unabhängigkeit von Frauen geplant?

a.    Wenn ja, welche Maßnahmen, in welchem Zeitrahmen und mit welchem Budget?

b.    Wenn nein, weshalb nicht und was ist in weiterer Folge geplant?

2.    Werden aktuell frauenpolitische Maßnahmen entwickelt, um die Teilzeitquote von Frauen über den Erwerbsverlauf zu reduzieren?

a.    Wenn ja, welche Maßnahmen sind dahingehend geplant? Bitte um Auflistung nach Maßnahme, Zeithorizont für die Umsetzung und budgetäre Dotierung.

b.    Wenn nein, warum nicht und wann ist mit diesbezüglichen Maßnahmen zu rechnen?

3.    Werden aktuell frauenpolitische Maßnahmen entwickelt, um auch Alleinerzieher_innen insgesamt stärker in der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu unterstützen?

a.    Wenn ja, welche Maßnahmen sind dahingehend geplant? Bitte um Auflistung nach Maßnahme, Zeithorizont für die Umsetzung und budgetärer Dotierung.

b.    Wenn nein, warum nicht und wann ist mit diesbezüglichen Maßnahmen zu rechnen?

4.    Der flächendeckende Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen ist ein wesentlicher Baustein, um Frauen und Familien eine Vollzeitbeschäftigung auch nach der Geburt ihrer Kinder zu ermöglichen. In welchem Umfang ist vorgesehen, Kinderbetreuungseinrichtungen bis 2024 auszubauen? Bitte um Auflistung nach Bundesländern und Art der Einrichtung. 

5.    Das weitere Aufbrechen der Rollenbilder, der angelernten Rollen und der Rollenverhältnisse von Frauen und Männern sind ebenfalls im Regierungsprogramm verankert. Welche Schritte und welche konkreten Maßnahmen setzt die Bundesregierung dahingehend?

6.    Werden seitens der Bundesregierung Maßnahmen gesetzt, um eine geschlechtergerechtere Beschäftigungsverteilung auf dem Teilzeit-Arbeitsmarkt zu forcieren, also auch mehr Männer in den Teilzeit-Arbeitsmarkt zu bringen?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn nein, warum nicht und sind in weiterer Folge Maßnahmen angedacht?

7.    Werden seitens der Regierung frauenpolitische Maßnahmen gesetzt, um mehr Frauen in Vollbeschäftigung anstatt in Teilzeitbeschäftigung zu bringen?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn nein, warum nicht und sind in weiterer Folge Maßnahmen angedacht?

8.    Die Auswirkungen von Teilzeitbeschäftigungen manifestieren sich in geringerem Einkommen, schlechteren Aufstiegschancen und niedrigeren Pensionen. Speziell für Frauen, die nach der Geburt Ihres Kindes/ihrer Kinder nur in Teilzeit auf den Arbeitsmarkt zurückkehren, ebnet das den direkten Wege in die Altersarmut. Sind seitens der Bundesregierung Maßnahmen angedacht, die dieser „Altersarmutsfalle“ für Frauen entgegenwirken?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn nein, warum nicht und sind in weiterer Folge Maßnahmen angedacht?