5294/J XXVII. GP

Eingelangt am 10.02.2021
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Anfrage

 

des Abgeordneten David Stögmüller, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Das Netzwerk rund um Wirecard und Jan Marsalek. Wie weit reicht es und was wurde alles augespitzelt?

 

BEGRÜNDUNG

 

Laut diversen Medienberichten in Deutschland[1] und Österreich[2] sagte der Ex-BVT Abteilungsleiter M.W. bei seiner Beschuldigteneinvernahme am 24.01.2021 aus, dass er sich mit einer österreichischen Journalist*in und dem Bundestagsabgeordneten der Fraktion „die Linken“ Fabio De Masi beschäftigt hat. Auch sein Kollege im BVT E.O. dessen Haft gerade um einige Wochen verlängert wurde stehen im Mittelpunkt der Ermittlungen.

In dem am 03.02.2021 erschienenen Artikel mit dem Titel: „Posse oder Staatsaffäre“ der Süddeutschen Zeitung wird über einen Chat-Austausch dazu berichtet:

Bei ihren Ermittlungen gegen die beiden Nachrichtendienstler stieß die Wiener Staatsanwaltschaft nun auf einen ominösen Threema-Chat zwischen den beiden. Darin taucht unter anderem der Bundestagsabgeordnete Fabio De Masi von den Linken auf. De Masi sitzt als Obmann der Linken im Wirecard-Untersuchungsausschuss und war zuvor schon im Finanzausschuss mit kritischen Fragen zu dem Aschheimer Unternehmen aufgefallen. Vielleicht bezeichnete ihn O. deshalb als "linken Cretin", als "linken Dummkopf". […] Der Chat zwischen Martin W. und O., der der SZ vorliegt, fand am 8. Januar statt. Er legt nun den Verdacht nahe, dass auch De Masi das Opfer einer Ausspähaktion hätte werden können. Es geht darum, ob De Masi mit einer österreichischen Journalistin "unter einer Decke stecke". Und um die Weiterleitung des Lebenslaufs des Politikers an den früheren Kanzleramtsminister Bernd Schmidbauer.“[3]

Auffallend in der Einvernahme des Beschuldigten ist, dass er einerseits über Journalisten und Politiker Erkundungen anstrebt, aber auch, dass es weitere Angaben außerhalb der Vernehmungen zu diesem Komplex gegeben hat.

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Auszug aus der Beschuldigtenvernehmung GZ: 3725158/BK/3.1 vom 24.01.2021

Es ist schon sehr beachtenswert, wenn sich ranghohe Beamte des BVT über Journalisten und Abgeordnete austauschen und W. diese Informationen wie in der Einvernahme ersichtlich an seinen Freund Herrn Schmidbauer aus der BRD weitergibt.

Fabio de Masi ist Obmann der Partei Die Linke im Wirecard-Untersuchungsausschuss im deutschen Bundestag und hat sich auch zuvor bereits mit den Auffälligkeiten von Wirecard im deutschen Finanzausschuss des Bundestages beschäftigt.

Herr Schmidbauer – der Freund aus der BRD von Herrn W. aus dem BVT – war zwischen 1991 und 1998 zuständiger Koordinator für die Geheimdienste unter Bundeskanzler Helmut Kohl. Seither berät er Regierungen und hat nach eigenen Aussagen „enge Kontakte unter anderem zu Russland, Israel und Libyen“. Hier soll es währen der Befreiung von österreichischen Geiseln aus Libyen Kontakt gegeben haben – so die Süddeutsche Zeitung.

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Auszug aus der Beschuldigtenvernehmung GZ: 37251/BK/3.1 vom 23.01.2021


 

Bundestagabgeordneter Fabio De Masi hat bereits ein Schreiben an Sie als Innenminister gerichtet:

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Für unsere deutschen Bundestagskollegen im Untersuchungsausschuss hätte der Vorfall das Zeug für eine Staataffäre und diese äußern sich auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung wie folgt:

De Masis Kollegen aus dem Untersuchungsausschuss jedenfalls, Florian Toncar (FDP) und Danyal Bayaz (Grüne), halten den Vorfall schon jetzt für "ein starkes Stück, das lückenlos aufgeklärt werden müsse". Sie wollen das Thema in den Untersuchungsausschuss bringen.“

Die gesamte Causa gehört dringend aufgeklärt, zum einem wurden bzw. werden (ausländische) Politiker und Journalisten vom BVT bespitzelt und zum anderen welche Konsequenzen werden Sie als zuständiger Minister ziehen, damit dieser Vorfall nicht zu diplomatischen Verwicklungen führt.

Daher stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgende

ANFRAGE

 

1.    Wie viele Mitarbeiter*innen in der Ressortzuständigkeit des BMI sind der AG FAMA zugeteilt? (wenn es dabei eine Unterscheidung zwischen Beamten gibt, die für die StA und welche die für die WKStA ermitteln – bitte um Aufschlüsselung)?

a.    Wie viele davon sind aus der Abteilung BK 3.1?

 

2.    Welcher aktuelle Erkenntnisstand zu den in der Begründung genannten Umständen liegt Ihnen zum Zeitpunkt der Beantwortung der Anfrage vor?

 

3.    Wie oft und wann wurde Martin W. (Ex-Abteilungsleiter des BVT’s) einvernommen? Geben Sie bitte jeweils ein konkretes Datum an.

 

4.    Wie oft und wann wurde sein Kollege E.O. (zuletzt in der SIAK tätig) einvernommen? Geben Sie bitte jeweils ein konkretes Datum an.

 

5.    Wird das Verfahren ausschließlich bei der StA Wien geführt?

a.    Wenn nein, bei welcher Staatsanwaltschaft wird noch ein Verfahren geführt?

b.    Wenn Ihnen bekannt, wird dazu ein anderes Verfahren als zu 553 St 5/21y bei der StA geführt?

 

6.    Hat die Soko AG FAMA Akteneinsicht in das von der StA München geführte Verfahren AZ 402 JS 150939/20?

a.    Wenn ja, mit welchem Datum war die letzte Einsicht bzw Übermittlung von Akten?


 

7.    Wurde das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung in die Ermittlungen miteinbezogen?

a.    Wenn ja, ab welchem Zeitpunkt? Bitte um Angabe eines genauen Datums.

b.    Wenn ja, welche Abteilung im BAK wurde miteinbezogen und mit welchen Aufgaben?

 

8.    Haben Mitarbeiter*innen des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung auf deutschem Boden spioniert?

 

9.    Wurden bzw. werden im BVT sensible Informationen über (Bundes- oder Landes) Politiker von Deutschland eingeholt?

 

10. Wurden bzw. werden im BVT sensible Informationen über (Bundes- oder Landes) Politiker von Österreich eingeholt?

 

11. Wurden bzw. werden im BVT Informationen über (Bundes- oder Landes) Politiker von Deutschland gesammelt?

 

12. Wurden bzw. werden im BVT Informationen über (Bundes- oder Landes) Politiker von Österreich gesammelt?

 

13. Zu wie vielen Abfragen über Bundes- und Landespolitiker in Österreich, die zum Zeitpunkt der Abfrage noch aktiv waren, kam es in den letzten 5 Jahren im BVT?

 

14. Zu wie vielen Abfragen über Bundes- und Landespolitiker in Deutschland, die zum Zeitpunkt der Abfrage noch aktiv waren, kam es in den letzten 5 Jahren im BVT?

 

15. Wurden bzw. werden im BVT Informationen über Journalist*innen, wie namentlich in der Beschuldigtenvernehmung GZ: 37251/BK/3.1 genannt wurden, gesammelt?

a.    Wenn ja, in welchem Umfang, warum und mit welcher Begründung?

 

16. Sind Ihnen bzw. Ihrem Ministerium inklusive untergeordneten Dienststellen derartige Abfragen aus dem Polizeiregister wie es aus der Beschuldigtenvernehmung GZ: 37251/BK/3.1 hervorgeht bekannt?

 

17. Gab es ein Amtshilfeersuchen aus Deutschland? Worauf bezog sich dieses?

 

18. Haben Sie Fabio De Masi bereits auf sein Schreiben geantwortet?

a.    Wenn ja, wann haben Sie geantwortet? Mit welchen Informationen?

b.    Wenn nein, warum nicht und werden Sie das noch tun?

19. Haben Sie Kenntnisse darüber, dass Abfragen über das sogenannte Neptun-System im o.a. Fall stattgefunden haben?

a.    Wenn ja, wie oft?

 

20. War Bernd Schmidbauer als Berater im BMI inklusive der ausgelagerten Behörden herangezogen (in den letzten 5 Jahren)?

 

21. Gibt oder gab es mit Bernd Schmidbauer diesbezüglich Beraterverträge oder sonstige Konsultationsleistungen (seit den letzten 5 Jahren bis zum Stand der Beantwortung dieser Anfrage)?

a.    Wenn ja, für welche Beratertätigkeit? Bitte listen Sie die genauen Tätigkeiten aus.

b.    Wenn ja, wie hoch waren die Vergütungen dafür?  

 

22. Gibt oder gab es sonst eine Zusammenarbeit mit Herrn Bernd Schmidbauer und Ihrem Ministerium inklusive aller untergeordneten Dienststellen?

 

23. Hat oder hatte Ihr Ministerium (in den letzten 5 Jahren) inklusive aller untergeordneten Dienststellen mit der Firma Spencer Stuart Company[4] Beraterverträge oder sonstige Konsultationsleistungen beauftragt?

a.    Wenn ja, in welchem Bereich?

b.    Wenn ja, welchen Inhalt haben bzw hatten diese? Bitte um genau Auflistung der Tätigkeiten.

c.    Wenn ja, wie hoch waren die Honorare für die einzelnen Tätigkeiten? Bitte um genaue Auflistung.

 

24. Hat oder hatte Ihr Ministerium (in den letzten 5 Jahren) inklusive aller untergeordneten Dienststellen mit der Firma Gradus Proximus Corporate Advisory GmbH Beraterverträge oder sonstige Konsultationsleistungen beauftragt?

a.    Wenn ja, in welchem Bereich?

b.    Wenn ja, welchen Inhalt haben bzw. hatten diese? Bitte um genaue Auflistung der Tätigkeiten.

c.    Wenn ja, wie hoch waren die Honorare für die einzelnen Tätigkeiten? Bitte um genaue Auflistung.

 

25. War Christian Ulmer als Berater im BMI inklusive der ausgelagerten Behörden (seit seinem Ausscheiden aus dem Kabinett) tätig?


 

26. Gibt oder gab es mit Christian Ulmer im BMI Beraterverträge oder sonstige Konsultationsleistungen (seit den letzten 5 Jahren bis zum Stand der Beantwortung dieser Anfrage)?

a.    Wenn ja, für welche Beratertätigkeit oder sonstige Konsultationsleistungen? Bitte listen Sie die genauen Tätigkeiten aus.

b.    Wenn ja, wie hoch waren die Vergütungen dieser? 

 

27. War Thomas Zach als Berater im BMI inklusive der ausgelagerten Behörden (seit seinem Ausscheiden aus dem Kabinett) tätig?

 

28. Gibt oder gab es mit Thomas Zach im BMI Beraterverträge oder sonstige Konsultationsleistungen (seit den letzten 5 Jahren bis zum Stand der Beantwortung dieser Anfrage)?

a.    Wenn ja, für welche Beratertätigkeit oder sonstige Konsultationsleistungen? Bitte listen Sie die genauen Tätigkeiten aus.

b.    Wenn ja, wie hoch waren die Vergütungen dieser? 

 

29. Gibt oder gab es im BMI mit Florian Stermann oder seinen Gesellschaften[5] Beraterverträge oder sonstige Konsultationsleistungen (seit den letzten 5 Jahren bis zum Stand der Beantwortung dieser Anfrage)?

a.    Wenn ja, für welche Beratertätigkeit oder sonstige Konsultationsleistungen? Bitte listen Sie die genauen Tätigkeiten aus.

b.    Wenn ja, wie hoch waren die Vergütungen dafür?


 

30. Liegen Ihnen, Ihrem Kabinett oder dem Ministerium Unterlagen, Korrespondenzen oder Sonstiges vor, aus denen hervorgeht, dass Florian Stermann (Generalsekretär ORFG) im April bzw. Mai 2017 für das Bundesministerium für Inneres ein gemeinsames Abendessen zwischen Jan Marsalek und dem ehemaligen Innenminister Mag. Wolfgang Sobotka eingeladen hat?

Das Essen sollte am 29. Mai 2017 um 21:00 Uhr im Restaurant „Boris Godunov“ in der Teatralnaya Pl. 5/1, Moskau bei der Metrostation „Teatralnaya“, „Ploshchad Revolutsii“) gewesen sein.

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Auszug aus dem E-Mail von Florian Stermann an Jan Marsalek

a.    Wurde Florian Stermann bzw. ORFG vom BMI, Kabinett oder Minister a. D. Sobotka dafür beauftragt?

 


 

b.    Die Anmeldung für das Abendessen sollte von Jan Marsalek direkt an office@orfg.net geschickt werden. Hat es eine Information an das Kabinett, Ministerium oder Sonstige gegeben, dass Jan Marsalek an dem Abendessen teilnimmt?

 

c.    Wurde BM a.D. Mag. Wolfgang Sobotka über diese Information in Kenntnis gesetzt und von wem?

 

d.    Woher wusste Florian Stermann von der Dienstreise und dem Abendessen? Gab es hier Korrespondenz zwischen dem Ministerium und Stermann bzw. ORFG?

                                          i.    Wenn ja, bitte anfügen bzw. erläutern.

 

e.    Wer war bei diesem Abendessen anwesend?

 

f.     Waren auch Beamte des BMI anwesend?

                                          i.    Wenn ja, wer bzw. welche Abteilung?

 

g.    Welche Inhalte sollten bei diesem Abendessen besprochen werden?

 

h.    Ist es üblich, dass externe Organisationen für den Minister Abendessen organisieren und sogar deren Anmeldungsmanagement übernehmen?



[1] Die Süddeutsche Zeitung (2021) Posse oder Staatsaffäre von Jörg Schmitt 03.02. , online abgerufen unter: https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/wirecard-fabio-de-masi-1.5195074 (Zugriff am 05.02.2021)

[2] Die Presse (2021) Fall Marsalek belastet Beziehung zu Deutschland von Anna Thalhammer 03.02., online abgerufen unter: https://www.diepresse.com/5932392/fall-marsalek-belastet-beziehung-zu-deutschland (Zugriff am 05.02.2021)

[3] Die Süddeutsche Zeitung (2021) Posse oder Staatsaffäre von Jörg Schmitt 03.02. , online abgerufen unter: https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/wirecard-fabio-de-masi-1.5195074 (Zugriff am 05.02.2021)

[4] https://www.spencerstuart.com

[5] Gesellschaften von Florian Stermann: https://www.firmenabc.at/person/stermann-florian_jicasy (Abgerufen am 08.02.2021)