5438/J XXVII. GP

Eingelangt am 17.02.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

des Abgeordneten Erwin Angerer

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend der Abwicklung des Lockdown-Umsatzersatzes für Unternehmen durch die COFAG

 

 

Nach dem Härtefallfonds haben Unternehmen seit Beginn der Lockdown-Serie nun die Möglichkeit einen Umsatzersatz für jene Zeit zu beantragen, in denen sie ihre Geschäfte aufgrund der Covid-19-Maßnahmen-Verordnung schließen mussten. Von Seiten der Regierung wurde den Betrieben laufend versichert, dass die Beantragung und Auszahlung des Umsatzersatzes rasch, unbürokratisch und binnen weniger Tage erfolgen sollte. Nach Tatsachen- und Erfahrungs-Berichten mehrerer österreichischer Unternehmen ist aber klar, dass dies so nicht zutraf bzw. auch im Moment nicht zutrifft.

Mit der Abwicklung des Umsatzersatzes wurde die COFAG, Covid-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH beauftragt, die ursprünglich für den Zweck gegründet wurde, Unternehmen, die in Folge der Corona-Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten gekommen sind, zu unterstützen.1) Doch in der Praxis scheint sich die Sachlage anders darzustellen. Fehler in den Berechnungen, mehrfach angeforderte Nachweise, die der COFAG ohnehin bekannt sein hätten müssen und zeitlich völlig unangebrachte und ausufernde Wartezeiten beanstandeten die Antragsteller. Auch bei telefonischen und schriftlichen Anfragen an die COFAG, so kritisierten die Unternehmen, würde sich die Wartezeit von Tag zu Tag erhöhen. Mittlerweile warte man 30 bis 40 Tage auf eine Antwort. Zurückzuführen ist dies möglicherweise darauf, dass die COFAG aktuell lediglich 12 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beschäftigen soll, wie Medien berichten: „Diese Mitarbeiter verwalten Hilfsgelder von in Summe 15 Milliarden Euro, gleichzeitig stellen tausende Unternehmen Anträge. Das größte Wirtschaftsförderprogramm in der Geschichte der Zweiten Republik wird von 12 Menschen durchgeführt. In einer Pressemitteilung sprach die Cofag im Dezember noch von 12 Mitarbeitern. Nach Kritik an der verschleppten Auszahlung korrigiert sie die Zahl auf 125 nach oben. Was hinter der Verzehnfachung steckt, lässt sich nicht überprüfen, weil keiner Einsicht in die Cofag hat.2)

 

Laut Medienberichten ergeben viele Ablehnungen keinen Sinn. So bekommen Unternehmen – nach den gleichen Kriterien – für Dezember Hilfsgelder, für November aber nicht. Eindeutig von Schließungen betroffene Betriebe werden als „nicht betroffen“ eingestuft. „In der COFAG herrscht Chaos und das zerstört viele Existenzen.“ Was in der COFAG passiert ist zudem intransparent, da weder das Parlament noch die Öffentlichkeit Einsicht haben. Auch Rechtsanspruch für die Antragsteller besteht keiner, da die COFAG eine GmbH ist und kein öffentliches Amt.2)

 

Als blanken Hohn könnte man zudem die Darstellung der Jahresbilanz zu den Covid-19-Hilfen für Unternehmer bezeichnen: „Der Lockdown-Umsatzersatz (…) wird gut angenommen“ heißt es etwa auf der Homepage der COFAG.3) Anscheinend ist weder der COFAG noch der Bundesregierung bewusst, dass sich die Unternehmer nicht freuen, wenn sie einen Umsatzersatz beantragen müssen, wenn sie gezwungen sind ihren Betrieb auf unbestimmte Zeit zu schließen und nicht wissen wie sie im nächsten Monat ihre Kosten decken und ihren Lebensunterhalt bestreiten sollen. Der Umsatzersatz ist kein Bonus, den sich die Unternehmer erhoffen, sondern eine notwendige Unterstützung, die sie zum Ausgleich ihres entgangenen Umsatzes und zur Deckung ihrer Kosten brauchen. Wie aber durchaus schon in den vergangenen Monaten mehr als deutlich wurde, werden die Unternehmer dieses Landes von der Regierung immer noch konsequent zu Bittstellern für etwas, das ihnen von Rechtswegen zusteht, degradiert.

 

Schon mit Ende des ersten Lockdowns, mit ersten gesundheitspolitischen und bürokratischen Erfahrungen zu Covid-19 hätte klar und absehbar sein müssen, welche Flut an Anträgen im Falle eines zweiten Lockdowns zu bewältigen wäre. Genauso absehbar hätte damit sein müssen, dass nicht nur im Gesundheitsbereich sondern eben auch im Bereich der Verwaltung rasch eine hohe Anzahl an qualifiziertem Personal zur Verfügung stehen muss, um die Anträge in angemessener Zeit abzuarbeiten und die Hilfszahlungen auszahlen zu können. Leider hat es die Regierung aber nicht geschafft über die Sommermonate alle nötigen Vorbereitungsmaßnahmen zu treffen. Daher sehen sich unzählige Betriebe in Österreich nun mit einer Lage konfrontiert, in der sie jeden Tag um ihr Überleben bangen müssen.

 

Mit den Lockdowns wurde den Unternehmen von einem Tag auf den anderen die wirtschaftliche Grundlage entzogen. Sie bekamen zwar Hilfe zugesagt, aber nur wenig davon wurde eingehalten. Die Betriebe haben sich seit Beginn der Krise vorbildlich an die gesundheitsbezogenen und wirtschaftlichen Verordnungen der Regierung gehalten sowie alle Vorkehrungen und Hygienemaßnahmen zum Schutz ihrer Kunden getroffen und ihre Betriebe nun bereits zum dritten Mal geschlossen. Viele Betriebe fühlen sich im Stich gelassen, denn als Belohnung für ihre Mühen und ihre Kooperation, werden sie mit überbordender Bürokratie bei der Beantragung der Hilfszahlungen überhäuft. Die Antragstellung ist für Unternehmer alleine meist kaum zu bewerkstelligen. Steuerberater sind gesondert zu bezahlen, Hilfszahlungen fallen oft viel zu niedrig aus, um das Überleben eines Betriebes zu sichern, und die enorm lange Wartezeit stellt die Wirtschaftstreibenden vor zusätzliche Herausforderungen.

 

Immer wieder und immer häufiger werden die Unternehmer laut Erfahrungsberichten um „Geduld“ gebeten. Etwas, das sie aufgrund der finanziellen und wirtschaftlichen Lage, in die sie gedrängt wurden, oft nicht mehr fähig sind, aufzubringen. Denn Fakt ist, dass sich viele unternehmerische wie private Zahlungen auch nicht mit Geduld verschieben lassen. In der Abwicklung und Nachvollziehbarkeit der Anträge und ihrer Bewilligung oder Ablehnung läuft also momentan offensichtlich vieles in eine falsche Richtung. Die Unternehmen sind der aktuellen Situation „ausgeliefert“ und haben kaum noch Möglichkeiten zum Handeln.

 

Von den Versprochenen und groß angekündigten Hilfsmaßnahmen erhalten betroffene Unternehmen oft kaum oder gar keine Unterstützung. Das zeigte sich auch schon bei Härtefallfonds und Fixkostenzuschuss, für die gesamt zehn Milliarden Euro eingeplant wurden. Im Oktober 2020 waren davon erst 934 Millionen Euro an die Unternehmen ausgezahlt.4)

 

Für den zweiten Lockdown wurde nun allen direkt betroffenen Unternehmen ein 80-prozentiger Umsatzersatz in Aussicht gestellt. Dieser konnte im November auch beantragt werden. Der Lockdown-Umsatzersatz für den dritten Lockdown im Dezember – einem der umsatzstärksten Monate im ganzen Jahr – sieht hingegen schon etwas ernüchternder aus. Er wurde auf 50 % gesenkt. Auch der gestaffelte Umsatzersatz für Handelsunternehmen verringerte sich deutlich von 60 % auf 37,5 %, von 40 % auf 25 % und von 20 % auf 12,5 %. Zudem endet der Umsatzersatz mit 31.12.2020 obwohl der Lockdown derzeit mindestens bis 7. Februar 2021 dauern soll.

 

Viele Richtlinien zur Beantragung der Covid-19-Hilfspakete der Regierung gehen laut Erfahrungsberichten der Unternehmen an der Praxis vorbei. U.a. der Fixkostenzuschuss wäre so schwammig formuliert, dass er in der vorliegenden Form schlicht unbrauchbar sei. Solo-Unternehmern würde das Arbeiten verunmöglicht und enormer wirtschaftlicher Schaden für jeden Einzelnen verursacht. Monatelanges warten auf Rückmeldungen zu den gestellten Anträgen und Auszahlung der versprochenen Leistungen tun ihr übriges. Das geplante Minimum ist nun anscheinend das Maximum.

 

Den Unternehmern dieses Landes muss endlich das gegeben werden, was sie verdient haben: Finanziell ausreichende Unterstützung, Planbarkeit, die massive Verkürzung von Wartezeiten, die Reduktion des bürokratischen Aufwandes, die Sicherheit, dass sie bekommen werden, was ihnen versprochen wurde und nicht zuletzt endlich ein Ende der Lockdown-Serie.

 

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen folgende

 

ANFRAGE

 

1.    Von wie vielen Unternehmen wurden bislang Anträge auf Umsatzersatz gestellt? (Mit der Bitte um Angabe einer Gesamtzahl für Österreich und Auflistung nach Bundesländern und Branchen)

2.    Wie lange ist die durchschnittliche Bearbeitungsdauer der Anträge von der Einreichung bis zur Genehmigung bzw. Ablehnung?

3.    Wie viele Anträge mit welchem Gesamtvolumen wurden bisher genehmigt? (Mit der Bitte um Angabe einer Gesamtzahl für Österreich und Auflistung nach Bundesländern und Branchen)

4.    Wie viele Anträge mit welchem Gesamtvolumen wurden bisher ausbezahlt? (Mit der Bitte um Angabe einer Gesamtzahl für Österreich und Auflistung nach Bundesländern und Branchen)

5.    Wie hoch ist die durchschnittlich ausbezahlte Summe pro Antragsteller?

6.    Wurden bisher Anträge abgelehnt?

a.  Wenn ja, wie viele, mit welchem Gesamtvolumen und aus welchem Grund? (Mit der Bitte um Angabe einer Gesamtzahl für Österreich und Auflistung nach Bundesländern und Branchen)

7.    Warum wurde die COFAG mit der Bearbeitung des Umsatzersatzes beauftragt?

8.    Wie viele Mitarbeiter sind derzeit bei der COFAG beschäftigt?

9.    Wie viele Mitarbeiter sind bei der COFAG für die Bearbeitung der Anträge zum Umsatzersatz zuständig?

10. Warum werden nicht mehr Mitarbeiter bei der COFAG zur Bearbeitung der Anträge abgestellt bzw. eingestellt?

11. Wurde die Mitarbeiterzahl der COFAG seit November 2020 erhöht?

a.  Wenn ja, um wie viel Mitarbeiter und in welchem Zeitraum?

b.  Wenn nein, warum nicht?

 

12. Werden die Mitarbeiter der COFAG von Mitarbeitern anderer Institutionen bei der Bearbeitung der Anträge unterstützt?

a.  Wenn ja, von wie vielen Mitarbeitern und aus welchen Institutionen?

b.  Wenn nein, warum nicht?

13. Wie lange ist die durchschnittliche Bearbeitungszeit für Anfragen von Unternehmen bezüglich ihrer Anträge?

14. Kann das Bundesministerium sicherstellen, dass die COFAG über die Genehmigung bzw. Ablehnung der Anträge der Unternehmen nicht „willkürlich“ entscheidet?

a.  Wenn ja, wie und von wem wird das überprüft?

b.  Wenn nein, warum nicht?

15. Haben die Unternehmen die Möglichkeit gegen die Ablehnung eines Antrages Einspruch zu erheben oder diesen erneut prüfen zu lassen?

a.  Wenn ja, wie?

b.  Wenn nein, warum nicht?