5455/J XXVII. GP

Eingelangt am 17.02.2021
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Mag. Christian Ragger

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Corona fordert gehörlose und blinde Menschen sehr

 

Am 15.2.2021 berichtet die „Krone“ folgendes:

„Corona fordert gehörlose und blinde Menschen sehr

Schon einmal Lippenlesen versucht, wenn einer eine Maske aufhat? Geht nicht? Eben. Was gehörlosen Menschen und Co. in Zeiten der Pandemie Probleme bereitet.

Das erste Mal treffen wir Helene Jarmer, die seit früher Kindheit gehörlos ist, bei einer Videokonferenz - sehen uns, winken uns zu, fragen ganz automatisch: „Hören Sie mich eh?“ Und erst im nächsten Moment wird uns bewusst, wie lächerlich die Frage ist. Ein Klassiker. Jarmer lacht drüber, sie kennt solche unbedachten Aussagen schon. Genauso bedenkt kaum wer, welche Probleme Pandemie, Lockdown-Maßnahmen und Masken etwa für gehörlose Menschen mit sich bringen. Gebärdensprache? Ja eh. Sprechen Sie sie? Der Großteil der Bevölkerung eher nicht.

„Etwa 30 Prozent geht über Lippenlesen“, sagt Jarmer, den Rest kombiniert sie aus Mimik, Gestik und den jeweiligen Rahmenbedingungen: „Es kommt auch auf das Geschick des Gegenübers an.“ Natürlich gibt es Dolmetscher, aber ständig steht ein solcher auch nicht auf Abruf bereit, mal abgesehen vom Budget dafür.

Ein Gespräch mit Maske macht das Ganze natürlich nicht einfacher. Wobei für Gehörlose ja per Verordnung eine Ausnahme besteht: Sie dürfen die Maske abnehmen, auch derjenige, mit dem sie sprechen. Ob das das Gegenüber auch tut, ist eine andere Frage.

 

Österreich hinkt in allen Bereichen hinterher


Gerade in Pandemie- und Lockdown-Zeiten ist Kommunikation oft schwierig, etwa bei Grenzkontrollen, weiß Jarmer. Oder im Spital, wenn man schwer krank von Ärzten und Pflegern mit Maske und im Schutzanzug behandelt werden muss - Gleiches gilt z.B. ja auch bei den Corona-Testangeboten.

Aber knifflig wird es schon früher. Bei Symptomen 1450 anrufen, heißt es. Haben Sie schon einmal überlegt, was Gehörlose mit dieser Aussage anfangen? Natürlich haben gerade jüngere Leute, die technisch versiert sind, nicht das große Problem damit, die wissen sich zu helfen, greifen auf PC und Handy, E-Mail und Co. zurück. Aber ältere Menschen tun sich da schon grundsätzlich schwer.

 

Impfen überfordert schon den Hörenden


Was Menschen mit Beeinträchtigungen anbelangt, „hinkt man in Österreich in allen Bereichen hinterher“, sagt Jarmer. Das reicht von Kleinigkeiten wie Untertiteln im Fernsehen oder Dolmetschern bei Veranstaltungen über entsprechende fehlende Kommunikationsmittel und räumliche Anpassungen bis hin zu mangelnder Hilfestellung und Bereitstellung von geeignetem Informationsmaterial.

„Großes Thema ist z.B. das Impfen“, so Jarmer, „etwa meine über 80-jährige Tante, die gehörlos ist, kennt sich da gar nicht aus.“ Viel Neues, medizinische Fachausdrücke, Studiendaten und Co. prasseln da auf einen ein. Mit Informieren, Austauschen, Bewerten, Abwägen von Fragen rund um Impfen, Testen und Co. sei man ja „schon als hörender Mensch überfordert, und ein Gehörloser bekommt nur einen Bruchteil an Informationen“. Wichtig sind da u.a. soziale Medien und Gehörlosen-Verbände, die helfend zur Seite stehen, mittlerweile gibt es auch eine Notruf-App, mit der man auch mit 1450 kommunizieren kann. Und jede Zeit hat ihr Gutes. Videokonferenzen etwa lassen sich gut organisieren und Dolmetscher für die Gebärdensprache leichter zuschalten. Allerdings bleibt ganz generell die technische Herausforderung für die ältere Generation - und somit das Thema Vereinsamung ein großes in unserer Gesellschaft.

 

Wenn Sehbehinderte den Abstand einhalten sollen


Immer wieder erreichen die „Krone“ Briefe von Lesern, die ihr Leid klagen. Eine Mutter etwa, deren Kind eine Behinderung hat: Bei den Schultests tue sich der Sprössling schwer, ihn daheim zu lassen gehe auch nicht so einfach: „Ich kann mir nicht immer freinehmen“, schreibt sie uns. Auch Blinde und Sehbehinderte tun sich schwer. Den Abstand einhalten? Leicht gesagt. „Ich kann anderen nicht ausweichen, ich sehe sie ja nicht“, berichtet ein Betroffener. Auch sind Fühlen und Abtasten Orientierungshilfen für ihn - schwierig in Zeiten, in denen die Ansteckungsgefahr hoch, der verängstigte Griff nach dem Desinfektionsmittel bei jeder Berührung ein schneller und das Masketragen Pflicht ist.

Doch das sind nur einige Beispiele unserer Leser. Die Beeinträchtigungen und die jeweiligen Probleme von Betroffenen sind vielfältig. Vielleicht helfen da Bewusstsein und Verständnis für einander?“

https://www.krone.at/2342808

 

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz folgende

 

 

 

ANFRAGE

 

1.    Welche konkreten Maßnahmen ergreifen Sie, um Menschen mit Behinderung, insbesondere gehörlose oder sehbehinderte Menschen, über die Covid-19-Maßnahmen zu informieren?

2.    Welche Möglichkeit wurde von Ihnen für bilde bzw. gehörlose Menschen geschaffen, um sich mit der Nummer 1450 und weiteren Beratungsstellen in Verbindung zu setzen?

3.    In welchen konkreten Fällen im Zusammenhang mit den Covid-19-Maßnahmen werden Dienste von Dolmetschern Menschen mit Hör- oder Sehbehinderung zur Verfügung gestellt?

4.    Besteht in diesen Fällen ein Rechtsanspruch auf einen Dolmetscher?

5.    Welche Lösungen und Empfehlungen bieten Sie blinden und gehörlosen Menschen an, auch im Zusammenhang mit der Ausnahme, bei der Kommunikation auf die Maske zu verzichten, um trotzdem sich und ihren Gesprächspartner zu schützen?

6.    Wie werden Menschen mit Hör- oder Sehbehinderung über die Covid-19-Schutzimpfung in Kenntnis gesetzt und welches Informationsmaterial wird ihnen zur Verfügung gestellt?

7.    Wo und wie wird dieses Informationsmaterial zur Verfügung gestellt?