5471/J XXVII. GP

Eingelangt am 18.02.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

des Abgeordneten Amesbauer

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Festnahme von zwei ehemaligen BVT-Mitarbeitern

 

Die Journalistin Anna Thalhammer veröffentlichte in der Tageszeitung „Die Presse“ am 27.Jänner 2021, S. 7 einen Artikel unter dem Titel „Staatsgeheimnisse aus BVT zu Geld gemacht“, der die Festnahme zwei Ex-BVT-Beamter zum Anlass nahm über ein mutmaßliches Datenleck im BVT zu berichten.

So sollen etwa „Berge an geheimen Informationen und Staatsgeheimnissen […] an andere Geheimdienste, im Speziellen Russland, gewandert [sein].“

 

Im Artikel heißt es weiter:

 

„Protokolldaten aus dem Strafregister, Daten aus der Personenfahndung, Personendaten aus Waffen- und Passregistern, Abrufe aus dem Schengener Informationssystem, Abfragen aus kriminalpolizeilichen Akten, Informationen aus dem Identitätsdokumentenregister sowie personenbezogene Daten aus dem Melde- und Fremdenregister soll der am Sonntag verhaftete ehemalige BVT-Mitarbeiter O. zwischen 2015 und 2020 unzulässigerweise abgefragt haben. Und diese geheimen Daten und Staatsgeheimnisse, die eigentlich nur Beamten des BVT zugänglich sein sollten, soll O. dann "fremden Mächten" zugänglich gemacht haben. Auch gegen Geld. Im Speziellen sollen Informationen nach Russland gewandert sein. Österreich soll dadurch ein erheblicher Nachteil in der Landesverteidigung erwachsen sein - so steht es in der der "Presse" vorliegenden Haftanordnung.“

 

„Gegen O. gibt es übrigens seit einigen Jahren ein laufendes Verfahren, weil er im Verdacht steht, geheime Daten an Russland weitergegeben zu haben. Warum da bisher nicht härter ermittelt wurde, ist fraglich. Diese Ermittlungen gegen O. waren auch der Grund, warum der Berner Club, ein Zusammenschluss aus westlichen Geheimdiensten, schon einige Monate vor der Hausdurchsuchung im BVT im Februar 2018 Ärger mit Österreich hatte. O. war zuvor auch als Verbindungsbeamter in der Türkei negativ aufgefallen - es gab Wickel rund um eine Causa mit Red Bull, der Mann wurde darum abgezogen.

 

Die Ermittler vermuten auch, dass zumindest O. mehreren Parteien als Informant gedient hat, sensible Informationen seien im U-Ausschuss gelandet. Die "Kronen Zeitung" berichtete am Dienstag.“

 

Im Bericht der Tageszeitung „Die Presse“ vom 31.01.2021 „Die Beichte von Marsaleks BVT-Freund“ wird es dann konkreter: „O. soll für Marsalek Informationen aus den sensiblen und geheimen Registern der Verfassungsschützer besorgt haben, so der Vorwurf. 25 Anfragen soll es gegeben haben - bezahlt wurde nicht direkt. W. gab aber an, O. mit 6000 Euro bei seiner Kreditabzahlung geholfen zu haben. Wahrscheinlich ist, dass O. die Abfragen nicht alle selbst gemacht hat. Wegen der Vorwürfe der Russlandspionage und illegaler Datenabfragen wurde der Mann bereits 2017 vom BVT in die Sicherheitsakademie versetzt. Von dort aus hatte er keinen Zugriff - laut W. lieferte er die gewünschten Informationen aber trotzdem. Etwaige Mithelfer sollen nun ausfindig gemacht werden - die Ermittlungen laufen auf Hochtouren.“

Vor diesem Hintergrund muss die Frage der Dienst- und Fachaufsicht in einem völlig neuen Licht bewertet werden, da es der allgemeinen Lebenserfahrung nach kaum wahrscheinlich ist, dass über Jahre Daten und Geheimnisse aus dem sensibelsten Sicherheitsapparat der Republik konsequent abgesaugt werden können, ohne dass der zuständige Direktor – zugleich Sicherheitsbeauftragter – davon auch nur im Ansatz etwas bitbekommt. Auf Grund der Schwere der rechtlichen Ungereimtheiten, teilen wir Ihnen mit, dass die FPÖ diese parlamentarische Anfrage zur gefälligen rechtsfreundlichen Überprüfung allfälliger Straftaten auch der WKStA übermittelt hat.

 

Zudem wird im gegenständlichen Presse-Artikel der Eindruck vermittelt, dass vertrauliche oder geheime Unterlagen der beiden festgenommen Ex-BVT-Mitarbeiter im U-Ausschuss gelandet sind. Daraus ergibt sich – wenn dem tatsächlich so sein sollte – die Frage, warum dem BVT-Ausschuss nicht von offizieller Stelle im BMI die vollständige Aktenlage übermittelt wurde.

 

Der VfGH hat festgehalten, dass „ohne Kenntnis aller Akten und Unterlagen im ‚Umfang des Gegenstands der Untersuchung‘ […] die Erfüllung des dem Untersuchungsausschuss verfassungsgesetzlich übertragenen Kontrollauftrags nicht möglich [ist]. Der § 53 B-VG regelt die Vorlage von Unterlagen durch die Organe des Bundes, der Länder, Gemeinden sowie der Selbstverwaltungskörper und der VfGH hat durch die ständige Rechtsprechung festgehalten, wonach alle Akten und Unterlagen, die auch nur eine abstrakte Relevanz für den Untersuchungsausschuss haben, dem Parlament vorzulegen sind.

 

Im gegenständlichen Fall ist darauf hinzuweisen, dass der vormalige Innenminister NAbg. Herbert Kickl dem Sektionschef im BMI, Mag. Dr. Mathias Vogl, die Weisung erteilt hat, alle fallrelevanten Unterlagen dem Untersuchungsausschuss zu Verfügung zu stellen. Dies wurde von SC Mag. Dr. Vogl am 31. Juli 2018 gegenüber der Vorsitzenden des BVT-Untersuchungsausschusses auch schriftlich unter der GZ: BMI-LR2210/0077-III/1/b/2018 festgehalten. Sollte dieser Weisung nicht im vollen Umfang nachgekommen worden sein, so ist hier ebenfalls ein allfälliger Amtsmissbrauch zu überprüfen.

 

 

In diesem Zusammenhang ergeht an den Bundesminister für Inneres folgende


Anfrage

 

1.    Seit wann ist der in U-Haft befindliche ehemalige BVT-Beamte O. nicht mehr im BVT beschäftigt?

2.    Ist Ihnen bekannt, dass O. – laut Bericht der Presse – „Protokolldaten aus dem Strafregister, Daten aus der Personenfahndung, Personendaten aus Waffen- und Passregistern, Abrufe aus dem Schengener Informationssystem, Abfragen aus kriminalpolizeilichen Akten, Informationen aus dem Identitätsdokumentenregister sowie personenbezogene Daten aus dem Melde- und Fremdenregister“ unberechtigterweise zwischen 2015 und 2020 abgefragt hat?

3.    Entspricht es den Tatsachen, dass „diese geheimen Daten und Staatsgeheimnisse, die eigentlich nur Beamten des BVT zugänglich sein sollten, […] O. dann "fremden Mächten" zugänglich gemacht [hat]?

4.    Wenn ja, hatte O. – obwohl er nicht mehr dem BVT angehört – Zugang zum Informationssystem des BVT?

5.    Gegen wie viele Beamte im BVT laufen derzeit Ermittlungen, weil sie für O. illegal Daten beschafft haben sollen?

6.    Wer war zum Zeitpunkt der inkriminierten Abfragen für die Wahrung der Informations- und Datensicherheit im BVT verantwortlich?

7.    Gab es von Seiten des vormaligen BVT-Direktors Gridling regelmäßige Überprüfungen der Informations- und Datensicherheit im BVT?

a.    Wenn ja, was haben diese ergeben?

b.    Wenn nein, warum nicht?

8.    Wäre eine unterlassene Überprüfung als Amtsmissbrauch zu werden?

9.    Welche Controllingeinrichtung überprüft regelmäßig, ob die Datenabfragen im BVT mit der Arbeitstätigkeit im Einklang stehen?

10. Wird im BVT nach wie vor mit nicht zertifizierter Software der Firma Rubicon gearbeitet?

a.    Wenn ja, wann gedenkt man von Seiten des BMI hier endlich die Software der Firma Rubicon gegen ein geeignetes Produkt auszutauschen?

b.    Wenn nein, welche Software hat das bislang genutzte Edis bzw. Edis II abgelöst und ist diese Software nunmehr zertifiziert?

11. Ist im BVT Software der Firma Kaspersky im Einsatz?

a.    Wenn ja, seit wann?

b.    Wenn nein, hat man im BVT jemals Software der Firma Kaspersy genutzt?  Von wann bis wann?

12. Ist Ihnen bekannt, dass Innenminister Herbert Kickl am 13.Juli 2018 dem Parlamentspräsidenten Sobotka mitteilte, dass Sektionschef Vogl den Auftrag hatte, dem Parlament alle Akten und Unterlagen zu Verfügung zu stellen?

13. Hat das BMI alle Daten, Akten und Unterlagen dem BVT-Ausschuss zur Verfügung gestellt, die dem Parlament lt. gesetzlichen Bestimmungen zustehen?

14. Entspricht es den Tatsachen, dass „sensible Informationen“ von O. im Untersuchungsausschuss zur Verwendung kamen?

15. Wenn ja, um welche Informationen handelt es sich dabei?

16. Wenn ja, standen diese „sensiblen Informationen“ in einem abstrakten Zusammenhang zum Untersuchungsgegenstand?

a.    Wenn ja, warum wurden diese Informationen nicht vom zuständigen Sektionschef dem Parlament übermittelt?

17. Wäre eine Nichtübermittlung von Informationen, die dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zustünden, als Amtsmissbrauch zu werten?

18. Ist Ihnen bekannt, woher die Journalistin Anna Thalhammer ihre Informationen bezüglich der vorläufigen Ermittlungsergebnisse im Fall O. und W. bezieht?

19. Ist auszuschließen, dass Frau Thalhammer diese Informationen aus Abteilungen, Ämtern oder von Mitarbeitern des BMI bezieht?

20. Ist auszuschließen, dass familiäre Kontakte zwischen BMI-Mitarbeitern und Presse-Journalisten zu Datenabflüssen führen?

21. Welche Schritte zur Ermittlung eines möglichen Datenabflusses in Richtung der Presse-Journalistin haben sie bislang gesetzt?