6165/J XXVII. GP

Eingelangt am 31.03.2021
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Anfrage

der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Klimaschutz‚ Umwelt‚ Energie‚ Mobilität‚ Innovation und Technologie

betreffend Fake News verbreitender Pressereferent

 

Vermeintlich journalistische Onlineangebote, die Falschinformationen verbreiten sind keine Seltenheit mehr. Sie sind eine hervorragende Möglichkeit, Verschwörungstheorien und eigene Agenden zu verbreiten. Die Website "Unser Mitteleuropa" (https://unser-mitteleuropa.com/) ist ein Beispiel dafür. Erst kürzlich wurde dort ein Text veröffentlicht, der von Coronaimpfstoffen handelt, die angeblich zu massenhaft Toten in deutschen Altersheimen geführt hätten. Dass es sich hierbei nicht um eine Kausalität handelt, ist wohl nur aufgeklärten Leser_innen bewusst. Besonders problematisch werden derartige Inhalte, wenn sie eine große Zahl an Empfänger_innen erreichen. So war es auch in diesem Fall. Eva Herman – Autorin und ehemalige Fernsehmoderatorin in Deutschland – teilte ebenjenen Link via Telegram. Damit erreichte sie rund 177.000 Abonnent_innen.

In weiteren Artikeln auf der Website wird u.a. gegen Geflüchtete gehetzt und der Klimawandel geleugnet. Zum Teil handelt es sich auch um Übersetzungen von Texten anderer rechter Portale. Nach eigenen Angaben kommt die Website auf 2,5 Millionen Seitenaufrufe pro Monat. Das Portal ist seit längerem im Blickfeld von Rechtsextremismus-Forscher_innen. Die Website verfügt nach eigener Darstellung über seriöse Quellen, professionelle Faktenchecker_innen sehen das ein wenig anders – nach Überprüfung des Wahrheitsgehalts sind sie auf viele falsche Zitate und irreführende Behauptungen gestoßen. Die Unterschrift unter dem Selbstbeschreibungstext scheint von einer Designvorlage zu sein, das Logo aus dem Internet heruntergeladen. Dem britischen Handelsregister lässt sich entnehmen, dass die Firma mithilfe eines Dienstleisters angemeldet wurde, der Kund_innen seine eigene Postanschrift leiht.

Nach einer Recherche der Plattform netzpolitik.org wird "Unser Mitteleuropa" von einer Briefkastenfirma mit Sitz in London namens New Network Communications (NNC) betrieben, agiert allerdings als Sprachrohr der AfD. Spürt man den Betreibern nach, landet man dem Bericht zufolge in Wien. Genauer gesagt: in unseren Ministerien. Noch genauer: Einer der Hauptverantwortlichen soll nicht nur "eng verbandelt" mit der FPÖ sein, er ist auch als Pressereferent im Bundesministerium für Klimaschutz tätig. 

Das NNC wird von zwei Geschäftsführern, jeweils zu 50%, geleitet – einer davon ist Eric W. Er war schon während seines Studiums für die FPÖ tätig, im EU-Parlament arbeitete er als Pressereferent für die FPÖ-Abgeordnete Barbara Kappel. Nach der Nationalratswahl 2017 arbeitete W. zuerst als parlamentarischer Assistent bei der FPÖ, dann als Pressereferent im Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, das damals noch von Norbert Hofer geleitet wurde. Das Ministerium wird nun von Leonore Gewessler geführt, der Pressereferent ist nach wie vor in der Stabstelle Kommunikation und Servicebüro des Ministeriums tätig.

Die Artikel, die „Unser Mitteleuropa“ veröffentlicht, sind weit entfernt von der Linie des Klimaschutzministeriums. Das Portal, das W.s Firma NCC gehört, schimpft über „Klima-Hysteriker“ und einen „altbekannten Klima-Schwindel“, in Berichten über Greta Thunberg ist die Rede von einem „Hype rund um die Greta-Glaubensgemeinschaft“. Ein Beitrag raunt schon im Titel: „CO₂ – Giftgas oder Lebensspender?“ Der Text verlinkt auf eine Website namens „Klimaschwindel.net“, die ebenfalls von NNC betrieben wird.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

1.    War Ihnen vor dem Zeitpunkt der Anfrage bekannt, dass ein Mitarbeiter Ihres Ministeriums ein Fake News verbreitendes Onlinemagazin mitbetreibt?

a.    Wenn ja, haben Sie diese Nebentätigkeit ausdrücklich genehmigt?

b.    Wenn nein, haben Sie diesbezüglich andere Schritte gesetzt? Und welche?

2.    Wenn Sie nicht darüber Bescheid wussten, welche Schritte haben Sie nun nach dem Erhalt der Anfrage in dieser Thematik gesetzt?

a.    Wäre diese Nebentätigkeit dienstrechtlich anzeigepflichtig gewesen?

b.    Wäre diese Nebentätigkeit dienstrechtlich genehmigungspflichtig gewesen?

c.    Wird es hier Konsequenzen geben?

                                      i.Wenn ja, welche?

3.    Welche Schritte und Maßnahmen setzen Sie innerhalb Ihres Ministeriums, um die Verbreitung von Desinformationen zu verhindern?

a.    Wie messen Sie die Erfolge Ihrer Maßnahmen?

4.    Wie verhindern Sie, dass Mitarbeiter_innen ihres Ministeriums extremistische, verschwörerische oder sonstige, dem Ansehen des Ministeriums und der Republik Österreich schädigende Ansichten verbreiten bzw. Aktivitäten durchführen?

5.    Werden weitere Personalentscheidungen der letzten Legislaturperiode überprüft hinsichtlich "journalistischer" Nebentätigkeiten?