6936/J XXVII. GP

Eingelangt am 16.06.2021
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Anfrage

der Abgeordneten Petra Bayr, Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten

betreffend 10 Jahre UN Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte – Wann wird Österreich endlich aktiv?

 

Der Menschenrechtsrat hat die UN Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte/UN Guiding Principles on Business and Human Rights  in seiner Resolution 17/4 vor 10 Jahren am 16. Juni 2011 verabschiedet. Die Leitprinzipien selbst sind kein völkerrechtlicher Vertrag. Trotzdem werden sie als verbindlich für Staaten und Unternehmen aufgefasst, da die ihnen zugrundeliegenden völkerrechtlichen Normen in internationalen Pakten und Konventionen vertraglich festgelegt und garantiert sind.

Der Europäische Rat hat am 1.12.2020 Schlussfolgerungen gebilligt, in denen die Mitgliedstaaten und die Kommission aufgefordert werden, Menschenrechte in globalen Lieferketten sowie menschenwürdige Arbeit weltweit zu fördern.

Der Rat ersuchte die Kommission bis 2021 einen EU-Aktionsplan auf den Weg zu bringen, dessen Schwerpunkt auf der nachhaltigen Gestaltung globaler Lieferketten und auf der Förderung von Menschenrechten, von Standards für die soziale und ökologische Sorgfaltspflicht sowie von Transparenz liegt. Dazu gehört auch die Aufforderung an die Kommission, einen Vorschlag für einen EU-Rechtsrahmen für eine nachhaltige Unternehmensführung vorzulegen, einschließlich branchenübergreifender Sorgfaltspflichten von Unternehmen entlang der globalen Lieferketten.

Darüber hinaus fordert der Rat die Kommission auf, ihre Mitteilung aus dem Jahr 2006 mit dem Titel „Menschenwürdige Arbeit für alle fördern – der Beitrag der EU zur weltweiten Umsetzung der Agenda für menschenwürdige Arbeit“ zu aktualisieren.

Ferner fordert der Rat die Mitgliedstaaten auf, im Einklang mit ihren Zuständigkeiten und den nationalen Gegebenheiten ihre Anstrengungen zur wirksamen Umsetzung der Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte zu verstärken, unter anderem durch neue oder aktualisierte nationale Aktionspläne, die eine Kombination freiwilliger und verpflichtender Maßnahmen enthalten.

Schon 2011 forderte die Europäische Kommission die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) dazu auf, nationale Corporate Social Responsibility-Aktionspläne (NAP CSR) zu verabschieden. Die damals federführenden Ressorts, das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz (BMASGK), das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW) und das Ministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT) einigten sich auf einen gemeinsamen Fahrplan zu Erstellung eines bundesweiten Aktionsplans für CSR (Corporate Social Responsibility). Diese Initiative wurde infolge eines Ministerratsbeschlusses im Rahmen des Arbeitsprogramms zur Umsetzung der der Österreichischen Strategie Nachhaltige Entwicklung (ÖSTRAT) durchgeführt. Im Mai 2013 lag der erste Entwurf des österreichischen NAP CSR vor. Bis heute gibt es keine Verabschiedung des österreichischen nationalen Aktionsplans zu Corporate Social Responsibility. Auch der Prozess zur Erstellung eines Nationalen Aktionsplan Menschenrechte, der unter anderem das Thema Wirtschaft und Menschenrechte beinhalten sollte, ist 2016 vollends zum Erliegen gekommen.

Die österreichische Bundesregierung hat außerdem am 12.4.2021 im Ministerrat über die Annahme der Empfehlungen der 3. Universellen Menschenrechtsprüfung (UPR) entschieden und anerkennt damit die Bemühungen um eine systematische Einhaltung der international anerkannten Grundsätze und Leitlinien für die unternehmerische Verantwortung, insbesondere um die Einhaltung von Menschenrechts-, Umwelt-, Arbeits- und Sozialstandards durch Unternehmen, wie sie insbesondere in den VN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen und der ILO-Grundsatzerklärung über multinationale Unternehmen und Sozialpolitik verankert werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.       Welches Resümee ziehen Sie bezüglich der Implementierung der UN Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte in den ersten 10 Jahren?

 

a) An welchen Punkten ist eine Umsetzung gelungen?

b) In welchen Punkten ist die Umsetzung noch mangelhaft?

c) Wie ist der Zeit- und Maßnahmenplan die Lücken bei der Umsetzung zu füllen?

 

2.       Wann folgt Österreich den erneuten Empfehlungen der Europäischen Kommission einen, Aktionsplan zu Wirtschaft und Menschenrechte vorzulegen?

 

a) Welche Schritte hat Ihr Ressort seit 2015 zur Erstellung eines Aktionsplans zu Wirtschaft und Menschenrechten unternommen?

b) Warum wurden die Fristen der Europäischen Kommission (2012/2013) nicht eingehalten? Was waren die Konsequenzen dieser Nicht-Einhaltung?

b) Wie stellt Ihr Ressort sicher, dass der Aktionsplan in einem partizipativen Prozess

erstellt wird und die wesentlichen Stakeholder (darunter einschlägige

Wissenschaftler*innen und Nichtregierungsorganisationen, Unternehmen, Gewerkschaften und andere) einbezogen werden?

 

c) Welche internen und externe Stakeholder (Abteilungen anderer Ressorts, Sozialpartner, NGOs, Wissenschaft, Unternehmen...) hat Ihr Ressort bisher in die Erstellung des Aktionsplanes eingebunden?

 

d) Welche Organisationseinheit Ihres Ressorts hat die Federführung bei der Erstellung des Aktionsplans inne?

 

e) Wie gedenkt Ihr Ressort bzw. die zuständige Organisationseinheit bei der Erstellung und Umsetzung des Aktionsplans das Parlament einzubeziehen?

 

f) Mit welchen anderen Ministerien (bzw. welchen Abteilungen dieser) kooperiert Ihr Ressort bzw. Organisationseinheiten bei der Erarbeitung des Nationalen Aktionsplanes? Welches Ressort hat die Federführung inne?

 

g) Wann wird ist geplant den nationalen Aktionsplan zu Wirtschaft und Menschenrechte zu beschließen?

 

h) Wenn es keine Pläne für die Erstellung eines nationalen Aktionsplans zu Wirtschaft und Menschenrechten gibt, warum nicht?

 

3.       Warum verweist Ihr Ressort in der Beantwortung zu Anfragen zu Wirtschaft und Menschenrechten immer darauf, Prozesse auf der europäischen Ebene abwarten zu wollen?

 

a)       Mangelt es in Ihrem Ressort an Ressourcen oder Kompetenzen Vorschläge auf nationaler Ebene auszuarbeiten?

 

b)      Will Österreich auf EU- und internationaler Ebene nicht mit eigenen Positionen mitgestalten und federführend im Bereich Wirtschaft und Menschenrechte auftreten?

 

 

4.       Welche konkreten Schritte haben Sie bis jetzt unternommen, um auf die europäischen Institutionen - insbesondere den Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) - oder andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union einzuwirken, um eine gemeinsame Verhandlungsposition oder Verhandlungsmandat für die Europäische Union in Bezug auf den UN-Treaty-Prozess (Open-ended intergovernmental working group on transnational corporations and other business enterprises with respect to human rights[1]) zu erwirken?

 

a)        Welche konkreten Schritte (z.B. Zeitplan, Gesprächstermine) haben Sie diesbezüglich in der Zukunft geplant?

 

5.       Erarbeitung des EU-Aktionsplans zur nachhaltigen Gestaltung globaler Lieferketten

 

a)       Welche Schritte hat Ihr Ressort unternommen, Positionen für den Aktionsplan zu Wirtschaft und Menschenrechten auf EU-Ebene zu entwickeln?

 

b)      Wie stellt Ihr Ressort sicher, dass die österreichische Position zum Aktionsplan zu Wirtschaft und Menschenrechten auf EU-Ebene in einem partizipativen Prozess erstellt wird und die wesentlichen Stakeholder (darunter einschlägige

Wissenschaftler*innen und Nichtregierungsorganisationen, Unternehmen, Gewerkschaften und andere) einbezogen werden?

 

c)    Welche internen und externe Stakeholder (Abteilungen anderer Ressorts, Sozialpartner, NGOs, Wissenschaft, Unternehmen...) hat Ihr Ressort bisher in die Erarbeitung der österreichischen Position zu einem Aktionsplan zu Wirtschaft und Menschenrechten auf EU-Ebene eingebunden?

 

d)   Welche Organisationseinheit Ihres Ressorts hat die Federführung bei der Erarbeitung der österreichischen Position zu einem EU-Aktionsplan zu Wirtschaft und Menschenrechten inne?

 

e) Wie gedenkt Ihr Ressort bzw. die zuständige Organisationseinheit bei der Erarbeitung der österreichischen Position zu einem EU-Aktionsplan zu Wirtschaft und Menschenrechten das Parlament einzubeziehen?

 

f) Mit welchen anderen Ministerien (bzw. welchen Abteilungen dieser) kooperiert Ihr Ressort bzw. Organisationseinheiten bei der Erarbeitung der österreichischen Position zu einem EU-Aktionsplan zu Wirtschaft und Menschenrechten? Welches Ressort hat die Federführung inne?

 

g) Wenn es keine Pläne für die Erarbeitung einer österreichischen Position zu einem EU-Aktionsplan zu Wirtschaft und Menschenrechten gibt, warum nicht?

 

6.       Im April wurde ein Schreiben von 15 EU-Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, an den EAD verfasst, um eine gemeinsame EU-Analyse des Vertragsentwurfs unter Führung des EAD und der Europäischen Kommission zu fordern.  Hat Österreich diesen Brief unterschrieben?

 

a)      Wenn nein, warum nicht?

 

7.       Wird Österreich beim Workshop des EAD über die künftige Ausgestaltung der EU-Politik zur Umsetzung der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte am 22. Juni 2021 teilnehmen?

 

a)       Wenn ja, welche Positionen werden Sie hier vertreten?

b)      Wenn nein, warum nicht?

 

8.       Stimmen Sie sich mit anderen Ressorts ab, um sich auf den Richtlinienvorschlag der EU-Kommission im Rahmen der Sustainable Corporate Governance Initiative[2] („Europäisches Lieferkettengesetz“) vorzubereiten?

 

a)       Wenn ja, mit welchen?

b)      Wenn nein, warum nicht?

 



[1] https://www.ohchr.org/EN/HRBodies/HRC/WGTransCorp/Pages/IGWGOnTNC.aspx

[2] https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/have-your-say/initiatives/12548-Sustainable-corporate-governance