7015/J XXVII. GP

Eingelangt am 16.06.2021
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Edith Mühlberghuber

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration

betreffend Streitfälle bei Familienleistungen bei grenzüberschreitenden Sachverhalten zwischen Österreich und dem Königreich der Niederlande

 

 

Medial wird immer wieder über die Problematik beim Anspruch von Familienleistungen berichtet, wenn ein grenzüberschreitender Sachverhalt zu berücksichtigen ist. Von der Volksanwaltschaft und der Arbeiterkammer gab es Presseaussendungen.

https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20210606_OTS0021/ak-hilft-familie-im-kampf-gegen-schikane-bei-kinderbetreuungsgeld
https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20210606_OTS0008/sechs-jahre-wartezeit-auf-kinderbetreuungsgeld-bescheid-und-dann-ist-er-negativ

Familien, bei denen das Kind in Österreich wohnt und ein Elternteil in den Niederlanden arbeitet, müssen jahrelang warten, bis entschieden wird, ob es einen Anspruch auf das Kinderbetreuungsgeld gibt. Der konkrete Fall dauert bereits sechs Jahre.

Familienleistungen bei grenzüberschreitenden Sachverhalten werden mit den EU-Verordnungen 883/2004 und 987/2009 koordiniert. Der MISSOC-Datenbank, der EU-Kommission und weiterer Seiten kann man entnehmen, dass die Niederlande durchaus ein Kindergeld haben - das Kindergeld (kinderbijslag) und den einkommensabhängigen Kinderzuschlag (kindgebonden budget).

https://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=1122&langId=de&intPageId=4985

Diese Leistungen werden offenbar quartalsweise bezahlt.

Der EuGH-Rechtssache Wiering kann entnommen werden, dass bei den Differenzzahlungen nur gleichartige Leistungen zu berücksichtigen sind.

https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=151968&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=294472

Das niederländische Kindergeld erscheint nicht gleichartig zum österreichischen Kinderbetreuungsgeld zu sein. Vielmehr ist es gleichartig zur Familienbeihilfe und dem Kinderabsetzbetrag.

Folglich dürfte ein Bezug des niederländischen Kindergelds für die Prüfung, ob der Familie das Kinderbetreuungsgeld in voller Höhe oder nur ein Unterschiedsbetrag zusteht, irrelevant sein.

Einer anderen Seite kann entnommen werden, dass die Niederlande durchaus auch ein Kinderbetreuungsgeld haben. Allerdings ist auch dieses nicht gleichartig zum österreichischen Kinderbetreuungsgeld.

https://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=1122&intPageId=4986&langId=de&

Es heißt, dass das niederländische Kinderbetreuungsgeld nur bezahlt wird, wenn ein oder mehrere Kinder in eine Kinderbetreuungseinrichtung (Kindertagesstätte, außerschulische Betreuungseinrichtung oder Tagesmutter) gehen. Außerdem ist die Leistung einkommensabhängig und dürfte wohl bei einem zu hohen Einkommen nicht gewährt werden.

All diese Anspruchsvoraussetzungen sieht das österreichische Kinderbetreuungsgeld überhaupt nicht vor. Die niederländische Leistung ist eher eine Refundierung von Kosten, die Eltern haben, wenn sie ihr Kind fremdbetreuen. Es ist aber offenbar keine Leistung, die Eltern auch dann erhalten, wenn das Kind zu Hause bleibt.

Es wäre nicht zulässig, diese Leistung bei den Anspruchsvoraussetzungen für das österreichische Kinderbetreuungsgeld heranzuziehen.

Der Logik folgend haben Eltern bei einem grenzüberschreitenden Sachverhalt zwischen Österreich und dem Königreich der Niederlande gemäß Artikel 67 und 68 der EU-VO 883/2004 einen Anspruch auf das österreichische Kinderbetreuungsgeld in voller Höhe, da die Niederlande offenbar keine gleichartige Leistung haben.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration folgende

 

Anfrage

 

1.     Welche niederländischen Leistungen sind gleichartig zur österreichischen Familienbeihilfe?

2.     Welche niederländischen Leistungen sind gleichartig zum österreichischen Kinderbetreuungsgeld?

3.     Ist das niederländische Kinderopvangtoeslag gleichartig zum österreichischen Kinderbetreuungsgeld, obwohl es eine Leistung ist, die nur dann bezahlt wird, wenn das Kind in eine Kinderbetreuungseinrichtung geht, was bei der österreichischen Leistung keine Voraussetzung darstellt?

4.     Wie berücksichtigt Österreich die Unterschiedsbeträge seiner Familienleistungen, die monatlich bezahlt werden, bei Eltern, die vom vorrangig zuständigen Staat Familienleistungen beziehen, die quartalsweise bezahlt werden?

5.     Warum bezahlt Österreich gemäß Artikel 67 und 68 der EU-VO 883/2004 Familienleistungen an Eltern, deren Kind in einem anderen Staat wohnhaft ist, wenn eine Erwerbstätigkeit oder ein Rentenanspruch von zumindest einem Elternteil vorhanden ist, obwohl Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften keine Leistungen sind, die eine Erwerbstätigkeit verlangen und es daher auch irrelevant ist, ob Eltern Steuern und Sozialversicherungsbeiträge bezahlen?

6.     Wann werden Sie sich auf EU-Ebene dafür einsetzen, dass Familienleistungen, die gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften eines Staats keine Erwerbstätigkeit verlangen, nicht mehr Bestandteil der EU-Verordnungen 883/2004 und 987/2009 sind, was den Vorteil brächte, dass Österreich keine Familienleistungen ins Ausland exportieren muss und jener Fall, wie in Volksanwaltschaft und AK geschildert haben, obsolet wird, weil Österreich in dem Fall zuständig wäre?