7038/J XXVII. GP

Eingelangt am 17.06.2021
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Ruth Becher, Genossinnen und Genossen

an den Bundeskanzler

betreffend „Vollständiges Versagen bei wirtschaftspolitischen Hausforderungen?“

Im Zusammenhang mit den Turbulenzen um die beabsichtigte Schließung des MAN-Werkes in Steyr durch die Konzernmutter-Gesellschaft „VW“ musste mit Erstaunen festgestellt wer­den, dass die politische Spitze des Landes in Form des Bundeskanzlers angesichts einer für den Wirtschaftsstandort Österreich höchst relevanten Frage auffallend untätig blieb.

Dem Standort Steyr kommt nicht nur für die Region und das Bundesland Oberösterreich sondern aufgrund der Vernetzung im Automotiv-Industriecluster für die gesamte Republik erheblichste Bedeutung zu. Insofern ist die Frage, was an diesem Standort in Zukunft pas­sieren soll, von zentraler Bedeutung für die wirtschaftspolitische Zukunft des Landes. Es ist bis dato kein vergleichbares Fall in der 2. Republik bekannt, in welchem Regierungsspitzen des Landes und deren Umfeld bei derart wesentlichen Entwicklung mit derart auffallender Zurückhaltung bzw. Mangel an jeglichem Engagement aufgefallen wäre. Ob dieser Umstand auf mangelnde Kenntnis über wirtschaftliche Bedürfnisse und Entwicklungen gesamtöster­reichischer Natur zurückzuführen ist, mag dahingestellt sein, ein derartiges Verhalten wäre jedenfalls in jedem anderen europäischen Land, etwa dem vergleichbaren deutschen Bun­desland Bayern, völlig undenkbar.

Unabhängig von diesem leider auch in sonstigen Fällen festzustellenden Mangel an indus­triepolitischer Kenntnis bzw. Führungskraft wurde nunmehr bekannt, dass das österreichi­sche Bundesheer neben einer größeren Beschaffung von MAN Lastkraftwagen jüngst 30 Elektrofahrzeuge der Marke ID-3 vom VW-Konzern angekauft, dies um einen kolportierten Wert von €1,2 Mio. 40 weitere Fahrzeuge sollen folgen. Aber auch sonst ist die Republik Ös­terreich für ihre Größe im Vergleich zu anderen Ländern sicher ein sehr guter Kunde der VW-Gruppe. Im Lichte dieses Umstandes ist das - wie es scheint - angstvolle Verhalten und Abtauchen der Regierungsspitze unverständlich, um nicht zu sagen peinlich bis unwürdig.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage

gestellt:

1.     Seit wann sind Ihnen die Absichten des VW-Konzerns auf Schließung bzw. Absiedelung des MAN-Werkes in Steyr bekannt?

2.     Durch welche Quellen wurden Ihnen Informationen erteilt, dass eine derartige Ab­sicht zur Schließung des Werkes in Steyr besteht?

3.     Erachten Sie eine derartige Schließung und Verlegung eines Standortes ins Ausland für die Republik von Bedeutsamkeit und wenn nein, warum nicht?

4.     Erachten Sie es als eine Aufgabe der Bundesregierung und insbesondere eines Bundeskanzlers, im Fall beabsichtigter Schließungen eines wesentlichen Industrie­unternehmens wie MAN durch die VW-Gruppe, Verhandlungen mit den relevanten Entscheidungsträgern des VW-Konzerns aufzunehmen, wie dies etwa für die bayeri­sche Regierung eine Selbstverständlichkeit war und wenn nein, warum nicht?

5.     Erachten Sie die Anzahl der von der Öffentlichen Hand in Österreich jährlich gekauf­ten Produkte des VW-Konzerns als Argument für eine Aufrechterhaltung eines Standortes in Österreich? Wenn nein, warum nicht und wenn ja, haben Sie versucht dieses Argument in die Diskussion mit der VW-Gruppe einzubringen? Wem gegen­über und mit welchem Erfolg?

6.     Oder haben Sie von derartigen Gesprächen mit der VW-Gruppe Abstand genommen und wenn ja, warum?

7.     Erachten Sie eine eingeschränkte Aufrechterhaltung des Standortes durch die Ge­sellschaft eines Mitglieds des Aufsichtsrats des größten Gesellschafters der VW-Gruppe, der Porsche SE, als gleichwertig mit dem Verbleib der MAN selbst in Steyr und wenn ja warum?

8.     Ist Ihnen bekannt, dass der VW-Konzern dem österreichischen Bundesheer erst jüngst wieder insgesamt 70 Elektrofahrzeuge der Type ID-3 liefern wird bzw. bereits geliefert hat?

9.    Wäre dieser noch nicht abgeschlossene Beschaffungsvorgang eine Möglichkeit ge­wesen, mit dem VW-Konzern in Verhandlungen über mögliche Handlungsoptionen betreffend den Standort Steyr einzutreten und zwar auch bei Vorliegen nicht unbe­kannter Verhandlungsschwächen von Spitzenrepräsentanten?

10.  Bei dieser Gelegenheit noch eine sich zwangsläufig aufdrängende industriepolitische Zusatzfrage: Erachten Sie eine Person, welche in der Öffentlichkeit mehr durch auf deren Dienst-Handy gespeicherte Fotos von Geschlechtsorganen in hoher Anzahl auffällt als durch erkennbare umsichtige Strategien und industriepolitische Entschei­dungen & Konzepte für den Standort als in einem solch besonderen Ausmaß als Führungskraft qualifiziert, dass sie diesen auf Ihre Art und Weise der Republik ange­dient haben? Und wenn ja, durch welche speziellen Eigenschaften insbesondere?