7327/J XXVII. GP

Eingelangt am 08.07.2021
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Anfrage

 

des Abgeordneten Mag. Ragger

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt

betreffend Zivildiener siegen beim VfGH

 

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat jüngst in einem Erkenntnis zugunsten von Zivilidienern entschieden, die im Juli 2019 ihre Tätigkeit begonnen haben. Das Pech dieser Kohorte bestand darin, dass ihr neunter und damit eigentlich letzter Dienstmonat auf den März 2020 fiel. Damals brach bekanntlich die Corona-Pandemie über Österreich herein und eine Überlastung des Gesundheitssystems stand im Raum. Die türkis-grüne Regierung in Gestalt der zuständigen Ministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) hat daraufhin erstmals in der Geschichte einen "außerordentlichen Zivildienst" einberufen, was gesetzlich bei "Elementarereignissen, Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfangs und außerordentlichen Notständen" möglich ist. Anstatt aufhören zu dürfen, wurden rund 1.500 Zivildiener verpflichtet, drei Monate länger zu bleiben.

 

In seinem jüngsten Erkenntnis (G 47-75/2021-8, G 184/2021-4, G 194/2021-4) weist der VfGH nun darauf hin, dass bei der Schaffung des Zivildienstes eine strikte Trennung von Angelegenheiten militärischer und ziviler Gewalt festgeschrieben wurde. Eine entsprechende Bestimmung wurde 1994 sogar in den Verfassungsrang gehoben. Daraus folgt für den VfGH, dass "sämtliche im Zusammenhang mit dem Zivildienst stehende Verwaltungsaufgaben nicht von Behörden besorgt werden dürfen, die – wie das Heerespersonalamt – organisatorisch dem Bundesminister für militärische Landesverteidigung unterstehen, zumal diese Behörde funktionell den Zwecken des Bundesheeres dient." Da also das Heerespersonalamt der Verteidigungsministerin Klaudia Tanner weisungsgebunden ist, hätte es von Türkis-Grün nicht damit betraut werden dürfen, sich um die Gehälter der Sonder-Zivildiener zu kümmern, weil dadurch die gebotene Trennung von Militär und Zivildienst verwischt wird.

 

Aufgeworfen wurde diese Fragestellung durch die Ungleichbehandlung der zur Verlängerung verpflichteten Zivildiener und jener, die sich Freiwillig zu einem Zivildienst verpflichteten. Letztere verdienten fast das Doppelte. Sie hatten Anrecht auf eine "Pauschalentschädigung" von 1.140 Euro netto im Monat. Samt Grundvergütung und Zuschlag kamen sie summa summarum auf 1.677 Euro netto.

 

Bezüglich der Frage welche Behörde für Anträge außerordentlicher Zivildiener auf Pauschalentschädigung zuständig sei, gehen die Antworten auseinander. Laut Zivildienstministerium wäre die jeweilige Bezirksverwaltungsbehörde zuständig. Der Verfassungsjurist Prof. Bußjäger sähe hingegen die Zivildienstserviceagentur des Ministeriums am Zug.1

 

Zur Behebung der Ungleichheit wurde inzwischen jedoch bereits ein Initiativantrag aller Fraktionen, mit dem analog zu der Änderung der Heeresbesoldung eine Anpassung der Grundvergütung für den ordentlichen oder außerordentlichen Zivildienst und des Zuschlags zur Grundvergütung bei Einsätzen erfolgt, im Nationalrat beschlossen.2

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt folgende

 

 

Anfrage

 

  1. Welche Rechtsfolgen knüpfen sich an die Erkenntnisse (G 47-75/2021-8, G 184/2021-4, G 194/2021-4; E 3310/2020-23) des VfGH?
  2. Welche Kosten werden dadurch budgetwirksam?
  3. Ist Ihr Ressort in die Reparatur des als teilweise verfassungswidrig eingestuften § 34b Abs. 2 ZDG eingebunden?
    1. Wenn ja, inwiefern?
    2. Wenn ja, welche sonstigen Organisationseinheiten des Bundes sind eingebunden?
    3. Welche Verantwortung übernimmt Ihr Ressort?
    4. Wenn ja, welche Schritte werden diesbezüglich wann gesetzt?
  4. Welche Behörde ist nunmehr für die Beantragung der Pauschalentschädigung zuständig?

 

 

 

 

 

 

 

 

Weiterführende Informationen:

 

1.       https://www.derstandard.at/story/2000127904421/zum-verlaengern-gezwungene-zivildiener-siegen-beim-vfgh-doch-was-bringt

2.       https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/I/I_00864/index.shtml