7399/J XXVII. GP

Eingelangt am 14.07.2021
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Anfrage

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Fiona Fiedler, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Soziales‚ Gesundheit‚ Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Akademisierung der Pflege

Seit Jahren wird in Österreich versucht, den Pflegemangel zu bessern und die Versorgung mit Pflegekräften sicherzustellen, allerdings wurden bisher noch keine endgültigen Lösungen gefunden. Eine der Lösungsoptionen bei Personalmangel in einer Branche ist die Akademisierung eines Berufes. Im Gesundheitsbereich wurde 2006 mit der Akademisierung der Hebammenausbildung und von Berufen im medizinisch-technischen Dienst begonnen (1). Im Pflegebereich folgte 2016 durch die GUKG-Novelle die Umstellung, seither kann die Ausbildung zum diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger an Fachhochschulen absolviert werden. Betrachtet man die Liste der Gesundheitsberufe des Ministeriums kann unterschieden werden, welche Berufe an Fachhochschulen gelehrt werden und für welche die Gesundheits- und Krankenpflegeschulen nötig sind (2).

Uneinheitliche Ausbildungswege

So wurden Hebammen, Physiotherapeuten, Labordienstmitarbeiter, Radiologietechniker und der gehobene Dienst für Gesunden- und Krankenpflege an Fachhochschulen akademisiert. Zweifellos eine Reihe wichtiger Gesundheitsberufe, wobei viele Berufsgruppen im Krankenhaus davon nicht erfasst sind. Viele der Ausbildungen für Assistenzberufe, die in Krankenhäusern nötig sind, finden nach wie vor an Gesundheits- und Krankenpflegeschulen statt. Gleichzeitig gibt es für einige dieser Berufe eigene Lehrgänge, teilweise können sie auch berufsbegleitend in Krankenhäusern erlernt werden. Das Ausbildungssystem ist dadurch zersplittert, wie viele Ausbildungsplätze tatsächlich zur Verfügung stehen ist unklar. Einige Spezialisierungen und Pflegeassistenzberufe fallen in diese Kategorie, häufig sind genau diese  Berufsgruppen beispielsweise auf Intensivstationen von Personalmangel betroffen. Einzelberichten zufolge müssen in Krankenhäusern sogar immer wieder Ausbildungsstellen gestrichen werden, wodurch der Personalmangel langfristig kaum verbessert werden kann.

Zusätzlich hat sich gezeigt, dass auch die Akademisierung keine endgültige Lösung darstellt. So findet die Ausbildung für die Gesunden- und Krankenpflege an Fachhochschulen statt, wodurch die Bundesländer in der Verantwortung sind. Gesprächen mit Pflegeverbänden zufolge führt das immer wieder zu Problemen bei der  gegenseitigen Anrechenbarkeit, weil Ausbildungsmodule nicht genormt sind. Auch der Rechnungshof kritisierte die zersplitterten Zuständigkeiten im Bereich der Pflege (3).

Mangelnde Ausbildungsmöglichkeiten, mangelndes Personal

Offen ist also einerseits eine bisherige Analyse, welche Auswirkungen die Akademisierung auf die Personalzahlen in betroffenen Pflegeberufen hatten. Andererseits ist ebenso unklar, wie die Ausbildung für verbleibende Gesundheitsberufe in Zukunft aussehen wird. Dies ist besonders relevant, wenn die Erfahrungen der vergangenen eineinhalb Jahre berücksichtigt werden und der Personalmangel in Krankenhäusern analysiert wird. So hat sich gezeigt, dass es in der Pflege grundsätzlich zu wenig Personal gibt, zu wenige Mitarbeiter Spezialisierungsausbildungen (beispielsweise für Intensivmedizin oder die Tätigkeit im Operationssaal) haben und ebenso bei Assistenzberufen nicht genug Personal zur Verfügung steht - in weiterer Folge finden sich die Berufe von Pflegeassistenz über Pflegefachassistenz bis zur diplomierten Gesunden- und Krankenpfleger auf der offiziellen Liste der Mangelberufe. Zusätzlich stehen Pflegepersonen aber vor großen Herausforderungen, wenn Sie in die Lehre einsteigen wollen - die Ausbildung zur Lehrtätigkeit verlangt eine Stundenreduktion und ist in weiterer Folge unattraktiv - ohne geeignete Ausbildner, kann die Zahl der Personen in Pflegeberufen aber kaum erhöht werden.

Unklare Lösungsansätze

Auch der Bericht der Taskforce Pflege (4) stellt einige Rahmenbedingungen zur Zukunft der Pflege auf, wie diese erreicht werden sollen, ist allerdings noch fraglich. Den bisherigen Erhebungen zufolge sind aber mindestens folgende Punkte nötig:

·         flexibles und dynamisches System für Spezialisierungen auf unterschiedliche Krankheitsbilder und Settings

·         Etablierung von Forschungs- und Lehreinrichtungen zu Pflege und Betreuung an Universitäten und Fachhochschulen

·         Sicherstellung von Berufsmöglichkeiten für Personen ohne Studienberechtigung

·         Ausbau der Ausbildungsangebote (dislozierte Standorte, Testbetrieb von pilotierten BHS-/BMS-Modellen, Implacement-Stiftungen, Fachkräftestipendien, verlängerte Möglichkeiten von Bildungskarenz oder Attraktivierung von berufsbegleitenden Ausbildungen)

Wie genau diese Umsetzungen erfolgen sollen oder wie Vorschläge wie eine Anpassung des Gehalts funktionieren soll, ist allerdings fraglich. Schließlich ist - wie bereits angeführt - sowohl bei Ausbildung, als auch bei Entlohnung und Stellenangebot das Gesundheitsministerium nur bedingt zuständig. Auch das Arbeitsministerium hat bereits mehrere Pressekonferenzen mit dem Fokus auf den Pflegemangel abgehalten. Bisher sind Pläne zur Anerkennung ausländischer Ausbildungen angekündigt worden, weiters wurden Ausbildungen und Weiterbildungen im Rahmen von Stiftungen und der Corona-Job-Offensive angekündigt (5). Die größere Aufgabe liegt insgesamt aber darin, Rahmenbedingungen zu schaffen, wo und wie eine einheitliche Ausbildung erfolgen kann und bis zu welchem Ausmaß sich die Arbeitsbedingungen in Krankenhäusern, mobiler oder freiberuflicher Pflege ändern müssen, damit die Beru-fe attraktiver werden.

Quellen:

(1) https://www.fh-krems.ac.at/fachhochschule/medienportal/news/gelungene-                  akademisierung-der-pflegeberufe-2018-02-01/ 

(2)https://www.sozialministerium.at/dam/jcr:e8c34dd6-725e-465a-a213-b4f1ba9b2b64/Gesundheitsberufe%20in%20%C3%96_2020_pdf.pdf

(3) https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/004.682_Pflege_Oesterreich.pdf

(4) https://jasmin.goeg.at/1576/1/TF_Pflege_Ergebnisbericht_bf.pdf

(5) https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/oesterreich/2093370-Aus-7500-Arbeitslosen-sollen-Pflegekraefte-werden.html

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Welche Berufe zählt das Ministerium zu Pflegeberufen, in denen ein Personal-ausbau nötig ist?

2.    Welche Berufe zählt das Ministerium zu Berufen, durch die pflegendes Personal unterstützt wird (beispielsweise Reinigungs- oder Verwaltungskräfte in Krankenhäusern oder Sozialarbeitern im mobilen Bereich)? (Bitte um Aufschlüsselung nach Betreuungssetting wie Krankenhaus, mobile Pflege etc)

3.    Wie hat sich die Zahl der in der Pflege Tätigen durch die Akademisierung der diplomierten Pflege verändert? (Bitte um Aufstellung der jährlichen Anfänger und  Absolventen von Gesunden- und Krankenpflegeschulen beziehungsweise Fachhochschulen nach Bundesland und Abschluss für die vergangenen zehn Jahre)

a.    Wie viele dieser Absolventen wurden in weiterer Folge auch tatsächlich in der Pflege tätig? (Bitte um Aufschlüsselung nach Beschäftigung in Krankenhäusern, Pflegeheimen, mobiler Pflege oder als Selbstständige)

b.    Wie viele dieser Absolventen sind nach wie vor in der Pflege tätig? (Bitte um Aufschlüsselung der noch im Pflegebereich tätigen nach Abschlussjahr und Beschäftigungsform - falls nicht genauer aufschlüsselbar, auf Basis des Gesundheitsberuferegisters)

c.    Welche Maßnahmen sind geplant, um die Anzahl der Studierenden zu erhöhen?

d.    Welche Maßnahmen sind geplant, um die Anzahl der Absolventen zu er-höhen?

e.    Welche Maßnahmen sind geplant, um die Tätigkeitsdauer im gehobenen Gesundheits- und Krankenpflegedienst zu verlängern?

4.    Wie hat sich die Zahl der in der Pflege Tätigen in Assistenzberufen durch die  Veränderung des Ausbildungssystems entwickelt?(Bitte um Aufstellung der jährlichen Absolventen von Gesunden- und Krankenpflegeschulen nach Bundesland, Fachrichtung und Abschluss für die vergangenen zehn Jahre)

a.    Wie viele dieser Absolventen wurden in weiterer Folge auch tatsächlich in der Pflege tätig? (Bitte um Aufschlüsselung nach Fachrichtung und Beschäftigung in Krankenhäusern, Pflegeheimen, mobiler Pflege oder als Selbstständige)

b.    Wie viele dieser Absolventen sind nach wie vor in der Pflege tätig? (Bitte um Aufschlüsselung der noch im Pflegebereich tätigen nach Abschlussjahr, Fachbereich und Beschäftigungsform - falls nicht genauer aufschlüsselbar, auf Basis des Gesundheitsberuferegisters)

c.    Welche Maßnahmen sind geplant, um die Anzahl der Ausbildungsbeginner zu erhöhen?

d.    Welche Maßnahmen sind geplant, um die Anzahl der Absolventen zu er-höhen?

e.    Welche Maßnahmen sind geplant, um die Tätigkeitsdauer im den jeweiligen Fachbereichen zu verlängern?

5.    Welche Pläne gibt es seitens des Ministeriums, Unterstützungsberufe in den Krankenhäusern auszubauen?

6.    Welche Pläne gibt es seitens des Ministeriums, die Anzahl der Ausbildner in Pflegeberufen zu erhöhen?

7.    Welche Verhandlungen fanden dazu bereits mit Krankenhausbetreibern oder den Landesregierungen als Eigentümervertreter statt?

8.    Welche Konzepte hat das BMSGPK in Kooperation mit dem Arbeitsministerium erarbeitet, um die Zahl der Personen in Pflegeberufen zu erhöhen?

9.    Welche Rolle spielen dabei jeweils Arbeitsstiftungen, Weiterbildungsmaßnahmen, Ausbildungsfinanzierungen oder Ähnliches? (Bitte um Aufschlüsselung der ein-zelnen Maßnahmen, ihres Budgets und der erwarteten Personenanzahl, die in weiterer Folge in der Pflege tätig werden sollen)

10. Welche Pläne gibt es seitens des Ministeriums, die Ausbildung für einzelne Pflegeberufe zu reformieren und/ oder bundesweit zu vereinheitlichen? (Bitte um Ausführung der Pläne für die jeweiligen Berufe)