8860/J XXVII. GP

Eingelangt am 02.12.2021
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Anfrage

der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Frauen‚ Familie‚ Jugend und Integration

betreffend Mehrsprachige Informationen zur Corona-Schutzimpfung

 

Wir befinden uns mitten in der 4. Corona-Welle und knapp zwei Jahre nach Pandemiebeginn erneut in einem bundesweiten Lockdown. Das liegt daran, dass die Bundesregierung das Krisen-Management immer wieder der Parteipolitik untergeordnet, Pandemie-Bekämpfung über Pressekonferenzen gemacht und das Vertrauen der Bevölkerung durch anhaltende Planlosigkeit verspielt hat. Wesentliche Schritte am Weg zu einer notwendigen Durchimpfungsrate wurden nicht gesetzt, obwohl wir als Opposition frühzeitig und ungeachtet jeglicher Wahlkampflogik Vorschläge für positive Impfanreize auf den Tisch gelegt haben. Das völlige Versagen der Bundesregierung in der Coronapolitik gipfelt in einer allgemeinen Impfpflicht, die lediglich aufgrund der Versäumnisse dieser Regierung überhaupt diskutiert werden muss.

Vor diesem Hintergrund ist es umso unverständlicher, dass auf eine wesentliche Bevölkerungsgruppe in der Kommunikation und Aufklärungsarbeit zur Corona-Schutzimpfung nach wie vor vergessen wird, nämlich auf Migrant_innen und Geflüchtete. Für die Bereitstellung von Informations- und Aufklärungsmaterialien in verschiedensten Fremdsprachen ist seit Pandemie-Beginn der ÖIF zuständig. Die Integrationsministerin hat uns vorliegenden Informationen zufolge die Verantwortlichen in den Bundesländern gebeten, keine eigenen Informationsbroschüren oder dergleichen selbständig in andere Sprachen übersetzen zu lassen, sondern mit den vom ÖIF zur Verfügung gestellten Informationen zu arbeiten. Es ist daher nicht nachvollziehbar, dass in einer Zeit noch nie dagewesener Infektionszahlen, überlasteter Intensivstationen inklusive Triage und derart harten Freiheitsbeschränkungen immer noch keine Informationen zur Impfung auf der Homepage des ÖIF ersichtlich sind:

 

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Auch, wenn man auf der Homepage von "Österreich impft" unter FAQs auf "More information in other languages" klickt2, wird man auf obige ÖIF-Homepage weitergeleitet. Wie wir längst wissen, ist die Corona-Schutzimpfung unser bester Weg aus dieser Krise und dennoch beinhaltet die ÖIF-Homepage keinerlei Informationen oder gar Appelle, sich impfen zu lassen und werden andere Instanzen anscheinend davon abgehalten, selbständig Informationen übersetzen zu lassen. Ein aktueller Bericht der Wirtschaftsuniversität Wien (Juni 2021) thematisiert u.a. die mangelnde Ansprache und Information der nicht-deutschsprachigen Bevölkerung in Österreich, immerhin sprechen wir hier von 20,1% der Gesamtbevölkerung zu Beginn 2021.3 In Wien liegt der Anteil der im Ausland geborenen Bevölkerung übrigens bei 41,9% - wenn eine derart große Bevölkerungsgruppe unzureichende bis keine gezielten Informationen zur Corona-Schutzimpfung in den wichtigsten Erstsprachen erhält, verwundert es wenig, dass die Pandemiebekämpfung scheitert. Der Bericht, der übrigens auch klare Handlungsempfehlungen ausspricht, zeigt deutlich auf, an welchen Informationen es mangelt und welche Sorgen die Betroffenen in Bezug auf die Impfung haben. Es gibt solche, die sich sofort impfen lassen, Personen, die sich lieber impfen lassen, als Einschränkungen in Kauf zu nehmen, es gibt durch Fake News verunsicherte Personen, die gerne noch ein wenig zuwarten würden (befürchtete Unfruchtbarkeit und andere Nebenwirkungen) und solche, die sich keinesfalls impfen lassen wollen. Die Überzeugungen, Ängste und Vorbehalte unterscheiden sich genauso wenig wie die Verschwörungstheorien (Stichwort Mikrochips, Bill Gates etc.) von denen der deutschsprachigen Bevölkerung.

Welche realen Auswirkungen dieses politische Versagen nicht nur auf die Pandemiebekämpfung im Allgemeinen, sondern auch auf die Gesundheit der ausgeklammerten Migrant_innen und Geflüchteten hat, zeigt bereits Ende September ein Bericht der Salzburger Gesundheitsbehörden: Uta Hoppe, Leiterin des medizinischen Expertengremiums in Salzburg, schätzt, dass rund 70 Prozent der ungeimpften Covid-Patient_innen im Spital Migrationshintergrund hätten. Einerseits handle es sich bei den Personen um Impfverweigerer, andererseits um Personen, die von unserer Kommunikation nicht erreicht werden. Was es brauche, ist kein Geheimrezept: niederschwellige Impfangebote und Botschaften in der Muttersprache der Personen.4 Es liegt also auf der Hand, dass Migrant_innen und Geflüchtete ebenso umfassende Informationen speziell zur Impfung, ihren Vorteilen, Nebenwirkungen und bürokratischen Prozessen z.B. bei der Ausstellung von Genesenen-Zertifikaten brauchen, um sie von der Notwendigkeit der Impfung zu überzeugen und es ist absolut unverständlich, dass das bis jetzt noch nicht passiert ist.

1 https://www.integrationsfonds.at/coronainfo/ (Stand 30.11.2021)

2 https://www.oesterreich-impft.at/faq/

3 „COVID-19 und Migrationshintergrund“ (PDF, 540 KB) 

4 https://www.sn.at/salzburg/chronik/viele-migranten-unter-den-ungeimpften-in-salzburg-wie-kann-man-sie-erreichen-109850473#login  

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Ist es korrekt, dass Sie oder Ihr Ressort z.B. Verantwortliche in den Bundesländern darum gebeten haben, nicht selbständig Informationen rund um Corona und die Schutzimpfung in andere Sprachen zu übersetzen, sondern lediglich mit den vom ÖIF zur Verfügung gestellten Informationen zum Thema Corona zu arbeiten?
    1. Wenn ja, wann erging diese Bitte, an wen erging sie und was war der genaue Wortlaut?
    2. Wenn ja, wie kann es dann sein, dass der ÖIF auf seiner Website zur Aufklärung über die gültigen Corona-Regelungen keine Informationen zu einem zentralen Thema wie der Corona-Schutzimpfung zur Verfügung stellt?
  1. Welche Schritte (Informationskampagnen, Informationsbroschüren oder dergleichen) haben Sie als Integrationsministerin gesetzt, um die wichtige Gruppe der Migrant_innen und Geflüchteten mit Informationen speziell zur Corona-Schutzimpfung zu versorgen?
    1. Wann wurden diese Schritte gesetzt?
    2. In welchen Sprachen wurden die Informationen zur Corona-Schutzimpfung verbreitet?
    3. Über welche Kanäle wurden die Informationen zur Corona-Schutzimpfung verbreitet?
  1. Abgesehen vom ÖIF, welche anderen Stellen haben Sie mit der Aufklärung und Informationsaufbereitung zum Thema Corona-Schutzimpfung für Migrant_innen und Geflüchtete betraut?
    1. Wenn es keine anderen Stellen gibt, warum nicht, wo auch der ÖIF keine Informationen zur Corona-Schutzimpfung auf seiner Homepage bereitstellt?
  1. Auf die Frage im Budgetausschuss im November 2021 hin, welche Maßnahmen in Form von Kampagnen etc. Sie setzen, um die Impfbereitschaft in der migrantischen Community zu heben und wie diese sich 2022 im Budget niederschlagen, antworteten Sie, es gäbe ohnehin längst Informationen in 17 verschiedenen Sprachen zum Thema und im Integrationszentrum in Wien würde geimpft. Auf der Homepage des ÖIF finden sich jedoch nach wie vor nur Informationen zu den Themen "Regionale Maßnahmen" (Eintrittsregelungen), "Ausgangsregelungen", "Informationen zur Maskenpflicht" und "COVID-19 Schutzmaßnahmen" in Gastronomie, Handel, Freizeit etc. Wo findet man Informationen speziell zur Corona-Schutzimpfung in 17 verschiedenen Sprachen, wie Sie sie im Budgetausschuss genannt haben?
  2. Wird abgesehen vom Integrationszentrum in Wien auch in den Bundesländern in den Integrationszentren geimpft und wenn ja, in welchen und seit wann?
  3. Wie viel Budget haben Sie konkret im Jahr 2022 für Informationskampagnen und Aufklärung zur Corona-Schutzimpfung für Migrant_innen und Geflüchtete veranschlagt, um die Impfbereitschaft in dieser Bevölkerungsgruppe anzuheben?