12620/J XXVII. GP
Eingelangt am 05.10.2022
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Mag. Yannick Shetty‚ MA, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Anmeldebescheinigungen für EWR-Bürger_innen: nutzlos und bürokratisch?
In Österreich besteht seit dem Jahr 2006 für EWR-Bürger_innen (EU-Bürger_innen, Isländer_innen, Liechtensteiner_innen und Norweger_innen), die sich länger als 3 Monate im Staatsgebiet aufhalten, eine Verpflichtung den Aufenthalt binnen 4 Monaten ab Einreise anzuzeigen und eine Anmeldebescheinigung zu beantragen. Gleiches gilt für ihre Angehörigen, sofern diese selbst EWR-Bürger_innen sind (§§ 51-53 NAG). Die Beantragung einer Anmeldebescheinigung erfolgt unabhängig von der Anmeldung des Wohnsitzes bei der Meldestelle, welche innerhalb von drei Tagen ab Einreise erfolgen soll. Als Grund für die Notwendigkeit einer Anmeldebescheinigung wird vor allem die Bekämpfung von Sozialbetrug angeführt.
Der Antrag auf Anmeldebescheinigung muss persönlich mittels vorgefertigten Antragsformulars samt erforderlichen Dokumenten bei der zuständigen Behörde erfolgen und es muss eine Gebühr von zumindest 15€ entrichtet werden. Die nicht rechtzeitige Beantragung einer Anmeldebescheinigung stellt eine Verwaltungsübertretung dar - den Betroffenen droht eine Geldstrafe von 50 EUR bis zu 250 EUR bzw. ein Freiheitsentzug im Ausmaß von bis zu einer Woche. Auch eine Ausweisung ist eine mögliche Folge einer fehlenden Anmeldebescheinigung. Nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt in Österreich besteht für EWR-Bürger_innen die Möglichkeit, das Recht auf Daueraufenthalt zu erwerben. Auf Antrag wird Betroffenen daraufhin eine "Bescheinigung des Daueraufenthalts" ausgestellt.
Ein derartiges Prozedere ist europaweit eine Seltenheit: Neben Belgien, Luxemburg und Spanien ist Österreich das einzige Land in der EU, das eine Anmeldebescheinigung für EWR-Bürger_innen vorsieht – europarechtlich ist letztere nämlich nicht verpflichtend, sondern nur fakultativ (Art 8 Unionsbürgerrichtlinie 2004/38/EG). Einige Mitgliedstaaten, die eine Anmeldebescheinigung eingeführt hatten, haben diese aufgrund fehlender Sinnhaftigkeit rasch wieder abgeschafft. Als Deutschland die Anmeldebescheinigung im Jahr 2013 abschaffte, wurden im korrespondierenden Gesetzesentwurf insbesondere die Argumente der "finanziellen Entlastung der kommunalen Verwaltung" sowie der "Verringerung von Bürokratieaufwand" hervorgehoben (siehe dazu: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer aufenthaltsrechtlicher Vorschriften I Deutscher Bundestag).
Nun ist auch im Falle Österreichs fragwürdig, ob Kosten und Bürokratieaufwand, die mit der Anmeldebescheinigung einhergehen, einen konkreten Mehrwert haben. Darüber hinaus stellt eine zusätzliche Anmeldepflicht für EWR-Bürger_innen einen Widerspruch zum europäischen Gedanken dar, insbesondere zum Prinzip der Freizügigkeit der Unionsbürger_innen - ein europäischer Grundwert, zu dem Österreich sich eigentlich bekennt.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
i. Wenn ja, bei welchen?