72/KOMM XXVII. GP

 

Kommuniqué

des Untersuchungsausschusses betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung (Ibiza-Untersuchungsausschuss) (1/US XXVII.GP)

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Mag. Johann Fuchs, LL.M. in der 11. Sitzung vom 15. Juli 2020

Der Untersuchungsausschuss betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung (Ibiza-Untersuchungsausschuss) hat in seiner 20. Sitzung am 20. Oktober 2020 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO­UA) beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Mag. Johann°Fuchs,°LL.M. zu veröffentlichen. Einwendungen oder Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA sind nicht eingelangt. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

 

 

Wien, 2020 10 20

                           Mag. Klaus Fürlinger                                                     Mag. Andreas Hanger

                                     Schriftführer                                                               Vorsitzender-Stellvertreter

Untersuchungsausschuss

BETREFFEND MUTMAẞLICHE KÄUFLICHKEIT DER TÜRKIS-BLAUEN BUNDESREGIERUNG
(IBIZA-UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSS)


Stenographisches Protokoll

 

11. Sitzung/medienöffentlich

Mittwoch, 15. Juli 2020

 

XXVII. Gesetzgebungsperiode

Gesamtdauer der 11. Sitzung
10.06 Uhr – 20.26 Uhr

 

Lokal 7

Befragung der Auskunftsperson Leitender Oberstaatsanwalt
Mag. Johann Fuchs, LL.M.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ich komme zur Belehrung der Auskunftsperson.

Herr Mag. Johann Fuchs, die Daten, die Sie draußen vor dem Saal abgegeben und unterfertigt haben, entsprechen der Wahrheit? (Die Auskunftsperson bestätigt die Richtigkeit der Daten.) – Gut.

Ich darf Ihnen jetzt die Belehrung über Ihre Position als Auskunftsperson kurz vorlesen:

Herr Mag. Fuchs, Sie werden vor dem Untersuchungsausschuss zur mutmaßlichen Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung als Auskunftsperson zu den Themen Managemententscheidungen bei der Casinos Austria AG, Reform und Vollziehung bestimmter Teile des Glücksspielgesetzes, Begünstigung von Dritten, Neustrukturierung der Finanzaufsicht, Ermittlungen in der Ibiza-Affäre, Beteiligungsmanagement des Bundes, Personalpolitik und Verdacht des Gesetzeskaufs angehört.

Sie haben mit der Ladung eine schriftliche Belehrung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson erhalten. Ich weise Sie auf diese schriftliche Belehrung hin. Sie sind verpflichtet, die an Sie gerichteten Fragen wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann gemäß § 288 Abs. 3 StGB wie eine falsche Beweisaussage vor Gericht mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet werden.

Es besteht vor dem Untersuchungsausschuss kein generelles Recht der Aussageverweigerung. Die Aussageverweigerungsgründe konnten Sie ebenfalls der mit der Ladung zugestellten schriftlichen Belehrung entnehmen. Die Gründe für eine Aussageverweigerung sind anzugeben und über Verlangen auch glaubhaft zu machen.

Auch weise ich Sie auf die bereits schriftlich mitgeteilte Geheimhaltungspflicht nach dem Informationsordnungsgesetz hinsichtlich klassifizierter Informationen hin. Dies gilt auch noch nach Beendigung der Befragung.

Dem Untersuchungsausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden und auch nicht an sich genommen werden.

Sie selbst sind berechtigt, Beweisstücke vorzulegen, die Zulässigkeit an Sie gerichteter Fragen zu bestreiten und den Ausschluss der Öffentlichkeit jederzeit zu beantragen.

Herr Vorsitzender, die Belehrung ist zu Ende.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Vielen Dank, Herr Verfahrensrichter.

Herr Mag. Fuchs, als Auskunftsperson haben Sie das Recht, eine einleitende Stellungnahme abzugeben. Diese soll 20 Minuten nicht überschreiten. Wollen Sie von diesem Recht Gebrauch machen?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Bitte schön.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Dann erteile ich Ihnen das Wort. – Bitte sehr.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Geschätzte Damen und Herren, zunächst schönen Nachmittag! Ich möchte mein Eingangsstatement dazu nutzen, Ihnen von den rechtlichen und faktischen Rahmenbedingungen, unter denen strafrechtliche Ermittlungen stattfinden, ein Bild zu skizzieren, und zwar möchte ich zu diesem Punkt drei Themenbereiche ansprechen, natürlich nur kurz und kursorisch.

Der erste Themenbereich wird Anfangsverdacht und die Zweckbindung von Ermittlungsmaßnahmen sein. Der zweite Bereich wird die Ermittlungskooperation zwischen der Staatsanwaltschaft und der Kriminalpolizei sein. Und der dritte Punkt wird die Fachaufsicht und die Rolle der Oberstaatsanwaltschaft sein.

Zum Anfangsverdacht: Unter Anfangsverdacht versteht das Gesetz konkrete Anhaltspunkte, die für das Vorliegen einer gerichtlich strafbaren Handlung vorliegen. Das heißt, Vermutungen, Spekulationen, Gerüchte, substratlose Eingaben und Ähnliches reichen für die Annahme eines Anfangsverdachts nicht aus.

Warum ist das jetzt wichtig? – Also die Festlegung des Anfangsverdachts hat für uns drei wesentliche Funktionen. Erstens ist es die Schwelle zum Ermittlungsverfahren; ohne Anfangsverdacht gibt es kein Ermittlungsverfahren. Deswegen ist bereits zu Beginn, wenn man prüft, ob man ein Ermittlungsverfahren beginnt oder nicht, wichtig: Was ist jetzt eigentlich der Anfangsverdacht?

Die zweite Funktion: Der Anfangsverdacht bildet auch den Rahmen für das Ermittlungsverfahren. Das heißt, sämtliche Ermittlungsmaßnahmen, Beweisaufnahmen, die man nach der StPO vornimmt, dürfen nur zur Klärung des Anfangsverdachts führen.

Ich kann das vielleicht ganz kurz mit einem Beispiel umreißen: Also wenn Sie eine Hausdurchsuchung zur Aufklärung eines Diebstahls anordnen und Sie finden dann dort in der Wohnung umfangreiche Buchhaltungsunterlagen, dann dürfen Sie die dort nicht sicherstellen, um vielleicht mögliche Steuerhinterziehungen aufzuklären. Das heißt, es ist im Prinzip der Anfangsverdacht der Rahmen für unsere Beweisaufnahmen.

Das Dritte – und das ist für mich eigentlich der wesentlichste Punkt, nämlich wenn es um die Ermittlungsstrategie und auch um die Organisation eines Ermittlungsverfahrens geht –: Der Anfangsverdacht ist auch so eine Art Eröffnungsbilanz des Ermittlungsverfahrens. Das heißt, ich habe einen Sachverhalt, einen Tatverdacht, unterstelle das Ganze einem rechtlichen Tatbestand oder mehreren und sehe dann: Welche Anhaltspunkte gibt es schon? Was muss man im Beweisverfahren noch an Informationen beischaffen, um am Ende eine Aussage darüber treffen zu können, ob aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens Anklage zu erheben ist oder eben nicht?

Das heißt, das Ziel des Ermittlungsverfahrens ist die hinreichende Klärung des Sachverhalts als Entscheidungsgrundlage dafür, ob jetzt Anklage zu erheben ist oder einzustellen ist.

Wichtig ist tatsächlich, dass die Ermittlungsmaßnahmen streng zweckgebunden sind. Ich habe das vorhin schon mit dem Rahmen des Ermittlungsverfahrens erklärt: Es ist tatsächlich wichtig, dass alle Ermittlungsmaßnahmen und Beweisaufnahmen, die im Ermittlungsverfahren stattfinden, zur Klärung des Anfangsverdachts dienen.

Treten dabei Zufallsfunde, das heißt Hinweise auf andere strafbare Handlungen auf, dann ist damit ein eigenes Verfahren zu eröffnen und das wieder in einem gesonderten Verfahren zu überprüfen.

Unzulässig ist es allerdings, das Ermittlungsverfahren auf das Auffinden von Zufallsfunden aufzuhängen, also zu sagen, man sucht die Stecknadel im Heuhaufen, das aber eigentlich nur pro forma zu machen, um etwas ganz anderes zu finden. Das ist nicht zulässig.

Der zweite Punkt: das Kooperationsmodell mit der Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei. Die StPO 2008 sieht eben Teamarbeit zwischen der Staatsanwaltschaft und der Kriminalpolizei vor, und dieses Kooperationsmodell funktioniert eigentlich seither sehr gut.

Was bedeutet das in der Praxis? – Jedes Teammitglied bringt im Prinzip seine Kernkompetenz in die Ermittlungen ein, die Kriminalpolizei ihre kriminaltaktische, ihre kriminaltechnische, ihre kriminalistische Kernkompetenz sowie die Befugnis, Zwangsmaßnahmen zu setzen, und die Staatsanwaltschaft eben ihre rechtliche Kompetenz. Das findet Eingang in die Ermittlungen, in die gemeinsame Entwicklung von Ermittlungsstrategien, in das Verfassen von Anordnungen und am Ende halt dann in die Erledigung des Ermittlungsverfahrens.

Es ist vorgesehen, dass die Ermittlungen im Konsens zwischen Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft stattfinden. Allerdings: Wenn ein Konsens nicht herzustellen ist, dann hat die Staatsanwaltschaft das letzte Wort. Das wird halt so schön mit der Leitungsbefugnis umschrieben, das letzte Wort heißt aber auch: die Verantwortung.

So, und jetzt bin ich bei der Fachaufsicht und der Rolle der Oberstaatsanwaltschaft. Man könnte es sich jetzt einfach machen und sagen: Na ja, Fachaufsicht, das ist Qualitätsmanagement, viel mehr ist das nicht. – Tatsächlich ist es aber so, dass unsere Rechtskultur einen starken und stabilen Grundrechtsschutz in ihrer DNA hat. Das Strafverfahren ist eine intensive Begegnungszone zwischen Grundrechtsschutz und Eingriffsbefugnissen. Da geht es einerseits um die Wahrung von Grundrechten, und auf der anderen Seite geht es auch um Aufklärung von strafbaren Handlungen und um Eingriffsbefugnisse, die dafür zur Verfügung stehen.

Die OStA, und das ist jetzt mein Gebiet, steht im Zentrum dieses Spannungsfelds zwischen Grundrechtsschutz und Aufklärungszwang. Unsere Aufgabe als Oberstaatsanwaltschaft ist es, eine zielgerichtete und rechtmäßige Führung des Ermittlungsverfahrens zu begleiten und sicherzustellen.

Dabei ist mir ganz wichtig – weil das auch vereinzelt schon aufgetaucht ist –: Unser Handeln als Staatsanwälte und Staatsanwältinnen wird ausschließlich durch das Gesetz bestimmt und nicht durch opportunistische Überlegungen, durch Netzwerke oder ähnliche unsachliche Erwägungen. Es ist ausschließlich das Gesetz, wonach wir uns orientieren. Da gibt es manche Entscheidungen, die in der Öffentlichkeit nicht so einfach verständlich sind, aber sie sind gesetzmäßig, und es ist unsere Aufgabe, auch im Ermittlungsverfahren eben dem Gesetz und der Rechtsstaatlichkeit, die unserer Republik ja innewohnt, Durchbruch zu verschaffen.

Was ist jetzt meine Rolle? – Ich bin der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien. Meine Behörde besteht aus 15 Komma irgendwas Vollzeitkapazitäten, und wir sind zuständig für Wien, Niederösterreich, Burgenland und die WKStA. Das heißt, in Summe sind das ungefähr 250 000 Verfahren, wo wir einerseits Dienst- und andererseits Fachaufsicht ausüben. Das heißt aber auch, dass ich nur das dritte und das vierte Auge bei der Kontrolle der Erledigungen meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bin und halt so mehr oder weniger das letzte Glied in der Qualitätssicherung auf staatsanwaltschaftlicher Ebene.

Welche Qualifikationen bringe ich mit? – Ich bin 27,5 Jahre Staatsanwalt, war in allen möglichen Ermittlungsbereichen tätig, von Gewalt im sozialen Nahbereich bis hin zu großen Wirtschaftsverfahren, war auch zweieinhalb Jahre bei der WKStA und habe circa 26 Jahre Erfahrungen im Bereich der Fachaufsicht BezirksanwältInnen, StaatsanwältInnen und jetzt OberstaatsanwältInnen.

Das Ibizaverfahren bringt für uns beide, für Sie als Untersuchungsausschuss und für uns als Staatsanwaltschaft, ja gewaltige investigative Aufgaben mit sich, für Sie die Klärung von politischer Verantwortung und für uns als Staatsanwaltschaften die Klärung strafrechtlicher Verantwortung. Trotz unserer unterschiedlichen Rollen und Zugänge sehe ich im vorliegenden Fall beträchtliche Schnittmengen in unserem investigativen Auftrag. Es ist mir daher ein Anliegen, Sie als Auskunftsperson durch Wiedergabe meiner Wahrnehmungen zum Untersuchungsgegenstand zu unterstützen. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Danke sehr für die Ausführungen.

Ich ersuche den Herrn Verfahrensrichter um die Durchführung der Erstbefragung. – Bitte sehr.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Herr Mag. Fuchs, Sie haben uns soeben Ihren Aufgabenbereich und auch Ihre Tätigkeit geschildert. Ich darf jetzt vielleicht mit ein paar Übersichtsfragen beginnen.

Sagen Sie, wann haben Sie vom Auffinden dieses Videos, des Ibizavideos, erstmals erfahren?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Das war Ende Mai; ich glaube, es war der 27. Mai.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Durch wen und wie haben Sie davon erfahren? Können Sie das ein wenig ausführen, bevor wir dann ein bisschen in die Tiefe gehen?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Na ja, es war das Thema, dass, glaube ich, vonseiten der Krimimalpolizei hier eine offensive Medienarbeit geplant war, dass man an sich auch die Staatsanwaltschaft Wien hier irgendwie mit im Boot haben wollte, und dann ist es ja tatsächlich, glaube ich, schon am Mittwoch zu den Veröffentlichungen gekommen – ich weiß jetzt gar nicht mehr die Zeitschrift.

Aus unserer Sicht, aus Sicht der Staatsanwaltschaften war die öffentliche - -, die Medienarbeit zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich günstig. Wir haben das eher mit Vorbehalten begleitet, und im Zuge dieser Diskussionen wurde mir auch bekannt gegeben, dass Material sichergestellt worden ist, das wahrscheinlich das Video ist.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Durch wen – noch einmal – haben Sie davon erfahren, und inwiefern hat vielleicht Sektionschef Pilnacek da eine Rolle gespielt? Wie hat sich der Fortgang dann entwickelt?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also ich kann es nicht mehr genau sagen. Es hat an diesem Tag mehrere Telefonate gegeben. Da war ein Telefonat mit der Leiterin der Staatsanwaltschaft Wien, dann waren eh schon die Medienberichte – also ich glaube eher nicht, dass die Information vom Ministerium gekommen ist.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Gut.

Wer ist in weiterer Folge dann überhaupt zur Durchführung dieser Ermittlungen eingeschaltet worden? Es gibt ja bei uns die WKStA, haben Sie erwähnt, und es gibt die Wiener Staatsanwaltschaft. Wie ist es dann weitergegangen? Letztlich sind ja beide Staatsanwaltschaften dann damit befasst worden: die WKStA in dem Ihnen bekannten Umfang und die Wiener Staatsanwaltschaft hinsichtlich dessen, was nicht Korruption bedeutet hat.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Zu welchem Zeitpunkt meinen Sie jetzt? Zu Beginn, als das Video in der Öffentlichkeit bekannt wurde, oder nach - -

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Als es in der Öffentlichkeit bekannt wurde.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Okay. Also das war ja im Mai (Verfahrensrichter Pöschl: Das war am 17. Mai!); am 17. Mai 2019 (Verfahrensrichter Pöschl: Das war am 17. Mai 2019, richtig, ja!) wurde das Video, glaube ich, übers Internet publiziert. Ich kann mich noch gut erinnern, ich war damals auf einem Konzert und habe halt beim Surfen vor Konzertbeginn irgendwie festgestellt: Halt, da gibt es dieses Video!

Dass das natürlich für uns als Staatsanwaltschaften ein großes Thema werden wird, war mir eigentlich ziemlich klar, nachdem ich die ersten paar Minuten davon gesehen hatte, und es hat mich dann auch ziemlich bald die Bitte des Sektionschefs Pilnacek erreicht, dass wir als OStA uns das auch strafrechtlich anschauen, strafrechtlich prüfen sollen, ob sich aus dem Video Anhaltspunkte – und welche – für ein Strafverfahren ergeben könnten.

Es hat dann für mich so ausgeschaut, dass ich mir das Konzert nicht mehr wirklich ruhig und zu Ende angehört habe und dass ich dann nach Hause gefahren bin und eigentlich die ganze Nacht versucht habe, das rechtlich schwierige Terrain abzuklopfen. Es war ja das Problem, dass der Verdacht im Raum stand, dass Amtsträger, mögliche Amtsträger hier vielleicht Vorteile für Amtsgeschäfte gefordert haben, wobei sie noch gar nicht in der Position waren, diese Amtsgeschäfte durchführen zu können.

Das Ergebnis dieser Prüfung war dann, dass das nach der geltenden Rechtslage nicht dem § 306 StGB zu unterstellen ist. Es freut mich, dass das erst unlängst durch eine Pressekonferenz der Frau Bundesminister dann auch bestätigt wurde, die gesagt hat, diese Lücke muss man legistisch schließen.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Können Sie sagen, was § 306 StGB heißt? Wenn Sie uns da bitte auf die Sprünge helfen könnten. Nur mit Paragraphen können wir alle nichts anfangen.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Na ja, das ist das Korruptionsdelikt, das hier zur Debatte gestanden ist.

Gut, dann habe ich das Ergebnis gehabt, das hieß: Das Video, so wie es dasteht, reicht nicht zur Annahme eines Anfangsverdachts wegen dieses Korruptionsdelikts aus. Dann habe ich am Samstagabend eine Weisung an die WKStA geschickt, mit der ich drei wesentliche Festlegungen getroffen habe.

Die erste Festlegung war: Zuständig für die Prüfung der Inhalte dieses Videos ist die WKStA. – Das ist nicht so ganz klar, weil nämlich in der Phase vor dem Vorliegen eines Anfangsverdachts da durchaus auch Grundlagen für Zuständigkeitsstreitigkeiten bestanden haben, und die wollte ich von Beginn an nicht haben.

Der zweite Punkt war: Ich habe das Ergebnis meiner rechtlichen Prüfung der WKStA mehr oder weniger bekannt gegeben und habe gesagt: Ein Anfangsverdacht wegen § 306 StGB liegt nicht vor, daher kann es zumindest aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens auch deswegen kein Ermittlungsverfahren geben – noch nicht.

Und die dritte Festlegung ist: Auch wenn es noch kein Anfangsverdacht ist, müssen wir da draufbleiben. Es wurden ja nur 6 bis 7 Minuten von diesem Videomaterial veröffentlicht, und mir war wichtig, dass man eben versucht, an den Rest des Bild- und Tonmaterials zu kommen, um eine hinreichende Klärung des Sachverhalts im Sinne einer Anfangsverdachtsprüfung vornehmen zu können.

Ein weiterer Grund, warum ich mich am Samstagabend mit Weisung hier festgelegt habe, war, dass für den Fall, dass das anders zu sehen gewesen wäre – nämlich dass aufgrund dieses Videos ein Anfangsverdacht da ist und ein Ermittlungsverfahren geführt werden muss –, natürlich sehr dringend unter Umständen Beweisaufnahmen geboten gewesen wären. Mit dieser Festlegung habe ich im Prinzip den Druck von der WKStA genommen, dass hier sofort über das Wochenende irgendetwas passieren muss, um natürlich dem öffentlichen Informationsbedarf und dem öffentlichen Aufklärungsbedarf im Zusammenhang mit diesem Video zu entsprechen.

Der zweite Teil der Frage ist: Was ist jetzt mit dem Komplex, den die StA Wien zu bearbeiten hat? Das Video hat ja zwei Facetten: einerseits die Inhalte, die darauf ersichtlich sind, und zweitens die Umstände, die zur Herstellung, zur Verbreitung und Ähnlichem geführt haben. Diese beiden Komplexe stehen nicht miteinander im Zusammenhang nach § 26 StPO, und hier ist es wichtig zu wissen, dass die Bundesverfassung ja vorsieht, dass der gesetzliche Richter niemandem vorenthalten werden darf. Und das heißt für die Staatsanwaltschaften, da geht es nicht nur um eine Person, nämlich diesen Richter oder diese Richterin, sondern da geht es um die Staatsanwaltschaft. Es gibt eine zuständige Staatsanwaltschaft, und mir war klar, dass für den Komplex Herstellung und Verbreitung des Videos nicht konnexerweise eine andere Staatsanwaltschaft zuständig ist, weil eben genau diese Delikte ja nicht in den Zuständigkeitskatalog der WKStA fallen.

Deswegen habe ich am 20. Mai per Mail an die StA Wien ebenfalls die Zuständigkeit für diesen Komplex – alles, was Herstellung und Verbreitung des Videos betrifft – ausgelöst. Aus heutiger Sicht, glaube ich, war das eine gute Entscheidung, denn der Ermittlungskomplex ist ja ein gewaltiger, und ich glaube, es ist wichtig, dass hier auf der einen Seite die Kernkompetenz der WKStA, nämlich in Wirtschafts- und Korruptionsstrafsachen, genau in diesem Bereich zur Anwendung kommt und zur Geltung kommt und die Kernkompetenz der StA Wien für andere Delikte – wie wir jetzt wissen, dass hier auch Bereiche in die organisierte Kriminalität hineinspielen –, für den anderen Bereich besser geeignet ist.

Das war eigentlich der Grund, warum hier zwei Staatsanwaltschaften mit zu diesem Komplex beauftragt wurden.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Die WKStA hat ja dann in der Folge das Bundeskriminalamt mit den Ermittlungen beauftragt und nicht das Bundesamt für Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung, nicht?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Haben Sie da einen Einfluss gehabt? Und warum haben die das BKA und nicht das BAK beauftragt?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also beauftragen ist ja immer gut - -

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Oder ersucht oder weitergeleitet – wie immer Sie das nennen.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Es ist Teil unseres Systems, dass wir Staatsanwaltschaften uns nicht die Polizei oder die Polizeieinheit aussuchen können, die tatsächlich mit uns die Ermittlungskooperation in einem bestimmten Ermittlungsverfahren durchführt. Wir haben auch keinen Einfluss darauf, welche Kriminalbeamte uns zur Verfügung gestellt werden. Nach meiner Erinnerung wurde aufseiten des Innenministeriums eben diese Soko gegründet, und diese Soko wurde von der WKStA beauftragt. Für mich ist das ein vollkommen unauffälliger Vorgang.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Also es wurde unmittelbar die Soko beauftragt und nicht das Bundeskriminalamt oder - -

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also in diese Details habe ich - - Das kann ich - - Mir ist nur in Erinnerung geblieben, dass die WKStA die Soko beauftragt hat.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ich bin überzeugt davon, in diesem Bereich kommen noch einige Fragen auf Sie zu.

Eine Übersichtsfrage: Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen, auf der einen Seite, der OStA Wien und der WKStA und der Staatsanwaltschaft Wien? Gibt es da irgendwelche Spannungen, gibt es da Problemfelder, oder würden Sie diese Zusammenarbeit als friktionsfrei bezeichnen?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also friktionsfrei ist fad, oder? (Heiterkeit der Auskunftsperson.) Grundsätzlich ist es so: Wenn so eine große Organisation oder so eine komplexe Ermittlungsstruktur zusammenarbeiten muss, ist es ganz klar, dass es unterschiedliche Rollen und Zugänge zu einzelnen Themen gibt – und die Kunst ist, diese Themen so aufzulösen, dass sie dem Hauptzweck der Sache dienen, nämlich einer zielgerichteten Aufklärung des Sachverhalts. Das heißt grundsätzlich: Wenn jetzt unterschiedliche Meinungen zu einzelnen Themen bestehen, ist das für mich nichts Beunruhigendes. Damit sind wir eigentlich gewohnt zu leben, und ganz besonders in so einem gewaltigen Ermittlungskomplex.

Es ist ja bekannt, dass das eine oder andere Thema auch über die Öffentlichkeit diskutiert wurde und dass das natürlich nicht alles immer nur konsensual war. Das war ja für mich auch der Grund, warum ich Anfang Oktober dann eine Steuerungsgruppe, bestehend aus einem Gruppenleiter der Staatsanwaltschaft Wien, einem Gruppenleiter der WKStA und der Soko-Leitung, angeregt habe: weil es mir wichtig war, dass eben in der operativen Führungsebene die wesentlichen Ermittlungsthemen besprochen und koordiniert werden. Mir geht es eigentlich in der ganzen Geschichte immer nur um den Zug aufs Tor, also dass wir möglichst ohne Reibungsverluste unsere Ermittlungen durchführen und zu einem Ergebnis kommen. Und zu diesem Zweck erschien mir eben die Einrichtung dieser Steuerungsgruppe als zweckmäßig.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Herr Mag. Fuchs, meine Redezeit ist in Kürze zu Ende. Ich habe eine abschließende Frage: Haben Sie das Video in seiner Gesamtheit selbst schon gesehen? Hätten Sie es sehen können?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich habe es nicht gesehen. Wenn ich darauf bestanden hätte, hätte ich es wahrscheinlich sehen können, aber es ist auch nicht meine Aufgabe, stundenlang Beweismaterial einzeln zu sichten, das ist Aufgabe im Ermittlungsbereich, je nachdem in der Ermittlungskooperation, ob und wie das zwischen Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei verteilt wird. Das ist letztendlich eine Frage der Philosophie, wie sich dieses Team organisiert, aber ich glaube, ich werde dieses Video auch nie zur Gänze sehen.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ich bin mit meiner Fragezeit zu Ende. Ich bedanke mich vielmals, Herr Vorsitzender.

*****

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Danke sehr, Herr Verfahrensrichter.

Wir kommen somit zur Befragung durch die Fraktionen. Wir beginnen mit der Fraktion der Grünen. Zu Wort gelangt Abgeordneter Stögmüller. – Bitte.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Grüß Gott, Herr Fuchs, bei uns im Untersuchungsausschuss! Mir ist in den Unterlagen aufgefallen, dass eigentlich sehr viele Weisungen Ihrerseits in den gesamten Verfahren vorhanden sind. Ich möchte eigentlich gleich mit der ersten anfangen, da geht es um die Schredderaffäre. Da ist aufgefallen, dass die WKStA zuerst die Ermittlungen in dieser Causa hatte, bis sie diese auf ungewöhnlicher Basis, auch auf in die Zukunft gerichtete und bedingte Weisung, auf Weisung an die Staatsanwaltschaft Wien abgegeben hat.

Jetzt wollte ich wissen: Warum sollte die WKStA die Causa Schredderaffäre überhaupt an die Staatsanwaltschaft Wien abgeben?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich habe vorhin schon kurz den verfassungsmäßigen Grundsatz des gesetzmäßigen Richters erwähnt. Der Verdacht, der hier zu prüfen war, war der Verdacht, dass eben diese Schredderrechnung nicht bezahlt wurde und dass die Leistung unter falschem Namen in Anspruch genommen wurde; damit hat das Ganze begonnen.

Wenn Sie sich die Anordnungen der WKStA durchsehen, dann finden Sie da noch Sachbeschädigung oder Datenbeschädigung, aber kein einziges Delikt, das in den Kompetenzkatalog der WKStA fällt. Jetzt hat die WKStA eher aufgrund von Vermutungen, aber nicht aufgrund von konkreten Anhaltspunkten angenommen, das könnte irgendwie in Zusammenhang mit dem Ibizaverfahren stehen.

Uns wurde berichtet – ich glaube, am 26. Juli, genau –, dass man diese Ermittlungen begonnen hat. Wir haben aufgrund des Berichts festgestellt, dass hier kein Delikt vorliegt, das in den Zuständigkeitsbereich der WKStA fällt. Wir haben zur Kenntnis genommen, dass die WKStA eine Anfrage an das Bundeskanzleramt gestellt hat, um hier allfällige Anhaltspunkte für einen Zusammenhang mit der Ibizaaffäre herzustellen. Und wir haben einfach gesagt, wenn diese Auskunft des Bundeskanzleramtes auch keinen Anhaltspunkt für eine Zuständigkeit der WKStA ergibt, dann ist das Verfahren an die zuständige Staatsanwaltschaft abzutreten.

Wir haben uns dabei aber nicht einmal festgelegt, an welche Staatsanwaltschaft, denn da waren offene Konnexitätsfragen mit der Staatsanwaltschaft Wien; örtlich zuständig wäre, glaube ich, die Staatsanwaltschaft Korneuburg gewesen. Wir wollten mit dieser Weisung einfach nur sicherstellen, dass schnellstmöglich, eben nach Vorliegen der Auskunft des Bundeskanzleramtes, das Verfahren an die zuständige Staatsanwaltschaft abgetreten wird und damit auch der „rechtmäßige“ Richter – unter Anführungszeichen – für dieses Verfahren weiter zuständig ist.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Ausschlaggebend war die Weisung Ihrerseits?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Das würde ich so nicht sagen. Es gibt einen Vermerk, glaube ich, von einer Sachbearbeiterin der WKStA, die aus Anlass dieser Weisung, glaube ich, am 5. August 2019 festhält, dass diese Weisung ohnedies der Rechtsauffassung der WKStA entsprechen würde.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Aber die WKStA ist ja für schwere Amts- und Korruptionsdelikte, Untreue und so weiter – ich stelle jetzt nicht die ganzen Aufgaben vor – zuständig. Fällt das nicht in die ursprüngliche Aufgabe, wenn hier Daten oder was auch immer - - Es kam ja auch von der Firma Reisswolf der Anruf an die WKStA, dass aufgrund der Nähe zum Ibizavideo der Verdacht gehegt wird, dass da noch Daten oben sind. Darum bin ich sehr darüber verwundert, dass Sie jetzt sagen, dass erst später der Verdacht entstanden ist.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Das waren nur Vermutungen, den Verdacht hat es so nie gegeben. Es wurde vermutet, dass das mit Ibiza im Zusammenhang stehen konnte. Und damit bin ich eigentlich beim ersten Punkt meines Eingangsstatements: Wir können nicht aufgrund von Vermutungen und Spekulationen und irgendwelchen Opportunitätsüberlegungen unser Handeln ausrichten, sondern auf dem Boden des Gesetzes. Wenn Sie sich die Anordnung – ich weiß nicht, ob Sie die vor sich haben (Abg. Stögmüller: Ja!) – ansehen, da finden Sie kein einziges Delikt (in Unterlagen blätternd), das in die Zuständigkeit der WKStA fällt.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Es sind ja auch einige Ermittlungspannen in der gesamten Schredderaffäre passiert. Vielleicht können wir da weitergehen? Es geht ja auch darum, dass das Verfahren eingestellt worden ist, kurz nachdem es an die Staatsanwaltschaft weitergegeben worden ist.

Jetzt wollten Sie aber auch, dass der Schredderakt nicht an uns, an den Untersuchungsausschuss kommt: Haben Sie dazu eine Weisung erteilt, dass der Schredderakt dem U-Ausschuss nicht zur Verfügung gestellt werden soll?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich möchte zunächst auf das Wort „Ermittlungspannen“ zurückkommen, das Sie eingangs Ihrer Frage hier erwähnt haben. In dem Zusammenhang wird ja oft erwähnt: Warum wurde da nicht (Abg. Stögmüller: Ich komme noch dazu! Ich wollte nur die andere Frage zuerst stellen!) irgendetwas sichergestellt, irgendwelche Datenträger und Ähnliches? – Wenn Sie sich den Akt genau durchlesen, werden Sie feststellen, da finden sich mehrere Vermerke, wo der zuständige Kriminalpolizist mit der zuständigen Sachbearbeiterin der WKStA, die, glaube ich, eh nach mir dann dran ist, ziemlich umfassend die weitere Vorgangsweise und auch die rechtlichen Themen abgehandelt hat.

Wenn sich aus diesen Telefonaten – ich glaube, die waren so zwischen 17. und 20. Juli ungefähr – ein Anhaltspunkt dafür ergeben hätte, Datenträger sicherzustellen, eben das Laptop, Handy oder Ähnliches, um diesen Verdacht, nämlich den Verdacht, dass hier betrügerisch die Leistung der Firma Reisswolf in Anspruch genommen wurde oder dass Daten vernichtet wurden, wenn also zur Beweisführung wegen dieses Verdachts die Sicherstellung von Handys oder Laptops oder Ähnlichem erforderlich gewesen wäre, hätte das die zuständige Staatsanwältin im Zuge dieser Telefonate angeordnet. Die Tatsache, dass sie das nicht getan hat, war übrigens vollkommen korrekt, weil eben der Verdacht eine solche Zwangsmaßnahme, Sicherstellung von einem Handy, Sicherstellung von einem Laptop, nicht hergegeben hätte. Damit bin ich bei der Zweckbindung, die ich in meinem Eingangsstatement hier versucht habe kurz anzureißen.

Also dass das zu diesem Zeitpunkt nicht angeordnet wurde, war vollkommen korrekt und ist keine Ermittlungspanne. Dass der Kriminalbeamte das nicht aus eigenem sichergestellt hat, nachdem er mit der Staatsanwältin telefoniert und mit der Oberstaatsanwältin telefoniert hat, ist auch vollkommen korrekt. Er hätte ja damit eigentlich die Oberstaatsanwältin unterlaufen, die eben keine Anordnung in diese Richtung erteilt hat, indem er trotzdem sicherstellt. Also in diesem Zusammenhang von Ermittlungspanne zu sprechen, das halte ich für vollkommen falsch.

Der zweite Punkt der Frage war - -

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Zwar außerhalb meiner Redezeit, aber ich wiederhole: Haben Sie dazu eine Weisung erteilt, dass der Schredderakt dem Untersuchungsausschuss nicht zur Verfügung gestellt werden soll? Ich kann es Ihnen auch vorlegen lassen.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja, das war eine Weisung der Oberstaatsanwaltschaft Wien, die, glaube ich, aber gar nicht ich selber unterschrieben habe, aber ist egal.

Wie funktioniert das grundsätzlich mit der Vorlage an den Untersuchungsausschuss? – Wir schicken den Erlass, der vom Ministerium kommt, an die Staatsanwaltschaften weiter, und die Staatsanwaltschaften geben uns die Verfahren bekannt, die sie für möglicherweise relevant für den Untersuchungsausschuss halten.

Die Staatsanwaltschaft Wien hat den Schredderakt – aus meiner Sicht nachvollziehbarerweise – eben nicht in diesen Vorschlag aufgenommen, weil ja das Ermittlungsergebnis erbracht hat, dass kein Zusammenhang mit Ibiza vorliegt. Die WKStA hat dieses Verfahren namhaft gemacht, wir haben mit Vorhabensbericht, der vom Ministerium genehmigt wurde, dann die Weisung erteilt, eben der Ansicht der Staatsanwaltschaft Wien folgend, nicht vorzulegen, und haben ein paar Tage später halt die Weisung bekommen, dass dieser Akt doch als relevant für diesen Untersuchungsausschuss vorgelegt werden soll und haben dann auch entsprechend vorgelegt.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Hat irgendjemand Ihnen gegenüber den Wunsch geäußert, dass der Akt nicht vorgelegt werden sollte, zum Beispiel von ministerieller Ebene?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Nein. Wir haben einen Vorhabensbericht gemacht, wo wir hineingeschrieben haben, dass wir diesen Akt nicht vorlegen wollen, und das wurde vom Ministerium genehmigt.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Also es gab keine Gespräche im Vorfeld (Auskunftsperson Fuchs: Nein!) mit irgendjemandem, dass Sie diesen Akt nicht vorlegen sollten?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Nein.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Und das Justizministerium hat dann Ihre Weisung umgedreht und angeordnet, dass der Akt dann sehr wohl dem Untersuchungsausschuss vorgelegt werden soll?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja, aber unterschiedliche Auffassungen regen mich nicht besonders auf. Es war halt zunächst die eine Einschätzung, wo man halt der StA Wien gefolgt ist, und dann die andere Einschätzung. Also das ist für mich kein großes Thema.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Trotz der zeitlichen Verbindung, es waren dieselben Soko-Tape-Ermittler, die hier etwas im Ibiza-Untersuchungsausschuss vorgelegt haben, es war Niko R., der immer wieder auffällig ist, der Verbindungen in die FPÖ hatte, ÖVP-Gemeinderat. Trotzdem sehen mit unserem Beweisthema 5 – Ermittlungen in der Ibiza-Affäre – keinen Konnex? Noch einmal zur Verfestigung.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Sie müssen ja auch das Ermittlungsergebnis sehen. Das Ermittlungsergebnis sagt ja eben, es ist kein Konnex zum Ibizaverfahrenskomplex erkennbar. Das war ja der Grund dafür, warum die WKStA auch an die Staatsanwaltschaft Wien abgetreten hat.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Noch einmal: Das war Ihre Weisung. Es wurden dort keine Handys und keine Festplatten festgestellt. Ich will das jetzt nicht machen, denn das frage ich nämlich jemand anderen, aber da gibt es sehr wohl Sachen, die in dieser Causa missachtet worden sind.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Welche Sachen sind missachtet worden?

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Zum Beispiel, dass das Handy nicht mitgenommen oder zumindest ausgewertet wurde (Auskunftsperson Fuchs: Na, noch einmal - -!), dass die Daten nicht ausgewertet wurden.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Noch einmal, das war völlig korrekt - -

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Das sind ja nicht nur wir, die das kritisieren, sondern das ist auch die WKStA, die das kritisiert.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Nein, das war vollkommen korrekt. Das entsprach der Anordnungslage durch die zuständige Sachbearbeiterin der WKStA, die im Zuge mehrerer Telefonate mit dem Kriminalbeamten eben zum Ergebnis gekommen ist, keine eigentumsbeschränkenden Maßnahmen wie Sicherstellung anzuordnen. Das war vollkommen korrekt.

Also ich sehe hier keine Fehlleistung. Die zuständige Oberstaatsanwältin der WKStA ist eine hervorragende Kollegin; wenn sie eine Notwendigkeit gesehen hätte, dass da eine Sicherstellung im Zeitraum zwischen 17. und 20. Juli anzuordnen gewesen wäre, hätte sie mehrere Gelegenheiten gehabt, das zu tun. Sie hat es nicht getan – und das aus meiner Sicht aus vollkommen rechtmäßigen Überlegungen.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Hat Herr Pilnacek, mit dem Sie ja öfters auch E-Mail-Verkehr haben – zu dem wir sicher später noch zu sprechen kommen –, eine andere Einschätzung zur Schredderaffäre?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Zu welcher Thematik in der Schredderaffäre?

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Dass sie uns vorgelegt werden soll.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Es ist ja bekannt, dass die Vorlage an den Untersuchungsausschuss abschließend vom Ministerium anders entschieden wurde. Aber noch einmal: Es gibt zwei unterschiedliche Einschätzungen; die Einschätzung der Staatsanwaltschaft Wien, die sagt, es besteht kein Zusammenhang zum Untersuchungsgegenstand und die Einschätzung der WKStA, die sagt, es besteht ein Zusammenhang. Wir haben uns aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens dem Standpunkt der Staatsanwaltschaft Wien angeschlossen, dem wurde zunächst vom Ministerium auch gefolgt und dann in einer zweiten Welle ist halt die Weisung gekommen, doch vorzulegen; für mich vollkommen in Ordnung.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Haben Sie prinzipiell noch andere Weisungen erteilt, dass andere Ermittlungsakte nicht dem Untersuchungsausschuss vorgelegt werden sollen? Welche waren das?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich kann mich jetzt an keine weitere Weisung erinnern, nicht vorzulegen. Ich bitte aber um Verständnis, der Vorlageakt hat rein, was die Vorlagen an den U-Ausschuss betrifft, ungefähr, ich schätze einmal, zweieinhalbtausend Seiten oder noch mehr. Und dass ich da nicht mehr jeden einzelnen Erlass von uns kenne, da bitte ich um Nachsicht.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Kommen wir vielleicht zur nächsten Weisung Ihrerseits, es kommt am 19.8.2019 zu einer Dienstbesprechung mit dem Herrn Vizekanzler – Jabloner war das – und Vertretern der Oberstaatsanwaltschaft Wien, der WKStA betreffend allfällige Befangenheit von Mitgliedern der Soko Tape. Und da ging es auch um die sichergestellten Daten von Strache und Gudenus. Haben Sie da das Protokoll geführt (Auskunftsperson Fuchs: Nein!) und zur Besprechung eingeladen?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Das ist - -

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Oberstaatsanwaltschaft.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Es hat an diesem Tag ja zwei Dienstbesprechungen gegeben. Die eine war beim Herrn Vizekanzler, die war, glaube ich, um 8.30 Uhr, wenn ich mich richtig erinnern kann, und die zweite war so eine Art Strategiesitzung, wie wir mit der Auswertung der Datenträger weiter umgehen. Ich weiß nicht, welche Sie jetzt meinen. Die erste? (Abg. Stögmüller: Mit dem Vizekanzler!) – Also beim Herrn Vizekanzler wurde das Protokoll vom Ministerium geführt. Ich weiß nicht, wie sehr ich zum Thema Befangenheit von Kriminalpolizisten ausholen darf.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Ich frage Sie eh gerne am Schluss dazu.

Herr Vizekanzler Dr. Jabloner hat der WKStA die Weisung erteilt, dass Soko-Tape-Vertretern zu vertrauen ist. Das war so. Außerdem soll das BK die sichergestellten Daten aufbewahren und nicht die WKStA. Warum hatte die WKStA ein derartiges Problem damit, dass das Bundeskriminalamt die Daten auswerten sollte? Vielleicht könnten Sie hier Ihre Einschätzung geben.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Sie wollen meine Einschätzung? – Also grundsätzlich ist es so, dass wir im kriminaltechnischen Bereich nicht wirklich eine Tradition bei der Staatsanwaltschaft haben, was jetzt die Auswertung von Beweisgegenständen betrifft. Wenn es um die forensische Sicherung von Daten, um die Auswertung von Datenträgern geht, haben wir nicht wirklich große Erfahrung, keine lange Tradition. Wir haben aus meiner Sicht auch nicht wirklich einen Grund, der Kriminalpolizei zu misstrauen. Ich habe es für die Vorgangsweise, die hier zur Diskussion stand, dass man sich die Auswertung der Datenträger teilt, grundsätzlich für problematisch erachtet, weil ich glaube, dass es besser ist, wenn man so einen gewaltigen Auftrag unter einem Dach durchführt und man sich damit nicht noch zusätzliche Kommunikations- und Koordinationsthemen züchtet.

Ich konnte mich mit meiner Einschätzung nicht durchsetzen. Das heißt, es wurde letztendlich besprochen, dass halt ein Teil der Datenträger von der WKStA ausgewertet wird – ich glaube, da waren einzelne Handys dabei – und ein Teil von der Kriminalpolizei, also von der Soko. Ich bin immer noch nicht davon überzeugt, dass das damals die bestmögliche Lösung war, aber wir haben uns halt dazu entschieden.

Ich gebe da auch zu bedenken, dass ich ein grundsätzliches Problem habe, wenn wir uns als Staatsanwältinnen und Staatsanwälte unsere Beweismittel mehr oder weniger selbstständig generieren. Das heißt, wenn es darum geht, einen Datenbestand zu durchforsten, geht es ja um eine gewisse Suchmethodik, die an sich wasserdicht sein sollte. Ich müsste mit derselben Methodik, mit der ich zu bestimmten Beweisergebnissen im Ermittlungsverfahren komme, eins zu eins in der Hauptverhandlung, wenn es zu einer kommt, wieder rekonstruieren können. Da gibt es ISO-Zertifizierungen für Sachverständige, die wir teilweise in diesem Bereich auch befassen. Und ich bin mir nicht sicher, ob wir mit unseren IT-Experten bei der WKStA all diese Anforderungen so weit erfüllen, dass die Ergebnisse, die wir dabei erzielen, auch in einer Hauptverhandlung bis zu einem rechtskräftigen Urteil Bestand haben können. Deswegen bin ich da wahrscheinlich übervorsichtig. Das war aber irgendwie so die Vorsicht des Gesamtverantwortlichen, weil wir damit mehr Verantwortung auf die Staatsanwaltschaft geladen haben, als eigentlich notwendig gewesen wäre.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Sie haben zuerst die Leitende Staatsanwältin Vrabl-Sanda auch besonders gelobt. Sie hat in dieser Dienstbesprechung gesagt, dass es sich hier um ein ganz besonderes Verfahren handelt, ein hochpolitisches Verfahren, wo auch gegen amtierende Politiker ermittelt wird. Das sehen Sie genauso, oder?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Dass das kein Nullachtfünfzehn-Verfahren ist, glaube ich, darüber brauchen wir nicht zu debattieren.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Wie sehen Sie das: Begründet eine Parteimitgliedschaft per se eine Befangenheit bei Ermittlungen gegen politische Amtsträger? Was sagen Sie dazu?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich sage als Bürger dieser Republik dazu: Jeder hat ein Recht auf eine Überzeugung, egal ob das jetzt Politik, Religion oder sonstige weltanschauliche Fragen betrifft.

Es ist in der Verfassung in Artikel 7 Absatz 4 das Recht jedes Beamten festgeschrieben, dass diese Fragen der Weltanschauung, der politischen Aktion keinen Einfluss auf die Beamtentätigkeit haben dürfen. Ich finde, dieser Grundsatz ist gut. Wenn Sie sich die Kriminalpolizei oder die Polizei insgesamt anschauen: Da ist ja die Personalvertretung schon politisch ganz anders fraktioniert als bei uns Organen der Gerichtsbarkeit. Wenn Sie tatsächlich beginnen, sämtliche Ermittlungsorgane zu durchleuchten, a priori: Könnte der jetzt ein Mitglied dieser Partei sein oder dieser Partei?, werden Sie für viele Verfahren – oder für einige Verfahren, die brisant sind – gar nicht mehr viele finden – und vor allem nicht diejenigen, die in diesen Bereichen erfahren sind. Ich glaube auch, dass unser System - - (Der Fragesteller spricht mit seinem Mitarbeiter.) – Ich spreche wieder weiter, wenn Sie mir - - (Abg. Stögmüller: Nein, nein, ich höre schon zu!)

Ich bin auch überzeugt davon, dass unser System, wie mit Anscheinsbefangenheit und Befangenheit umzugehen ist, gut ist. Unser System, das ist in § 47 StPO ja vorgesehen, begründet es als Dienstpflicht von jedem Kriminalpolizisten, jeder Kriminalpolizistin, von jedem Staatsanwalt, jeder Staatsanwältin, wenn er von sich aus Gründe für eine Anscheinsbefangenheit wahrnimmt, dass er sich von Amtshandlungen enthält und damit seinen Nächstvorgesetzten befasst. Der Vorgesetzte hat dann zu entscheiden, ob diesem Ermittlungsorgan die Ermittlungstätigkeit abgenommen werden soll oder nicht. Ich glaube, und das war damals, glaube ich, auch die Haltung vom Herrn Vizekanzler, dass damit der Bereich Anscheinsbefangenheit und mögliche Mitgliedschaft von Entscheidungsorganen und Ermittlungsorganen ausreichend abgedeckt ist. Alleine die Mitgliedschaft und auch die Abfrage, ob und welche Leute zu irgendeiner Partei dazugehören, mit der irgendwie sympathisieren, vielleicht auch irgendwann einmal irgendwo in einem Gemeinderat kandidiert haben, ist nicht wirklich eine Frage, die für unsere Ermittlungstätigkeit wesentlich ist.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Aber sind Sie befreundet mit jemandem, gegen den Sie schon einmal direkt ermittelt haben? Zum Beispiel, dass Sie schreiben: Ich wünsche dir den „Rücktritt vom Rücktritt“, liebe Grüße!, ist doch eine sehr enge, freundschaftliche Beziehung. Würden Sie das als befangen verstehen oder eher nicht?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Das ist ein gutes Beispiel. Dafür bin ich dankbar, dass Sie das bringen. Das zeigt nämlich, dass seitens des Innenministeriums ja genau auf das Bekanntwerden dieses SMS-Verkehrs angemessen reagiert wurde. Es wurde nämlich, nachdem dieser SMS-Verkehr bekannt und durch die Datenauswertung ausgeforscht wurde, dem Beamten mitgeteilt, dass er aus dem Ermittlungsteam ausscheidet. Und genau das zeigt, dass das System ja funktioniert.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Einige Monate später ist er dann ausgeschieden, nicht sofort. (Zwischenruf der Abg. Krisper.)

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Nach Bekanntwerden mit Sicherheit. (Abg. Stögmüller: Nach Bekanntwerden!)

Der Bericht von der WKStA ist, glaube ich, irgendwann Ende August 2019 gekommen, und das war ungefähr der Zeitpunkt, wo der Beamte aus der Soko ausgeschieden ist.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Nachdem er vorher von Herrn Holzer schon darüber informiert worden ist; das heißt, er hat monatelang leitende Befragungen durchgeführt und ist dort einer der besten Ermittler überhaupt genannt worden, hat Rothensteiner vernommen, hat diverse Hauptermittlungen geführt, hat als Ermittler die Schredderaffäre by the way – vielleicht finden Sie dann doch irgendwie wieder einen Zusammenhang – leitend geführt, also Sie sehen hier schon ein bisschen einen Zusammenhang. (Auskunftsperson Fuchs: Entschuldigen Sie - -!)

Wissen Sie, wie viele MitarbeiterInnen aktuell bei der Soko Tape ermitteln, beziehungsweise kennen Sie diese namentlich?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also, beide Antworten: Nein.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Weiß die Herrin des Verfahrens, die WKStA zum Beispiel, wie viele Mitarbeiter dort arbeiten?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Das müssen Sie die Kolleginnen und Kollegen von der WKStA fragen. Ich kann dazu nur sagen, ich habe als Staatsanwalt auch viele Großverfahren geführt, und ich glaube, in keinem einzigen Großverfahren sind mir die Anzahl und die Namen der in diesem Verfahren tätigen Kriminalbeamten vollständig bekannt gewesen. Es war immer so: So ein Ermittlungsteam hat einen Chef oder jemanden, der zuständig ist für den Kontakt mit der Staatsanwaltschaft, den kennt man natürlich. Dass man aber weiß, wer jetzt tatsächlich aller Ermittlungstätigkeit entfaltet, das ist nicht die Regel bei der Ermittlungstätigkeit der Staatsanwaltschaft. Einen Anhaltspunkt gibt es vielleicht noch, wenn man sich die Zeugenvernehmungsprotokolle oder Beschuldigtenvernehmungsprotokolle durchliest, da stehen auch Namen von Kriminalbeamten, die diese Vernehmung gemacht haben, aber eine vollständige Übersicht oder ein vollständiges Organigramm darüber, wie die Kriminalpolizei sich in diesem Ermittlungsauftrag organisiert, das entspricht nicht meiner Wahrnehmung zur Ermittlungstätigkeit in großen Ermittlungsverfahren.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Hatten Sie in großen Ermittlungsverfahren so einen derartigen auch medial bekannten Druck, dass dort Ermittlungen sind, die politisch unterwandert sind?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Was meinen Sie jetzt mit der Frage?

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Hatten Sie persönlich schon einmal in Ihren Ermittlungen so viel Druck, dass sozusagen auch Ermittler politischen Parteien zugehören, hatten Sie das schon jemals in Ihren eigenen? Sie haben ja gesagt, Sie haben noch nie die Erfahrung gemacht, dass Sie den Namen wissen mussten.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Schauen Sie, ich habe zum Beispiel das Libro-Verfahren geführt. Das war eines, das sicher nicht ganz an der Öffentlichkeit vorbeigegangen ist und wo es tatsächlich auch sehr viele Interessenlagen gegeben hat, die abseits der strafrechtlichen Seite waren. Das war mir aber eigentlich egal. Ich habe mich einfach auf die Kriminalbeamten verlassen, mit denen ich zu tun hatte, und ich bin damit immer gut gefahren. Prof. Birklbauer hat ein wunderbares Zitat gebracht im „Kurier“, er hat nämlich gesagt: All diejenigen, die da ein Misstrauen schüren, die zahlen auf das Konto der Beschuldigten ein. – Damit hat er vollkommen recht. Wir können das Ermittlungsverfahren im Sinne des Kooperationsmodells, das die StPO vorsieht, nur führen, wenn wir einander wechselseitig vertrauen, Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft, wenn wir offene Fragen und Konflikte ausdiskutieren – die gibt es auch –, und wenn wir durch eine offene Fehlerkultur versuchen, schnellstmöglich zum Ziel, nämlich zu einem Abschluss der Ermittlungen im Sinne dessen, wie ich es heute hier schon dargestellt habe, finden.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: 20 Sekunden noch.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Jetzt bin ich ja nicht der Einzige, der hier misstraut, sondern auch die WKStA sieht massive Probleme. Das heißt, Sie kennen die Namen nicht. Das heißt, Sie müssen sich darauf verlassen, was der Leiter, Herr Holzer, sagt, nämlich dass seine Beamten nicht befangen sind. Und es geht hier nicht darum, ob die Opfer sind, sondern es geht um die Ermittlungen, die eingestellt worden sind oder gar nicht eingeleitet worden sind. Das ist ja genau die Frage: ob es da ein politisches Kalkül gibt oder ob es da sozusagen nur schlamperte Hoppalas in den Ermittlungen gibt. Das versuchen wir herauszufinden.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Das war jetzt keine Frage mehr, oder?

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Würde ich auch so einschätzen. Wir sind jetzt am Ende der Befragungszeit in der ersten Runde.

Wir kommen zur Fraktion der NEOS. Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Krisper.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Oberstaatsanwalt! Ich komme ganz zum Anfang und würde Sie gerne fragen, was Ihre ersten dienstlichen Handlungen nach Bekanntwerden des Ibizavideos waren.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Noch einmal: Ich habe schon versucht - -

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Dann mache ich es gleich konkreter: Haben Sie in den ersten Tagen einen Auftrag von Christian Pilnacek bekommen?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich habe, ich glaube, noch am 17. Mai, die Bitte gekriegt, wo er mich um die strafrechtliche Einschätzung als OStA bei strafrechtlichen Themen gebeten hat. Das habe ich als Auftrag empfunden, der mir eine schlaflose Nacht bereitet hat, wo ich versucht habe, mich mit der Materie auseinanderzusetzen und mit der Frage zu beschäftigen, ob das jetzt § 306 StPO ist oder nicht.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Er hat hier vorher auch gemeint, dass er Ihnen Freitagabend mündlich eine Weisung gegeben hätte, das Video herbeizuschaffen.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Na gut, wenn Sie im Ermittlungsbereich tätig sind, ist das der nächstliegende Schritt, das ist einfach eine Frage des Handwerks. Ich habe Material, das ist in Teilen veröffentlicht, und das Material bietet Ansatz für strafrechtliche Überlegungen. Dass man dann als nächsten Schritt einmal versucht, an das gesamte Material heranzukommen, das ist jetzt, wie soll ich sagen, kein Thema, wo, glaube ich, viele Konflikte unter Ermittlern bestehen würden.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Warum gab es da keinen Bedarf nach einer schriftlichen Weisung und Begründung laut Gesetzeslage? Warum ging das mündlich?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich habe schon versucht, meine Motivation darzustellen, worum es mir mit dieser Weisung per Mail gegangen ist. Ein Mail ist an sich auch nicht ganz unschriftlich, aber Sie haben recht, es ist kein schöner Erlass. Mit dieser Weisung vom 18. am Abend habe ich drei Festlegungen getroffen: Das Erste ist die Zuständigkeit der WKStA; das Zweite ist die Tatsache, dass rein das veröffentlichte Material für die Annahme eines Anfangsverdachts zu wenig ist, damit habe ich die Verantwortung dafür übernommen, dass über dieses Wochenende zumindest einmal ermittlungstechnisch nichts passieren wird, was auch mit der Organisation der WKStA zusammenhängt, die ja keinen Journaldienst über das Wochenende führt; und die dritte Festlegung, die ich getroffen habe, ist: Selbst wenn es keinen Anfangsverdacht gibt, muss man an dieser Sache dranbleiben, indem man halt versucht, im Wege von Erkundigungen das gesamte Material beizuschaffen. Das war der Zweck und der Inhalt dieser Weisung vom Samstagabend.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Meine Frage richtete sich auf die mündliche Weisung des Herrn Pilnacek, warum die nicht schriftlich und begründet erging.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Sie meinen eine Weisung, deren Empfänger ich war?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja. Er meinte hier: Freitagabend, mündlich.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Da tu ich mir irgendwie schwer, über die Verfassung einer Weisung, deren Empfänger ich bin, irgendwas zu sagen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, deswegen wäre schriftlich gut gewesen.

Haben Sie Wahrnehmungen, dass Justizminister Moser gewisse Wünsche geäußert, Aufträge gegeben hätte?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also, mir gegenüber hat der Herr Bundesminister keine Wünsche deponiert. Das ist aber auch nicht üblich, das entspricht nicht unserer Unternehmenskultur.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, ja, ich frage trotzdem.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Und Wahrnehmungen gegenüber Herrn Pilnacek? Wünsche, Aufträge?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Welche Wünsche meinen Sie?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Bezüglich der Ermittlungen des Verfahrens.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Nein, also - -

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Nichts?

Dann lege ich Ihnen Ihre E-Mail an die WKStA, Dokument 64200 vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Und ich möchte schon nochmal fragen: Sie haben gemeint, Sie wollten der WKStA den Druck nehmen. Aber warum hat es überhaupt einer Weisung bedurft, nur den Anfangsverdacht durch Erkundigungen zu prüfen?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Das war die Festlegung, dass nach Einschätzung der OStA eben das veröffentlichte Material noch keine ausreichende Grundlage für die Annahme eines Anfangsverdachts ergibt. Und damit stehe ich nicht alleine da, sondern ich habe das schon erwähnt: Das ist ja die Grundlage rechtspolitischer Überlegungen erst aus der jüngsten Vergangenheit, wo man versucht, eben genau diese Lücke legistisch zu schließen. Aber was ist jetzt - -

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Jetzt lege ich Ihnen Ihre Mail, also den Auszug Ihrer Mail, wo man sieht, dass die Mail vom Montag in Blindkopie auch an Christian Pilnacek ging, vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Und ich würde Sie gerne fragen: Warum?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Die Mail vom Montag? Daran ist für mich nichts Auffälliges.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Weil das öfter vorkommt? (Auskunftsperson Fuchs: Bitte?) – Weil das öfter vorkommt? (Auskunftsperson Fuchs: Ich habe Sie jetzt akustisch nicht verstanden!) – Weil es öfter vorkommt, oder warum ist es nichts Besonderes?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Meine Informationspolitik ist, dass ich versuche, dass alle, die eine Information benötigen, diese auch bekommen. Und in dem Verteiler sehen Sie ja, dass da nicht nur der Mag. Pilnacek drinnen ist, sondern auch Mag. Britta Tichy-Martin, die die Ressortmediensprecherin war. Mir ging es bei diesem Mailverkehr darum, eine einheitliche Informationslage quer durch alle Strukturen im Bereich der Staatsanwaltschaften und der Fachaufsicht im Ministerium und auch der Ressortmediensprecherin herzustellen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Und warum in Blindkopie?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: In Blindkopie – ja, das ist ein Thema - - Also, da ging es darum: Der Empfängerkreis der Interpretation der Weisung, an die sie eigentlich gerichtet war, war die WKStA. In Kopie ist es an unsere Organe der Fachaufsicht gegangen, weil es die auch unmittelbar betroffen hat. Und die Blindkopie ins Ministerium hat eigentlich null Informationsgehalt für diesen übrigen Empfängerkreis.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, aber für uns hat es einen Informationsgehalt, dass Christian Pilnacek in Blindkopie ist, wie Sie sich denken können. (Auskunftsperson Fuchs: Ja, aber was ist das - -?) – Warum ist er nicht in Kopie?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Was ist das Problem?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Weil es um die Kommunikationswege geht. Herr Pilnacek hat hier behauptet, er wäre auf dem formellen Weg über Ihre E-Mail informiert worden, und erst, als ich ihm Ihre E-Mail vorgehalten habe, wo er in Blindkopie ist, hat er gesagt: Ah, er hat wohl doch die E-Mail von Ihnen auch direkt erhalten. Demnach frage ich Sie, ob das öfter vorgekommen ist, dass Sie Herrn Pilnacek in Blindkopie gehalten haben.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich kann jetzt Probleme aus einer Befragung, die nicht mich betroffen hat, nicht kommentieren. Ich kann Ihnen nur erklären, dass es bei mir bei der Kommunikation einfach darum geht, dass Information dort ankommt, wo sie benötigt wird, dass es da halt unterschiedliche Abstufungen gibt und dass ich mich in dem vorliegenden Fall halt entschieden habe, die Ressortmediensprecherin und den Sektionschef mit Blindkopie zu verständigen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Warum braucht er aber Informationen abseits des formellen Informationsweges, den es gibt – in Blindkopie?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Welchen Informationsweg meinen Sie jetzt?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Den er meinte: den normalen, gängigen Informationsweg, auf den er sich zuerst berief, bis ich ihn mit der E-Mail konfrontiert habe.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich kann Ihnen zum Rahmen von dem Ganzen noch Folgendes sagen: Das war glaube ich der - - War das der 20. Mai? Da schauen wir mal. – Ja, genau, der 20. Mai. Da war die Eröffnung der Richterwoche, und ich war in Linz. Es wurden medial um die Weisung vom 18. Mai Spekulationen entwickelt, dass da irgendwie Einfluss genommen worden sein könnte, was natürlich überhaupt nicht wahr war. Das hat für Unruhe eigentlich auf allen Ebenen gesorgt, und ich habe dann versucht, eben mit dieser Klarstellung meiner Weisung vom 18. Mai hier Ruhe reinzubringen, eine an sich ein bisschen erhitzte Situation ein bisschen zu deeskalieren, weil es mir darum geht, dass ermittelt und erkundigt wird, und nicht dass wir drüber debattieren, wer wen wo wie informiert. In diesem Sinn habe ich mich zu diesem Weg der Information entschlossen. Ich kenne aber auch kein Verbot, dass Blindkopie irgendwas ist, womit ich meine Dienstpflichten verletzt hätte.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Nein, es zeigt nur Kommunikationswege auf. Haben Sie öfter Korrespondenzen in Blindkopie an Christian Pilnacek geschickt?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also, ich gehe davon aus, dass öfters Mails auch in Blindkopie an ihn gegangen sind.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Von Ihnen?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Von mir. (Abg. Krisper: Mhm!) – Aber wie gesagt, dafür gibt es eigentlich immer unbedenkliche Erklärungen. Daraus jetzt irgendwelche Spekulationen abzuleiten, halte ich für falsch.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich lege Dokument 123 vor, den Sachstandsbericht des Bundeskriminalamts zur Soko Tape vom 17. Dezember 2019.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Moment! (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.) Ja, und was ist die Frage dazu?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ob Sie diesen Bericht von Holzer an Lang kennen. Der ging an Lang und Innenminister Peschorn.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also, mir ist er nicht erinnerlich. Aber wie gesagt, der Akt ist sehr umfang- - Ich könnte mich jetzt bewusst an dieses Aktenstück nicht erinnern. Nein.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Nein?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Nein. Darf ich den mitnehmen? Weil es sind - - Es klingt interessant.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, ich weiß. Aber nein, leider.

(Zwischenruf des Abg. Stögmüller.)

Wie ist Ihr Arbeitsverhältnis mit Andreas Holzer?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Im Sinne der Ermittlungskooperation ein konstruktives.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Dementsprechend haben Sie kooperativ Kontakt? (Auskunftsperson Fuchs: Bitte?) – Haben Sie Kontakt? Und wie oft? Wie kann man sich das vorstellen?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Wir haben - - Wie oft? – Es ist kein regelmäßiger Kontakt. Ich kannte Holzer auch vor der Ibizageschichte, glaube ich, nicht. Und an sich ist es ja nicht so, dass man vonseiten der OStA mit Organen der Kriminalpolizei sehr viel Kontakt hat. Hier gibt es aber eine Sonderkonstellation, hier sind nämlich zwei Staatsanwaltschaften aus meinem Zuständigkeitsbereich mit einer Soko aus dem Bundeskriminalamt verpartnert – im Sinne der Kooperation. Und hier hat es tatsächlich mehrere Kontakte gegeben, wo eben Themen, die sich auf bilateraler Ebene zwischen der Soko und den befassten Staatsanwaltschaften nicht klären ließen, dann halt an mich herangetragen wurden, und das war primär Holzer, aber es hat mich, glaube ich, auch General Lang zwei-, dreimal angerufen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Dokumentieren Sie diese dienstlichen Besprechungen mit Holzer?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also grundsätzlich ja; wenn es tatsächlich formelle dienstliche Besprechungen waren, dann sind die dokumentiert.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wenn Sie sich treffen, wird es ja beruflich sein, und dann werden Sie es dokumentieren.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Dass ich jeden Anruf von ihm niederschreibe – so ist das nicht. Also wenn das irgendetwas Belangloses war oder irgendetwas, das keine Handlungspflicht meinerseits ausgelöst hätte, wo ich sage, ich muss im Wege der Dienstaufsicht da jetzt irgendeine Tätigkeit entfalten, dann kann es schon sein, dass ich den einen oder anderen Anruf nicht dokumentiert habe, weil das auch keinen Sinn gehabt hätte.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Gibt es Dokumentationen von Ihren Besprechungen?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also alles, was von mir an Dokumentation verfügbar ist, befindet sich in den Handakten, die Sie eh haben.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Und warum tauscht sich Holzer nicht lieber direkt mit der WKStA und seinem Vorgesetzten aus?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich habe schon versucht, das darzustellen, aber ich erkläre es gerne noch einmal. Also in den Themen, wo man bilateral zwischen der Staatsanwaltschaft und der Soko eben auf keinen grünen Zweig gekommen ist und die Soko halt vermeint hat, ich – die OStA – könnte da weiterhelfen, ist halt das Thema direkt an mich gekommen. Das ist auch nicht der Zustand, der mich besonders erfreut, denn wir sind die Oberstaatsanwalt und nicht die ermittelnde Staatsanwaltschaft; aber tatsächlich ist es auch so, dass ich mich natürlich Themen, die die Dienstaufsicht und auch die Fachaufsicht betreffen, ja nicht verschließen kann.

Es ist zwar jetzt ein leichter Schwenk zu einem Thema, das Sie wahrscheinlich eh noch bringen werden, aber das Ganze hat dann dazu geführt: Als es um die Annahme des Videos durch die WKStA gegangen ist, hat Holzer mich direkt im Urlaub angerufen, und ich habe dann halt aus dem Urlaub heraus agiert. Das heißt, das ist ein Zustand, der aus meiner Sicht nicht in vielen Verfahren so stattfinden sollte, aber im vorliegenden Verfahren hat das halt so stattgefunden.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wann hat er Sie denn angerufen?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Wann?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wenn Sie schon mit dem Video und von der Sicherstellung anfangen.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Das war am Vormittag, ich glaube, ich habe das eh - -, am Vormittag des 8. Juni 2020. Daran kann ich mich noch erinnern, ich habe nämlich zu dem Zeitpunkt ein Gartenhaus gestrichen und war im Prinzip voller Holzimprägniermittel. Also zwischen Holzimprägniermittel und Anruf von Holzer habe ich versucht, diese Videoangelegenheit irgendwie in Bahnen zu lenken, die im Sinn einer ordentlichen Aufklärung des Tatverdachts - - führen konnten.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Aber wann haben Sie von der Sicherstellung des Videos erfahren? (Auskunftsperson Fuchs: Ja, das war - -!) Von der Sicherstellung des Videos, wann haben Sie davon erfahren?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Von der Sicherstellung des Videos? Das habe ich bereits mit dem Herrn Verfahrensrichter besprochen. Von der Sicherstellung des Videos habe ich, glaube ich, am Mittwoch, bevor wir das Konsultationsgespräch am Freitag hatten, erfahren, davor nicht. Das war möglicherweise der 27. Mai.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Von wem?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Auch diese Frage - - Ich erkläre eh gerne alles zwei- und dreimal, aber ich habe das auch schon dem Herrn Verfahrensrichter beantwortet. Ich kann es Ihnen nicht mehr genau sagen. Ich weiß, dass mich Kollegin Nittel von der Staatsanwaltschaft Wien angerufen hat, wo sie eben ihren Unmut über die Öffentlichkeitsarbeit zu der Soko deponiert hat. Es ist möglich, dass sie mir in dem Zusammenhang auch von der Sicherstellung des Videos erzählt hat; es kann sein, dass ich es in der Zeitung gelesen habe. Mit hoher Wahrscheinlichkeit habe ich es nicht aus dem Ministerium erfahren.

Ich weiß aber auch, dass ich dann sehr bald in der Zeitung – also ich glaube, das war „Österreich“; kann das sein? – schwarz auf weiß gelesen habe, dass es das Video gibt, und habe dann die Leiterin der WKStA angerufen und gesagt, da gibt es das Video und ob sie davon wissen, und musste dann irgendwie zur Kenntnis nehmen, dass sie das nicht wussten. Das war ein Zustand, der mich schon befremdet hat.

Ich habe halt versucht, das auf meine Art und Weise zu lösen, das heißt, indem ich mit den Zuständigen das Gespräch gesucht habe. Das heißt, ich habe den interimistischen Direktor des Bundeskriminalamtes zu mir eingeladen, habe ihn über die für mich offenen Themen der Information, vor allem auch der asymmetrischen Information zwischen der StA Wien und der WKStA angesprochen, habe auch auf die Berichtspflichten der Kriminalpolizei nach Sicherstellungen hingewiesen, und wir haben im - - Also für mich ist das Thema nach diesem Gespräch erledigt – mit dem Bundeskriminalamt.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wie lange habe ich noch?

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: 2 Minuten 40 Sekunden.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich lege Dokument 64137 vor, Seite 3 folgende. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Auf Seite 4 schickt Ihnen, „Geschätzter Herr Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien, lieber Johann“, Andreas Holzer eine Chronologie im Zusammenhang mit der Schreddercausa (Auskunftsperson Fuchs: Ja!), und zwar am 11. März 2020 – dieses Jahr – (Auskunftsperson Fuchs: Mhm!), und schreibt: Ich „darf um Klärung bzw. Überprüfung ersuchen, ob hier Diskrepanzen in der Darstellung des Ablaufes vorliegen“.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Seite 4? (Abg. Krisper: Mhm!) Auf der Seite 4 (in den Unterlagen blätternd), da ist ja gar nichts.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Oben, Seite 4. (Auskunftsperson Fuchs: Ah so, okay, das ist irgendwie - - ja!)

Inwiefern sollen Sie überprüfen, ob es Diskrepanzen in der Darstellung des Ablaufes gibt, und warum das Ganze, bitte? (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja, und?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Meine Frage war, warum Sie ersucht werden, zu überprüfen, ob es Diskrepanzen in der Darstellung des Ablaufes gibt, und warum es überhaupt zu dieser Chronologie kam?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich habe das E-Mail nicht verfasst, sondern ich bin nur der Empfänger. Warum das so formuliert ist, müssen Sie den Empfänger fragen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Der Herr Sektionschef meinte, dass es aufgrund des Interesses der Ministerin war, eine Chronologie zu erhalten. Sie haben es auch an Pilnacek weitergeleitet, das sehen Sie auf der ersten Seite: „Zu Deiner Info; ich hab versucht, die Chronologie etwas aufzubereiten“. – Also die gab es sehr wohl.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja, aus Anlass dieses Mails. Also es wurde eine dienstaufsichtsrechtlich relevante Frage an mich herangetragen, und ich habe versucht, diese Chronologie anhand der Aktenlage, die mir zugänglich war, irgendwie nachzuvollziehen. Das ist aber das Normalste auf der Welt, das ist ja mein Job. Mein Job ist, dass ich, wenn Themen der Dienstaufsicht an mich herangetragen werden, dem nachgehe, überprüfe, ob es irgendwelche Veranlassungen gibt, die von der OStA getroffen werden müssen. Ja, also ich habe meinen Job getan, kann ich Ihnen darauf antworten.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Aber wie war hier die Auftragslage? Wer hat von wem was verlangt? Wie kam es zur Chronologie? Das ist noch nicht schlüssig für uns.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Es gibt ein Mail von der Soko an mich, und das Mail nehme ich zum Anlass, um mehr oder weniger die Chronologie, die sich aus den Akten ergibt, soweit es mir halt zugänglich ist, aufzubereiten, um herauszufinden, um was es da eigentlich geht.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, aber die Soko kann Ihnen ja keinen Auftrag geben.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Eh nicht.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie machen es freiwillig?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Nein, ich habe dienstaufsichtsbehördliche Verpflichtungen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Inwiefern in diesem Fall?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Noch einmal: Die Soko sagt, da gibt es problematische Handlungen - -

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Nein.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Oh ja (aus den Unterlagen vorlesend): „aufgrund des medial“ - -

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Kolportierten!

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja, eben! Aber es gibt Anlass für dienstaufsichtsbehördliche Überprüfung.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Und warum endet die Chronologie dann im Juli und geht nicht weiter – nämlich auch Ihre präventive Weisung und die Anordnungen der WKStA et cetera umfassend? (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.)

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Wahrscheinlich entsprach das meinem - - der Aktenlage, die ich für diese Untersuchung herangezogen habe. Wobei man ja dazusagen muss, dass der kritische Teil der Schreddergeschichte oder zumindest der Teil, den man nicht auf den ersten Anhieb verstehen kann, wenn man nicht in dem Geschäft ist, im Prinzip nach dem August erledigt war.

Ich möchte aber noch einmal festhalten: In der Schreddergeschichte hat die zuständige Oberstaatsanwältin der WKStA korrekt gehandelt. Die Abtretung oder die Zuständigkeitsfrage wurde von ihr genauso gesehen wie von der OStA. Das wurde von ihr auch mit Vermerk vom 5. August 2019 in dem Akt festgehalten, und tatsächlich wurden die Zuständigkeitsfrage und auch die inhaltliche Frage in dem Verfahren korrekt und ordnungsgemäß gelöst.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Zwei Fragen noch: Das heißt, hier wurde Herr Holzer eigeninitiativ, als er diese E-Mail schrieb und dadurch diese Korrespondenz anstieß?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja, was ihn da angetrieben hat, weiß ich nicht.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Gut.

Das Zweite: Nur weil die WKStA ihre Zuständigkeit für die Schreddercausa verliert, heißt es ja nicht, dass die Staatsanwaltschaft, die dann übernimmt, nichts tut. Inwiefern wurde da ermittelt? Ein WKStA-Staatsanwalt hat es für angebracht gesehen, da eine Sicherstellungsanordnung auszuarbeiten und Ermittlungshandlungen zu setzen; die Staatsanwaltschaft hat hingegen nicht übernommen und es wurde eingestellt.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also ich habe mir den Akt ja jetzt genau angeschaut, weil irgendwie - - Ich bin zwar kein Hellseher, aber ich habe mir gedacht, dass Sie das vielleicht schon mit zwei Sätzen interessieren könnte.

Diese Anordnungen wurden von ihm zu einem Zeitpunkt – am 22.8., das ist zumindest das Datum – entworfen, wo eigentlich - - Also es war der gleiche Tag, an dem auch die Auskunft des Bundeskanzleramtes eingelangt ist, aus der sich ja ergibt, dass eben kein Zusammenhang mit Ibiza vorliegt.

Wenn man sich den Akt anschaut, dann gibt es da noch einen Vermerk vom 26. oder 27. August. Tatsächlich ist der erste Eingangsvermerk in der Kanzlei zu dem ganzen Vorgang ebenfalls, glaube ich, vom 26. oder 27. August. Für mich ist irgendwie handwerklich nicht ganz nachvollziehbar, wie es zur Erstellung dieser Anordnung mehr als einen Monat nach den Erstkontakten mit den Beschuldigten gekommen ist. Aus meiner Sicht machen die auch nicht wirklich großen Sinn.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: 30 Sekunden noch.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Was für mich nicht Sinn macht, ist, dass das Bundeskanzleramt selber entscheidet, ob es eine Konnexität zwischen der Ibizacausa und der Schredderaffäre sieht, und Sie darauf Ihre Bedingung Ihrer Weisung stützen.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Noch einmal, noch einmal: Die Delikte, die von der WKStA als Begründung der Anordnungen herangezogen wurden, ergeben keinen Hinweis auf eine Eigenzuständigkeit der WKStA, und es ergibt sich daraus auch kein Konnex zu Ibiza, kein Anhaltspunkt im Sinne eines Anfangsverdachts. Die Anfrage an das Bundeskanzleramt war im Prinzip noch so die letzte Maßnahme: Ja, wenn wir bisher keinen Anhaltspunkt haben, vielleicht kriegen wir von dort einen. – Mehr Hintergrund hat das Ganze nicht.

Fest steht, wenn man sich den Akt an sich durchschaut, lässt sich eine Zuständigkeit der WKStA für das Schredderverfahren eigentlich in keiner einzigen Verfahrensphase darstellen, und die Weisung, dass man zumindest nach Rücklangen der Auskunft des Bundeskanzleramtes tatsächlich den rechtmäßigen Zustand bei der Zuständigkeit herstellt, war zwingend geboten. Das ergibt sich auch aus dem § 25 StPO, dass eine Staatsanwaltschaft, die erkennt, dass sie nicht zuständig ist, abzutreten hat. Das ist keine Frage der Willkür oder der Opportunität oder des besonderen Interesses für eine Strafsache. Man hat abzutreten, wenn man nicht zuständig ist, und genau dieser Zustand sollte durch diese Weisung sichergestellt werden.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Warum wurde die Weisung nicht dem Weisungsrat vorgelegt?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Da bin ich an sich der falsche Adressat für diese Frage, weil die OStA niemals Weisungen an den Weisungsrat vorlegt. Der Weisungsrat ist eine Beratungseinrichtung der Ministerin, und die Entscheidung, ob und was dem Weisungsrat vorgelegt wird, fällt ausschließlich im Bereich des Ministeriums. Wir haben die Weisung als Vorhaben dem Ministerium vorgelegt, die Weisung ist vom Ministerium genehmigt zurückgekommen und wir haben die genehmigte Weisung im Umfang ihrer Genehmigung umgesetzt.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: 16 Sekunden.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sektionschef Pilnacek meinte, das sei dem Weisungsrat nicht zwingend vorzulegen, weil es irgend so ein Zwischending, eine prozessuale Zwischenmaßnahme Ihrer Weisung sei. Wissen Sie, was das rechtlich sein soll?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Entschuldigung, ich habe so viele Themen bei der Oberstaatsanwaltschaft Wien, und ich habe es mir zur Angewohnheit gemacht, dass ich mich mit Themen, die mich nicht betreffen, auch nicht weiß Gott wie auseinandersetze. Also ob und was jetzt dem Weisungsrat vorgelegt werden muss, ist nicht das Thema der Oberstaatsanwaltschaft, und daher habe ich mich mit dem auch nicht inhaltlich auseinandergesetzt.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Danke.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Danke sehr.

Wir kommen somit zur Fraktion der ÖVP. Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gerstl.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Danke, Herr Oberstaatsanwalt, dass Sie auch bei uns sind und für die ausführliche Stellungnahme, die Sie schon abgegeben haben. Ich möchte gleich an Kollegin Krisper betreffend die Schreddergeschichte anknüpfen.

Sie haben gesagt, dass die – ich würde es gerne beim Namen nennen – Staatsanwältin, die mit dem Polizisten in Kontakt war, das alles ordnungsgemäß abgehandelt hat, und das war im Juli 2019. Danach kam es zu einer Abtretung, und dann kam es am 22. August zu dieser Stellungnahme des Bundeskanzleramtes, und am selben Tag hat ein anderer Oberstaatsanwalt, wenn ich jetzt richtig informiert bin, eine Sicherstellungsanordnung getroffen. Warum macht das ein anderer Oberstaatsanwalt als die fallführende Oberstaatsanwältin?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Na ja, die WKStA ist da schon als Team organisiert. Das ist ein sehr großer Ermittlungskomplex, in dem halt mehrere Oberstaatsanwältinnen und Oberstaatsanwälte arbeitsteilig tätig sind. Wie die Aufgabenverteilung jetzt konkret dort stattfindet, kann ich Ihnen nicht sagen. Dazu habe ich keine Wahrnehmungen. Warum jetzt wer was macht, weiß ich nicht.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Wissen Sie, ist diese Sicherstellungsanordnung jemals widerrufen worden?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja. Also da gibt es einen Vermerk, dass die am 22. August erlassene Sicherstellungsanordnung, glaube ich, am selben Tag noch widerrufen wurde.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Okay.

Ist so etwas notwendig, wenn das Verfahren ja schon abgetreten war, oder warum macht man so einen Widerruf der Sicherstellungsanordnung?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also wie gesagt, für mich ist der Vorgang rund um diese Sicherstellungsanordnung vom 22. August nicht ganz klar und auch nicht wirklich - -, also mit staatsanwaltschaftlichem Handwerk nicht gut erklärbar. Wir haben schon eine Regelung, dass man, selbst für den Fall, dass man abtritt, als abtretende Staatsanwaltschaft unaufschiebbare Maßnahmen dennoch noch setzen muss. Das war aber offensichtlich keine so unaufschiebbare Maßnahme, weswegen sie widerrufen wurde. Warum sie überhaupt erlassen wurde, das müssen Sie den Kollegen, der, glaube ich, dann eh auch noch aussagen wird, fragen.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Werden wir tun.

Ich darf nun noch einmal zum Video als solchem kommen. Sie haben uns gesagt, es gibt ja eine große Rechtsfrage in Bezug auf § 306 StGB, ob der da überhaupt zugetroffen hat, Sie haben eine Nacht lang gar nicht schlafen können. Ein Jahr danach: Wie schaut die Rechtsfrage derzeit aus, die die WKStA nun zu lösen hat, nach all den Ermittlungen, die sie getätigt hat? Worauf reduziert sich die Rechtsfrage?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also meines Wissens ist ja die WKStA der Einschätzung der OStA zum § 306 StGB dann auch in einem späteren Bericht gefolgt, und meines Wissens liegt der Schwerpunkt der Ermittlungen auf dem Tatverdacht der Untreue.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Kann man da schon Näheres dazu sagen? Hat sich der Sachverhalt aufgrund des nun vorhandenen ganzen Videos für einen Untreuevorwurf – wie würde ich sagen? – verdichtet oder stellt er sich noch so wie zum Zeitpunkt des Fundes des Videos dar?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Nach meiner Wahrnehmung ist eine abschließende Klärung aufgrund des Ermittlungsstandes noch nicht möglich.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Was schätzen Sie, wie lang das noch dauern wird?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Das ist immer schwierig. Wenn ich Ihnen jetzt irgendein Datum sage, dann rufen sie mich am nächsten Tag an und sagen: Sie haben doch gesagt!

Man muss schon sagen, dass das ein Verfahrenskomplex ist, der außergewöhnlich ist, und dass auch die damit verbundenen Rechtsfragen und auch die Beweisfragen höchst komplex sind, dass auch die Sie beschäftigenden Auswertungsfragen nicht so einfach zu bewerkstelligen sind. Also ich kann Ihnen jetzt seriöserweise kein Datum nennen, an dem wir in der Lage sein werden, das Verfahren endzuerledigen.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Das heißt, Sie können auch heute nicht sagen, ob das Verfahren überhaupt zu einer Anklage führt?

Mag. Johann Fuchs, LL.M. (erheitert): Na, wenn ich Ihnen das sagen könnte, dann wären wir schon fertig.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP) (erheitert): Das war ein guter Einwand.

Wir haben vorhin die Staatsanwaltschaft Wien und die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft angesprochen. Sie haben auch gesagt, dass Sie im Oktober so eine Steuerungsgruppe eingerichtet haben. Wie oft hat die bis zum heutigen Zeitpunkt getagt oder tagt die noch immer? Gab es coronabedingt Aussetzungen? Wie war der Informationsfluss?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Nach meiner Wahrnehmung hat die Tagungsgruppe einige Male nach dem 4. Oktober getagt. Ich kann Ihnen aber nicht sagen, wie oft. Ich glaube, das waren so Zyklen von zwei, drei Wochen, die sie eingehalten haben. Nach meiner Wahrnehmung war, glaube ich, die letzte Sitzung am 21. Februar 2020, dann ist das coronabedingt zum Erliegen gekommen.

Aufgrund der Themen anlässlich der Sicherstellung des Videos, die ich auch mit dem Direktor des Bundeskriminalamtes besprochen habe, habe ich auch die Initiative ergriffen, die Steuerungsgruppe wiederzubeleben. Da gibt es aber unterschiedliche Einschätzungen, ob das jetzt tatsächlich einen Sinn macht oder nicht. Ich persönlich bin der Meinung, dass man in so einem Projekt zum Projektmanagement auch eine Kommunikation auf Basis der operativen Führungsspitzen benötigt, und ich werde auch alles daran setzen, dass wir dieses Steuerungsgremium wieder in Gang bringen.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Das heißt, coronabedingt gab es keine Sitzung von StA mit der WKStA genau zu der Zeit, als auch das Video gefunden worden ist?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Genau.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Haben Sie das hinterfragt, warum die StA Wien auch nicht mit der WKStA über diesen Fund gesprochen hat?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Na gut, der Informationsweg an sich: Berichtspflicht der StA Wien an die WKStA ist an sich nicht vorgesehen. Ich persönlich halte den Informationsweg in diesem Bereich für nicht wirklich glücklich. Es tut mir auch leid, dass diese Information nicht tatsächlich überall dort gelandet ist, wo sie hinsollte, aber wie gesagt waren offensichtlich auch die Sonderkonstellationen, die mit den Coronaumständen verbunden waren, dafür maßgeblich.

Wie gesagt, für mich ist das Thema mit der Besprechung mit dem Direktor des Bundeskriminalamtes erledigt, wo wir uns darauf verständigt haben, dass man halt solche Asymmetrien in der Information in Zukunft vermeiden soll, dass wir uns auch bei der Medienarbeit vielleicht im Sinne einer effizienten Ermittlungstätigkeit noch besser abstimmen können. All diese Themen wurden angesprochen und aus meiner Sicht zufriedenstellend mit dem Direktor des Bundeskriminalamtes erledigt.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Nun vielleicht ein paar allgemeine Fragen zum Unterschied zwischen der Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft Wien, den Ressourcen der Staatsanwaltschaft Wien und der WKStA und der Länge der Verfahrensdauer. Wenn Sie da Bilanz legen würden: Wie schaut das aus, also wie viel Verfahren hat die StA Wien zu machen, wie viele Verfahren hat eine WKStA zu machen? Wie viele führen zu einem Anfangsverdacht, wie viele führen zu einer Anklage, wie viele führen zu einer Verurteilung? Wie viele Nichtigkeitsbeschwerden werden getätigt, wie viele sind da erfolgreich? Wenn nicht, können Sie uns so ein Verhältnis zwischen StA Wien und WKStA zeichnen?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ein konkretes Verhältnis zu Statistikdaten kann ich Ihnen da nicht zeichnen. Auf die Frage bin ich auch so nicht vorbereitet. Es ist tatsächlich auch schwierig, glaube ich, die WKStA mit der StA Wien zu vergleichen, weil die Struktur der Verfahren ja eine ganz andere ist.

Tatsächlich ist es auch so – und das weiß ich aus eigener Erfahrung, aus meiner Tätigkeit bei der WKStA –, dass man dort halt bei strafrechtlichen Themen schon teilweise im Randbereich tätig ist, nämlich wo es noch Literatur gibt und wo es Judikatur des Obersten Gerichtshofes zu den einzelnen Themen gibt. Das heißt, man muss dort schon – ich sage jetzt – fast rechtlich avantgardistisch tätig sein, um die Sachverhalte, die dort zu bearbeiten sind, in dem Gefüge, das wir halt strafrechtlich haben, unterzubringen.

Insofern ist der Vergleich schwierig. Fest steht natürlich schon, dass es immer wieder aufsehenerregende Freisprüche gibt. Aus meiner Sicht ist ein Freispruch aber nicht wirklich ein Maßstab, mit dem ich die Qualität einer Behörde messe. Tatsache ist aber auch – und damit bin ich eigentlich wieder bei der Grundrechtsrelevanz von unseren Aufgaben –, ich halte Freisprüche und Verfahrenseinstellungen immer dann für schwierig, wenn das nach vielen Jahren Verfahrensdauer zustande kommt. Es ist mein Anspruch bei der Oberstaatsanwaltschaft Wien, darauf hinzuwirken, dass wir die Verfahren so führen, dass sie zielgerichtet sind, dass wir, wie ich es vorher gesagt habe, im Sinne der Eröffnungsbilanz eines Anfangsverdachts, diese Eröffnungsbilanz abarbeiten, dass am Schluss möglichst wenig Salden überbleiben und das möglichst schnell erledigt werden kann.

Mir ist bewusst, dass jedes Verfahren, das sehr lange dauert, das dann letztendlich vielleicht auch noch zu Freisprüchen oder zu Verfahrenseinstellungen führt, eine Belastung für alle Betroffenen ist, und es ist nicht das Ziel des Strafverfahrens, dass man durch die Verfahrensdauer schon bestraft. Soweit es in meiner Hand liegt, versuche ich, meine Kollegenschaft im Sinne dieser Maxime zu sensibilisieren und auch meine Aufsicht in diese Richtung wahrzunehmen. Das heißt, mir ist wichtig, gerade bei solchen Verfahrenskomplexen, dass man eine Verfahrensstrategie entwickelt, dass man ein Arbeitsprogramm hat, das man dann ziemlich strukturiert abarbeitet, und dass man dann in einer absehbaren Zeit zu einem Verfahrensende kommt, wo man dann sagen kann, ob anzuklagen ist oder nicht.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Ja, erst gestern wurde in der „Kronen Zeitung“ ein Bericht zu einem Prozess von der WKStA veröffentlicht, der zehn Jahre gedauert hat, und bei dem nach zehn Jahren ein Freispruch erfolgte. Halten Sie zehn Jahre für zu viel oder zu wenig? (Abg. Stögmüller: Gehört das zur ...?)

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich möchte da jetzt nicht auf Verfahren eingehen, wo ich den Zusammenhang zum Untersuchungsgegenstand nicht erkennen kann. Wie gesagt, solche Vorgänge beschäftigen mich schon, und das sind auch Themen, die ich halt im Bereich der allgemeinen Qualitätssicherung weiterzuentwickeln versuche.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Danke. (Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Damit darf ich auf das Dokument Nummer 764 zu sprechen kommen und es Ihnen vorlegen; Seite 10. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Sie schreiben da an die Leiterin der WKStA: „Aufgrund der im Artikel“ – im „Standard“ – „dargelegten Argumentationslinie und dem diesem zugrundeliegenden Wissensstandes ist [...] der Verdacht nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen, dass das Leck hier im Bereich der WKStA liegt.“

Das heißt sozusagen, dass aus der WKStA Akten an die Öffentlichkeit gespielt werden. Kommt das öfters vor? (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Informationsabflüsse aus diversen Verfahren kommen öfters vor. Es wird auch jedem einzelnen Informationsabfluss durch entsprechende Maßnahmen nachgegangen. Mir ist jetzt aber kein Fall bekannt, wo wir tatsächlich den Informationsabfluss einer bestimmten Person zuordnen konnten.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Dokument Nummer 675 darf ich dazu noch vorlegen, Seite 1 von 1. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Da beschreibt der Zeuge Dr. Steiner in einer zeugenschaftlichen Einvernahme, dass nach seinem Wissensstand Journalisten des Magazins „ECO“ zum Thema Sidlo Akten aus der Staatsanwaltschaft erhalten hätten, und auch eine Journalistin der Zeitung „Die Presse“ hätte das bestätigt, dass es zwischen Staatsanwaltschaft und Journaille einen guten Austausch, eine gute Beziehung gebe.

Ist das ein weiteres Indiz, dass man offensichtlich im Rahmen der Dienstaufsicht noch verstärkt daran arbeiten müsste, dass diese Leaks nicht weiter vorkommen können? (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja, wie gesagt, jeder dieser Vorgänge macht mich aus mehreren Gründen betroffen. Erstens einmal gehört es nicht zu unseren Dienstpflichten, geheime Verfahrensinhalte an Nichtberechtigte offenzulegen. Das ist die formelle Seite. Die inhaltliche Seite aber, die mich noch viel mehr schmerzt, ist, dass damit ja unsere Ermittlungen nicht unterstützt werden. Das heißt, das Ermittlungsverfahren ist nicht umsonst nicht öffentlich. Das Ermittlungsverfahren hat den Sinn, eben strafrechtliche Verdachtslagen soweit abzuklären, ob Anklage zu erheben ist oder nicht. Eine Veröffentlichung aus den Ermittlungsakten schadet den Verfahrensbeteiligten genauso wie uns, den Ermittlungsbehörden, bei einer zügigen und konsequenten Strafrechtsdurchsetzung.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Ein Thema, das Sie auch angesprochen haben, war das der Zufallsfunde. (Auskunftsperson Fuchs: Mhm!) Ich darf Ihnen auch dazu einen Akt vorlegen, nämlich 63635. Der besteht aus zwei Seiten, aber beide Seiten werden angesprochen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Sie schreiben da an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft über die Qualität von Zufallsfunden, und wenn ich Sie richtig verstehe, kritisieren Sie, dass Zufallsfunde im Akt verwendet wurden, ohne dass es eigentlich einen konkreten Anfangsverdacht dazu gibt, und dass Zufallsfunde verwendet werden, die eigentlich gar nicht hätten verwendet werden dürfen. Verstehe ich Sie dabei richtig? Oder wie schaut das mit Zufallsfunden aus?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also das ist unsere Einschätzung. Wir haben zumindest um Aufklärung ersucht, zur Aufklärung welcher strafbaren Handlung dieser Zufallsfund dienen könnte, weil das für uns aus der Aktenlage eben nicht ersichtlich war.

Mir ist das ein besonders wichtiges Thema. Es gibt in unseren Großverfahren eine unermessliche Zahl an Informationen und Daten, die mit dem Strafverfahren überhaupt nichts zu tun haben. Jetzt bin ich wieder bei der strengen Zweckbindung. Wir haben, nur weil wir das körperlich haben, nicht die Befugnis, umfassend im Leben und in der Privatsphäre von den Betroffenen dieser Sicherstellungen herumzustierln und das auszuwerten, nach welchen Kriterien auch immer. Wir haben uns auf den Anfangsverdacht zu konzentrieren, und wenn bei der Durchsuchung von diesem Datenmaterial zur Abklärung des Anfangsverdachts zufälligerweise etwas auftaucht, das den Verdacht einer anderen strafbaren Handlung ergibt – aber nur dann –, dann haben wir das halt in einem gesonderten Strafverfahren weiterzuverfolgen.

Wenn wir aber zum Beispiel einen Kalender – ich rede jetzt fiktiv, nicht von irgendeinem konkreten Umstand – durchforsten, aus dem sich ja unter Umständen neben irgendwelchen strafrechtlich relevanten Informationen der Verdacht ergibt, dass da jemand eine außereheliche Beziehung zu irgendjemand anderem führt, dann hat diese Information – über die kann man moralisch denken, wie man möchte – nichts mit einem Strafverfahren zu tun, sie hat nichts mit unserem Ermittlungsauftrag zu tun.

Warum das so heikel ist, ist, dass alles, was wir zum Ermittlungsakt nehmen, ja Gegenstand der Akteneinsicht ist. Das heißt, Sie können dann nicht hergehen und sagen: Ja, das ist jetzt im Akt drinnen, aber ich zeige es nicht her, weil es da um höchstpersönliche Daten von irgendwem geht! – In dem Moment, wo die Entscheidung gefallen ist, dass man ein bestimmtes Beweismittel oder bestimmte Dokumente zum Akt nimmt, dann ist früher oder später die Akteneinsicht nicht zu verhindern. Genau deswegen ist es mir ein besonderes Anliegen, dass wir da halt sehr sorgfältig mit unseren Auswertungsbefugnissen und mit der Aktenführung umgehen.

Genau das war ja auch der Anlass, warum ich auf dieses Problem hier hingewiesen habe. Der Anlass war nämlich, dass da - -, ich glaube, da ist es ja um diesen SMS-Verkehr zwischen Schmid und Pilnacek gegangen, wenn ich das richtig verstanden habe (Abg. Gerstl: Mhm, ja!), und es war für mich nicht erkennbar, in was für einem Zusammenhang dieser eine SMS-Verkehr zu irgendeiner strafbaren Handlung, die in dem Ermittlungsverfahren hätte aufgeklärt werden sollen, stand. Deswegen haben wir nachgefragt.

Ich weiß, diese Art von Nachfragen wird öfters kritisiert, da wird gesagt, das sind bemerkenswerte Erlässe und Ähnliches. Es ist halt meine Art, Fachaufsicht auszuüben, indem ich auf Probleme, auf mögliche Probleme aus Sicht der OStA hinweise, weil es mir lieber ist, rechtzeitig auf dieses Problem hinzuweisen, als dann erst im Nachhinein irgendwelche Fehler aufdecken zu müssen und Zurechtweisungen vornehmen zu müssen. Genau, also geht es - -, ich sehe das halt auch als proaktive Ausübung der Fachaufsicht, und genau den Hintergrund hatte dieser Erlass.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Kann es sein, dass - -

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: 13 Sekunden haben Sie noch. (Abg. Gerstl: Bitte?) – 13 Sekunden.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Okay, dann nehme ich sie mit. – Danke.

*****

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Alles klar. Bevor ich das Wort an die SPÖ, an Herrn Abgeordneten Krainer übergebe, darf ich eine Feststellung machen.

Ich stelle sogleich jetzt, um 16.38 Uhr, fest, dass die für heute, den 15. Juli 2020 um 16.30 Uhr, geladene Auskunftsperson Heidi Goëss-Horten, wie im Vorfeld bereits angekündigt, nicht zum geladenen Zeitpunkt erschienen ist. Die entsprechenden Schreiben liegen bei der Parlamentsdirektion zur Einsicht auf. Die Stellungnahme der Auskunftsperson wurde am 6. Juli 2020 an die Fraktionen verteilt. Die Auskunftsperson legt als Entschuldigung ein ärztliches Attest über den aktuellen Gesundheitszustand vor.

Ich ersuche den Herrn Verfahrensrichter um eine kurze Stellungnahme zu diesem Thema.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Das Attest selbst habe ich nicht gesehen, aber ich habe den Schriftsatz von Heidi Horten gelesen. Nach dem Schriftsatz scheint mir die Entschuldigung nicht genügend zu sein, und ich würde daher meinen, dass man sie noch einmal zu einem anderen Termin laden sollte.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Gibt es hier Wortmeldungen aus den Fraktionen? Meinen Informationen nach ist ja auch schon ein Prozedere zwischen den Fraktionen festgelegt worden. Ich glaube, wir haben ja morgen einen ähnlichen Fall, und die weitere Vorgangsweise wird dann auch morgen, nehme ich an, gemeinschaftlich festgelegt, sofern es dafür die erforderlichen Mehrheiten gibt.

Kurzer Informationsstand zur dritten Auskunftsperson: Frau Mag. Jilek befindet sich mittlerweile im Haus.Ihr war es leider nicht möglich, gegebenenfalls morgen da zu sein, weil sie, glaube ich, Kinderbetreuungspflichten wahrzunehmen hat.

Noch einmal zur Information: Wir werden das übliche Prozedere so handhaben – wegen der entsprechenden Zeit plus Mittagspause –, dass wir gemeinsam festlegen werden, wie wir hier fortfahren.

*****

Ich erteile das Wort Herrn Abgeordneten Krainer von der SPÖ und bitte, mit der Befragung fortzufahren.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Dr. Fuchs, das heißt, Sie sind der Meinung, wenn es sich durch einen Zufallsfund ergibt, dass es Befangenheiten von Oberbehörden oder von Vorgesetzten gibt, dann darf das nicht mitgeteilt werden.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Das habe ich so nicht gesagt. Die Auffassung ist, es kann nicht das Ziel sein, nach möglichen Befangenheiten zu suchen. Außerdem muss ich zum Doktor feststellen: Ich bin kein Doktor, ich bin nur Magister, aber das ist egal.

Das Zweite, was wichtig ist: Ich habe versucht, hier schon zu erklären, wie das System der Wahrnehmung von Befangenheiten ist. Das ist prim- -

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Nein, schauen Sie, wir brauchen das jetzt nicht unnötig in die Länge zu ziehen! Das ist relativ einfach: Sie haben gesagt, nur, wenn das strafrechtlich relevant ist, darf es in den Akt genommen werden. (Auskunftsperson Fuchs: Genau!) Da ist etwas genommen worden, wobei es um Befangenheiten geht, übrigens als Verschlussakt, das heißt, ohne Akteneinsicht, wenn ich das richtig verstehe.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Das stimmt nicht. Die Führung eines Aktes als Verschlussakt hat über die Akteneinsicht überhaupt nichts - -

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Heißt das, der Bericht Nummer 33 ist der Akteneinsicht zugänglich, oder nicht?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also grundsätzlich: Die Führung eines Aktes als Verschlussakt bestimmt nur die Bedingungen, wie ein Akt bei uns gehandelt wird. Das heißt, der - -

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ist der 33er von der Akteneinsicht ausgenommen?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Herr Abgeordneter (Abg. Krainer: Ja!), ich würde schon gern meine Antworten fertig formulieren! Das heißt: Verschlussakt heißt nicht, dass der Akt von der Akteneinsicht ausgenommen ist. Das Thema haben wir ja dauernd, indem als mögliche Quellen für die Veröffentlichung von Stellen aus Verschlussakten in den Medien - -, weil da die Akteneinsicht in Frage kommt; also Verschlussakt hat mit Akteneinsicht nichts zu tun.

Jetzt komme ich aber noch einmal auf Ihre ursprüngliche Frage, nämlich ob das verboten ist, einen „Zufallsfund“ – unter Anführungszeichen –, der auf eine Befangenheit hinweist, vorzulegen. Es ist nicht verboten, aber es ist auch keine Dienstpflicht. Es gibt keine Dienstpflicht von Entscheidungsorganen oder Ermittlungsorganen, solche Funde aufzubereiten und vorzulegen. Es gibt in Wahrheit aus meiner Sicht nicht einmal eine klare Rechtsgrundlage dafür, warum man so einen Zufallsfund überhaupt auswertet – er sagt ja nichts –, nämlich im Rahmen der Aufgaben des Ermittlungsverfahrens.

Und die Wahrnehmung der Befangenheit ist primär als Dienstpflicht des Entscheidungsorgans formuliert. Der muss sich halt, wenn er meint, er ist befangen, einer Amtsführung enthalten und das seinem Chef bekannt geben, und der entscheidet dann, ob und wer in dem Verfahren weiter agiert.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie sagen also, es gibt keine Pflicht von Bediensteten, wenn sie Wahrnehmungen zur Befangenheit eines Vorgesetzten haben, das zu melden, aber es gibt auch kein Verbot, das zu melden.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Das sage ich. Was ich aber mit dem Erlass sicherstellen wollte, ist: Wir haben so viele Themen in dem Verfahren, die strafrechtlich relevant sind, und ich wollte sicherstellen, dass man eben auf die strafrechtlichen Themen fokussiert, die Auswertung und Aufbereitung der Auswertungsergebnisse vornimmt und sich nicht auf irgendwelche Randthemen konzentriert, die mit den Aufgaben des Ermittlungsverfahren nichts zu tun haben.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie diesen Bericht 33 unverzüglich an das Ministerium weitergeleitet?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Helfen Sie mir weiter: Was ist der Bericht 33?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das ist die Anscheinsbefangenheit, der Bericht, wo Sie gesagt haben, das ist unnötig.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also der Anlass (ein Schriftstück in die Höhe haltend) für diesen Erlass. Ja, der wurde unverzüglich weitergeleitet, insofern hat es da, glaube ich, eine missverständliche Aussage eines Oberstaatsanwalts in einer der letzten Sitzungen hier gegeben. Es ist falsch, dass der dem Ministerium vorenthalten wurde. Ich glaube, er wurde dem Ministerium zwei oder drei Tage später vorgelegt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Okay; und Sie haben aber trotzdem an die WKStA zurückgeschrieben – mehr oder weniger –: Wieso macht ihr das? (Auskunftsperson Fuchs: Genau!) Die haben Ihnen im Bericht Nummer 38 erklärt, wieso. Und seitdem ist das für Sie erledigt?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich habe mit dem Erlass, wo ich meine Irritation über diese Auswertung von eigentlich nicht verfahrenswesentlichen Umständen der WKStA bekannt gegeben habe, gleichzeitig dem Ministerium vorgelegt. Dann ist ein Bericht dazu gekommen, wo halt die WKStA eine andere Meinung dazu offenbart.

Ja, gut; ich kann jetzt über dieses Randthema weiterstreiten oder ich kann mich um eine zügige Weiterermittlung kümmern. Das ist einfach eine Frage der Prioritätensetzung, ob man jedes Thema zu Ende ausdiskutiert oder ob man sich auf das Wesentliche konzentriert, und das ist einfach die Ermittlungstätigkeit in dem Verfahren.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gut, und die WKStA war der Meinung: Wenn ich per Zufall – deswegen heißt es ja auch Zufallsfund – auf Anscheinsbefangenheiten stoße, dann melde ich das an die Oberbehörde!, und sieht das vielleicht nicht als Ihre rechtliche Pflicht, aber offenbar als Ihre moralische Pflicht.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Was ist jetzt die Frage?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Stimmt das, dass das so in etwa die Antwort von der WKStA im Bericht Nummer 38 war.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich habe jetzt den Bericht nicht genau im Kopf, aber die WKStA hat halt die Auffassung vertreten, dass sie dazu verpflichtet ist. Diese Verpflichtung sehe ich so nicht. Im Gegenteil: Sie steht so nirgends drinnen, und ich betrachte das als Fleißaufgabe.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gut.

Wussten Sie, wie die Ressourcen der Soko aufgeteilt sind, nämlich dass dort 14 Beamte der Soko zugeteilt waren, aber nur zwei quasi der WKStA und zwölf der StA Wien zur Verfügung standen? Also zwölf für die Frage: Wer hat das Video hergestellt? Und zwei für die Frage: Hat es Korruption gegeben?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich glaube, mich erinnern zu können, dass ich diese Frage schon beantwortet habe. Also mit dem Personaleinsatz seitens der Soko habe ich mich nicht eingehend auseinandergesetzt. Ich habe aber auch keine Beschwerden gehört, dass hier in einem Ermittlungsbereich zu wenig personelle Ressourcen von der kriminalpolizeilichen Seite aufgewendet worden sein sollten.

Wenn so eine Beschwerde an mich herangetragen worden wäre, dann hätte ich versucht, das mit dem Bundeskriminalamt entsprechend abzuklären.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Noch einmal eine wichtige Frage, zurückgehend darauf, wann Sie erfahren haben, dass das Video sichergestellt wurde. Sie haben bisher gesagt: Mittwoch, 27. Mai.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich glaube das. Ich habe es sicher nicht am 22. April erfahren, und ich habe es sicher nicht am Wochenanfang erfahren, wo das, wie ich jetzt im Nachhinein gelesen habe, schon ein Thema zwischen der StA Wien und Sektionschef Pilnacek gewesen ist. Ich bilde mir ein, dass ich es am Mittwoch erfahren habe, und am Freitag waren wir dann da in dem Konsultationsgespräch. (Abg. Krainer: Mhm!) Aber ich kann auch nicht mehr - - Also für mich - -

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich frage das deswegen, weil das im Widerspruch zu anderen Aussagen steht. Wir haben das Protokoll von Herrn Pilnacek nicht hier - -

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Könnten Sie mir die Aussage bitte vorhalten?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Kann ich jetzt nicht, weil wir das Protokoll von Herrn Pilnacek noch nicht haben.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja, dann kann ich dazu auch schwer Stellung nehmen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich kann Ihnen nur aus dem Gedächtnis sagen, dass er gesagt hat, dass ihm Frau Nittel nach Rücksprache mit Ihnen am Montag, den 25. Mai, berichtet hat.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Na ja, das stimmt schon. Die Leitende Staatsanwältin der Staatsanwaltschaft Wien hat mich am Montag angerufen, da war das Thema eben diese mögliche Pressearbeit, Öffentlichkeitsarbeit zum Ibizaprozess, aber das Video war kein Thema dieses Telefonats. Ich habe ihr gesagt, sie soll das gleich direkt mit Sektionschef Pilnacek besprechen und habe ihr aber auch gesagt, dass ich von dieser Öffentlichkeitsarbeit nicht begeistert bin.

Ich möchte aber zu dem Thema schon auch noch eines anbringen: Für mich ist die Frage, wann und ob und in welchem Zustand das Video sichergestellt worden ist, nicht wirklich wichtig. Für mich ist das Ergebnis wichtig, für mich ist das Auswertungsergebnis wichtig, was sich daraus ergibt: Welche Schlüsse ergeben sich für uns aus den Inhalten des Videos für das weitere Ermittlungsverfahren?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gut, jetzt haben wir das auch erfahren.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich halte das für wichtig.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Pilnacek hat hier gesagt, dass er Sie unmittelbar darauf angewiesen hat, denn er hätte dann bei der WKStA angerufen und die hätte gesagt, sie weiß gar nichts von diesem Video.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja, das war Mittwoch.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und dass er Sie dann unmittelbar angewiesen hat, herauszufinden, wie diese Berichtslegung seitens der Soko an die zwei Staatsanwaltschaften funktioniert oder nicht funktioniert hat. Stimmt das?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: An ein entsprechendes Ersuchen von Herrn Pilnacek kann ich mich jetzt gar nicht erinnern, aber mich hat die Sache an sich schon so beunruhigt, dass ich von mir aus tätig geworden bin.

Ich glaube, ich habe - - Ich bilde mir ein, dass ich der WKStA noch am Mittwoch ein Mail geschrieben habe; das könnte sein. Also für mich hat sich ein Handlungsbedarf aus Sicht der OStA ergeben, nämlich aus der Tatsache, dass hier meine beiden Staatsanwaltschaften asymmetrisch informiert worden sind und dass eine Staatsanwaltschaft durch die Medienarbeit der Soko hier offensichtlich überrascht wurde. Das ist ein Zustand, den ich mir nicht gewünscht habe, das ist ein Zustand, der aus meiner Sicht am besten nur einmal und dann nicht mehr vorkommt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Was haben Sie also getan, um den Sachverhalt aufzuklären?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich habe, glaube ich, der WKStA, bilde ich mir ein - - Also ich habe sicher einen Schritt gesetzt, wo ich die WKStA beauftragt habe, eben um Information, wie das jetzt wirklich mit dem Video ist - - Der erste Schritt war sicher ein Telefonat mit der Leiterin der WKStA. Aus dem Telefonat habe ich herausgefunden, dass Sie von dem Video bisher nicht wussten, und der nächste Schritt war dann ein Mail oder ein Erlass, das kann ich Ihnen jetzt nicht auswendig sagen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): § 113 StPO regelt die unverzügliche Mitteilung und die schriftliche Mitteilung der Kriminalpolizei innerhalb von 14 Tagen, also dass sie der Staatsanwaltschaft über Sicherstellungen Bescheid geben muss.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ist das in dem Fall passiert?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja, offensichtlich nicht, aber deswegen habe ich auch das Gespräch - -

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Auch gegenüber der StA Wien?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Das kann ich Ihnen nicht sagen, ich habe die genauen Daten nicht überprüft. Ich kann nur sagen, dass aus der offensichtlichen Nichtbeachtung dieser Frist - - Das war ein Thema meines Gesprächs mit dem Direktor des Bundeskriminalamtes; genau das war eines der Themen, die mich unruhig gemacht haben, dass hier eben Informationspflichten nicht ordnungsgemäß wahrgenommen wurden. Auf der anderen Seite hat mich aber auch der öffentliche Eindruck beunruhigt. Sicherstellungen passieren im staatsanwaltschaftlichen Leben ja permanent. Das ist ja eines der wesentlichen Themen der Beweisaufnahmen, die wir in unseren Ermittlungsverfahren haben. Dadurch, dass das so eine Massenerscheinung ist, gibt es ja auch für bestimmte Fälle eine gelockerte Möglichkeit der Berichtspflicht. Es ist also nicht jede Sicherstellung binnen 14 Tagen zu berichten, sondern nach bestimmten Voraussetzungen sieht das Gesetz vor, dass die Kriminalpolizei das auch mit dem nächsten Bericht verbinden kann.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, bei unwesentlichen Fragen natürlich (Auskunftsperson Fuchs: Bitte?), aber nicht beim größten Erfolg einer Sonderkommission! (Auskunftsperson Fuchs: Was - -!) Das wird ja hier kaum zutreffen.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Was mir wichtig ist, ist, dass sich nicht in der Öffentlichkeit der Eindruck festigt, dass hier generell immer innerhalb von 14 Tagen über jede Sicherstellung zu berichten ist.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das war auch nicht die Frage! Nein, das ist schon klar (Auskunftsperson Fuchs: Ja!), bei unwichtigen Sachen, herrenlosem Gut et cetera, mit dem nächsten Bericht, der nicht länger als drei Monate her sein darf – das ist aber § 110 StPO, glaube ich, aber ich bin da nicht der Experte, das sind sicher Sie –, aber für wichtige Sachen ist es eindeutig: unverzüglich, spätestens innerhalb von 14 Tagen, und zwar schriftlich!

Die Frage ist: Ist das gegenüber der StA Wien passiert? Ist § 113 StPO eingehalten worden?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Nein, ich gehe davon aus, dass nicht - -

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie gehen davon aus, dass es nicht eingehalten wurde?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja! Genau deswegen habe ich ja das Gespräch mit dem Direktor des Bundeskriminalamtes - -

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Also auch nicht gegenüber der Staatsanwaltschaft Wien? Nicht nur gegenüber der WKStA wurde § 113 nicht eingehalten, sondern auch gegenüber der Staatsanwaltschaft Wien nicht.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja, das wurde aber - - Für mich ist das Thema insofern abgehakt, als das mit dem Direktor des Bundeskriminalamtes besprochen wurde, und für das Verfahren selbst hat ja das null Einfluss. Im Verfahren interessiert ja nur, was auf dem Video drauf ist, und was wir da für unser Ermittlungsverfahren brauchen können. Nach meiner Information, dem Informationsstand, den ich jetzt habe, war es ja so, dass man da halt jede Menge Material, IT-Daten sichergestellt hat und zunächst nicht einmal wusste, was das genau ist. Ob das jetzt Fragmente des Rohmaterials sind, oder ob es das gesamte Video ist, oder ob das - - Also das war ja, glaube ich, zu Anfang, als das tatsächlich sichergestellt und in Gewahrsam der Kriminalpolizei gebracht wurde, noch gar nicht bekannt, was das alles ist. Und es macht keinen Sinn, eine Information dazu zu haben, dass ein Stick oder irgendeine Speicherkarte sichergestellt worden ist, auf dem halt irgendetwas drauf ist, was ausschaut wie ein Video. Wenn, dann will ich wissen, was auf dem Video drauf ist und was ich mit dem Video in meinem Ermittlungsverfahren anfangen kann.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gut.

Das Gespräch hatten Sie dann mit Herrn Lang?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Nein. Ja, mit dem Herrn Lang, Gerhard Lang, das ist allerdings schon nicht mehr Franz Lang, der ja, glaube ich, jetzt in Pension gegangen ist.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das Gespräch hat was ergeben?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Das Gespräch hat ergeben, dass sie das zur Kenntnis nehmen und in Zukunft versuchen werden, mit diesem Thema besser umzugehen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie mit Herrn Holzer gesprochen?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Herr Holzer wurde von Gerhard Lang mitgenommen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, er war bei dem Gespräch dabei?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wann hat dieses Gespräch stattgefunden?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Das war - - Das kann ich Ihnen jetzt auswendig auch nicht sagen, aber - - Es war im Juni. (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.)

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): War das vor oder nach seinem Besuch hier im Untersuchungsausschuss?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich glaube, es war der 16. Juni. Wir hatten das ursprünglich für den 15. Juni vereinbart, und am 16. - - Genau! Das war die Woche nach meinem Urlaub, als ich (erheitert) Hütten gestrichen habe. Entschuldigung!

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, sie haben Besserung gelobt; Herr Holzer auch!

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Was heißt Besserung gelobt? Ich habe sie darauf hingewiesen, dass das aus meiner Sicht ein nicht haltbarer Zustand ist, und sie haben das eingesehen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Dass Sie das so sehen oder dass es wirklich ein un- -

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Über das Gesetz brauche ich nicht groß zu debattieren, das - -

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das glaube ich auch!

Also sie haben eingesehen, dass das Gesetz, § 113, da anzuwenden ist und nicht § 110?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Der § 110 sagt über die Berichtspflichten gar nichts aus. Der § 113 sieht die Berichtspflicht vor, und dass der - - Also ich glaube, das war kein großes Thema, dass diese Bestimmung nicht eingehalten wurde. Zu dem Thema haben wir keinen Konflikt gehabt. Ich brauche nicht über die Gesetzeslage zu debattieren.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Kommt das öfters vor, dass § 113 in derartig wichtigen Fällen nicht eingehalten wird?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich kann Ihnen grundsätzlich sagen, dass die Einhaltung dieser Berichtspflicht nicht die oberste Priorität in unserer Verfahrensführung hat.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das war nicht meine Frage! Bitte, auf die Fragen zu antworten! Wir haben wirklich wenig Zeit, und ich würde Sie ersuchen, die Fragen konkret zu beantworten.

Die Frage ist: Wird § 113 in derart entscheidenden wichtigen Fällen öfter nicht eingehalten?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Schauen Sie, Herr Abgeordneter! Sie haben mich hier vorgeladen, damit ich Ihnen meine Wahrnehmungen zum Untersuchungsgegenstand sage. Ich bitte schon um die Gelegenheit, hier meine vollständigen Wahrnehmungen zu deponieren und nicht nur Bruchstücke, die unter Umständen zu falschen Interpretationen führen könnten.

Der § 113 ist sicher keine Frist, die man als Staatsanwalt überwacht. Ich bin mir sicher, dass das eine Frist ist, die nicht zum ersten Mal nicht eingehalten wurde, und insofern finde ich das Thema auch nicht besonders aufregend, weil das für die Ermittlungen selbst eigentlich null Relevanz hat.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Es hätte an und für sich am 4. Mai über den Fund oder über die Sicherstellung schriftlich berichtet werden müssen.

Was wäre denn mit diesem schriftlichen Bericht passiert? Hätte er dann nicht Ihnen vorgelegt werden müssen?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also ich kriege sicher nicht jeden Sicherstellungsbericht. Wahrscheinlich wird es im Ibizaverfahren Hunderte Sicherstellungen gegeben haben, also das ist nichts, was die OStA erreicht. Es macht für die OStA auch - -, es hat null Informationsmehrwert. Mich interessiert, was in den Ermittlungen weitergeht und wie wir unsere Eröffnungsbilanz des Anfangsverdachts abarbeiten. Das ist das, was mich hauptsächlich interessiert. Ob jetzt irgendein Beweisgegenstand sichergestellt wurde oder nicht, das zählt nicht zu meinen Hauptinteressen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich habe ja nicht gefragt, was Sie interessiert, sondern ob Ihnen das hätte vorgelegt werden müssen.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Nein.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gar nicht?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Nein.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ist Ihnen eine Berichterstattung über die Sicherstellung des Ibizavideos jetzt in der Zwischenzeit vorgelegt worden?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja sicher, weil wir dann nach der asymmetrischen Berichterstattung und der Aufregung, die in diesem Zusammenhang geherrscht hat, natürlich Klarheit haben wollten. In dem Zusammenhang wurden wir dann auch formell informiert. An sich wäre die Sicherstellung des Videos per se aber kein Gegenstand gewesen, der berichtspflichtig ist.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wissen Sie, wann der Bericht der Sonderkommission an die StA Wien, der schriftliche Bericht über die Sicherstellung des Ibizavideos, eingelangt ist?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich glaube, am 26. Mai.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das war der Tag vor der öffentlichen Kundmachung.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und das ist eher ungewöhnlich, oder jedenfalls wurde sich nicht ans Gesetz gehalten?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Noch einmal: Wir haben die Berichtspflicht in § 113 Abs. 2 jetzt, glaube ich, eingehend besprochen. Dass das zu spät war, ich glaube, darüber brauchen wir nicht zu debattieren. Für mich ist das aber kein Anlass für weitere Überlegungen, weil das Thema mit dem Direktor des Bundeskriminalamtes ausführlich besprochen wurde und ich mich eigentlich wieder mehr auf die Abarbeitung der Eröffnungsbilanz im Ibizaverfahren konzentrieren möchte. Das ist für mich ein absolutes Randthema.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: 30 Sekunden.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wann haben Sie vom Treffen von Pilnacek mit Pröll und Rothensteiner erfahren?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich glaube, irgendwann, als das in der Zeitung thematisiert wurde.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie ein Treffen mit Beschuldigten in dieser oder einer anderen Causa im Untersuchungszeitraum gehabt?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also in der Ibizacausa sicher nicht. Ob irgendjemand, der bei mir um einen Termin eingekommen ist, irgendwo Beschuldigter ist, kann ich Ihnen nicht sagen.

Grundsätzlich ist es aber schon so, dass zu meinen Aufgaben eben die Dienst- und Fachaufsicht im Strafverfahren gehört und dass ich nichts von einer Abschottung halte. Das heißt, es ist meine Pflicht, dass jemand, der sich über Organe, die meiner Aufsicht unterliegen, beschweren möchte, auch die Gelegenheit erhält, diese Beschwerde bei mir zu formulieren. Das löst halt dann einen entsprechenden Vorgang im Dienstaufsichtsweg aus. Das ist für mich an sich ein Teil meines Jobs.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wie oft kommt das im Monat vor, dass jemand zu Ihnen kommt, weil er sich als Beschuldigter beschweren will?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja, wir haben jetzt Coronazeit mit einem eingeschränkten Parteienverkehr gehabt, da war gar nichts, aber das kann schon sein, dass gelegentlich jemand vorbeikommt, sich einen Termin geben lässt und dann halt seine Unzufriedenheit mit dem Vorgehen einer Staatsanwaltschaft bei mir deponiert, und ich sehe es als meine Pflicht, diese Personen anzuhören und die entsprechenden Maßnahmen, die sich aus dem Vorbringen ergeben, dann auch zu veranlassen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wie oft kommt das in Nichtcoronazeiten vor: einmal in der Woche, einmal im Monat, einmal im Jahr?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Es ist nicht meine Dauerbeschäftigung, Beschwerdemanagement zu betreiben, aber hin und wieder, also gelegentlich.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, einmal im Jahr?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich weiß nicht, wie Ihre Definition von gelegentlich ist. Einmal im Jahr - -

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Deshalb würde ich gerne Ihre Definition verstehen. Deswegen gebe ich Ihnen drei Möglichkeiten: gelegentlich – einmal in der Woche, einmal im Monat, einmal im Jahr?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja, keine von den drei Varianten. Wenn jemand anruft, kriegt er einen Termin. Das kann manchmal dreimal hintereinander, drei Wochen hintereinander sein, und dann ist ein Jahr lang nichts, also das hat keine Regelmäßigkeit.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Danke sehr. Die Redezeit der ersten Runde ist vorbei.

Wir kommen zur Fraktion der FPÖ. Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Fürst. – Bitte.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Herr Oberstaatsanwalt, Sie sind ja in die verschiedensten Themen dieses UsA hier und in die dazugehörigen Ermittlungen involviert. Man sieht ja auch aus den Akten, dass Sie da an verschiedenen Stellen in die laufenden Verfahren eingegriffen haben beziehungsweise Ihre Meinung dazu geäußert haben. Sie haben dadurch dann auch den Ermittlungen wohl so manche Richtung vorgegeben oder einen gewissen Drall – ob das jetzt bei den Themen Schreddern, Datenauswertung der Handys von Strache und Gudenus oder beim Auffinden des Videos war.

Ich komme jetzt aber auf Ihr Eingangsstatement und auf die Veröffentlichung des Ibizavideos am 17. Mai zurück. Sie haben beschrieben, dass Sie dann ein Wochenende opfern mussten oder geopfert haben, um sich das Video anzusehen und eventuell gleich die Vorwürfe in Sachen Korruption zu prüfen. (Auskunftsperson Fuchs: Mhm!) Sie haben dann die WKStA angewiesen, hinsichtlich des Videos zu ermitteln beziehungsweise draufzubleiben, weil es ja bei den 6 bis 7 Minuten nicht bleiben wird, wenn ich das richtig verstanden habe. Sie haben aber mitgeteilt, dass es Ihrer Ansicht nach gemäß § 306 StGB, also Korruptionsermittlung, keinen Anfangsverdacht gab. Ist das richtig?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Nur aus dem veröffentlichten Material ist ein Anfangsverdacht nicht ableitbar. Das war die Botschaft vom 18. Mai an die WKStA.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Das haben Sie so deponiert. Nun wäre meine Frage: Es gab ja dann Monate später Hausdurchsuchungen bei Ex-Vizekanzler Strache und Klubobmann Gudenus – ein sehr umfassender Grundrechtseingriff, wie Sie ja auch zuerst besprochen haben, auch mit Beschlagnahme der Handys der beiden. Mehr als die 6 bis 7 Minuten sind ja bisher auch nicht veröffentlicht, das heißt, eigentlich würde da kein Anfangsverdacht vorliegen, und gestützt hat sich das Ganze nur auf eine anonyme Anzeige mit wüsten Beschuldigungen hinsichtlich Postenschacher und Gesetzeskauf.

Wie beurteilen Sie das? Was ist da Ihre Wahrnehmung zu dieser Anordnung der Hausdurchsuchungen bei den beiden?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Meine Wahrnehmungen sind: Ein Ermittlungsverfahren ist ein dynamischer Prozess. Das beginnt einmal mit irgendetwas, wenn man sich überlegt, ob ein Anfangsverdacht da ist oder nicht, und entwickelt sich dann ja weiter. Bereits in den kommenden Tagen hat man versucht, bereits anhängige Verfahren der WKStA in die Richtung abzuklopfen, ob die eigentlich die Verfahren sein könnten, die da in dem Video Erwähnung finden. Auf die Art und Weise ist man dann schon im Ermittlungsstand weitergekommen und hat letztendlich aus der weiteren Ermittlungstätigkeit der Soko eben bestimmte Verdachtsmomente – ich meine, Casag ist eine dieser Geschichten – herausgefiltert.

Das heißt, die Verdachtslage hat sich ja in Richtung eines Anfangsverdachts weiterentwickelt, schon, glaube ich, in der folgenden Woche, und dann wurde eben das Ermittlungsverfahren - - Wir haben keine formelle Eröffnung des Ermittlungsverfahrens, sondern eine materielle, das heißt, wenn man sagt, der Anfangsverdacht ist da und man unternimmt Beweisaufnahmen nach der StPO, ist damit das Ermittlungsverfahren eröffnet. Das hat tatsächlich auch in den Wochen nach dem 17. Mai stattgefunden und hat sich dann soweit zu einem Verdacht entwickelt, der auch diese Durchsuchungen gerechtfertigt hat.

Der 12.8. ist für mich an sich überhaupt ein Anlass, um auch das Gewicht und den Wert der Fachaufsicht im Ermittlungsverfahren hervorzustreichen. Es war ja so. Das war eine konzertierte Aktion mit mehreren Durchsuchungen an einem Tag, die natürlich aus kriminaltaktischen Gründen zur gleichen Zeit stattfinden sollten. Es wurden diese Beweisaufnahmen bereits im Juli dem Gericht zur Bewilligung geschickt, die wurden auch alle gerichtlich bewilligt, und man hat dann aufseiten der WKStA beschlossen, dass man zwei oder drei Durchsuchungen, obwohl diese bereits bewilligt waren, zunächst in dieser ersten Welle nicht durchführen möchte. Das waren zum Beispiel die Durchsuchungen bei Sidlo am Privatwohnsitz und auch die Durchsuchung in der Wohnung von Strache.

Für mich war das letztendlich nicht erklärlich: Warum vollzieht man nur einen Teil der bewilligten Durchsuchungen und einen Teil nicht? Es ist auch kriminaltaktisch nicht wirklich zielführend, weil man ja dann, wenn man sagt: Na gut, machen wir zuerst die eine Durchsuchung und dann die nächste einen Monat später!, auch Beweisverlust befürchten muss.

Wir haben dann letztendlich im Dialog mit der Leitung der WKStA zum Ausdruck gebracht, dass man, wenn man so vorgeht, dass man bestimmte bewilligte Durchsuchungen tatsächlich nicht in dieser ersten Welle durchführen möchte, dann aber schon sehr gut begründen muss, was sich jetzt gegenüber dem Zeitpunkt der Antragstellung und der Beschlussfassung geändert hat. Dann ist man tatsächlich in einer Phase des Nachdenkens zum Ergebnis gekommen, eigentlich nichts, und hat dann beschlossen, auch die Durchsuchung bei Strache und in der Wohnung von Sidlo durchzuführen.

Kurz gesagt, ohne unsere Rückfrage oder ohne die Tätigkeit der OStA würden Sie wahrscheinlich heute gar nicht darüber debattieren können, ob Sie Daten aus dem Handy von Strache oder Beweisgegenstände aus der Wohnung von Sidlo kriegen.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Und gab es jetzt nach Ihrer Wahrnehmung unterschiedliche Auffassungen innerhalb der StAs, ob diese Hausdurchsuchungen und diese Beschlagnahmungen gerechtfertigt sind?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja, also seitens der WKStA - - Es war die Bewilligung dieser Maßnahmen beantragt. Sie waren vom Gericht bewilligt. Und dann war halt seitens der WKStA das Thema, dass man manche Sachen nicht gleich durchführen möchte. Das war aber für uns nicht schlüssig, warum man hier eben mit bestimmten Durchsuchungen noch zuwarten möchte und andere gleich macht.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Nein, aber ich möchte noch einmal darauf zurückkommen: Für Sie, Ihrer Einschätzung nach, gab es wirklich genug konkrete Anhaltspunkte (Auskunftsperson Fuchs: Ja!) für das Vorliegen dieses Verdachts, obwohl die WKStA das ja eigentlich nur mit den Aussagen begründet hat, die am Video getroffen worden sind (Auskunftsperson Fuchs: Ja, aber - -!), und Sie gesagt haben, aber da ist kein Anfangsverdacht enthalten.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Schon, aber das ist ja ein dynamischer Prozess. Es hat sich halt viel geändert zwischen dem 17. Mai und dem 12. August.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Aber die WKStA hat es damit begründet, dass H.‑C. Strache das sozusagen auf Ibiza vor laufender Kamera gesagt hat. Und daran hat sich nichts geändert? – Das ist meine Frage, weil Sie gesagt haben, da ist kein Anfangsverdacht enthalten.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Zum Video nicht, da ist ja nicht mehr zustande gekommen, aber es hat halt sonstige Beweisergebnisse gegeben, die die Verdachtslage in dem erforderlichen Ausmaß verdichtet haben. Das hat ja nicht nur die OStA so gesehen, sondern diese Durchsuchungen hat ja immerhin ein Gericht bewilligt.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Und gab es in der Staatsanwaltschaft Wien, nach Ihrer Wahrnehmung, andere Meinungen dazu, dass diese tiefen Eingriffe in die Privatsphäre und so weiter gerechtfertigt waren? Wissen Sie davon?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Grundsätzlich ist ja eine Durchsuchung immer ein Eingriff in die Privatsphäre. Das war das, was ich eingangs versucht habe, zu erklären: Wir befinden uns in der Begegnungszone zwischen Aufklärungsinteressen des Staates und dem Interesse auf eine konsequente Strafdurchsetzung einerseits und Persönlichkeitsrechten und Grundrechten andererseits.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Danke, klar. Also Sie haben keine Wahrnehmungen dazu, dass es in der Staatsanwaltschaft Wien zum Beispiel andere Meinungen gab, also dass jemand gesagt hat, das ist nicht gerechtfertigt?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Die StA Wien war mit diesen Durchsuchungen ja gar nicht befasst.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Gab es keine Diskussionen nach Ihrer Wahrnehmung?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Na, aber das war ja ein Akt oder ein Verfahren der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Ja, ich weiß; ja, gut. Herr Gudenus hat uns hier im U‑Ausschuss erzählt, dass da sehr umfangreich beschlagnahmt wurde, zum Beispiel auch ein Laptop seiner Frau. Sind wir da nicht erst ein bisschen unterwegs sozusagen auf der Suche nach Beweismitteln, die eigentlich schon da sein sollten? Wie beurteilen Sie das? Haben Sie sich damit befasst, mit dem Umfang der beschlagnahmten Dinge?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also wie gesagt, meine Intention ist, dass Ermittlungen zielgerichtet zur Abarbeitung der Eröffnungsbilanz, die sich aus dem Anfangsverdacht ergibt, führen müssen, und ich gehe davon aus, dass sich dieser Grundsatz quer durch alle Ermittlungsorgane zieht. Natürlich habe ich jetzt - - Ich schaue nicht jeden Datenträger an, der sichergestellt wird, und ich überprüfe nicht, ob da jetzt ein Computer zu viel oder zu wenig mitgenommen wurde, das kann ich aus meiner Position auch gar nicht machen, aber es sind ja alle, die hier am Werken sind, Profis und ich gehe davon aus, dass die die wesentlichen Verfahrensgrundsätze wahrnehmen.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Gut.

Ich komme damit zur Schredderaffäre zurück, denn das ist schon eine große Sache, wenn ein Mitarbeiter von Bundeskanzler Kurz ganz kurz nach der Veröffentlichung des Ibizavideos unter falschem Namen zu einem Schredderunternehmen marschiert, Datenträger dreimal schreddern lässt und dann auch noch den Staub mitnimmt. Darum müssen Sie schon verstehen, dass wir da so darauf herumreiten.

Meine Frage dazu wäre, weil Sie gesagt haben, das war alles korrekt, und eigentlich war keine Zuständigkeit der WKStA gegeben, das musste ja abgetreten werden: Erstens möchte ich Ihnen das Dokument 35624 vorlegen. Das ist ein Amtsvermerk des Bundeskriminalamts über die freiwillige Nachschau bei Arno M., also dem Schredderer.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Mhm. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorlegten Schriftstück.) Ja. Alles oder nur - -

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Ich weiß nicht, ob Sie da den Inhalt kennen oder inwieweit Sie sich - -

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Können Sie mir ungefähr sagen, was ich lesen soll? Dann sind wir schneller.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Inwieweit Sie sich mit dem Ablauf der Ermittlungen beziehungsweise der Befragung von Arno M. durch Niko Reith, dem Mitglied der Soko Tape, befasst haben. Interessant ist vor allen Dingen Folgendes: Es war eine freiwillige Nachschau. (Auskunftsperson Fuchs: Mhm!)

Im zweiten Absatz auf Seite 2 ist die Rede davon, dass Herr Melicharek dann freiwillig angibt, dass er an seiner Arbeitsplatzadresse, 1010 Wien, Lichtenfelsgasse, auch noch einen Laptop hat (Auskunftsperson Fuchs: Ja!), und dass Herr Niko Reith dann aber darauf verzichtet hat, sich mit diesem Laptop zu befassen, den Herr Arno M. freiwillig herausgegeben hätte, weil er hier meint, das hätten einige Mitarbeiter der ÖVP mitbekommen und das wäre dann sowieso wenig erfolgversprechend, dass man den Laptop überhaupt noch finden würde. Das heißt, er vermutet eigentlich, dass das Beweismittel sozusagen gleich unterdrückt worden wäre. – Das ist eines.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Aber was ist jetzt die Frage?

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Die Frage ist: Sie sagen, die Soko Tape war professionell zusammengesetzt. (Auskunftsperson Fuchs: Mhm!) Sie haben darauf vertraut, dass Niko Reith auch ein sehr professioneller Beamter war.

Ich meine, spricht der Inhalt dieses Aktenvermerks für Sie für vorbildliche Ermittlungen? Also jetzt schon einmal das mit diesem Laptop: Der hätte den freiwillig zur Verfügung gestellt. Da wird aber nicht nachgeschaut und gleich die Vermutung geäußert, dass der eh schon verschwunden wäre, bis man dort hinkommen würde.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Das war halt eine Einschätzung des Kriminalbeamten vor Ort, der aber auch im Kontakt mit der zuständigen Oberstaatsanwältin gestanden ist. Was ihn da bewogen hat, weiß ich nicht, ich war ja nicht dabei, allerdings muss man auch dazusagen: Es ging in diesem Verfahren um einen Bestellbetrug bei der Firma Reisswolf mit einem Volumen von knapp unter 100 Euro, und es ging um den Vorwurf, dass hier Datenträger vernichtet worden sein könnten. Ich kann jetzt irgendwie den Mehrwert der Sicherstellung von Datenträgern von Melicharek für diese Beweisthemen nicht erkennen.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Na ja, also der Tatverdacht einer der - -

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Die Fragezeit ist leider schon mehr als erschöpft. Kurze Abschlussfrage.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Die eine noch.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Ja.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Der Tatverdacht: Da war schon drauf, dass er da überlassene Daten, über die er nicht alleine verfügen durfte, unbrauchbar gemacht hat.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Ja, und das kurz nach dem Ibizavideo, also daher hat ja die WKStA begonnen, zu ermitteln.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Kurz, schauen Sie - -

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Und man kann ja den Zusammenhang zum Ibizavideo nie feststellen, wenn man nicht fragt und nicht am Handy nachschaut.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Nein, aber es war ja in der Zeit nicht nur Ibiza, sondern es war in der Zeit eben die Auflösung einer gesamten Regierung. Also das heißt, es hat - - Das waren, glaube ich, schon politische Turbulenzen, die wir nicht jeden Tag in dieser Republik haben, und das ist auch gut so.

Dass in diesem Zusammenhang Auffälligkeiten im Zusammenhang mit Datenträgern aus dem Bundeskanzleramt passiert sind, das schon, aber wo ist der Anhaltspunkt, dass das im Zusammenhang mit Ibiza steht? Ich glaube, mit der Sicherstellung von Datenträgern von Melicharek wäre im Prinzip null Mehrwert zur Aufklärung des Betrugsverdachts und des Verdachts, dass hier Daten unwiederbringlich durch die Firma Reisswolf beschädigt worden sind, erwartbar gewesen.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Ja. Entschuldigung, auf Seite - -

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Ganz eine wichtige - -

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Ganz kurz! Auf Seite 3 steht, er hat gesagt, er hat einen falschen Namen verwendet, um keine Rückschlüsse auf das Kabinett Blümel oder die Regierung Kurz zuzulassen. – Und dem geht man nicht nach?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich weiß nicht, in welcher strafrechtlichen Kategorie Sie das jetzt sehen. Nennen Sie mir bitte ein Delikt, das sich aus dieser Passage ergeben könnte, im Sinne eines Anfangsverdachts!

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Also ich war jetzt sehr großzügig mit der Befragungszeit. Frau Abgeordnete Krisper, zur Geschäftsordnung?

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Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS) (zur Geschäftsbehandlung): Zur Geschäftsordnung: Wir haben hinter den Kulissen versucht, eine Lösung zu finden, weil die Staatsanwältin Jilek ja morgen keine Zeit hat und extra aus Graz angereist ist. Wir – SPÖ, NEOS und Grüne – wären bereit gewesen, dass wir jetzt in der zweiten Fragerunde stoppen und die Staatsanwältin befragen. Ich nehme aber wahr, dass ÖVP und FPÖ nicht wollen. Ist das richtig?

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Frau Abgeordnete Krisper, Sie haben jetzt ein bisschen meine Arbeit übernommen, herzlichen Dank dafür, das ist wirklich - - (Abg. Krisper: ... keine Einigung, und Sie übernehmen! – Heiterkeit des Vorsitzender-Stellvertreters Hanger.)

Wir haben jetzt 17 Uhr plus Mittagspause – wie ich angekündigt habe – groß bemessen. Ich glaube, wir sind wirklich vor der Fragestellung, wie wir mit der dritten Auskunftsperson umgehen. Frau Mag. Jilek ist mittlerweile im Haus, wir haben auf Anregung probiert, den Termin auf morgen zu verlegen, das konnte mit Frau Mag. Jilek leider nicht akkordiert werden. Das heißt, wir sind in der Fragestellung, wie wir mit der dritten Auskunftsperson umgehen. Ich glaube, das Prozedere ist bei diesen Themen sehr klar. Ich ersuche, auch wenn Sie es schon ein bisschen vorweggenommen haben, noch einmal um eine kurze Stellungnahme aller Fraktionen. Wir brauchen Einvernehmen – wenn wir kein Einvernehmen haben, können wir leider die dritte Auskunftsperson nicht mehr befragen. Ich ersuche alle Fraktionen um eine kurze Stellungnahme. – Bitte, Herr Abgeordneter Hafenecker.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich möchte natürlich nicht kommentarlos stehenlassen, dass wir dagegen sind. Das hat natürlich einen Grund: Es gibt nun einmal einen Ausschuss, der geplant ist, und es gibt Auskunftspersonen, die man befragt, und ich glaube, es wäre im Hinblick auf die Fraktionen, die noch einige Fragen für heute vorbereitet haben, und auch im Hinblick auf den Herrn Oberstaatsanwalt echt unhöflich, ihn jetzt wegzuschicken und zu sagen: Wir haben jetzt eine andere Auskunftsperson da.

Eines möchte ich noch sagen: Wir haben gewusst, dass es sich abzeichnet, dass die drei Personen – vor allem, wenn es Hauptpersonen sind – in dem Ausschuss bis jetzt noch nie durchgegangen sind, und das hätte man vielleicht auch in die Planung miteinbeziehen sollen. Uns aber jetzt den Schwarzen Peter umzuhängen, weil wir – nicht einbezogen in die Planung – am Plan festhalten – das möchte ich nur gleich einmal vorab sagen –, werden wir uns nicht gefallen lassen. (Ruf bei den Grünen: Die Frage war nur, ob wir eine dritte Auskunftsperson vernehmen sollen!)

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Bitte keine bilateralen Diskussionen, jeder Abgeordnete hat die Möglichkeit. Gibt es weitere Wortmeldungen? Ich meine, es ist ohnehin klar, dass es kein Einvernehmen gibt. Wenn es keine - - (Abg. Krainer: Doch, Gerstl hat sich zu Wort gemeldet!) – Du nimmst mir schon wieder meine Arbeit ab. (Abg. Krainer: Ich sehe es von hier!) – Herr Abgeordneter Gerstl, haben Sie sich tatsächlich zu Wort gemeldet? – Bitte sehr.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Nur zur Erklärung: Ein Argument kam öfter von der Opposition und auch von den Grünen: Ich möchte mir meinen Befragungsfluss nicht unterbrechen lassen. – Mit welcher Begründung wäre es jetzt sozusagen gerechtfertigter, Herrn Oberstaatsanwalt Fuchs nach Hause zu schicken und ihn nochmals zu laden, als die Frau Oberstaatsanwältin Jilek nach Hause zu schicken? Ich sehe nicht, was da der Unterschied wäre. Für beide Personen ist es unangenehm, und ich würde sagen: Ziehen wir einfach die Befragung durch! Es wäre im Sinne aller – wie die Opposition sagt –, den Befragungsfluss aufrechtzuerhalten und durchzuziehen.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Ich möchte nur die Anregung von Herrn Abgeordneten Hafenecker aufgreifen, weil ich durchaus auch der Meinung bin, dass drei Auskunftspersonen pro Tag – das hat die Historie gezeigt – nicht ganz einfach sind. Ich würde also auch anregen, das in den zukünftigen Planungen zu berücksichtigen. – Frau Abgeordnete Krisper, bitte.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS) (zur Geschäftsbehandlung): Es ist nun einmal so, dass wir uns auf drei Auskunftspersonen pro Tag geeinigt haben, aber auch auf das Fallbeil 17 Uhr, wobei ich denke, man sollte eher auch dieses Fallbeil hinterfragen. Da sind wir in Verhandlungen, wir wären dafür bereit. Ich bin gespannt auf die Fragen, auf die ja noch alle aufseiten der Regierungsparteien brennen – oder vielmehr bei ÖVP und FPÖ. Wir haben keine mehr, aber wir respektieren das natürlich und werden die Frau Staatsanwältin noch einmal laden. – Vielen Dank.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Krainer.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Es gibt ja verschiedene Wege, wie wir drei Auskunftspersonen befragen können. Erstens zeigt die Historie, dass man auch fünf an einem Tag befragen kann – nicht die Gegenwart, aber die Historie. (Heiterkeit des Vorsitzender-Stellvertreters Hanger.) Die andere Variante ist, dass wir einfach später anfangen, also dass wir nicht sagen: Jetzt ist es 17.30 Uhr und jetzt muss es sein!, sondern dass auch 18 Uhr oder 18.30 Uhr geht. Wir sind für alles offen – also für beide Varianten – und waren auch bereit, auf die zweite, dritte, vierte Fragerunde zu verzichten. (Zwischenruf des Abg. Martin Graf.) Ich persönlich glaube ja, dass die Trauer bei Oberstaatsanwalt Fuchs relativ gering gewesen wäre, wenn die Befragung jetzt schon vorbei gewesen wäre.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Ihre Stellungnahme ist meiner Meinung nach jetzt schon wieder Historie, nicht Gegenwart – nur um das vielleicht auch anzumerken.

Ich glaube, es gibt eine sehr klare Linie: Wir brauchen in dieser Frage Einvernehmen, das heißt, die dritte Auskunftsperson – das darf ich festhalten – wird heute nicht mehr befragt. Ich möchte auch anmerken: Es ist für die Auskunftsperson wirklich nicht angenehm, anzureisen und - - Ich finde, man sollte zwischen den Fraktionen einmal intensiv diskutieren, wie man da eine gute Vorgangsweise finden kann.

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Wir kommen somit in die zweite Befragungsrunde. Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Stögmüller von den Grünen. – Bitte.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Vielleicht nur ganz kurz anschließend an die Vorfragende Frau Fürst: Kennen Sie Herrn Mag. Stefan Steiner, kennen Sie ihn persönlich? Wissen Sie, wie er ausschaut?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Nein.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Das war aber ein Grund dafür, dass der Beamte St 1 – das ist in dem Fall Niko Reith – zum Arbeitsplatz gegangen ist und Stefan Steiner und weitere vermeintliche Mitarbeiter der ÖVP wahrgenommen hat. Stefan Steiner ist namentlich genannt. Das heißt, Niko Reith kennt Stefan Steiner. Ich kenne ihn nicht persönlich, würde ihn nicht erkennen, obwohl ich in der Koalition bin. Ich würde mich wundern - - Wenn ein Beamter von außen schon sagt, er kennt Stefan Steiner und braucht dann gar nicht mehr zu ermitteln, weil es ja wahrscheinlich ohnehin wenig erfolgversprechend ist, ist es nicht sehr überraschend für Sie, dass eine Befangenheit vorliegt?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Was ist die Frage?

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Ist es normal, dass ein Beamter Stefan Steiner von der ÖVP erkennt?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also ich kenne überhaupt keinen Stefan Steiner, obwohl es wahrscheinlich viele gibt, die diesen Namen haben, aber ich kann keine Aussage oder keinen Schluss aus diesem Zusammenhang ableiten.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Okay, ich nehme das so mit. Mich wundert es schon, wenn ein Beamter einen Funktionär namentlich kennt und dann sagt: Okay, der hat mich ohnehin schon gesehen, jetzt lasse ich es.

Ein Punkt: Sie haben vorhin das Kooperationsvertrauen zwischen den Staatsanwaltschaften erwähnt. Das war ein Punkt, zu dem Sie auch gesagt haben: Das hat immer wieder geholfen. – Wenn man da so einen Verdacht einfach hegt, dass in der Soko eine Anscheinsbefangenheit ist, dass es zu politischem Einfluss kommen könnte: Warum wurde eigentlich das BAK, das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung, nicht involviert?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Dazu habe ich keine Wahrnehmungen.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Das ist nicht üblich.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Nein.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Bei dieser Dienstbesprechung mit Herrn Jabloner am 19.8. um 8.30 Uhr – Sie können sich ja noch erinnern – gab es ja Argumente von der WKStA, dass Sie Anfangsbescheinigung einberufen haben – und was mich doch sehr verwundert, ist, dass diese bei der Besprechung ins Tagebuch schreiben, dass Ihre Argumente, die für eine Befangenheit sprechen, im Protokoll sehr verkürzt wiedergegeben sind. Haben Sie eine Erklärung, warum das so ist?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also ich kenne weder die Tagebucheintragung, noch habe ich mit der Protokollführung etwas zu tun gehabt. Ich kann nur sagen, ich glaube, auf dem Gebiet – der Frage der Befangenheit und generell verwaltungsrechtliche Fragen – werden Sie in Österreich kaum einen besseren oder qualifizierteren Experten finden als den ehemaligen Vizekanzler, der sich mit dieser Frage eingehend auseinandergesetzt hat. Ich bin zwar LOStA, aber in diesen Fragen würde ich mich nicht trauen, die Autorität des damaligen Vizekanzlers infrage zu stellen. Er hat sich sehr klar geäußert, für mich war das vollkommen nachvollziehbar, und für mich wäre es eigentlich ein Anlass gewesen, dass wir uns wieder auf die Hauptaufgabe – nämlich auf die zügige Fortführung des Ermittlungsverfahrens – konzentrieren.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Es ist aber nicht so gewesen, sondern es gab dann eine Aussage von Jabloner: Dann mache ich das mit der Befangenheit auch mit Weisung. – Kann man überhaupt eine Rechtsansicht anderer mittels Weisung de facto aufzwingen? Geht das?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Es wird uns Staatsanwälten ja oft vorgeworfen, dass wir weisungsgebundene Entscheidungsorgane sind. Natürlich geht es, dass man diese Weisung - - Das war zwar keine Weisung zur Sachbehandlung nach § 29 Abs. 1 StAG, sondern eine allgemeine Weisung nach BDG. Er hat uns ja eine Rechtsansicht überbunden und gesagt: Aus meiner Sicht ist diese Konstellation zu bewerten. – Das gilt ja nicht nur für dieses einzelne Verfahren, sondern generell. Aus meiner Sicht hat es überhaupt keinen Grund gegeben, den Inhalt, aber auch die Form dieser Weisung infrage zu stellen.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Es ist aber schon ein ungewöhnliches Konstrukt, wenn der Justizminister eine Weisung erlässt, indem er sozusagen die Soko Tape als unbefangen beschreibt.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also ich persönlich hätte diese Weisung nicht gebraucht, mich hätte auch seine Argumentation im Zuge dieser Dienstbesprechung schon überzeugt. Tatsächlich war die Überzeugung einzelner Organe der WKStA eine andere, und sie haben gesagt, sie hätten das gerne auch schriftlich. Und ja, das war ihr gutes Recht.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Dann haben Sie gemeint, diese Weisung sollte eigentlich nicht in den Akt. Ist das korrekt?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Na ja, das war nicht meine Meinung, das ist nicht meine Privatmeinung, sondern das ist die Rechtslage. Es sind in den Ermittlungsakt ja nur Weisungen zur Sachbehandlung nach § 29 Abs. 1 StAG zu nehmen, andere nicht, und wir haben diese überbundene Rechtsansicht mit Erlass vom Ministerium bekommen – ich glaube, es war dann der 20. August –, wo klargestellt wird – auch entsprechend meiner Überzeugung –, dass es sich eben um keine Weisung zur Sachbehandlung nach § 29 Abs. 1 StAG handelt und dass diese nicht zum Ermittlungsakt zu nehmen sein wird.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Dann haben Sie diese mehrseitige Legal Opinion erstellt, damit diese Weisung eigentlich nicht in den Akt müsste, oder?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Wir haben das mit Erlass weitergeschickt und im Prinzip unsere und die Rechtsauffassung des Ministeriums auch an die WKStA weiterkommuniziert, dass das keine Weisung nach § 29 Abs. 1 StAG, sondern eine Weisung nach BDG ist und daher nicht zum Ermittlungsakt zu nehmen ist. Das ist aber nicht irgendetwas abenteuerlich Überraschendes, sondern die Rechtslage.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Wenn diese Weisungen aber nicht zum Akt kommen, hätten wir im Untersuchungsausschuss von diesem Akt, von dieser Weisung nie etwas erfahren. Ist das korrekt?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Der Punkt ist: Wir führen ja unsere Verfahren nicht primär darauf ausgerichtet, was man einem Untersuchungsausschuss vorlegt, sondern wir führen unsere Ermittlungsakten, um strafbare Handlungen aufzuklären. Für mich ist das eine formelle Frage, die eigentlich nur vom Wesentlichen ablenkt, und das Wesentliche ist die Aufklärung der strafbaren Handlungen, die untersucht werden sollen.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Gut, dann beantworte es ich: Nein, wir hätten zu dieser Weisung keine Information bekommen. – Das ist korrekt.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja, aber das steht auch nicht im Fokus einer Staatsanwaltschaft.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): War die Weisung eine Weisung zur Sachbehandlung?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Nein.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Nein.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Das habe ich aber, glaube ich, ohnehin schon gesagt.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Aus Ihrer Sicht nein.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Entschuldigung, nicht nur aus meiner Sicht, sondern aus der Sicht des Herrn Vizekanzlers. Das ist schon - - Da geht es im Prinzip auch um Respekt und Anerkennung der Hierarchie, in der wir uns bewegen. Es ist ja nicht so, dass wir Staatsanwälte und Staatsanwältinnen nach eigener Willkür unser Amt ausführen können, sondern wir sind Teil einer Organisation und haben uns nach den Gesetzmäßigkeiten und der Hierarchie dieser Organisation auszurichten.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): In einem Mailverkehr mit Herrn Pilnacek schreiben Sie, der WKStA gehe es vor allem um die „Verteidigung der Komfortzone möglichst ohne Einflussmöglichkeit der Dienst- und Fachaufsicht“. Sie fordern eine „Reaktion auf die Grenzüberschreitung der Behörde“, es bedürfe „gemeinsamer Strategien“, um dieses „sich ständig aufbauende Problem nachhaltig zu lösen“. Dazu lege ich einen „Standard“-Artikel vor.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich bin nur nicht sicher, ob das Untersuchungsgegenstand ist, weil das ja ein anderes Verfahren betrifft.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Herr Abgeordneter Stögmüller, ist es okay, wenn wir das in der nächsten Runde machen? Eigentlich ist die Redezeit in dieser Runde schon vorbei. Ich nehme aber an, da wird es Nachfragen geben.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Gut, dann gebe ich jetzt weiter und nehme es in die nächste Fragerunde mit.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Dann nehmen wir es in die nächste Fragerunde mit.

Wir kommen damit zur Fraktion der NEOS – Frau Abgeordnete Krisper.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Oberstaatsanwalt, nur weil Sie auch gemeint haben, dass der Bericht der WKStA über die mögliche Befangenheit von Herrn Pilnacek es bald zur Ministerin geschafft hätte: Der Bericht 33 ist vom 24. April, auf den haben Sie in einem Schreiben vom 7. Mai reagiert, also ein paar Wochen später. Das liegt Ihnen vor.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja, schon, aber weitergeschickt wurde es von uns, glaube ich am ‑ ‑ Der Bericht ist, glaube ich, am 27. Mai gekommen, und wir haben das, glaube ich, am 30. Mai dem Ministerium vorgelegt.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich bin jetzt aber beim 33er vom 24. April.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja, wir haben das nach kurzer Bearbeitungszeit ins Ministerium weitergeschickt.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das heißt, noch im April ist es im Ministerium eingelangt? Alma Zadić hat hier gesagt: erst am 18. Mai.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: 18. Mai – das ist mit Sicherheit unrichtig. Ich weiß nicht viel auswendig, aber das kann ich mit ausschließen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich lege Ihnen ihre Befragung vor.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Moment. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Da frage ich sie nämlich zum Bericht 33 auf den Seiten 8, 9 und 10, und auf Seite 11 sagte sie: „Dann werde ich mich [...] fügen und [...] antworten. Ich habe diesen Bericht [...] auch vorgelegt bekommen. Er ist uns, also im Kabinett, von der Strafrechtssektion am 18.5. [...]“.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja, gut, zum Informationsfluss im Ministerium habe ich ja keine Wahrnehmungen. Wir haben den Bericht an die für uns zuständige Fachaufsichtsabteilung, die Abteilung IV 5, weitergeleitet, und ich bin mir sicher, dass das noch - - Also das waren zwei, drei Tage Bearbeitungszeit bei uns, und dann ist das weitergegangen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie haben sich aber am 7. Mai sehr kritisch zum Bericht geäußert und ihn dennoch weitergeschickt gehabt.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja, das ist ja wurscht. Nicht alles was ich weiterschicke, gefällt mir auch. Es ist ja auch nicht meine Aufgabe, dass ich nur Berichte weiterschicke, mit denen ich hundertprozentig einverstanden bin. Ein Bericht hat ja den Sinn, zu informieren. Wenn die Information für das Ministerium vorgesehen war – wir waren halt die Zwischenstelle –, leite ich natürlich auch diese Information, die ich nicht zu 100 Prozent teile, weiter.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Warum aber schreibt dann die WKStA im Bericht 38 vom 13. Mai nach Ihrem kritischen Schreiben auf Seite 5, Punkt 9: Es „wird nunmehr ausdrücklich und im Hinblick auf die seit dem Bericht vom 24. April [...]“ – also dem ersten Bericht – „verstrichene Zeit dringend gebeten, der zuständigen Bundesministerin für Justiz den Bericht [...] 33 samt Beilagen sowie den gegenständlichen Bericht ehestmöglich vorzulegen.“ – Hat die WKStA nicht die Wahrnehmung gehabt, dass der 33er schon vorgelegt wurde?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Gut, man muss schon sagen: Es entspricht eigentlich nicht unserem Informationsweg, dass wir die Staatsanwaltschaft darüber informieren, was wir ins Ministerium weitergeschickt haben. Auf jeden Fall ist die Aussage von Kollegen Purkart, dass wir das der Ministerin oder dem Ministerium vorenthalten hätten, falsch.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Im Endeffekt hat es die Ministerin erst am 18. Mai erreicht.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja, das ist schon möglich, nur - -

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Inhaltlich haben Sie ja die Ausführungen der WKStA nicht geteilt – wenn ich jetzt zu Ihrem Dokument vom 7. Mai kommen darf. (Auskunftsperson Fuchs: Ja!) Würden Sie bitte ausführen, was Sie da juristisch argumentieren? (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also ich glaube erstens einmal, dass das Thema Befangenheit kein Teil des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens ist. Das heißt, ich darf Beweisergebnisse, die wir haben, nicht auf mögliche Befangenheiten von Entscheidungsorganen in der gesamten Kette durchsuchen – das ist der erste Punkt. Der zweite Punkt ist, dass mich aber auch der Inhalt - - Das war ja ein sehr umfassendes Konvolut an Unterlagen, ich habe mir das sehr genau durchgelesen, und ich habe aus dem Konvolut überhaupt keine Anhaltspunkte für eine Befangenheit von irgendjemandem gesehen. Es finden sich darin zwei SMS – eines, wo ein Generalsekretär dem anderen zu irgendeinem Fernsehauftritt gratuliert und der Dank des Generalsekretärs retourkommt, und das zweite ist: Da schreiben sich irgendwelche Leute, die aber gar nicht der Generalsekretär sind, wer mit wem auf irgendein Festl geht – und das war es. Daraus eine Befangenheit abzuleiten kommt mir schon relativ kühn vor. Das habe ich auch so formuliert, und ich stehe mit dieser Einschätzung nicht alleine da, sondern sie wurde auch von der Frau Bundesminister so geteilt.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Weil Sie sich der Rechtsmeinung Ihres Hauses angeschlossen hat – nämlich wiederum der Sektionsmitarbeiter, die das Urteil haben - -

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Welche Entscheidungsgrundlage die Frau Bundesminister für ihre Entscheidung herangezogen hat, kann ich Ihnen nicht sagen, aber ich halte diese Entscheidung für richtig.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Es war die Beurteilung aus der Sektion von Herrn Pilnacek, aber können Sie der Argumentation der WKStA im Bericht 38 nichts abgewinnen? Haben Sie den jetzt schon vor sich?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich habe schon so viel vor mir, das ist irgendwie - - (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, das ist 63647, wo sie nämlich zu Ihrem Einwand, das geht die WKStA nichts an, auf Seite 2 ausführt – Punkt 4 –: „Aus Sicht der WKStA ist es ihre Pflicht, derartige Umstände, der für die Befangenheitsprüfung zuständigen Bundesministerin [...] zur Kenntnis zu bringen.“ Sie referenziert ja auch auf Judikatur in vergleichbaren Fällen.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja, nur für die Pflicht sehe ich keine Rechtsgrundlage. Die gibt es nach meinem Wissen nicht. Es gibt keine Pflicht, auf mögliche Befangenheiten vom Vorgesetzten hinzuweisen. Es gibt nur die Dienstpflicht von befangenen Entscheidungsorganen, diese selbst dahin gehend wahrzunehmen, dass man sich der Entscheidung enthält und seinen Vorgesetzten damit befasst, aber die Pflicht, fremde Befangenheiten im Zuge der Berichtskette aufzuzeigen – vielleicht gibt es irgendeine Bestimmung oder irgendein Gesetz, das ich noch nicht gelesen habe –, kenne ich nicht.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, aber wenn es Ihrer Meinung nach – nicht der WKStA-Meinung nach – keine Pflicht gibt, dann sollte es die Möglichkeit geben, und wenn Ihnen dieser Bericht zur Kenntnis kommt, bleibt dennoch die Tatsache, dass Sie das Wissen um diese Sachverhalte haben, die Sie wiederum nicht als diskussionswürdig erachten, wie Sie gesagt haben, aber da komme ich dann zum Punkt 5 auf Seite 3.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Darf ich vielleicht dazu noch etwas sagen?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Wir haben ja die Argumentation der WKStA an das Ministerium herangetragen, auch wenn wir das als für uns nicht überzeugend betrachtet haben, aber es muss uns im Rahmen der Fachaufsicht ja schon zustehen, dass wir unsere Meinung dazu deponieren, einerseits gegenüber der WKStA, in dem Fall, und andererseits auch gegenüber der Stelle, an die der Bericht vorgelegt wird. Die Rechtsmeinung der Oberstaatsanwaltschaft also hier nicht hineinzuschreiben, hätte ich für handwerklich falsch gehalten.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, und es geht mir eh um Ihre Meinung, auf Seite 4, Punkt 6, unten wird nämlich auf Sie referenziert. Sie haben nämlich über „konkrete interministerielle Arbeitsabläufe und Kommunikationsbedingungen“ zwischen Spitzenbeamten des BMF und BMJ geschrieben, also dass es da um rein professionelle Kommunikationsabläufe ging. Da führt die WKStA – für mich auch recht schlüssig – aus, dass das hier jetzt nicht das Thema ist, weil es einerseits bei der Kommunikation nicht um dienstliche Mitteilungen zwischen den beiden ehemaligen Generalsekretären Pilnacek und Schmid geht, sondern um private Kontakte und es unmissverständlich um eine moralische Unterstützung im Zusammenhang mit einer gegen Pilnacek erstatteten Anzeige geht. Zu diesem Zeitpunkt war Schmid ja nicht mehr Generalsekretär, sondern bei der Öbag tätig, und es gibt dadurch überhaupt keine berufliche Verbindung mehr.

Können Sie daher verstehen, dass ich nicht verstehe, warum Sie sich nur auf reine Arbeitsabläufe und professionelle Beziehungen stützen?

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Sie haben noch 12 Sekunden Fragezeit.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich persönlich stelle mir vor, dass Mitglieder oder Generalsekretäre aus unterschiedlichen Ministerien (Abg. Krisper: Ehemalige!) ein vernünftiges Kommunikationsklima haben, weil sonst - - Ich war niemals in dieser Funktion und ich habe auch keine Wahrnehmungen, wie Ministerien wirklich funktionieren, aber meine Vorstellung – vielleicht meine naive, burgenländisch geprägte Vorstellung – ist, dass die Leute halt miteinander reden.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Eh, aber er war nicht mehr Generalsekretär.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Und ich glaube auch nicht, dass diese Kommunikationsbasis mit der Beendigung der Funktion wie eine Schnur gekappt ist. Für mich ist das also jetzt nix Überraschendes, wenn diese Personen weiterhin in Kontakt sind.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Eh, aber dann ist es nicht beruflich. (Auskunftsperson Fuchs: Bitte?)  Dann ist es nicht beruflich.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Und aus dieser - - Wenn man sich den Inhalt dieser Nachrichten ansieht, ist da ja auch nix Bedenkliches oder irgendwas, wo man sagt: Na gut, da ist jemand nicht mehr in der Lage, seine Entscheidungsbefugnis unbefangen wahrzunehmen. Das erschließt sich zumindest mir aus dem Konvolut, das hier von der WKStA vorgelegt wurde, nicht, aber, wie gesagt, das ist meine Einschätzung. Die WKStA war anderer Meinung.

Wir haben beide Meinungen an das Ministerium herangetragen und die Frau Bundesminister ist zum selben Ergebnis gekommen wie ich, dass sie gesagt hat, dass hier eben eine Befangenheit nicht vorliegt.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Danke sehr.

Wir kommen zur Fraktion der ÖVP: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gerstl.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Oberstaatsanwalt, ich darf noch einmal auf die Zufallsfunde von der WKStA zurückkommen. Ein Zufallsfund war ja auch noch dabei, der uns beschäftigt hat, das war der Zufallsfund nach dem Suchtmittelgesetz bei Mag. Schmid. Das hat ja sozusagen auch nichts mit dem Verfahren zu tun.

Hätte Ihrer Meinung nach diese Eintragung ins Tagebuch auch nicht hier zum Akt gehört, weil somit auch allen akteneinsehenden Parteien nun möglich ist, das auch zu sehen?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also grundsätzlich sieht der § 122 StPO vor, dass man mit dem Zufallsfund einen neuen Akt anlegt. Wie das jetzt tatsächlich da im Ermittlungsakt durchgeführt wurde – ehrlich gesagt, ich weiß das nicht. Ich habe mir die Passage in dem Ermittlungsakt auch nicht persönlich angesehen, ich weiß nur, dass dieser Verdacht an die Staatsanwaltschaft Wien übertragen wurde. Wie das administrativ umgesetzt wurde, kann ich Ihnen jetzt leider nicht sagen.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Wir haben es eben bekommen und es ist in dem anderen Akt eben drinnen, daher okay: War nicht okay!

Sie haben zuvor von Respekt und Anerkennung gegenüber der Hierarchie gesprochen, die man grundsätzlich aufzubringen hat, und haben dabei auch Vizekanzler Jabloner genannt. Ich sage Ihnen jetzt, was Mag. Matthias Purkart in seiner Einvernahme zur Entscheidung von Justizminister Jabloner gesagt hat, und es steht „erheitert“ dabei:

„Mag. Matthias Purkart, LL.M. (erheitert): Das ist in der Tat ein bisschen - -, vielleicht ein ungewöhnliches Konstrukt.“

Und zu Ihrer Entscheidung betreffend Zufallsfunde nennt er es „fassungslos“.

Können Sie das einschätzen, warum er eine solche Meinung zum Justizminister und auch zu Ihnen hier abgibt?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Schauen Sie, ich kenne Kollegen Purkart noch aus seiner Richteramtsanwärterzeit. Er war bei der WKStA zur gleichen Zeit als ich dort als Oberstaatsanwalt tätig war, und ich glaube, mit zunehmendem Alter sieht man manches anders und man formuliert sprachlich auch anders.

Ich würde da nicht jedes Wort von ihm auf die Goldwaage legen, ich kann mir auch nicht vorstellen, dass er das tatsächlich respektlos gemeint hat. Ich kann mir vorstellen, dass mit ihm vielleicht ein bisschen der Formulierungsgeist und die Emotion des ermittelnden Staatsanwaltes durchgegangen ist.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Sehr höflich von Ihnen.

Ich darf Ihnen einen Artikel vom „Kurier“ vom 13. Juli 2020 vorlegen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Da geht es um die Übergabe des Videos an die WKStA. Aus diesem geht hervor, dass anscheinend die WKStA das Kuvert nicht aufgemacht hat, was den Soko-Leiter danach dazu veranlasst hat, weil die WKStA eine weitere ergänzende Berichterstattung darüber, was darin ist, forderte, zu sagen: Macht doch das selber auf!, mehr oder weniger, „durch Öffnung und Besichtigung [...] relativ rasch beantwortet werden kann“.

Dann gab es einen Schriftverkehr wieder von der Leiterin der WKStA an – das steht da jetzt nicht da; schreibt nur: „Dieses Verhalten [...]“ – das Innenministerium und sie schreibt, dass da „eine unangebrachte und als impertinent zu beurteilende Ausdrucksweise“ gewählt wird. Und dann heißt es hier: „Der Schriftverkehr zieht sich über eine ganze Arbeitswoche.“ Das heißt also, eine Woche lang wurde über diese Vorgangsweise diskutiert und das Video gar nicht gesichtet.

Haben Sie Wahrnehmungen zu diesem Vorgang? Stimmt das so, wie das dasteht, oder haben Sie davon gehört?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich habe umfassende Wahrnehmungen, weil ich vorher schon mit dem Urlaubstag, mit dem Hüttenstreichen begonnen habe, als mich dieser Anruf des Holzer erreicht hat. Er hat mich ja deswegen angerufen, um jetzt wieder eine asymmetrische Information der beteiligten Staatsanwaltschaften zu vermeiden, und hat mich gebeten, eben die Information, dass heute, am 8.6., die Videos an die beiden Staatsanwaltschaften angeliefert werden, weiterzuübermitteln.

Ich habe das gemacht mit dem Mail, das Ihnen wahrscheinlich eh bekannt ist, und ich habe - -, also das Mail ist an die StA Wien und an die WKStA gegangen. Die StA Wien hat das Videomaterial und das Tonmaterial angenommen, hat es gesichtet und hat, glaube ich, innerhalb von einer Woche einen Bericht geschrieben, was jetzt für sie da relevant ist und was nicht.

Die WKStA wollte das ursprünglich nicht annehmen. Daraufhin hat es ein Telefonat von mir mit der Leiterin der WKStA gegeben, in dem ich ihr unter anderem gesagt habe: Das kann man niemandem erklären, dass man ein Video, das man als Staatsanwaltschaft länger als ein Jahr sucht und das das zentrale Beweismittel in einem doch wesentlichen Ermittlungsverfahren darstellt, nicht annimmt.

Sie hat das anders gesehen und auf eine schriftliche Weisung bestanden, weshalb ich dann gesagt habe: Ja, die Weisung habe ich ja eigentlich schon erteilt, wie ich gesagt habe: Sorgt für eine reibungslose Übernahme!

Ich habe dann das Mail auch an die WKStA, an sie, geschickt, und dann wurde eben vonseiten der WKStA – völlig zulässigerweise – eine schriftliche Begründung für diese Weisung abverlangt. Und ja, die haben wir geliefert, weil das eigentlich nach dem staatsanwaltschaftlichen Handwerkszeug und auch nach der Rechtsgrundlage ja klar war, dass man die Annahme von Beweismitteln, die von der Polizei geliefert werden, nicht so einfach verweigern kann.

Den Schriftverkehr zwischen der WKStA und dem Bundeskriminalamt habe ich selbst dann nur der Zeitung entnommen. Für mich ist dieser ganze Vorgang Anlass, dass wir uns das, was da wirklich gelaufen ist, auch intern anschauen, weil ich eigentlich dafürstehe, dass eine schnellstmögliche Sichtung und Auswertung des Videos und die Entscheidung darüber, was zu den Akten genommen werden kann und was nicht, eigentlich hohe Priorität hat.

Ich bin eigentlich wieder bei meinem Lieblingsthema, dass wir uns eigentlich nicht mit solchen Reibungsverlusten vom Hauptgegenstand unserer Tätigkeit, nämlich vom Ermitteln, abhalten lassen sollen.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Wir haben das bezüglich Personalauswahl in der WKStA vorhin schon kurz angesprochen: Wie erfolgt die Personalauswahl in der WKStA? Haben Sie dazu Wahrnehmungen oder entscheidet das die WKStA ganz alleine, wer für welchen Fall zuständig ist und wie die Aufteilung ist, wer Gruppenleiter wird? Gibt es da ein Überkonstrukt, wo Sie auch mitreden oder das Ministerium mitredet, oder entscheidet das alles die WKStA alleine?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Sie sprechen gerade eigentlich ein Lieblingsthema von mir an, dass nämlich die Gruppenleiter der WKStA, also praktisch so die erste Instanz der Fachaufsicht – die ich für ganz wesentlich für die staatsanwaltschaftliche Tätigkeit halte –, anders als bei anderen Staatsanwaltschaften, wo es eine Personalkommission und einen Ernennungsvorgang, der über das Ministerium läuft, gibt, halt hier nicht durch Ernennung - -, sondern das einfach nur durch Festlegung mittels Geschäftsverteilung passiert. Das hat aus meiner Sicht den Nachteil: erstens einmal monetär, weil es für die Gruppenleiter eine kleine Zulage gibt, und zweitens ist es auch eine Frage der Stabilität. Das heißt, es ist letztendlich eine Frage der Geschäftsverteilung, wer Gruppen leitet und wer welche Gruppe leitet, und es ist letztendlich eine Entscheidung der Behördenleitung.

Wie jetzt Verfahren zugewiesen werden und welche Teams gebildet werden, das ist ebenfalls eine Organisationsentscheidung der Behördenleitung. In diese mischen wir uns auch gar nicht ein. Es ist aber das Geschäft von jedem Behördenleiter, dass er sich entsprechend um eine Auslastungsgerechtigkeit und um eine Verteilung der Arbeit nach Zweckmäßigkeiten und nach Maßgabe der verfügbaren Ressourcen kümmert.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Gibt es diesbezüglich Transparenz, um zu sehen: Wie kommt es zu einer solchen Bestellung? Wie kann man sich bewerben? Gibt es eine Ausschreibung dazu?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Nein, eben nicht. Also das ist - - Wir kriegen die Geschäftsverteilung in der jeweils geltenden Fassung vorgelegt, und da steht halt dann drinnen, die und die Personen sind Gruppenleiter, und das ist es.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Also jetzt überspitzt ausgedrückt heißt das, dass die Behördenleiterin ganz alleine entscheidet, wen sie zum Gruppenleiter macht?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also letztendlich ist es eine Entscheidung, die sie alleine verantwortet. Die Mechanismen, wie sie zu dieser Entscheidung kommt – das weiß ich nicht. Also das - -

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Okay, das heißt, das ist wahrscheinlich die einzige Stelle im öffentlichen Dienst, bei der man nicht nachvollziehen kann, wer sich beworben hat und wie es zu dieser Entscheidung gekommen ist, denn bei jedem anderen Abteilungsleiter in jedem Ministerium muss man öffentlich ausschreiben und gibt es einen ganz bekannten Bestellmodus. Den gibt es in der WKStA offensichtlich nicht.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also wie gesagt, Gruppenleiter und Gruppenleiterinnen bei allen anderen Staatsanwaltschaften werden durch Ausschreibung und durch eine Personalkommission und durch Ernennungsvorgang bestellt. Bei der WKStA ist das anders. Ich erachte das aus mehreren Gründen als Defizit, und ich würde mir wünschen – und da sitze ich ja, glaube ich, eh im richtigen Bereich, das geht ja nicht ohne gesetzgeberische Maßnahmen –, dass die Gruppenleiter der WKStA genauso bestellt werden wie alle anderen auch.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Die Befragungszeit ist verbraucht; bitte dann in der nächsten Runde.

Wir kommen zur Fraktion der SPÖ: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Holzleitner.

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Vielleicht nur kurz: Unter Schwarz-Blau sind beispielsweise die Generalsekretäre in den Ministerien auch nicht ausgeschrieben worden.

Herr Fuchs, nun zu Ihnen: Können Sie uns kurz den strafrechtlichen Vorwurf in der Casinos-Causa erläutern?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Den strafrechtlichen Vorwurf in der - - Nein, kann ich jetzt auf die Schnelle nicht, ohne dass ich nicht einen Fehler mache.

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ) (erheitert): Okay. (Heiterkeit der Auskunftsperson.) Einfach allgemein, um was es geht, damit wir da ungefähr auf dem Stand sind?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Na ja, das ist ja eh eigentlich schon medial bekannt, nicht? Da geht es um Personalvorgänge, wo sich halt die Frage - - Also unter dem Aspekt der Untreue stellt sich ja die Frage der Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung. Das sind unternehmerische Entscheidungen, wo es eigentlich aus meiner Sicht mit der Entscheidung beginnt, einen bestehenden Vorstand abzusetzen, was ja normalerweise mit Aufwendungen und erhöhten Aufwendungen verbunden ist, und auf der anderen Seite natürlich stellt sich mit der Bestellung eines neuen Vorstandsorgans dann tatsächlich auch die Frage, die rechtlich ziemlich spannend ist, ob hier ein Vermögensnachteil im Sinne des § 153 StGB darstellbar sein wird. Das ist eigentlich eine der Kernfragen, die im Ermittlungsverfahren zu klären sein wird.

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Also Posten, Bestechung, Gesetzeskauf, wenn man das ein bisschen subsumiert. Können Sie uns Ihren Wahrnehmungen entsprechend kurz die Rolle des Thomas Schmid beschreiben?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich habe dazu überhaupt keine Wahrnehmungen. Ich habe - - Ich war ja überrascht, zu welchen Themen oder zu welchen Bereichen des Untersuchungsgegenstandes ich da meine Wahrnehmungen deponieren soll. Ich bin Staatsanwalt und kann Ihnen meine Wahrnehmungen praktisch zu Punkt 5 darstellen. Zu allen anderen Punkten des Untersuchungsgegenstandes – entschuldigen Sie – habe ich keine Wahrnehmungen. Ich weiß weder wie diese Gesetze zustande gekommen sind noch wie irgendwelche Personalentscheidungen zustande gekommen sind. Da war ich überall nicht dabei, war bei den meisten Vorgängen sogar noch Leiter in Eisenstadt, also nicht einmal geographisch in der Lage, da irgendwelche Wahrnehmungen zu entfalten.

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Und zur Rolle von Thomas Schmid als Beschuldigter im Verfahren?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja, der ist Beschuldigter im Verfahren, und der Verdacht ergibt sich aus den Anordnungen, die Ihnen ohnedies aufliegen.

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Wir legen vor: 5331. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Darf ich kurz zur Geschäftsbehandlung sprechen?

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Bitte sehr.

*****

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Nur kurz zur Geschäftsbehandlung: Die Seite 3 dieses Dokuments ist auf Englisch. Wir haben das ja schon einmal gehabt. Sehr viele fachspezifische englische Ausdrücke et cetera, wo es darum, dass Sazka sich mit Schmid und Neumann trifft, wo es darum geht, dass die Sazka gerne die Casag in der Bilanz konsolidieren würde, das Day-to-Day-Management übernehmen würde, und um diesen Syndikatsvertrag und die Stimmrechtsbindung geht, wo Thomas Schmid dann auch im Punkt 7 sagt, es gibt eine neue Regierung, die neue Regierung kann sich nicht an Abmachungen der alten Regierung halten, und wo Neumann dann sagt, man wird nicht mit der Sazka bei der Hauptversammlung mitstimmen.

Die Frage zur Geschäftsbehandlung ist: Sollen wir das übersetzen lassen – wir hatten das Thema schon einmal – oder ist es für alle in diesem Rahmen verständlich?

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Herr Verfahrensrichter, bitte.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Das ist richtig, wir hatten das Thema schon einmal und ich habe damals die Meinung vertreten, wenn es sich leicht beantworten lässt, dann kann man durchaus auch darauf Bezug nehmen, wohlwissend, dass grundsätzlich fremdsprachliche Urkunden bei Gericht und damit auch in diesem Ausschuss nicht vorgelegt werden sollten.

Wenn es sich aber vereinbaren lässt, dass hier eine Antwort gegeben wird, dann brauchen wir das Ganze nicht zu übersetzen. Es hängt also ganz davon ab, welche Frage Sie jetzt daran anschließen. Ich gehe nicht davon aus, dass die Auskunftsperson, Herr Mag. Fuchs, so der englischen Sprache mächtig ist, dass er das auch übersetzen und verstehen wird können. Wenn Sie daraus aber eine einfache Frage konstruieren können, die von uns allen mitgetragen wird, dann habe ich dagegen keinen Einwand.

*****

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Die Frage ist natürlich auch an die Auskunftsperson zu richten und an die Fraktionen, ob dieses Dokument - -

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also ich kann schon Englisch, aber ich würde mich auf diese spezifischen Themen nicht einlassen. Was ich allerdings vorweg schon sagen kann: Ich kenne das Dokument nicht, ich habe auch keine Wahrnehmungen zu diesen Vorgängen, und ich weiß auch nicht, ob und inwieweit ich überhaupt in der Lage bin, inhaltliche Fragen zu diesem Dokument zu beantworten. Ich glaube, ich bin da die falsche Ansprechperson.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Vielleicht ist die Frage schon beantwortet, bevor sie gestellt worden ist, aber wir probieren es. – Bitte, Frau Abgeordnete Holzleitner.

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Wir probieren es. Wir fangen ganz simpel an: Kennen Sie die Namen, die oben auf den E-Mails draufstehen? Eine Hlawati Edith?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also jetzt sind wir wieder auf der ersten Seite?

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Erste Seite. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ist das aus einer Rechtsanwaltskanzlei? Mir ist, glaube ich, der Name bekannt, aber in einem völlig anderen Zusammenhang als diesem.

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Und zwar?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Das Thema zählt nicht zum Untersuchungsgegenstand.

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Okay. – Kennen Sie die Frau Dr.in Elisabeth Stern, die weiter unten angeführt ist?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Die sagt mir nichts.

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Zusätzlich auch Aufsichtsrätin bei der Casag.

Haben Sie Hinweise auf einen ÖVP-Novomatic-Deal im Zuge dieser Causa?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich habe keine Wahrnehmungen dazu.

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Dass es eventuelle Abmachungen geben würde, wie auch dieses Treffen zum Beispiel, und so weiter?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Wie gesagt, ich bin Staatsanwalt und nicht in dieser Branche tätig und habe daher keine Wahrnehmungen dazu.

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Dann legen wir zwei weitere Dokumente vor, die die Geschichte nämlich ein bissel erzählen, und zwar 5340 und 5332. (Die Auskunftsperson liest in den ihr vorgelegten Schriftstücken.)

Worum geht es in den beiden Dokumenten? (Allgemeine Heiterkeit.)

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Herr Verfahrensrichter. – Bitte.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Frau Abgeordnete, das ist wirklich nicht nur angesichts der Zeit, sondern überhaupt viel zu viel verlangt. Beide Dokumente sind gemischt, zum Teil in Deutsch, zum Teil überwiegend in Englisch, in einem fachspezifischen Englisch – hier die Auskunftsperson nach 1 Minute Überlegungsfrist zu fragen: Was steht in diesen Dokumenten?, das halte ich für niemanden für zumutbar, auch nicht für den Herrn Oberstaatsanwalt.

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Gut, aber haben Sie es so weit schon durchgelesen?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich warte auf Fragen und werde mir dann anlassbezogen die Themen herausarbeiten.

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Die Frage ist: Hat es eine Musterabmachung oder eine Musterabstimmung für die Hauptversammlung zwischen Öbib und Novomatic gegeben, sprich einen Wahlvorschlag, wie man sich bei Abstimmungen zu verhalten hat? Wenn Sie die Dokumente, die wir Ihnen jetzt vorgelegt haben, da durchsehen!

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich bin Staatsanwalt und habe zu diesen Vorgängen keine Wahrnehmungen. Wenn das Beweismittel sind, die für das Ermittlungsverfahren relevant sind, dann würde ich Sie bitten, dass Sie das bei der Staatsanwaltschaft beziehungsweise bei der Soko deponieren und die Schlüsse, die Sie daraus ziehen, dorthin richten, dann wird das auch entsprechend in die Ermittlungen einfließen.

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Wir haben ja vorher darüber gesprochen, dass gerade auch die Postenbesetzungen in dem Verfahren durchaus relevant sind, und ich glaube, wenn man sich das anschaut, ist das ganz klar so etwas, wenn man in diesem Dokument beispielsweise eine Abstimmungsliste für einen Aufsichtsrat hat.

Würden Sie es anders bemessen, wenn man eine Abstimmungsliste vorgefertigt bekommt?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Es tut mir leid, ich kann mit meinen Wahrnehmungen die Schlüsse, die Sie aus einzelnen Dokumenten ziehen, weder verifizieren noch falsifizieren.

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Wir legen 63787 vor, das sogenannte Merwald-Papier. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Haben Sie dazu Wahrnehmungen?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich möchte es jetzt wieder abkürzen: Also zu den Vorgängen nicht. Ich tu mir aber natürlich jetzt schwer, das, was Sie von mir jetzt verlangen, ist eine Bewertung einzelner Beweismittel – aus dem Zusammenhang gerissen. Das ist aber nicht meine Aufgabe. Ich bin nicht der Staatsanwalt, der Ermittlungen leitet, ich bin auch nicht der Kriminalbeamte, der hier Ermittlungsergebnisse einordnet und analysiert. Und ich würde Sie wirklich bitten, dass Sie mit diesen Fragen Leute befassen, die berufener dazu sind als ich.

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Haben Sie diesbezüglich bis jetzt in den Berichten an die Oberstaatsanwaltschaft keine Informationen, Hinweise, Ergebnisse aus den Ermittlungen?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich kann Ihnen jetzt auch nicht jeden Satz aus den unzähligen Berichten, die an uns gegangen sind, wiedergeben. Für mich sind diese Dokumente mit Sicherheit neu, ich habe die nicht gesehen. Ob und inwieweit das bereits in die laufenden Ermittlungen Einfluss genommen hat, kann ich Ihnen nicht sagen. Ich leite die Ermittlungen nicht, ich führe die auch nicht durch, ich bekomme nur Berichte über mehr oder weniger - -, ja, das ist schon die Metaebene, wo es im Prinzip um den Succus geht. Ich kann Ihnen aber nicht sagen, ob das in irgendeiner Form in irgendeinem Bericht in einem Halbsatz irgendwo bereits erwähnt wurde oder nicht.

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Hat die WKStA Ihnen gegenüber bezüglich dem Merwald-Verfahren schon berichtet?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Auch dazu kann ich Ihnen jetzt aktuell nichts Belastbares sagen. Es ist auch die Fragestellung meiner Meinung nach relativ unpräzise oder zu unpräzise, um sie tatsächlich belastbar beantworten zu können, denn dann müsste man schon wissen punkto Merwald-Verfahren: Wozu, worum geht es da, was sind die Themen?

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: 30 Sekunden noch bitte.

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Wir haben vorhin davon gesprochen, dass Gesetzeskauf Teil des Verfahrens ist: Hat Ihnen niemand berichtet, dass es hier 1,5 Millionen gibt, die seitens der Novomatic für eine Änderung des Glücksspielgesetzes angeboten werden?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Sie sprechen da über laufende Ermittlungen, über laufende Analysen von Beweisergebnissen. Von den Staatsanwaltschaften wird eine Zusammenfassung des aktuellen Ermittlungsstandes in den Berichten verfasst, das Thema Gesetzeskauf kommt dort tatsächlich auch vor: als Verdachtsannahme. Zu weiteren Details kann ich Ihnen keine Wahrnehmungen meinerseits hier anbieten.

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Restzeit bitte in die nächste Runde.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Das sind 12 Sekunden, machen wir sehr gerne.

Wir kommen zur Fraktion der FPÖ: Frau Abgeordnete Fürst.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Herr Oberstaatsanwalt, ich knüpfe noch einmal an die Soko Tape, an ihre Arbeit, allfällige Befangenheit und auch an die Ermittlungen in der Schredderaffäre an.

Sie haben gesagt, wenn ich das richtig zusammenfasse, dass auch die WKStA mit der Arbeit der Soko im Schredderfall zufrieden war und dass sie dann die Sache abgetreten hat, weil eben kein Zusammenhang mit ihrer Zuständigkeit bestanden hat, und es da auch keine Beschwerden seitens der WKStA gab – über die Ermittlungen in der Schredderaffäre?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Das ist jetzt grob zusammengefasst. Grundsätzlich ist es so: Es gibt, glaube ich, sogar irgendeine Passage, wo die Polizei festhält, dass die zuständige Oberstaatsanwältin sich für die umsichtige Vorgangsweise seitens der Kriminalpolizei bedankt. Ich habe aber das Gefühl, dass das nicht von allen Teilen in dem Ermittlungsteam so gesehen wird. Also dass hier tatsächlich noch Anordnungen am 22. August erstellt wurden, dann aber tatsächlich nicht abgefertigt wurden, deutet für mich darauf hin, dass da durchaus auch unterschiedliche Einschätzungen im Ermittlungsteam der WKStA zu diesem Thema vorgelegen sind.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Ich möchte Ihnen das Dokument 63895 vorlegen. Da geht es um die Besprechung am 19.8.2019 mit dem damaligen Vizekanzler Jabloner, bei der es um die Befangenheit der Soko generell geht. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Es geht hier um die Äußerungen der Leiterin der WKStA Vrabl-Sanda, die hier sehr wohl die Befangenheit sieht, insbesondere von Niko Reith, und sich hier genau darauf bezieht und ihm vorwirft, dass er bei den Ermittlungen zum Schreddern das Handy zurückgegeben hat, ohne zu prüfen, und dass er auch den Laptop nicht sichergestellt hat. Sie hat gesagt, das sind „einzelfallbezogene unsaubere Punkte“. Wenn Sie sich das auf Seite 24 im ersten Absatz anschauen.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Mir ist das bekannt, dass - -

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Ist Ihnen bekannt?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Das heißt, hier ist es schon diskutiert worden. Sie haben ja richtig gesagt: Befangenheit – eigentlich Sache des Befangenen, das zu beurteilen. Wenn es Hinweise gibt, muss die Dienstaufsicht, der Leiter, tätig werden.

Ist das nicht ein schon sehr ernsthafter Punkt, der aber hier vom Tisch gewischt wurde?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Abgesehen davon, dass das jetzt eine Suggestivfrage ist, werde ich versuchen - -

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Nein, das wollte ich nicht. Ihre Meinung dazu, bitte.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich werde versuchen, auf das Thema einzugehen.

Grundsätzlich ist es ja so, dass man auch unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit den Grundrechtseingriff in das Eigentum, nämlich durch Sicherstellung, so kurz wie möglich halten muss und soll. Das heißt, wenn Datenträger forensisch gesichert sind, ist es lege artis, diese auch wieder auszufolgen. Das passiert überall so. Wir haben nichts davon, wenn wir Handys und Laptops körperlich über Jahre bei uns beim Akt behalten.

Tatsächlich ergibt sich aus der internen Dokumentation, auch seitens der Kriminalpolizei, dass das auch in diesem Sinn von den Oberstaatsanwälten der WKStA so angeordnet wurde. Da wurden die Datenträger, die Handys sichergestellt, und es wurde gesagt: Wenn die forensisch gesichert sind, wären die wieder auszufolgen. Das entspricht einerseits der Gesetzeslage, und aus meiner Sicht ist das völlig korrekt.

Dass das hier als mögliches Indiz für die Befangenheit angeführt wurde, habe ich eigentlich damals selbst so nicht verstanden.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Hier ging es darum, dass das Handy von Arno M. freiwillig übergeben wurde, nicht angeschaut wurde. (Auskunftsperson Fuchs: Ja!) Das war ihr Vorwurf und sozusagen die Begründung dafür, dass sie glaubt, er ist aufgrund seiner ÖVP-Nähe befangen. Das ist hier zur Sprache gekommen, aber Sie haben - -

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Meine Wahrnehmung ist: Am 5. August findet sich im Schredderverfahren ein Vermerk von der Kollegin Jilek, dass die Abtretung, dass der Konnex, dass sie das genauso sieht wie die OstA. Und es finden sich mehrere Vermerke im Zuge der Ermittlungen ab dem 17. Juli, dass hier mehrfach Rücksprache gehalten wurde von Reith und, glaube ich, auch anderen Kriminalbeamten mit der Kollegin Jilek, wo eben keine Sicherstellungsanordnungen passiert sind. Das war vollkommen korrekt so; aus meiner Sicht stellt das nicht wirklich einen Anhaltspunkt für eine Befangenheit dar.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Ja, okay, nur die Leiterin der WKStA Vrabl-Sanda hat es laut diesem Aktenvermerk offensichtlich anders gesehen.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja, das ist ihr gutes Recht.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Ja, danke.

Dann bleibe ich gleich hier auf der Seite: Im zweiten Absatz von unten geht es um die Auswertung der Daten von den Handys Strache und Gudenus. Da haben Sie dafür plädiert, dass das bei der Soko gemacht wird, beim BKA, aufgrund ihres profunden Erfahrungsschatzes und ihrer Kenntnisse. – Bestätigen Sie das so?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Mein Zugang – ich habe es heute, glaube ich, schon einmal gesagt –: Mir wäre am liebsten gewesen, wenn alle Datenträgerauswertungen von einer Stelle vorgenommen werden, und aus meiner Sicht wäre das C4 bei der Soko, also im Bundeskriminalamt, dafür prädestiniert gewesen.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Aber hier gab es ja dann Probleme bei der Auswertung durch die Soko. Es wurde die vollständige Lesbarkeit nicht überprüft, da war dann die Frage eines Datenverlustes von Signal-Nachrichten, die gelöscht wurden. – Haben Sie davon Kenntnis?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich habe schon Kenntnis, dass es hier Auffassungsunterschiede zu den Vorgangsweisen gegeben hat, mit denen man die Chatverläufe und die Chats auswertet. Mir wurde vonseiten der Soko berichtet, dass man irgendeine spezielle Software braucht, um das auszuwerten. Mit Überraschung habe ich vernommen, dass hier auch behauptet wurde, man hätte Signal entschlüsselt, was ich mir eigentlich schwer vorstellen kann.

Es gibt, glaube ich, irgendwo eine Passage im Akt, wo darüber debattiert wird, ob man nicht das am Gerät direkt anschaut und mit einer Kamera das Durchscrollen durch den Verlauf irgendwie dokumentiert, was aus Sicht der Kriminalpolizei als nicht Lege-artis-Auswertungsmethode identifiziert wurde.

Ich bin, ehrlich gesagt, einer, der in diesem Bereich gerne auf Nummer sicher geht. Ich habe es heute schon einmal gesagt: Wenn man Datenauswertung betreibt, dann muss das so wasserdicht und von der Methodik her so rekonstruierbar sein, dass man mit dem gleichen Prozess, wurscht, wann ich das mache, um 3 Uhr in der Früh, um 12 Uhr zu Mittag in der Hauptverhandlung, mit der gleichen Methodik immer zum gleichen Ergebnis komme. Und solange das nicht sichergestellt ist, habe ich gröbste Bedenken punkto Verfahren bei der Datenauswertung, weil diese in Wahrheit nur schwer belastbar sind.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: 25 Sekunden noch, bitte.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Der Punkt war, dass die Soko dem gar nicht nachgegangen ist und dann die Handys ausgefolgt hat, auch ohne Absprache mit der WKStA, obwohl die ja Herrin des Ermittlungsverfahrens ist.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Das habe ich versucht - -

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Hier sind also schon Pannen passiert. Aber Ihr Vertrauen in die Soko sozusagen ist nach wie vor gegeben – auch rückblickend?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja, deswegen, weil die Vorgangsweise der Soko gesetzeskonform war. Die Handys waren gesichert, da gibt es eine forensische Spiegelung, das heißt, es gibt eine Eins-zu-eins-Kopie bei der Soko. Und dann gibt es eigentlich keine Grundlage mehr dafür, dass man das Handy noch weiter sichergestellt lässt, dann ist es auszufolgen. Das entspricht auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das entspricht auch den Gesetzmäßigkeiten bei der Sicherstellung – und so wird es auch üblicherweise gemacht.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Müsste nicht vor der Ausfolgung noch die WKStA informiert werden?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Grundsätzlich nicht.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Auch als Auftraggeberin?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also nicht zwingend, allerdings wurde mir gegenüber von der Kriminalpolizei glaubhaft versichert und in mehreren Berichten auch dokumentiert, dass das auch bei der Sicherstellung der Handys von den Oberstaatsanwälten so angeordnet worden wäre. Das findet sich auch in den entsprechenden Berichten. Und mich überrascht diese Anordnung nicht, weil sie einfach dem Gesetz entspricht.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Danke.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Danke sehr.

Wir kommen somit in die dritte Befragungsrunde. (Abg. Stögmüller: Zur Geschäftsordnung!)

Zur Geschäftsordnung: Herr Abgeordneter Stögmüller. – Bitte.

*****

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Ich möchte es gleich vorwegnehmen, weil die Diskussion wegen des „Standard“-Artikels, den ich in der letzten Fragerunde vorgelegt habe, gleich aufkommen wird. Es geht um das Beweisthema 5: Ermittlungen der Soko.

Es geht hier um einen Artikel des „Standard“, der verteilt wird, der im Juni 2019 in einer E-Mail-Korrespondenz zur Sprache kommt, das heißt, das ist auch im Zeitraum des Untersuchungsausschusses, und es geht dabei um die Verbindungen zwischen der Oberstaatsanwaltschaft, der Fachaufsicht im Justizministerium, der Staatsanwaltschaft, der WKStA. In diesem Untersuchungsausschuss geht es ja auch darum, zu eruieren, wie die Ermittlerinnen und Ermittler zusammenarbeiten, wie das funktioniert. Dementsprechend finde ich, dass das absolut in Beweisthema 5 enthalten ist, unabhängig von dem Thema, was es ist.

Aber ich gehe gar nicht auf diese Eurofighter-Thematik ein, das interessiert mich gar nicht, sondern mir geht es um das Geschriebene. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger (erheitert): Also das war jetzt eine präventive Aussage, um das - - – Nein, ist okay.

*****

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also wenn der Herr Verfahrensrichter sagt, das gehört zum Untersuchungsgegenstand, dann äußere ich mich dazu gerne.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ich habe das nicht als Frage verstanden.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Das war ein einleitendes Statement. Wir werten es einmal so. (Abg. Stögmüller: Es war schon aus der letzten Fragerunde, wurde dann aber unterbrochen! Da geht es nur um das Gesagte!)

Sie sind am Wort, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): In dem Mailverkehr mit Herrn Pilnacek schreiben Sie über die WKStA: „Verteidigung der Komfortzone möglichst ohne Einflussmöglichkeit der Dienst- und Fachaufsicht“. Sie fordern „eine ,Reaktion auf die Grenzüberschreitungen‘ der Behörde,“ – der WKStA ist damit gemeint – „es bedürfe ,gemeinsamer Strategien‘, um dieses ,sich ständig aufbauende Problem nachhaltig zu lösen‘.“

Was meinen Sie mit diesem „nachhaltig zu lösen“?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Der Ausgangspunkt für diesen Mailverkehr war ja die schon hinlänglich bekannte Dienstbesprechung vom 1.4. in der Eurofighter-Geschichte, wo es diesen verdeckten Tonbandmitschnitt gegeben hat und die daraus folgenden Anzeigen. Dann hat es medial ein Riesentheater gegeben, und man hat irgendwie das Gefühl gehabt, durch ein „Zeit im Bild 2“-Interview des Sektionschefs Pilnacek, dass das Ganze wieder am Wege der Deeskalation ist.

Der Ausgang für den Mailverkehr war ein Interview von der Leiterin der WKStA in der „Zeit im Bild 2“, wo sie eigentlich den Vorwurf – obwohl der eigentlich schon widerlegt war – erneuert hat, dass es hier um beträchtliche Missstände in der Fachaufsicht und um was weiß ich was alles ginge. Das heißt: eigentlich eine neue Eskalation in einer Verfahrensphase im Eurofighter-Verfahren, wo es auch gescheiter gewesen wäre, wir hätten zügig weiterermittelt, als uns mit solchen Themen aufgehalten.

Dieses „Zeit im Bild 2“-Interview war der Ausgangspunkt für diesen Mailverkehr. Mir ist es primär darum gegangen – es war ja damals auch die Mediation anstehend, wo man versucht hat, eine nachhaltige Lösung zu finden –, wie man mit der WKStA wieder in ein sinnvolles und konstruktives Verhältnis einer Zusammenarbeit kommen kann. Es ist ja so, die Fachaufsicht bedarf auch eines gewissen Vertrauens auf beiden Seiten, und es bedarf auch eines gewissen Einlassens auf Qualitätsmanagementprozesse.

Genau das war das Ziel. Die OStA hat in dem Zusammenhang eigentlich immer den Weg der Deeskalation gewählt. Die OStA hat nie versucht, durch mediale Äußerungen diesen Streit noch zusätzlich zu befeuern. Insofern war der Mailverkehr auch der Ausdruck einer gewissen Enttäuschung über dieses Interview.

Wie gesagt, mit „nachhaltig zu lösen“ war gemeint: keine negative Litigation-PR oder Negativ-PR. Das war niemals das Thema, so wie es von diversen Medienberichten insinuiert war. Die hat es tatsächlich auch nie gegeben. Sie werden, wenn Sie die Medien durchstöbern, keine einzige negative Äußerung der OStA über ihr Verhältnis zur WKStA finden. Das ist auch nicht meine Philosophie, nicht meine Auffassung und meine Philosophie der Amtsführung.

Tatsächlich ist es uns - - Wir waren eigentlich rätselnd, wie wir mit dieser doch sehr wichtigen Behörde und in diesem doch sehr wichtigen Verfahren möglichst schnell wieder auf eine tragfähige Basis der Zusammenarbeit gelangen können. – In Wahrheit war es das.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Gut. Das stimmt, die OStA äußert sich selten zu der WKStA. Da gibt es vielleicht andere Möglichkeiten, die WKStA dementsprechend zu - -, also nicht zu beschneiden.

Man muss jetzt – und das ist ein Zitat –: „Ich denke, man muss jetzt aktive und breite Öffentlichkeitsarbeit betreiben und insgesamt die Leistungen der WKStA hinterfragen.“

Was sagen Sie dazu?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Das ist aber kein Satz von mir, oder?

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Pilnacek, ja. – Aber was sagen Sie dazu? Er hat ja trotzdem in einem – ich weiß nicht – freundschaftlichen, bekanntschaftlichen, dienstlichen Verhältnis dazu eine Stellungnahme abgegeben.

Was sagen Sie dazu?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich sage dazu gar nichts! Ich habe den Satz nicht geschrieben, ich habe ihn auch nicht kommentiert. Ich kann Ihnen nur sagen, wir waren damals eigentlich - - Das war ja wieder so ein nächtlicher Mailverkehr, woraufhin man ja öffentlich den Vorwurf kriegt, dass man in der Nacht etwas arbeitet; allerdings ein Vorwurf, mit dem ich gut leben kann.

Es war im Prinzip der Ausdruck unserer Enttäuschung – der Enttäuschung darüber, dass wir mit unseren Versuchen eigentlich deeskalativ wieder auf eine tragfähige Basis der Zusammenarbeit gekommen sind, zumindest bis zu diesem Tag auf dem Holzweg waren. Nichts anderes war der Inhalt oder der Anlass dieses Mailverkehrs.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Also für mich klingt das nach einem Plan. Das ist nicht irgendwie ein bisschen Konversation, sondern das ist ein konkreter Plan, was hier vorgestellt wurde, wie man sozusagen mit Medienarbeit zwischen zwei – nämlich Pilnacek und Ihnen – gegen die WKStA vorgeht. – Das ist jetzt die Frage.

Aber mich würde eher interessieren: Haben Sie sich öfter mit Herrn Dr. Pilnacek über zum Beispiel solche Aufgaben wie Medienarbeit oder Sonstiges unterhalten, gerade was die WKStA angeht, oder über die WKStA allgemein?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Schauen Sie, Sektionschef Pilnacek ist mein direkter Ansprechpartner in der Hierarchie der Fachaufsicht. Dass wir über inhaltliche Themen unserer gemeinsamen Aufgabe reden, schreiben, das ist das Selbstverständlichste auf der Welt. Und insofern tue ich mich schwer, da jetzt noch irgendwie mehr dazu zu sagen.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Es ist doch bekannt, dass Herr Pilnacek im Dezember 2018 einem ORF-Redakteur eine interne Weisung an einen Staatsanwalt und einen Bericht der Staatsanwaltschaft Wien per E-Mail übermittelt hat. Es gibt also schon mehrere dieser Einzelfälle oder dieser Fälle, dass man sozusagen gegen die WKStA vorgeht.

War das nur ein Punkt, wo so ein Gedanke herumspukt, oder gibt es da noch viel mehr E-Mails von Ihrer Seite und von Pilnacek?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich tue mich jetzt wieder irgendwie schwer, irgendwelche Vorgänge aus 2018 zu einem vollkommen anderen Verfahrenskomplex dem Untersuchungsgegenstand zuzuordnen. Ich würde Sie bitten, dass Sie mir irgendwie die Relevanz für den Untersuchungsgegenstand darlegen.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: 13 Sekunden, zur Information.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Zur Geschäftsordnung.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Bitte sehr, zur Geschäftsordnung.

*****

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Es geht dabei um eine Vorlage von 2018. Das gehört zum Untersuchungsgegenstand.

Wir legen das gerne vor. Es geht um die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage, an Herrn Wolfgang Sobotka am 8. Oktober 2019 retourniert. Darin geht es um „das System PILNACEK – falsche Anfragebeantwortung zugunsten des vormaligen Generalsekretärs PILNACEK?“ Diese Anfrage wurde noch von Dr. Peter Pilz gestellt. Dabei geht es halt um diese interne Weisung. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

*****

Mich würde schon interessieren, ob das ein Einzelfall ist oder ob dort derartige Vorfälle öfters vorgekommen sind; dass Herr Pilnacek und Sie sich über die WKStA geäußert haben. – Das war nur eine Wiederholung.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Wie gesagt, ich beantworte diese Frage wirklich gerne, wenn Sie mir den Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand darlegen.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Zur Geschäftsordnung.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Bitte sehr.

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Abgeordneter David Stögmüller (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Also noch einmal: Es geht um das Beweisthema 5; das Beweisthema 5 sind die Ermittlungen in der Soko Tape. Es geht um die Zusammenarbeit der verschiedenen Staatsanwaltschaften, unter anderem die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, die Oberstaatsanwaltschaft, um Herrn Pilnacek, die gemeinsam sozusagen versuchen, in diesem Fall zu ermitteln.

Da es dort und da immer wieder Konflikte gibt, zählt das auch zu dem Untersuchungsgegenstand und muss man hier gemeinsam versuchen, diese Missstände oder dieses Missverhältnis zwischen den verschiedenen Akteuren aufzuzeigen. Genau das ist es. Wenn Herr Pilnacek schon öfters versucht hat, mit Herrn Fuchs Sachen nach außen zu spielen, ist das schon ein interessantes Vorgehen, das mich interessiert und dementsprechend auch zu dem Untersuchungsgegenstand zählt. (Verfahrensrichter und Verfahrensanwalt beraten sich.)

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Erstens, Herr Abgeordneter, diese Unterlagen, die Sie hier vorgelegt haben – ich habe sie mir aus Zeitgründen noch nicht durchlesen können –, betreffen sichtlich einen ganz anderen Fall, nämlich das Eurofighter-Verfahren.

Es war auch weiters eine Unterstellung da, dass der Herr Oberstaatsanwalt, also die Auskunftsperson, irgendetwas nach außen gespielt hätte. Auch das bedarf einer näheren Interpretation. Vorerst ist es für mich als Unterstellung zu werten.

Und drittens: Wenn Sie hier meinen, dass ähnlich diesem besprochenen Fall jetzt andere Anlässe schon da gewesen wären, so müssten wir dies doch eher näher konkretisieren. Also vielleicht können Sie das ein bisschen näher konkretisieren, Ihre Fragestellung.

*****

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Die Redezeit ist eigentlich auch schon vorbei. – Nehmen wir das in die nächste Runde mit?

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Nein, ich stelle noch eine Frage.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Bitte sehr. 5 Sekunden noch.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Diesmal bitte ohne Unterstellung!

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Aufgrund des E‑Mails: Wie wäre das Problem „nachhaltig zu lösen“ gewesen? Wäre da ein Abschaffen der WKStA im Raum gestanden?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Die Abschaffung der WKStA ist niemals im Fokus der OStA oder in meinem Fokus gestanden. Es gibt Greco-Verpflichtungen, die im Prinzip die Grundlage für die KStA, wie sie damals war, - - Das wurde auf die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ausgeweitet, und die ist aus meiner Sicht ein wesentlicher Bestandteil des staatsanwaltschaftlichen Lebens.

Also die Abschaffung war aus meiner Sicht niemals ein Thema. Ich halte das auch für falsch, ich halte es auch standesrechtlich für falsch. Wir haben dort 40 hochwertige Planstellen, mittlerweile 44, und es wäre grober Unfug, die Existenz dieser Behörde grundsätzlich infrage zu stellen.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Die Redezeit ist erschöpft.

Wir kommen zur Fraktion der NEOS. Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Krisper.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Oberstaatsanwalt, ich komme noch einmal kurz zu der Aussage in der E-Mail von Sektionschef Pilnacek: „Ich denke, man muss jetzt aktive und breite Öffentlichkeitsarbeit betreiben und insgesamt die Leistungen der WKStA hinterfragen.“, zurück.

Er schreibt: „Öffentlichkeitsarbeit“. – Das heißt, es geht um Medienarbeit, was wahrlich nicht in die Zuständigkeiten des Sektionschefs fällt; abgesehen davon, was er hier inhaltlich ausführt, vornehmen zu wollen.

Für mich zeugt es auch von einem relativen Vertrauensverhältnis, dass er Ihnen das schreibt, gerade weil das eigentlich nicht nur außerhalb seiner Zuständigkeit liegt, sondern auch eine sehr fragwürdige Idee seinerseits ist.

Wie haben Sie denn auf seine E-Mail reagiert?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich habe das überhaupt nicht kommentiert.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie haben ja angefangen mit der Korrespondenz.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Bitte?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie haben ja angefangen mit der Korrespondenz – und haben nicht weitergeführt?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Das kann ich genau gar nicht mehr sagen, wer womit begonnen hat; nein, ich glaube, eher nicht. Fest steht aber, dass wir ziemlich desperat waren, weil wir das Gefühl gehabt haben, dass wir in der Wiederherstellung einer tragfähigen Arbeitsbeziehung mit der WKStA nicht wirklich weitergekommen sind.

Sie müssen sich das vorstellen: Da gibt es eine Dienstbesprechung – das ist an sich etwas Vertrauliches, und dann stellen Sie im Nachhinein fest, dass das illegal mitgeschnitten wurde und dass der illegale Mitschnitt zum Gegenstand einer Anzeige, von der Sie erst im Nachhinein erfahren, gemacht wird. Das ist nicht unbedingt das, was ich mir unter Vertrauensbildung und Vertrauensförderung vorstelle.

Dass man da als zuständiger und verantwortlicher Vorgesetzter nicht besonders glücklich ist, aber trotzdem den Versuch unternimmt, trotz dieses Vertrauensbruches wieder ins Ermitteln und wieder in die Arbeit, für die wir eigentlich da sind, zu kommen, das war mein Bestreben.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, aber dazu kommt man, indem man negative Öffentlichkeitsarbeit betreibt oder eher durch Dialog mit der Behörde, Negation und Sonstiges?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich glaube, Sie haben mir vorher nicht zugehört. Also ich habe niemals negative Öffentlichkeitsarbeit angestrebt, betrieben. Es gibt auch keine negative Öffentlichkeitsarbeit der OStA Wien zur WKStA; sie ist eine von unseren sieben Staatsanwaltschaften. Wie gesagt, das ist für mich kein Thema.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, nur weil Sie gemeint haben, es könnte durch Ihre Aussagen nachvollziehbar werden, dass man so etwas schreibt. Für mich bleibt es weiterhin nicht nachvollziehbar.

Haben Sie diese E-Mail auch gelöscht, so wie Pilnacek?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also ich habe die sicher nicht mehr verfügbar.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Warum sicher nicht? Warum muss man die löschen?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Was heißt, warum? – Wenn ich keine E‑Mails löschen würde, dann würde ich mit den IT-Administratoren ein Dauerthema haben. Mein E-Mail-Eingang ist durchaus stark frequentiert. Das, was verfahrensrelevant ist, wird zu den Akten genommen, der Rest wird irgendwann einmal gelöscht.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das heißt, Sie sind sicher, dass Sie es gelöscht haben? War das etwas, was Sie - -

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also ich kann mir nicht vorstellen, dass es das noch irgendwo gibt.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Hm.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Das hat aber auch null Relevanz. Aus dem Mail hat sich ja nichts ergeben – außer ein Jahr später eine Riesenaufregung.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, macht nichts, die E-Mail allein sagt genug aus.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Bitte?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Die E-Mail allein sagt ja auch genug aus.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja, ich habe Ihnen erklärt, was es aus meiner Sicht aussagt.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, das ändert meine Wahrnehmung auch nicht.

Ich lege Dokument 288 vor; Vorhabensbericht der WKStA vom 4. September 2019, wo es um die Befangenheit von Niko Reith geht. Auf Seite 3 finden Sie das, was die WKStA irritiert hat, nämlich in der Mitte. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

„Auffällig ist, dass offenbar nach Erstattung des Informationsberichts durch die WKStA vom 9. August 2019 [...] die im Bericht genannte Internetseite [...]“ – von der Kandidatenliste der ÖVP aus Maria Enzersdorf – „verändert wurde. So wurde die im Informationsbericht ausdrücklich angesprochene Laufnummer 16 der Liste ,Niko Reith, Kriminalbeamter‘ durch ,16 NN‘ ersetzt [...].“

Ich wollte jetzt nur der Frage nachgehen, wie das passieren konnte. An wen ging dieser Informationsbericht der WKStA?

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Die Befragungszeit ist erschöpft, ich möchte aber die Antwort jetzt nicht unterbrechen.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Der Informationsbericht ist ein Erfahrungsbericht, also wir haben den sicher ans Ministerium weitergeleitet.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das waren Sie auch?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also ein Vorhabensbericht geht – da steht es – an die Oberstaatsanwaltschaft Wien (Abg. Krisper: Mhm!), und die Erledigung, die meine Referentin vornimmt, unterzeichne ich im Rahmen der Revision.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Fortsetzung in der nächsten Runde?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, danke, ich füge mich.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Wir kommen zur Fraktion der ÖVP. Zu Wort gelangt Abgeordneter Gerstl.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Ich darf Ihnen, Herr Oberstaatsanwalt, das Dokument 65187, Seite 72, die Befragung von Mag. Andreas Holzer, vorlegen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt. – Ruf: Ui, das ist viel!)

Wir haben das heute schon mehrfach erörtert, wegen der mangelnden Vorlage eines Berichtes an die WKStA. Herr Holzer erklärt hier in der Mitte auf Seite 72, dass es „sehr, sehr viele Anordnungen von der WKStA gegeben“ hätte, „wonach Beweismaterial, Daten, Unterlagen anderen Anklagebehörden ohne begründetes Ersuchen nicht zur Verfügung gestellt werden können“. – Damit rechtfertigte er sein Verhalten.

Kam das in Ihrer Aussprache mit dem geschäftsführenden Direktor auch zur Diskussion? Und können Sie uns dazu auch noch einen Kommentar geben?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja, es war tatsächlich so, dass im Zuge einer dieser Koordinationsbesprechungen zwischen der WKStA, der StA Wien und der Soko – ich glaube, es war die Besprechung vom 4. Oktober – die WKStA darauf bestanden hat, dass eben die Ermittlungsergebnisse, die über ihre Anordnung von der Soko zustande gebracht werden, nur mit Zustimmung der WKStA an die Staatsanwaltschaft Wien weitergegeben werden können. Man hat darauf bestanden, dass dafür ein Amtshilfeersuchen der Staatsanwaltschaft Wien erforderlich sei.

Ich persönlich war nicht erfreut über diesen sehr formalistischen Zugang, denn meine Vorstellung – aber ich bin nur ein einfacher Burgenländer – war: Es gibt eine Soko, die ermittelt den Komplex einerseits im Auftrag der WKStA und andererseits im Auftrag der Staatsanwaltschaft Wien. Und ich hätte es durchaus auch für zulässig erachtet, dass die Informationen, die jetzt die Soko sammelt, egal über wessen Anordnung, tatsächlich auch den Weg dorthin finden, wo es interessiert. Man wollte das halt vonseiten der WKStA nicht. Das war einer der Punkte, über die ich nicht so glücklich war, aber man hat sich darauf festgelegt, und mir wurde das bei dieser Besprechung am 16. Juni 2020 mit dem Direktor des Bundeskriminalamtes – und da war ja Holzer dabei – auch als Erklärung geboten. Und ja, es ist nicht ganz unplausibel, dass man aus diesem Arbeitsübereinkommen den Schluss gezogen hat, dass man tatsächlich nur die Staatsanwaltschaft informiert, die die entsprechende Anordnung erlassen hat. – Aber das ist ausgeräumt, also für mich. Ich will über dieses Thema gar nicht mehr viel reden, denn es ist für mich erledigt.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Das heißt aber, man kann sagen, es gibt oder gab ein gewisses Misstrauen der WKStA gegenüber der StA Wien, sonst hätte sie ja eine solche Anordnungen nicht getroffen, oder?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Über die Motivation kann ich wenig sagen. Ich bin halt eher ein Teamplayer und versuche, den Vorzug des gemeinsamen arbeitsteiligen Arbeitens gewinnbringend umzusetzen. Ich habe das also nicht verstanden. Was die Motivation dahinter war, weiß ich nicht.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Danke.

Dann darf ich auch noch zu dieser Besprechung am 19. August kommen, von der heute schon mehrfach gesprochen wurde, aber hier zur Auswertung von sichergestellten Daten. Da waren Sie der Meinung, dass eine Zerteilung nicht zielführend wäre. Man hat sich schlussendlich darauf geeinigt, dass die WKStA die Handys auswertet und die Polizei den Rest. Jetzt könnte man – bezüglich der Zufallsfunde, über die wir zuvor gesprochen haben – meinen, es ging Ihnen sehr darum, auch bei Handys vielleicht über Chats noch an Zufallsfunde zu gelangen – aber das ist jetzt eine Unterstellung meinerseits, die nehme ich daher gleich wieder zurück.

Warum haben Sie sich grundsätzlich gegen eine Zerteilung ausgesprochen? Hat das auch Auswirkungen in Bezug auf die Beweiswürdigung, auch, was Sie zuvor ausgeführt haben, zu Signal-Chats? Oder was war Ihre Grundlage dazu?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich darf einfach daran anschließen: Man soll sich das Leben nicht komplizierter machen, als es eh schon ist. Jetzt habe ich so einen riesigen Ermittlungskomplex mit einer Soko, zwei Staatsanwaltschaften – und jetzt hätte ich bei der Datenauswertung noch eine Zersplitterung veranlasst. Ich habe das organisatorisch für keine gute Lösung gehalten. Abgesehen davon: Wir sind Staatsanwaltschaften und wir sind keine kriminaltechnischen Untersuchungsstellen und haben im Prinzip keine Tradition und auch nur sehr wenig Erfahrung mit der Auswertung von Datenträgern. Ich weiß schon, es gibt bei der WKStA die IT-Experten, aber da braucht es ja mehr als entsprechendes Personal, da braucht es Prozesse, die definiert sind, wo es eine Qualitätssicherung gibt, eine vernünftige Struktur, Standards, die eine entsprechende Auswertung und auch eine Nachvollziehbarkeit der Auswertungsergebnisse sicherstellen. Ich habe es für ein zusätzliches Risiko gehalten, dass wir uns zu diesem Themenbereich eine zusätzliche Verantwortung auferlegen, die eigentlich so nicht notwendig gewesen wäre.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Darf ich noch zum Thema Beweiswürdigung nachfragen – in Bezug auf die unterschiedlichen Auswertung und dass das zu Schwierigkeiten führen kann.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja, ja, natürlich. Also ich glaube, dass es in einer möglichen Hauptverhandlung eine große Rolle spielen wird, wie belastbar diese Ergebnisse aus den Auswertungen tatsächlich sind, und da wäre es mir halt schon wichtig, dass man auch ein Gericht mit Laienbeteiligung davon überzeugen kann, dass das lege artis ausgewertet wurde. Und, wie gesagt, im Extremfall muss es möglich sein, dass ich dort dem Gericht genau den Prozess wieder vorspiele und er mit dem gleichen Ergebnis endet, wie er es in den Ermittlungen getan hat.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: 7 Sekunden!

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Danke. – Ich darf noch zum § 20b Strafprozessordnung kommen und nachfragen: Können Sie uns sagen, wie oft es zu dieser Heranziehung vonseiten der WKStA kommt, also dass sie Fälle an sich zieht?, beziehungsweise: Wie oft wird von anderen Staatsanwaltschaften etwas an die WKStA zur Übernahme in ihren Kompetenzbereich herangetragen? Und zu wie viel Verfahrensverzögerungen führt das, wenn immer diese Frage abgeklärt wird: Wer ist jetzt wofür zuständig? Kann es die WKStA heranziehen, ja oder nein?

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Bitte zum Abschluss kommen!

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Finden Sie, dass die derzeitige gesetzliche Determinierung eine ausreichende ist, um Klarheit für die Kompetenz der WKStA zu bringen?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Das ist sehr schön, dass ich hier in diesem Kreis der Gesetzgebung auch meine Ansicht zum § 20b deponieren darf:

Es ist ein Eingriff in die Zuständigkeit und eine Eingriffsbefugnis in das Recht auf den gesetzlichen Richter, und aus meiner Sicht hat sich diese Maßnahme nicht wirklich überzeugend bewährt. Es ist Quell für viel Unfrieden zwischen den 16 anderen Staatsanwaltschaften und der WKStA, ob jetzt Verfahren, die berichtet werden, tatsächlich übernommen werden oder nicht. Es ist in der Gesamtanzahl der Verfahren – wir haben das, glaube ich, voriges Jahr aus Anlass einer Arbeitsgruppe, wo es um Reformüberlegungen gegangen ist, ausgewertet – nur eine relativ geringe Anzahl, also eher einstellig pro Jahr, von Fällen, wo tatsächlich im Rahmen des § 20b die Zuständigkeit zur WKStA wandert, und ich glaube, dass diese geringe Zahl eigentlich diese Ausnahme vom normalen Zuständigkeitsmanagement nicht wirklich rechtfertigt. Aber das ist nur meine Einschätzung als Justizmanager.

Fest steht, dass diese Bestimmung für viel Unfrieden sorgt, dass es in der Kollegenschaft, die nicht bei der WKStA ist, schwierig ist, um Verständnis für diese Bestimmung zu werben. Und ja, die Kompetenzkompetenz ist halt ein heikles Thema, seitdem es sie gibt. Ich persönlich – das ist jetzt meine Einschätzung – würde es bevorzugen, wenn man den § 20b StPO durch eine erweiterte Delegierungsmöglichkeit der Generalprokuratur ersetzen würde. Dann hätte das im Prinzip eine andere Autorität und würde, glaube ich, auch in der Akzeptanz bei den Staatsanwaltschaften besser ankommen.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Ich darf bei dieser Gelegenheit den Hinweis geben, dass wir schon deutlich über 3 Stunden Befragungszeit sind – konkret sind wir jetzt insgesamt bei 3 Stunden und 27 Minuten. Wir haben also noch eine gute halbe Stunde Befragungszeit, denn nach 4 Stunden werde ich jedenfalls die Befragung beenden.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Holzleitner. – Bitte.

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Herr Fuchs, wir legen Ihnen jetzt das Dokument mit der Nummer 63641 vor – das ist ein Bericht der WKStA an Sie. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Bitte schauen Sie das kurz durch. Vielleicht hilft Ihnen das auf die Sprünge hinsichtlich der Frage, was die WKStA Ihnen bezüglich mutmaßlichen Gesetzeskaufs durch die Novomatic berichtet hat. Können Sie uns das wiedergeben?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Von wann ist der Bericht? Es ist nur eine Seite.

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Bericht Nummer 29 vom 28. Februar 2020.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Das entspricht eh dem, was ich gesagt habe: dass das irgendwo in die Ermittlungen schon eingeflossen sein wird – davon gehe ich eigentlich aus. Ich glaube aber, über den eigentlichen Gegenstand der Ermittlungen und über deren Fortgang ist in Wahrheit meine Auskunftspflicht auch relativ beschränkt.

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Das heißt, Sie können uns jetzt nicht wiedergeben, was die WKStA Ihnen da bezüglich mutmaßlichen Gesetzeskaufs der Novomatic berichtet hat?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich kann es Ihnen vorlesen.

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Sie können es auch zusammenfassen.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Nein. Also ich verweise auf das vorgehaltene Dokument – und ja, das ist berichtet worden.

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Was ist der Vorwurf in diesem Bericht?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Wie gesagt, ich darf auf das Dokument, das Sie mir vorgehalten haben, verweisen.

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Aber haben Sie eine Wahrnehmung zu dieser strafrechtlichen Relevanz?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja, sicher habe ich Wahrnehmungen, aber keine, die ich hier wiedergeben werde, weil es - -

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Warum nicht?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Weil es um inhaltliche Fra- - (Verfahrensrichter Pöschl: Das ist der Bereich der Gerichtsbarkeit!) – Genau. Also wir sind da im Bereich der Gerichtsbarkeit, bei Aufgaben, die der staatsanwaltschaftliche Aufgabenbereich der Gerichtsbarkeit abdeckt, und das ist eigentlich nicht Gegenstand der Auskunftserteilung an den U-Ausschuss.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Herr Verfahrensrichter, bitte.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Genau das ist der springende Punkt, Frau Abgeordnete: Das ist Teil der Gerichtsbarkeit. Das meiste, was ein Staatsanwalt zu sagen hat, das muss er auch sagen, nur das, was Gerichtsbarkeit betrifft, ist davon ausgenommen – und das ist eine Beurteilung der Entscheidungen der Staatsanwälte, weil auch ein Richter eine Beurteilung seines Urteils hier nicht vorzunehmen hat oder nicht vornehmen darf. Das ist genau der schmale Bereich, zu dem auch ein Staatsanwalt hier nicht aussagen muss: Warum ist er zu dieser Entscheidung gekommen?

Wenn Sie sich unsere Kommentare zu unserer Verfahrensordnung durchlesen, dann werden Sie das sehen. Das ist ein bisschen schwierig zu erklären, aber da würde ich meinen, dass er genau das nicht zu sagen braucht: Warum ist er hier?, und vor allem: Welche Maßnahmen sind für die Zukunft geplant? – Das sind Dinge, die er hier im Ausschuss nicht sagen darf oder jedenfalls nicht sagen muss. Ich glaube, der Herr Oberstaatsanwalt war ohnedies schon sehr freizügig und großzügig in seiner Aussage.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Bitte sehr.

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Es geht hierbei aber um den strafrechtlich relevanten Vorhalt der FPÖ.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Es ist ganz egal, worum es geht. Die Unterlage ist da, und wenn er auf diese Unterlage verweist, dann ist das hinreichend. Das zu interpretieren kann man von ihm nicht verlangen.

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Gut, dann weiter in der Befragung:

Es geht in diesem Dokument jedenfalls darum, dass hier vermutet wird, dass die Novomatic natürlich schon sehr lange Interesse an Onlinegamingkonzessionen et cetera hat und da eine Gesetzesänderung möchte. Vor diesem Hintergrund kam es zwischen FPÖ – Strache, Fuchs – und seitens Novomatic – Neumann, Graf – zu Gesprächen betreffend die Bestellung von Sidlo et cetera. Die ist mit der Hauptversammlung dann am 20.6.2018 quasi in trockene Tücher gekommen.

Jetzt legen wir aber das Dokument 16944 vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Dieses Dokument ist ein Positionspapier aus dem BMF, aus dem Finanzministerium, von Mitarbeitern des Kabinetts von Bundesminister Löger. Was lesen Sie da heraus, worum geht es in diesem Positionspapier genau?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Wie gesagt, die Bewertung von Beweismitteln ist nicht Gegenstand meiner Aussage hier, und persönliche Wahrnehmungen zu Vorgängen im Kabinett Löger habe ich keine.

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Wir sehen in diesem Bericht, den wir vorher vorgelegt haben, dass die FPÖ der Novomatic zu dieser Glücksspielgesetzänderung verhelfen soll. Jetzt stellt sich aber die Frage, wie die FPÖ alleine eine Gesetzesänderung machen kann. Das geht rein von den Mehrheitsverhältnissen im Nationalrat in der letzten Gesetzgebungsperiode logischerweise nicht, wie man sieht, wenn man sich die Mandatsanzahl anschaut.

Deshalb die Frage, wenn man sich dieses Positionspapier anschaut: Was hat die ÖVP damit zu tun, ganz konkret?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also ich denke mir: Betreffend die Wahrnehmungen zur Gesetzeswerdung bin ich, glaube ich, der am schlechtesten Qualifizierte in diesem Raum, der dazu irgendetwas sagen kann. Das wissen Sie ja alle viel besser als ich.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: 10 Sekunden noch, bitte.

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Zum Dokument: Man kann zusammenfassen, dass die ÖVP hier auf jeden Fall eine Lizenzänderung im Glücksspielgesetz herbeiführen will, ein Positionspapier verfasst, obwohl die FPÖ eigentlich schon alles in trockene Tücher gebracht hat, und die Frage ist einfach: Welchen Hintergrund hat die ÖVP, im Zuge dieser Glücksspielgesetznovelle dieses Glücksspielgesetz zu verändern?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich möchte diese Frage zum Anlass einer Klarstellung nehmen: Mein Name ist Fuchs, aber ich heiße Johann Fuchs (Heiterkeit) und habe keine Identität mit dem ebenfalls in diesem U-Ausschuss bereits als Auskunftsperson befragten ehemaligen Staatssekretär Fuchs. Ich habe keine Wahrnehmung zu diesen Vorgängen, und ich kann Ihnen dazu nichts sagen.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Die großzügig bemessene Redezeit ist auch aufgebraucht.

Wir kommen somit zur Fraktion der FPÖ. Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Graf.

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Herr Oberstaatsanwalt! Herr Sektionschef Pilnacek hat gesagt, er hat ganz am Anfang mündlich eine Weisung zur Beschaffung des Ibizavideos gegeben. Waren Sie der Adressat dieser Weisung?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also üblicherweise ist die OStA Adressat der Weisung, und wir haben an diesem Wochenende sicher ein paar Nachrichten ausgetauscht beziehungsweise auch telefoniert. Ich glaube nicht, dass er an diesem Wochenende mit jemandem anderen gesprochen oder jemandem anderen geschrieben hat. Also mit Sicherheit - -, aber es war ein Auftrag, denn wir waren uns da eigentlich einig, dass man ohne das Video in dieser Geschichte nicht weiterkommt.

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Also er hat mündlich eine Weisung – das bestätigen Sie – an die Oberstaatsanwaltschaft gegeben?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja.

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Er hat dann auf die Frage, ob das verschriftlicht wurde, weiter gesagt: Vermutlich schon, das kann er aber jetzt nicht sagen, das muss im Elak ersichtlich sein.

Wissen Sie, haben Sie Wahrnehmungen: Ist diese mündliche Weisung im Elak ersichtlich gemacht worden? Und wenn ja: Von wem?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich habe keinen Zugang zum Elak des Ministeriums. Das ist ein eigenes Aktenmanagementsystem im Ministerium. Wir haben ein anderes System. Also ich kann Ihnen - -, ich habe keine Wahrnehmungen dazu.

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Was soll das dann für einen Sinn haben, dass man eine mündliche Weisung ersichtlich macht, wenn es niemand ersehen kann?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: In Wahrheit hat es dieser Weisung ja nicht bedurft, denn wir waren uns in Wahrheit einig. Also wir waren uns einig, dass man aus Anlass der Veröffentlichung dieses Videos zunächst einmal danach trachten muss, an weitere Passagen aus dem Video heranzukommen, um eine abschließende Verdachtsbewertung vornehmen zu können.

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Können Sie sich noch an den Inhalt der Weisung erinnern?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Offen gestanden, ich kann Ihnen nur sagen: Inhalt war, dass wir zwei uns einig waren, dass wir das Video brauchen. (Heiterkeit der Auskunftsperson.)

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Warum?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Das kann ich Ihnen gut beantworten: Weil eben das veröffentlichte Schnittmaterial für die Annahme eines Anfangsverdachts alleine noch nicht ausgereicht hat, aber für eine abschließende Beurteilung, ob ein Anfangsverdacht darstellbar ist oder nicht, eben wünschenswert gewesen wäre, das ganze Material zu bekommen.

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Das heißt also, wenn man das gesamte Video nicht gesehen hat, kann man auch keinen Anfangsverdacht haben, oder?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Na ja, diese Frage haben wir ja heute eh schon mit Ihrer Kollegin debattiert. (Abg. Martin Graf: Nein, ich frage Sie das ja jetzt!) Es haben sich halt dann zusätzlich zu dem Video auch noch andere – dieses Ermittlungsverfahren ist ein dynamischer Prozess – Erkenntnisse ergeben, die eben einen Anfangsverdacht darstellbar gemacht haben.

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Genau. Und jetzt interessiert das keinen mehr, und niemand schaut sich das Video an. Ist das so?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Nein, ich persönlich halte es für handwerklich unbedingt erforderlich, dass irgendjemand sich dieses Videomaterial anschaut. Ich halte es für eine hinreichende Klärung des Sachverhalts zur Klärung der Frage, ob und wie man in dem Ermittlungsverfahren weitertut, für unerlässlich.

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Dann sind wir beide der gleichen Meinung: Es ist, um das aufzuarbeiten, unbedingt erforderlich, dass es jemand von den ermittelnden Behörden, und genauso der Untersuchungsausschuss, sehen muss, weil man es sonst nicht beurteilen können wird. Sind wir da konform?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich kann die Arbeitsweise des Untersuchungsausschusses nicht bewerten – ich bin das erste Mal da und bin überrascht, wie lange das dauert (Heiterkeit) –, aber aus diesem Anlass ist es schon wichtig, zu sagen: Wir haben auch Regeln, welche Beweismittel oder welche Dokumente wir zum Ermittlungsakt nehmen dürfen, und wir haben klare Regeln, was wir an den Untersuchungsausschuss liefern dürfen. Und die klare Regel sagt, dass wir an den Untersuchungsausschuss Ergebnisse aus elektronischen Datenträgen nur dann liefern dürfen, wenn sie gesichtet sind, wenn sie analysiert wurden und wenn am Ende dieser Analyse entschieden wurde, dass sie tatsächlich als verfahrensrelevant zum Akt genommen werden – und nur diese Dinge dürfen wir vorlegen.

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Also eine Frage in der Theorie: Wenn Sie zu dem Ergebnis kommen, dass dieses Video in der Gesamtheit für die Staatsanwaltschaft und Korruptionsstaatsanwaltschaft nicht verfahrensrelevant ist, dann würden wir das auch nicht bekommen?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Das wäre die Extremvariante, die nicht ganz ausgeschlossen ist. Ich möchte aber schon auch betonen, dass ja die Staatsanwaltschaft nicht die einzige Quelle für - -

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Na, wir können es abkürzen: Ich persönlich glaube eh auch nicht, dass da viel strafrechtlich Relevantes dahinter ist – außer in der Erzeugung! –, denn dann, wenn Leute blöd reden, ist das nicht strafrechtlich relevant, noch dazu, wenn es keine Amtspersonen oder Ähnliche sind, irgendwann im Jahre Schnee. Politisch ist es vielleicht aber interessant, und wir untersuchen hier die politische Verantwortung. Deswegen wäre es ja interessanter für uns als für die Staatsanwaltschaft und für die anderen Ermittlungsbehörden.

Nächster Komplex, kennen Sie - -

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: 10 Sekunden noch, bitte.

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Kennen Sie Karoline Edtstadler?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Kenne ich, ja.

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Die ist in der Oberstaatsanwaltschaft. Sie ist Oberstaatsanwältin in der Korruptionsstaatsanwaltschaft. Was macht sie dort, oder was hat sie gemacht?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich beantworte Ihnen die Frage wirklich gern, wenn man mir sagt, ob und inwieweit das zum Untersuchungsgegenstand gehört.

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Es geht um Postenschacher, und das ist ‑ -

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Abschlussfrage, bitte. (Abg. Martin Graf: Zur Geschäftsordnung außerhalb der Redezeit!)

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Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Der Kollege Gerstl hat zur Arbeitsweise der Korruptionsstaatsanwaltschaft und zur Unterbesetzung und Ähnlichem gesprochen. Der Ausschuss behandelt am Ende auch den Postenschacher und vieles andere mehr, und jetzt reden wir über eine Oberstaatsanwältin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Wie die Zusammenarbeit funktioniert, das ist ureigenster Gegenstand des Ausschusses.

*****

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich muss Sie wirklich um Verständnis bitten, ohne Entscheidung des Verfahrensrichters laufe ich Gefahr, dass ich Amtsgeheimnisse verletze, indem ich ungedeckt meine Wahrnehmung zu Teilen wiedergebe, die nicht Gegenstand des Untersuchungsgegenstandes sind.

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Aber vielleicht können Sie als einfacher Burgenländer mir als einfachem Wiener (Heiterkeit der Abg. Yılmaz) erklären, wie man, ohne eine Minute in der Korruptionsstaatsanwaltschaft zu arbeiten, Oberstaatsanwältin wird?

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Zu Wort gelangt der Herr Verfahrensrichter, nur einmal zur Einschätzung der Situation, ob eine Antwort notwendig ist oder nicht.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Also ich glaube, die Frage könnte die Auskunftsperson beantworten, wie man bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft Oberstaatsanwalt wird – das weiß sogar ich. Das ist aber eben so. Die Auskunftsperson wird dazu sicherlich Stellung nehmen können; er hat gesagt, er kennt Frau Karoline Edtstadler. Darüber hinaus weiß ich auch nicht, welche Frage Sie beantwortet haben wollen. Aber bitte, die Auskunftsperson möge beantworten, warum Frau Karoline Edtstadler bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft Oberstaatsanwältin ist.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Das ist ganz einfach. Sie hat sich beworben, sie wurde ernannt, und mehr Wahrnehmungen habe ich dazu nicht. Ich bin seit 1.9.2018 Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien. Diese Ernennungsvorgänge waren vor meiner Zeit.

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sie waren - -

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Die sehr großzügig bemessene Redezeit, wirklich großzügig, ausdrücklich betone ich das, ist vorbei.

*****

Wir kommen in die vierte Fragerunde. Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Stögmüller.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Hat die WKStA jemals bei Ihnen um mehr Personal angesucht?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Bitte? Die WKStA? Sie hat auch mehr Personal bekommen. Mit dem letzten Budget wurde die WKStA mit vier Oberstaatsanwaltsplanstellen zusätzlich ausgestattet. Das ist eine Erhöhung der akademischen Entscheidungsorgane um 10 Prozent, und das ist eine - -

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Arbeiten die dann tatsächlich - -

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich bin noch nicht fertig, ich wollte nur, dass Sie mir zuhören, wenn ich Ihre Fragen beantworte.

Diese Steigerung um 10 Prozent ist deutlich über dem Zuwachs bei allen anderen Staatsanwaltschaften.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Arbeiten die auch tatsächlich in der WKStA?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Es arbeiten tatsächlich 40 Vollzeit- -, jetzt dann tatsächlich 44 Vollzeitkapazitäten in der WKStA. Es kann aber sein, dass mit Teilauslastungen und Ähnlichem vielleicht der eine oder andere Zehntelprozentanteil heruntersinkt. Ich weiß ja, worauf diese Frage abzielt: Diese Mascherlplanstellen und Ähnliches, diese Planstellen, wo durch Zuteilungen die Leute zur WKStA ernannt werden, aber aufgrund von Dienstzuteilungen und Ähnlichem tatsächlich woanders ihren Dienst versehen, sind ersatzfähig. Das heißt, für die werden Ersatzplanstellen besetzt, das heißt, es ist immer das Ziel, dass 40 oder jetzt 44 bei der WKStA sind. Tatsächlich sind dorthin mehr ernannt, aber diejenigen, die dort ernannt und woandershin dienstzugeteilt sind, werden ersetzt.

Wir haben derzeit zum Beispiel eine Oberstaatsanwältin, die ist für zwei Jahre bei der Staatsanwaltschaft Liechtenstein, die wurde natürlich ersetzt, und ich habe ein oder zwei Leute im Ministerium, die wurden auch ersetzt.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Wann wurden die aufgestockt, zu welchem Zeitpunkt ungefähr?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Mit 1. Juli.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Ich lege das Dokument 774 vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Das ist ein Dokument von der WKStA an Sie. Da geht es um eine Anforderung im September 2019, wo Sie sich – ein bissel verklausuliert, muss ich sagen –, gegen eine Aufstockung von Mitarbeitern ausgesprochen haben. Warum haben Sie nicht dazumal schon, weil es so ein großes Verfahren ist, der WKStA MitarbeiterInnen zugesprochen, gerade weil auch immer wieder der Vorwurf ist, dass die WKStA so lange Verfahren hat?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Der Punkt ist der: Ich habe in meinem Sprengel sieben Staatsanwaltschaften, die größte davon ist die Staatsanwaltschaft Wien mit ungefähr 100 Vollzeitkapazitäten, die kleinste ist die Staatsanwaltschaft Krems mit fünf Vollzeitkapazitäten. Wir haben, abgesehen von den Wirtschafts- und Korruptionsstrafsachen wirklich ein großes Bündel an Aufgaben, begonnen bei Gewalt im sozialen Nahbereich über Vermögensdelinquenz allgemeiner Art bis zu organisierter Kriminalität und Ähnlichem. Meine Aufgabe als Spitze der Oberstaatsanwaltschaft Wien ist, die Ressourcen, die wir haben, so zu verteilen, dass wir das Wirkungsziel der Staatsanwaltschaften insgesamt – und das ist eine konsequente Strafrechtsdurchsetzung – überall sicherstellen können.

Wenn ich 50 Staatsanwälte mehr für den Sprengel kriege, dann muss natürlich adäquat auch etwas für die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft abfallen, aber wenn ich sage, die WKStA wäre mit zusätzlichem Personal zu unterstützen, dann würde das heißen, dass eine andere Staatsanwaltschaft um das weniger hat.

Das zusätzliche Problem, das wir dabei haben, ist, dass die Entscheidungsorgane bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft – und damit bin ich auch wieder bei Ihrer Frage – alle Oberstaatsanwälte sind. Das haben wir bis auf die Oberstaatsanwaltschaft sonst nirgendwo. Die Staatsanwälte bei den anderen Staatsanwaltschaften sind im St 1, also in der unteren Gruppe, und es ist praktisch nur mit Zuteilungslösungen, die ja auch nicht wirklich überzeugend sind, möglich, Personal, aber eigentlich unterdotiert, zur WKStA zu bringen. Das heißt, eine nachhaltige Aufstockung des Personals bei der WKStA geht tatsächlich nur so, wie es jetzt auch passiert ist – und dafür sind wir auch der Frau Bundesminister sehr dankbar –: mit einer Aufstockung des Personals an St-2-Planstellen für die WKStA, und das wurde tatsächlich auch so durchgeführt.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Das heißt, es gibt ein politisches Kalkül dahinter, dass man nicht schon 2019 mehr Planstellen dafür zugeteilt hat – denn 2020 ging es ja,

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Nein, da geht es um Fragen des Personaleinsatzes. Ich habe im Sprengel 225 Staatsanwälte, davon sind 40 OStAs bei der WKStA.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Warum ging es erst jetzt und nicht 2019 schon, als man so einen riesigen Fall wie Ibiza hatte, die WKStA aus allen Nähten platzte, um Personal ansuchte? Sie sagen, es gibt nicht mehr Personal, man soll umstrukturieren, 2020 mit der neuen Bundesministerin geht es plötzlich. Ich frage Sie: Warum ging das dazumal nicht, wo wurde blockiert, dass man nicht mehr Personal gefunden hat?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich bin nicht der Gesetzgeber (Abg. Stögmüller: Es war politisch?!), der Budgets beschließt.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Das heißt, es war politisch?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich bin kein Politiker und denke daher auch nicht in politischen Kategorien.

Ich versuche mit den Ressourcen, die ich zur Verfügung gestellt bekomme, so zurechtzukommen, dass wir unsere Aufgaben überall gut erfüllen. Natürlich, wenn das passiert, dass wir Planstellen dazubekommen, wie es jetzt passiert ist, dann bin ich als Chef der OStA glücklich.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Ich glaube auch gar nicht, dass es Ihre Schuld ist, aber noch einmal: Man hat eine WKStA, eine Staatsanwaltschaft, die in Österreich Korruption aufdeckt, die mit Personalmangel kämpft, die Personal anfordert, es nicht zugeteilt bekommt, obwohl immer lange Verfahren, große Verfahren gegen PolitikerInnen anstehen. Also, das ist schon eine Sache, die hinterfragenswert ist. Auf der einen Seite reden Sie mit Pilnacek über die Problematik in der WKStA, es gibt Probleme, etwa die langen Verfahrensdauern, und auf der anderen Seite wird von politischen Akteuren halt kein Personal zugeteilt. Also ich sehe da schon ein Konstrukt, ein System dahinter.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Bitte zum Schluss zu kommen.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Das war mein Schlussstatement. – Danke.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Das war dann somit eine Punktlandung. (Abg. Martin Graf: Deswegen ist ja in der Chorherr-Geschichte nie etwas weitergegangen!)

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ich will die Gelegenheit nicht ungenützt lassen.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Am Wort ist Herr Mag. Fuchs. – Bitte.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Wir haben solche Themen in anderen Kriminalitätsbereichen genauso. Ich würde den Bereich, wo es um Gewalt im sozialen Nahbereich geht, genauso gerne mehr unterstützen, und ich würde andere Bereiche, wurscht ob das jetzt OK oder Suchtgiftkrim- - also, dieses Thema zieht sich ja quer durch das Thema der Strafverfolgung durch. (Abg. Stögmüller: Aber das sind ja nicht so große Fälle, das müssen Sie zugeben!)

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Gut, wir sind jetzt fast im Budgetausschuss angelangt. Wir kommen zur nächsten Fraktion.

Ich darf den Hinweis geben: Wir haben insgesamt noch 8 Minuten Befragungszeit.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Krisper.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Oberstaatsanwalt, ich komme zurück zum Vorhabensbericht wegen Befangenheit Niko Reith, mit dem ich vorher aufgehört habe, diesem Informationsbericht der WKStA vom 9. August, wo ich Sie gefragt habe, an wen der ging: Er ging mal an Sie und dann hierarchisch weiter (Auskunftsperson Fuchs: Ja!) in die Höhe. Haben Sie Wahrnehmungen dazu, wie Niko Reith von diesem Bericht erfahren konnte, weil dann schließlich auf der Website sein Eintrag auf Anonym verändert wurde?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also ich habe keine Wahrnehmungen dazu. Ich kenne Herrn Reith auch gar nicht. Aber wie gesagt, das ist nicht der einzige Informationsabfluss in diesem Verfahren.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Haben Sie sich mit Herrn Holzer darüber unterhalten?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Nein.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Mit Niko Reith auch nicht?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Nein, ich habe - - Ich kenn den gar nicht.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Dann wollte ich noch zu dem Punkt kommen, dass Sie sich ja beim Gespräch mit Vizekanzler Jabloner sehr dafür eingesetzt haben, dass die Datenauswertung beim Bundeskriminalamt vorzunehmen ist. Aus dem Revisionsbericht vom Mai 2018 zur WKStA ergibt sich folgende Analyse. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Vorletzter Absatz: „Bei besonders langer Verfahrensdauer bzw signifikanten Verfahrensverzögerungen konnten als ausschlaggebende Ursachen überwiegend Gründe außerhalb des Verantwortungsbereiches der zuständigen Referenten ausgemacht werden, nämlich insbesondere das Hinzukommen neuer Sachverhalte während eines anhängigen Ermittlungsverfahrens, begrenzte Ressourcen im polizeilichen Ermittlungsbereich, schleppende Ermittlungen der Finanzbehörden, begrenze Ressourcen vor allem im Buchsachverständigenbereich, die Dauer des Auswertungsprozesses sichergestellter elektronischer Daten“

Das heißt, der Revisionsbericht kam schon im Jahr 2018 zu dem Ergebnis, dass es aufgrund der begrenzten Ressourcen bei besonders langen Verfahren sogar hinderlich ist, die Auswertung sichergestellter elektronischer Daten nur im polizeilichen Ermittlungsbereich vornehmen zu lassen. Worauf stützt sich denn Ihre Meinung, dass gerade, Zitat, der bewährte Apparat des Bundeskriminalamts der richtige Ort wäre, um da effizient und schnell die Datenauswertung vornehmen zu lassen?

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Die Fragezeit ist leider erschöpft, aber natürlich hören wir noch die Antwort.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Tatsache ist, dass wir als Staatsanwaltschaften keine Tradition bei der Auswertung von Daten und auch keine gewachsenen Strukturen haben. Bei der Kriminalpolizei gibt es die. Natürlich, das stimmt ja, dass der Bereich der Datenauswertung - - Wenn wir länger Zeit hätten, könnte ich Ihnen viel dazu erzählen, aber dass das ein wunder Punkt ist, wo wir in Summe besser werden müssen, ist vollkommen klar. Tatsache ist, beim Bundeskriminalamt gibt es eine Struktur, bei uns dafür keine gewachsene, und es wurde uns vonseiten der Soko versichert, dass sie das übernehmen können und auch in einer vernünftigen Zeit so abwickeln können.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Wir kommen zur Fraktion der ÖVP. Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gerstl.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Oberstaatsanwalt! Wie lange dauern Abklärungen nach § 20b, wer zuständig ist, und um wie viele Monate verzögert sich dadurch das Verfahren im Durchschnitt?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Das ist jetzt schwer. Ich habe dazu keine Statistikdaten. Wenn man jetzt den ganzen Prozess hernimmt - - Das heißt, der Vorgang ist ja der: Die örtlich zuständige Staatsanwaltschaft, dort fällt der Sachverhalt an, meint, das übersteigt ihre Möglichkeiten, und die Voraussetzungen des § 20b liegen vor, dann verpacken die die Argumentation in einen Bericht. Das ist schon einiges an Aufwand. Dann geht der Bericht zur WKStA, und die WKStA prüft den Bericht und entscheidet dann, ob sie das nimmt oder nicht. Ich glaube, der Prozess kann in 14 Tagen erledigt sein, kann aber auch einen Monat dauern. Also wenn es keine unnötigen Komplikationen gibt, sollte das wohl in dieser Zeit zu erledigen sein. Aber wie gesagt, das ändert ja nichts an der Brisanz des Eingriffs in die Zuständigkeit insgesamt.

Der zweite Punkt ist mir auch noch ganz wichtig. In diese Kompetenz der Kompetenz gibt es auch keine Möglichkeit seitens der OStA oder seitens der Fachaufsicht einzugreifen. Das heißt, ich kann zum Beispiel der WKStA keine Weisung erteilen, etwas nach § 20b zu übernehmen. Das hat bei dem einen oder anderen Verfahren schon auch zu Unstimmigkeiten mit Staatsanwaltschaften in anderen OStA-Sprengeln geführt, wo dann schon eine Korrespondenz einsetzt, hin und her, und in Wahrheit sind das leere Kilometer.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Haben Sie Wahrnehmungen zu Evaluierungen im Bereich der WKStA, wie erfolgreich Nichtigkeitsbeschwerden der WKStA sind?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Also ich habe keine Wahrnehmungen dazu. Es gibt aber eine Arbeitsgruppe aus dem Jahr 2019, die eigentlich eine grundsätzliche Evaluierung vorschlägt, ob und wie sich das aktuelle Konzept bewährt und wie man es verbessern kann. Ich könnte mir vorstellen, dass das auch Thema werden könnte, aber aktuell ist das kein Thema.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Wann rechnen Sie damit, dass diese Arbeitsgruppe zum Schluss, zu einem Ergebnis kommt?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Die Arbeitsgruppe wurde 2019 mit bestimmten Empfehlungen beschlossen. Ob und wann die aufgegriffen werden, das liegt nicht in unserer Ingerenz.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Werden Sie informiert, wenn es eine neue Geschäftseinteilung in der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gibt, oder wird die irgendwo publik gemacht?

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja, die wird im Intranet publik gemacht und wir bekommen die auch, wenn geändert wird.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Okay. Also Intranet heißt nicht Internet, nicht öffentlich.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Ja. (Abg. Gerstl: Danke!)

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Sie sind fertig mit der Befragung? Wir kommen dann somit noch zur Fraktion der SPÖ. Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Holzleitner. Wir haben insgesamt noch 1 Minute 30 Sekunden.

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Mir ist auf jeden Fall jetzt schon aufgefallen, dass wir Ihnen einen Bericht vorgelegt haben, der an Sie gegangen ist, wozu Sie kaum ausgeführt haben. Wenn aber die ÖVP zu irgendwelchen sehr banalen Dingen fragt, fallen Ihre Antworten sehr ausführlich aus, das wollte ich nur einmal klarstellen.

Was ich auch noch mal sagen möchte, ist: Wir haben Ihnen mehrere Dokumente vorgelegt, über – nennen wir es mal gelinde so – Informationsaustausch zwischen Novomatic, ÖVP, BMF, gerade in Richtung Glücksspielgesetzänderungen.

Was uns wichtig ist, hier festzuhalten, ist, dass wir auf jeden Fall eine Sachverhaltsdarstellung einbringen werden, denn diese Dokumente, die irgendwo einen ÖVP-Novomatic-Deal darlegen, liegen der WKStA anscheinend nicht vor – deswegen eine Sachverhaltsdarstellung. Das muss auf jeden Fall näher beleuchtet werden, das ist uns sehr wichtig, dass auch da Licht in die Sache gebracht wird. – Danke schön.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Wir haben dann noch insgesamt, Herr Abgeordneter Graf, 30 Sekunden Befragungszeit. Ich erteile Ihnen das Wort.

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Ich gehe noch einmal ganz kurz zurück: Wenn man als Edtstadler von 2011 bis 2014 bei Herrn Pilnacek in der Sektion IV arbeitet, dann dort sieben Monate ist, bevor man Referent im Kabinett des Herrn Minister Brandstetter wird, und dann Anfang 2015 ernannt wird - - Sie haben gesagt, sie hat sich beworben, sie ist aber nie dorthin gegangen, sie ist in der Verwendung geblieben und dann zum EuGH weitergegangen.

Meine Frage lautet jetzt: Können Sie uns ein Motiv dafür nennen, dass man sich um einen Posten bewirbt, den dann aber nie antritt, sondern sich immer woandershin versetzen lässt? Was ist die Motivlage? Ich will das wissen – als einfacher Wähler.

Mag. Johann Fuchs, LL.M.: Der einfache Burgenländer sagt: Ich habe die Bewerbungen nicht geschrieben, ich kann Ihnen daher auch zum Motiv nichts sagen.

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Kann ein Motiv sein, dass das ein besser dotierter Posten ist, bei dem man mehr Geld verdient? Ist das in der Republik Österreich möglich, glauben Sie? (Ruf: Nein! – Heiterkeit.)

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Meine Damen und Herren, ich darf festhalten, dass die Befragungsdauer gemäß § 37 Abs. 4 Verfahrensordnung bereits 4 Stunden beträgt, und ich erkläre die Befragung hiermit für beendet.

Ich darf mich bei der Auskunftsperson Mag. Johann Fuchs, LL.M. für die ausführliche Beantwortung der Fragen sehr bedanken und darf Ihnen noch einen schönen Abend wünschen.

Die Befragung weiterer Auskunftspersonen ist für heute nicht mehr vorgesehen.

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