124/KOMM XXVII. GP

 

Kommuniqué

des Untersuchungsausschusses betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung (Ibiza-Untersuchungsausschuss) (1/US XXVII.GP)

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Mag.a Ilse-Maria Vrabl-Sanda in der 27. Sitzung vom 3. Dezember 2020

Der Untersuchungsausschuss betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung (Ibiza-Untersuchungsausschuss) hat in seiner 31. Sitzung am 27. Jänner 2021 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO­UA) beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Mag.a Ilse-Maria Vrabl-Sanda nach der erfolgten Entscheidung über Einwendungen und Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

 

 

Wien, 2021 01 27

                               Mag. Ernst Gödl                                                       Mag. Wolfgang Sobotka

                                     Schriftführer                                                                          Vorsitzender

 


 

Untersuchungsausschuss

BETREFFEND MUTMAẞLICHE KÄUFLICHKEIT DER türkis-blauen Bundesregierung
(Ibiza-Untersuchungsausschuss)


Stenographisches Protokoll

27. Sitzung/medienöffentlich

 

Donnerstag, 3. Dezember 2020

 

XXVII. Gesetzgebungsperiode

Gesamtdauer der 27. Sitzung
9.05 Uhr – 20.18 Uhr

 

Camineum

Befragung der Auskunftsperson Leitende Staatsanwältin Hofrätin Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Frau Hofrätin Vrabl-Sanda, ich darf Sie auch im eigenen Namen hier begrüßen.

Sie werden vor dem Untersuchungsausschuss zur mutmaßlichen Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung als Auskunftsperson zu folgenden Themenbereichen vernommen: 1. Managemententscheidungen bei der Casinos Austria AG; 2. Reform und Vollziehung bestimmter Teile des Glücksspielgesetzes; 3. Begünstigung von Dritten; 4. Neustrukturierung der Finanzaufsicht; 5. Ermittlungen in der Ibiza-Affäre; 6. Beteiligungsmanagement des Bundes; 7. Personalpolitik in staatsnahen Unternehmen; 8. Verdacht des Gesetzeskaufs.

Sie haben mit der Ladung eine schriftliche Belehrung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson erhalten. Ich weise Sie auf diese schriftliche Belehrung hin. Ich brauche Ihnen das nun zwar nicht im Einzelnen zu erklären, völlig klar, aber der guten Ordnung halber mache ich es doch: Sie sind verpflichtet, die an Sie gerichteten Fragen wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann gemäß § 288 Abs. 3 StGB wie eine falsche Beweisaussage vor Gericht geahndet werden.

Es besteht vor dem Untersuchungsausschuss kein generelles Recht zur Aussageverweigerung. Die Aussageverweigerungsgründe konnten Sie der mit der Ladung zugestellten schriftlichen Belehrung entnehmen. Die Gründe für eine Aussageverweigerung sind anzugeben und über Verlangen glaubhaft zu machen.

Auch weise ich Sie auf die bereits schriftlich mitgeteilte Geheimhaltungspflicht nach dem Informationsordnungsgesetz hinsichtlich klassifizierter Informationen hin. Dies gilt auch noch nach Beendigung der Befragung.

Dem Untersuchungsausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden. Heute vorgelegte Unterlagen dürfen weder von Ihnen noch von der Vertrauensperson an sich genommen werden. Weder Sie noch Ihre Vertrauensperson dürfen davon Kopien, Notizen oder Auszüge anfertigen.

Sie sind berechtigt, Beweisstücke vorzulegen, die Zulässigkeit an Sie gerichteter Fragen zu bestreiten und den Ausschluss der Öffentlichkeit jederzeit zu beantragen.

Nun zu Ihnen, Frau Kollegin Täubl! Sie haben Ihre Generalien eingangs angegeben; sie sind richtig.

Ich darf auch Sie, obwohl Sie das alles genau wissen, über die strafrechtlichen Folgen einer falschen Aussage belehren. Auch eine allfällige Mittäterschaft an einer vorsätzlich falschen Aussage ist strafbar.

Auch für Sie gilt das Informationsordnungsgesetz.

Die Auskunftsperson kann Sie als Vertrauensperson jederzeit um Rat fragen, Sie selbst sind jedoch nicht berechtigt, das Wort im Untersuchungsausschuss zu ergreifen. Bei Verletzung der Verfahrensordnung oder Eingriffen in die Grund- und Persönlichkeitsrechte der Auskunftsperson können Sie sich unmittelbar an den Verfahrensrichter oder an den Verfahrensanwalt wenden.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Vielen Dank, Herr Verfahrensrichter.

Ich wende mich an die Auskunftsperson: Als Auskunftsperson haben Sie das Recht, eine einleitende Stellungnahme abzugeben. Diese soll 20 Minuten nicht überschreiten.

Wollen Sie von diesem Recht Gebrauch machen? (Die Auskunftsperson bejaht dies.) – Ich bitte darum. Sie sind am Wort.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Herr Verfahrensrichter! Herr Verfahrensanwalt! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! In Wahrheit, muss ich sagen, geht es heute ja nicht um mich, sondern es geht um die Arbeit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, jener Staatsanwaltschaft, die aus meiner Sicht in der Strafverfolgung und in den Verfahren, die die Republik auch interessieren, eine besonders wichtige Rolle hat. Sie kennen sie mittlerweile sehr gut, weil Sie sie alle zwei Monate vorgelegt bekommen. Ein sehr großer Verfahrenskomplex, über den wir heute reden - -, und ich spreche daher nicht über meine Person, möchte ich dazusagen, sondern eben über diese Arbeit im Dienste der Strafverfolgung.

Gleich vorweg: Mit Erkenntnissen zu Details aus Ermittlungsschritten, Ermittlungsergebnissen und dergleichen kann ich heute wahrscheinlich nicht dienen. Meine Aufgabe ist auch nicht das Ermitteln. Ich kann darüber aufklären, wie in der WKStA gearbeitet wird, also was die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft tut und welche Umstände eine Rolle spielen, dass sie ihre Aufgabe auch erfüllen kann – ihre Aufgabe, die sozusagen zu Recht von der Gesellschaft erwartet wird –, wie sie arbeitet, welche Bedingungen herrschen müssen, damit sie eben entsprechend effizient und zielgerichtet arbeiten kann. – Das ist mein erstes Thema.

Mein zweiter Punkt wird sein: Aufgabe der Leitung der Justizverwaltungsorgane.

Und zuletzt lassen Sie mich bitte auch grundsätzliche Überlegungen, in welchem rechtlichen Rahmen sozusagen die staatsanwaltschaftliche Arbeit stattfindet, anbringen.

Zunächst zum organisatorischen Aufbau: Die WKStA an sich, möchte ich sagen, da ja teilweise viele Gerüchte herumgegangen sind – deshalb sage ich etwas dazu, wie wir denn so arbeiten –, ist im Grunde genommen genauso wie jede andere Staatsanwaltschaft auch aufgebaut, mit der großen Ausnahme, dass wir eine - - oder der Veränderung, dass wir viel mehr Flexibilität in unseren Verfahren benötigen, und zwar deshalb, weil es ganz spezifische Verfahren sind, wo es den Normakt sozusagen mit einem bestimmten Arbeitsaufwand nicht gibt. Die sind alle höchst, höchst unterschiedlich, und daher muss der Kapazitätseinsatz sozusagen ein besonders flexibler sein.

Wir haben keine Gruppenleiterplanstellen. Als die Staatsanwaltschaft entwickelt wurde und eingeführt wurde, ist das nicht gemacht worden. Die Gruppenleiteraufgaben sind aber aus meiner Sicht ganz, ganz essenzielle. Gerade bei so besonders großen, komplexen Verfahren mit mehreren Strängen ist es aus meiner Sicht ganz essenziell, dass sich da kein Staatsanwalt sozusagen alleingelassen findet. Daher sind die Gruppenleiteraufgaben notwendig und aus unseren Gesamtkapazitäten, die wir eben haben, entsprechend einzuteilen.

Dazu muss ich auch sagen: Da es keine Planstellen gibt und das vielleicht auch ein wenig kompliziert ist, kann ich ganz klar sagen: Die Gruppenleiter in der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft sind nicht solche, die als Gruppenleiter ernannt sind, aber sie werden beauftragt und betraut mit den Themen, die die Gruppenleiter grundsätzlich in einer Staatsanwaltschaft haben, und sie bekommen dafür anders als in anderen Staatsanwaltschaften keine gesonderte Entlohnung.

Die Aufgabe ist unentbehrlich, wir haben aber viele andere Aufgaben sozusagen, die innerhalb einer Staatsanwaltschaft zu führen sind; bei der WKStA ganz besonders viele andere, die außerhalb der Kernaufgaben des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens liegen. Wir brauchen dazu doch durchaus einiges an Kapazitäten.

Weil die Verfahren so groß sind, brauchen wir die Flexibilität, die ich angesprochen habe, und das bezieht sich auch auf die Teambildung. Wir haben seit einigen Jahren ja die Möglichkeit, auf Basis eines Erlasses des Bundesministeriums, dass die Akten oder Aktenkomplexe, sachlich zusammenhängende Verfahren von einem Team geführt werden und nicht von einem einzelnen Staatsanwalt. Das ist natürlich sehr sinnvoll, und wir machen nach Möglichkeit jedenfalls davon Gebrauch, und die Möglichkeit ist nur bedingt oder beeinträchtigt sozusagen durch die Gesamtkapazitäten, die wir haben. Natürlich wäre es gut, wenn in allen großen Verfahren ein Team bearbeiten könnte, aber wir müssen eben mit den vorhandenen Kapazitäten arbeiten. Das richtet sich nach der Belastungssituation in den einzelnen Referaten. Und wir können auch nichts liegen lassen. Das heißt, auch neue Arbeit muss verteilt werden, auch wenn schon alle voll ausgelastet sind.

Die WKStA ist zuständig für die großen Wirtschafts- und Korruptionsstrafverfahren, aber auch für Strafverfahren wegen wettbewerbsbeschränkender Absprachen, auch durchaus komplexe und große reine Wirtschaftsverfahren, wo Korruptionsgedanken sozusagen keine Rolle spielen, Kridaverfahren, auch gewerbsmäßige Schwarzarbeit und einiges mehr. Es sind sozusagen diese gemischten Verfahren, wie es auch von unserer Zuständigkeit her vorgesehen ist, ungefähr 20 Prozent der offenen Verfahren, die wir führen. Ich kann aber schon sagen, dass es ohne eingehende Kenntnisse der wirtschaftsrechtlichen Vorgänge oder der wirtschaftlichen Zusammenhänge in vielen Verfahren gar nicht möglich sein würde, auch in den Korruptionsverfahren sozusagen, die Sachverhalte im Zusammenhang richtig zu erfassen und einzuordnen. Deshalb ist diese vom Gesetzgeber vorgesehene Kumulierung der Zuständigkeit für Wirtschafts- und Korruptionsverfahren nicht nur sinnvoll, sondern aus meiner Sicht geradezu essenziell.

Wie viele Verfahren führen wir? – Das kann ich kurz beantworten mit: ungefähr 210. Es schwankt zwischen 210 bis 230. Derzeit sind es 210 offene Ermittlungsverfahren gegen rund 2 400 Beschuldigte. Wir führen auch Verfahren gegen unbekannte Täter in einer wesentlich geringeren Anzahl und wir führen natürlich auch Verfahren, wo Rechtshilfe für das Ausland geleistet wird, und einige andere mehr. Ich rede jetzt aber nur von den offenen Ermittlungsverfahren gegen bekannte Täter.

Davon sind rund 40 Prozent, nämlich rund 80 Verfahren, sogenannte Großverfahren. Was ist das? – Die Oberstaatsanwaltschaft, in jedem Sprengel, hat die Möglichkeit, ein besonders komplexes, ein besonders großes, umfängliches Verfahren als Großverfahren zu qualifizieren, wenn es bestimmte Kriterien oder Merkmale erfüllt, die in einem Erlass des Bundesministeriums festgelegt sind. Die WKStA führt rund zwei Drittel aller österreichweiten Großverfahren; Großverfahren gibt es ja nicht nur in Wirtschaftssachen, sondern gibt es auch in anderen Kategorien. Einige unserer Großverfahren haben so viele Handlungsstränge, dass diese für sich allein genommen schon die Qualifikation eines Großverfahrens erfüllen würden. Dort, wo es von den Kapazitäten her nur irgendwie möglich ist – das habe ich schon gesagt –, werden wir in so einem Großverfahren eine Teambildung erreichen wollen, wenn das geht, sodass die Arbeit sozusagen untereinander aufgeteilt werden kann und man sich gegenseitig unterstützen kann.

Diese Verfahren, die ich Ihnen gesagt habe, werden jetzt von den Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwälten in der WKStA geführt. Wir sind im Oktober mit meiner Person 39 gewesen, zufolge Teilauslastungen aber ein bisschen weniger, also rund 38, und das ändert sich jeden Monat, weil KollegInnen auch ausländischen Einrichtungen zugeteilt werden, weil sie in Elternkarenz gehen, in Papamonat. Im Dezember ist jetzt eine Kollegin dazuernannt worden und einer ist von einer Zuteilung zurückgekommen. Also das ist etwa die Größenordnung.

Zu den vorhandenen Kapazitäten habe ich Ihnen gesagt, dass wir außer das reine Ermitteln in Strafsachen auch sehr viele andere Aufgaben haben, die Kapazitäten brauchen. Das sind Aufgaben, die wir machen müssen. Das suchen wir uns nicht aus, das ist uns sozusagen aufgetragen und deshalb auch staatsanwaltliche Aufgabe. Ich nenne da beispielsweise das Hinweisgebersystem in der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, das ja im Jahr 2013 eingeführt wurde, das sozusagen über eine ganze Vollzeitkapazität braucht; aufgeteilt haben wir das auf mehrere Oberstaatsanwälte.

Ich erwähne auch die Medienstelle. Sie müssen ja nur die Medien konsumieren, was Sie ja tun, und werden sehen, dass kaum ein Tag vergeht, wo nicht ein Verfahren in irgendeinem Medium relevant ist. Das ist eine Aufgabe, die besonders viele Kapazitäten braucht; da brauchen wir mehr als eine Vollzeitkapazität.

Ich möchte schon auch betonen, dass die KollegInnen der Medienstelle Enormes leisten, und zwar insbesondere auch deshalb, weil sie ja regelmäßig zur Verfügung stehen müssen, auch außerhalb normaler Arbeitszeiten, sprich abends, an den Wochenenden, an Feiertagen. Und diese Tätigkeit wird anders als bei anderen Staatsanwaltschaften überhaupt nicht zusätzlich entlohnt. Es gibt für uns kein Journal- oder Bereitschaftsentgelt oder irgendetwas dergleichen.

An zusätzlichen anderen Aufgaben kann ich auch noch zum Beispiel die Bearbeitung der Auskünfte aus dem Verbandsregister nennen.

Sie sehen also, wenn man diese ganzen Aufgaben berücksichtigt, bleibt nicht die Zahl übrig, die ich Ihnen vorhin genannt habe, also 39 Personen oder von den Planstellen her jetzt 44, die für die reinen Ermittlungen in Strafverfahren zur Verfügung stehen.

Es ist kaum möglich, dass ein staatsanwaltschaftliches Team oder überhaupt ein Referent nur ein Verfahren bearbeitet und sich nicht gleichzeitig auch auf andere Verfahren konzentrieren muss. Das geht sich schlicht und ergreifend nicht aus, dazu muss man nur eine leichte Durchschnittsrechnung machen. Ich möchte damit sagen, dass auch die normalen Instrumente, die man bei großen Verfahren zur Verfügung hat für die Entlastung in einem einzelnen Referat, bei uns nicht gut zur Verfügung stehen. Das wäre zum Beispiel die Sperre eines Referats gegen Neuanfall, also dass es keine neuen Verfahren dazubekommt. Wir müssten mittlerweile schon alle Referate sperren, und niemand könnte mehr einen Neuanfall behandeln. Das heißt, es geht nicht, wir müssen das aufteilen, und das hat natürlich Einfluss und Auswirkungen auf die Verfahrensdauer.

Ich denke, diese Zahlen veranschaulichen auch, dass wir für die große Aufgabe der Strafverfolgung in Korruptions- und Wirtschaftsstrafsachen personell quantitativ trotz des Wachstums in den letzten Jahren noch nicht ausreichend gut aufgestellt sind.

Meine Aufgabe in der Justizverwaltung – als mein zweiter Punkt –: Ich möchte sagen, die Justizverwaltung hat für mich keinen Selbstzweck. Ich sehe das so, dass es meine Aufgabe als Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft – und ich habe immer gesagt, es ist nicht das Ermitteln, ich arbeite nicht in den Akten –, dass es meine Aufgabe ist, dafür zu sorgen, im weitesten Sinne, dass Umstände herrschen oder geschaffen werden können, dass die Oberstaatsanwältinnen und Oberstaatsanwälte der WKStA möglichst ungestört von unsachlichen Einflüssen ruhig und fachlich sicher und konzentriert ihren Aufgaben nachkommen können. Das wird für die KollegInnen in der WKStA immer schwieriger. Das erkennen wir nun konkret – und vor allem auch in diesem Verfahrenskomplex. Es wird auch für mich immer schwieriger, dafür zu sorgen, dass ich diese Umstände überhaupt herbeiführen oder bewirken kann. Dass die KollegInnen dennoch mit aller Kraft und mit allem Eifer, also mit bestem Wissen und Gewissen an der Aufklärung der Sachverhalte arbeiten und dass sie schon so weit gekommen sind, gerade auch im Verfahrenskomplex Ibiza, ist bloß ihrem weit über dem erwartbaren Ausmaß liegenden Engagement und ihrem Elan und ihrer besonders hohen fachlichen Expertise zu verdanken. Sie, sehr geehrte Damen und Herren, erkennen diese ja, Sie kennen ja die Akten, Sie sehen ja, was die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft da tut und was da für eine Expertise dahintersteckt.

Die Ermittlungen sind, wie ich gehört habe, in einzelnen Strängen schon gut vorangeschritten, und das ist angesichts der bisherigen Verfahrensdauer und des Umfangs dieser Ermittlungen aus meiner Sicht höchst bemerkenswert und erfreulich. Ich stehe auch nicht an, mich bei den KollegInnen regelmäßig für ihre Arbeit zu bedanken, denn sie machen sie sauber, sie machen sie gewissenhaft und zielstrebig; so wie im Übrigen auch in den anderen Verfahren der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, die nicht so im Fokus der Öffentlichkeit stehen, durchaus regelmäßig gearbeitet wird.

Ich bin deshalb überzeugt, dass die KollegInnen so engagiert und gut arbeiten können, weil sie so wie ich den Sinn in ihrer gesetzlichen Aufgabe erkennen, weil die WKStA eben gerade für solche großen Wirtschafts- und Korruptionsstrafverfahren eingerichtet wurde und weil die Gesellschaft zu Recht erwartet, dass wir unserer gesetzlichen Aufgabe nachkommen und auch diese schwierig zu führenden brisanten Verfahren im Sinne von Hinschauen und den Sachverhalt aufklären bearbeiten. Dieser besonderen Zuständigkeit können wir natürlich grundsätzlich mit besonderer Expertise entsprechen.

Es ist Ihnen, die Sie die Akten kennen, aber sicherlich nicht entgangen, dass wir da einigen Unwägbarkeiten, die von außen kommen, begegnen, und deshalb jedenfalls, vielleicht mit Ausnahme der technischen Ausstattung, nicht annähernd günstige Arbeitsumstände haben. Diesen Unwägbarkeiten adäquat zu begegnen, sie allenfalls auszuräumen, zu begradigen oder aufzulösen, das ist mir leider noch nicht gelungen.

Es stellt sich für mich die Frage, ob sich die KollegInnen überhaupt in diesem großen Verfahrenskomplex irgendwann primär auf die Ermittlungen konzentrieren können und wie lange sie diese massive Inanspruchnahme für Themen, die außerhalb der eigentlichen und für sich schon genug anstrengenden und fordernden Tätigkeit der Verfahrensleitung liegen, aushalten. Das sage ich, obwohl ich weiß, dass die Belastungsgrenze, um nicht zu sagen die Schmerzgrenze, bei unseren Oberstaatsanwältinnen und Oberstaatsanwälten schon sehr hoch ist; wir sind ja schon einiges gewöhnt.

Es ist ja kein Geheimnis, dass die Staatsanwaltschaft, die entsprechend ihren Aufgaben die großen Korruptionsfälle verfolgt, im Sinne der Allgemeinheit agiert und im Sinne der Gesellschaft handelt und dort von den Menschen als notwendige und als sinnvolle Einrichtung anerkannt und akzeptiert ist. Das ist übrigens zuletzt auch in einem Rule of Law Report der Europäischen Kommission festgehalten worden, der die Bedeutung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hervorgestrichen hat.

Es ist auf der anderen Seite auch zu erkennen, dass diejenigen, die Gelegenheit zur Begehung derart schwerwiegender Korruptions- und Wirtschaftsstraftaten haben, von dieser Staatsanwaltschaft in der Regel wenig begeistert sind; dass sie Litigation gegen die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft betreiben, das ist ja soweit so nachvollziehbar, das sind wir gewöhnt.

Im konkreten Verfahren haben wir leider spürbar eine zusätzliche Problematik der fragwürdigen Akzeptanz innerhalb der staatsanwaltschaftlichen Struktur, also konkret vonseiten unserer Aufsichtsbehörden. Die Auswirkungen haben zuletzt dazu geführt, dass wir eine Kollegin aus dem Team voraussichtlich verlieren werden, weil sie sich wegbeworben hat. Darüber kann ich Ihnen dann vielleicht in der Folge noch berichten.

Eine Sache scheint mir hier sehr wichtig aufzugreifen und aufzuklären: Ich habe von zielgerichteten Arbeiten der Staatsanwaltschaft gesprochen, und das bedarf aus meiner Sicht schon einer Klarstellung oder Definition. Also: Was heißt das, was heißt erfolgreiche Arbeit der Staatsanwaltschaft? Welche Leistungen – heißt das für mich – kann sich die Gesellschaft von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft zu Recht erwarten? Ich werde nicht müde, zu betonen: Einzelne Maßnahmen während eines Ermittlungsverfahrens wie beispielsweise die Festnahme eines zur Fahndung ausgeschriebenen, sozusagen mit Haftbefehl gesuchten Beschuldigten oder ein Fund bei einer Durchsuchung, der das Verfahren weiterbringt, das sind alles Schritte, die das Ermittlungsverfahren charakterisieren und die es weiterbringen, und alles, was die Aufklärung weiterbringt, ist selbstverständlich ein Erfolg. Der eigentliche Erfolg der staatsanwaltschaftlichen Arbeit ist aber aus meiner Sicht in einem viel größeren Zusammenhang zu sehen.

Es geht dabei nach meiner Beurteilung um zwei ganz wesentliche Dinge, wenn ich das verkürzt sagen darf: Es geht um das Aufdecken der historischen Wahrheit, die Aufklärung des Sachverhalts, und es geht darum, diesen Sachverhalt der rechtlich richtlichen Beurteilung zu unterziehen, also Klärung des Sachverhalts und strafrechtliche Beurteilung. Die rechtlichen Vorgaben, der rechtliche Rahmen sind, verkürzt dargestellt: Wahrheitsforschung und Objektivität. Es sind also die den Beschuldigten belastenden Umstände gleichermaßen zu ermitteln wie jene, die ihn entlasten. Und wenn am Ende der Ermittlungen, nach Klärung des Sachverhalts, feststeht, dass der Beschuldigte anzuklagen ist oder dass eine Diversion zu machen ist oder dass eingestellt werden soll, dann ist das gleichermaßen ein Erfolg im Sinne der Aufklärung des Sachverhalts, und das ist unabhängig davon, ob das für den Beschuldigten jetzt günstig ist oder nicht.

Die Staatsanwaltschaft hat nicht gewonnen, wenn ein Beschuldigter angeklagt wird, und sie hat auch nicht verloren, wenn das Verfahren eingestellt wird. Und weil die Erwartungshaltung vielleicht eine andere ist, muss ich das klarstellen: Der Erfolg der Staatsanwaltschaft darf keinesfalls an der Zahl der Anklagen oder vielleicht gar an der Verurteilungsquote gemessen werden. Das würde ja diametral den Grundsätzen widersprechen, unter denen wir zu arbeiten haben, und es würde die Objektivität völlig außer Betracht bleiben, und das entspräche schlicht nicht dem Gesetz.

Es geht also um die Aufklärung. Und wenn es gelingt, die in Verdacht stehenden Sachverhalte, die sich in unseren Verfahren ja regelmäßig im Geheimen abspielen, zu erhellen und sauber zu würdigen und zu beurteilen, dann ist das die geforderte und die zu erwartende und erfolgreiche Arbeit, auch wenn sich die Sachverhalte letztlich nicht als gerichtlich strafbar erweisen sollten und zu einer Einstellung führen.

Das ist weder blamabel, noch ist das ein Rückschlag, sondern das ist die Erfüllung unserer Aufgaben, und um nichts anderes geht es. Es wäre völlig absurd, zu glauben, dass das von Beginn eines Verfahrens an feststehen müsste oder gar nur solche Ermittlungen geführt werden dürfen, bei denen von vornherein klar ist, dass sie zu einer Anklage führen werden. Das wäre eine grobe Verkennung der staatsanwaltschaftlichen Aufgaben und des Gesetzes.

Und ähnlich verhält es sich bei den oft kritisierten Freisprüchen – lassen Sie mich das noch dazusagen und erklären –: Wir haben die gesetzliche Aufgabe zur Erhebung der Anklage, sobald am Ende der Ermittlungen klar ist, dass eine Verurteilung naheliegt – das heißt –, also wahrscheinlicher ist als ein Freispruch. Dann ist anzuklagen. Das ist der gesetzliche Rahmen in dem wir agieren. Und in den allermeisten bekannten und vielleicht auch medial kritisierten Fällen sind wir mit dieser Einschätzung gar nicht allein – im Gegenteil –, denn das sind die Verfahren, die Sie kennen, die in den Medien bekannt, die von öffentlichem Interesse sind – von besonderem öffentlichen Interesse, man kann auch sagen: die clamorosen[1] Verfahren. In diesen Verfahren hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft am Ende der Ermittlungen einen Vorhabensbericht zu erstatten, darüber, was sie beabsichtigt: eine Anklage einzubringen, eine Diversion oder das Verfahren, das Ermittlungsverfahren, mit einer Einstellung zu erledigen.

Es wird also in solchen Verfahren keine einzige Anklage geben, die nicht von der Fachaufsicht, also von der Oberstaatsanwaltschaft, vom Bundesministerium für Justiz, das sich vom Weisungsrat beraten lässt, mitgetragen wird. Andernfalls müssten wir ja nach unserem Vorhaben eine Weisung bekommen, das Verfahren einzustellen und keine Anklage einzubringen. Damit ist aber auch klar, dass die WKStA in diesem Bereich der strengsten Kontrolle unterliegt, die es im staatsanwaltschaftlichen System überhaupt gibt und die überhaupt vorgesehen ist. Dazu kommt dann im Anschluss die gerichtliche Kontrolle, weil der Beschuldigte, gegen den eine Anklage eingebracht wurde, das Recht hat, diese zu beeinspruchen und das gerichtlich überprüfen zu lassen.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Ich weiß, ich bin jetzt ein bisschen unhöflich, aber darf ich Sie bitten, zum Ende zu kommen! (Auskunftsperson Vrabl-Sanda: Ich bin gleich fertig!) – Ja, bitte.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Mit diesem geschärften Blick für die staatsanwaltschaftliche Aufgabe ist es also leicht zu erkennen, dass die WKStA bei aller ernst zu nehmenden Kritik gute Arbeit macht. Und ich bin nicht die Leiterin, die stets betont, dass wir alles richtig machen. Ich weiß, dass das in dieser Generalität natürlich für keinen Bereich, ob öffentlich oder privat, stimmen kann, aber ich habe mir seit meinem Amtsantritt Ende 2012 sehr fest vorgenommen – und versuche diese Aufgabe auch wirklich zu erfüllen –, dass ich alles, was mir sozusagen in meinem gesetzlichen Rahmen möglich ist, unternehmen und tun werde, damit die WKStA ihrer gesetzlichen Aufgabe nachkommen kann. Und daraus folgt natürlich auch, aus jedem Verfahren zu lernen und die Expertise zu vertiefen. Es ist ja nicht selten, dass Rechtsprechung in unseren Verfahren zu Themen erfolgt, zu denen vorher noch nicht explizit judiziert wurde.

Was müssen wir machen? – Wir müssen nach Verbesserung streben. Das gehört meiner Ansicht nach unabdingbar zur Arbeit dazu. Meiner Beurteilung nach gelingt uns das auch immer besser. – Vielen Dank.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Vielen Dank für die ausführliche einleitende Stellungnahme.

Ich übergebe jetzt das Wort an den Herrn Verfahrensrichter und ersuche um Durchführung der Erstbefragung. – Bitte.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Frau Hofrätin! Jetzt gehe ich also im Auftrag des Herrn Vorsitzenden die Erstbefragung an (Auskunftsperson Vrabl-Sanda: Ja!) und darf gleich als Erstes fragen: Ist das richtig, dass die Ermittlungen in der Ibizaaffäre auf polizeilicher Seite von der Soko Tape geführt wurden?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Welcher Behörde ist denn die zuzuordnen?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das wissen Sie, das ist das Bundeskriminalamt.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Genau. Ich habe mir das aber angeschaut und habe Folgendes festgestellt: Wäre nach dem Gesetz nicht eigentlich das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung dafür zuständig gewesen?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das ist von der gesetzlichen Bestimmung her richtig. Da gebe ich Ihnen völlig recht. Es hat sich so abgespielt – und ich suche jetzt da in meinen Unterlagen (die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen) –, dass wir ja am Wochenende – mit „am Wochenende“ meine ich jetzt nach der Veröffentlichung dieser Videoteile, ja –, wie Sie das den Akten entnehmen können, einen - -, dass ich von einer Kollegin die Information bekommen habe, dass aus einem anderen Verfahren heraus einer dieser Vereine bekannt war und daher durchaus Anhaltspunkte dafür bestanden haben; das, glaube ich, war der Verein für Wirtschaft, aber ich weiß es jetzt nicht genau, das habe ich jetzt vergessen. In diesem Verfahren kam es dann dazu, dass wir am Wochenende, noch am Samstag, darüber gesprochen haben: Wenn das so ist, dass dieser Verein, der im Video genannt wurde, in einem anderen Verfahren aufgetaucht ist und es Anhaltspunkte gibt, dass da strafrechtlich relevante Vorgänge sind, die zu prüfen sind, dann müssen wir das selbstverständlich umgehend berichten. – Und das haben wir auch gemacht. Und es ist dann dazu gekommen, dass wir diesen Bericht geschrieben haben.

Damals hat die Kollegin dann in der nachfolgenden Woche nach diesem Wochenende mit den Kollegen aus dem BAK, also mit Polizisten aus dem BAK, die dieses Verfahren ermittelt haben, darüber gesprochen. Es hat sich herausgestellt, dass die neben diesem einen Verfahren, das jetzt hier keine Rolle spielt, nicht zusätzlich auch noch Kapazitäten für dieses aufpoppende Ibizaverfahren, wenn ich diesen Verfahrenskomplex jetzt einmal so nennen darf, haben.

Darum ging es aber in der konkreten Situation noch gar nicht, weil wir ohnedies noch keine Ermittlungsaufträge an eine Polizeieinheit gebraucht haben, sondern es hat sich ja dann gezeigt, dass zunächst einmal die Frage einer Immunität abzuklären war. In weiterer Folge war es dann so, dass die Kollegen vom Leiter der Sonderkommission kontaktiert wurden, der angerufen hat und mitgeteilt hat, das eine Sonderkommission eingerichtet worden ist, die alle Vorgänge rund um das Ibizavideo ermittelt, und ob auch wir Ihnen für die Verfahren in unserer Zuständigkeit den Auftrag geben.

Ich habe das telefonisch abgeklärt, habe natürlich auch mit dem Leitenden Oberstaatsanwalt darüber gesprochen, der dagegen auch keine Bedenken hatte. Die Kollegin hat dann, glaube ich - - Nachdem ich also informiert wurde, habe ich mit dem Leitenden Oberstaatsanwalt telefoniert, habe sie auch wieder über das Gespräch informiert. Und dann ist es so gewesen, dass sie Kontakt aufgenommen hat und gesagt hat: Wir sind einverstanden, im Wesentlichen – ja, ihren Wortlaut weiß ich natürlich nicht, weil ich auch nicht dabei war – ist es kein Problem. Die Soko wurde aber bei diesem Gespräch schon auch darauf aufmerksam gemacht, dass es diese Zuständigkeit des BAK gibt und dass das polizeiintern bitte abzuklären ist, ob jetzt das BAK tätig wird oder diese Sonderkommission – aus meiner Sicht sinnvollerweise für alle Teile des Videos, weil es ja überschneidend ist.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Praktisch ist die Zuständigkeit also der Soko oder der Tätigkeit der Soko Tape gefolgt. Kann man das so sagen?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das kann man so sagen.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Ja. Hat es diesbezüglich, also welche Polizeieinheit damit zu befassen ist, irgendeine Weisung gegeben?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Da hat es keine Weisung gegeben. Das war der Vorgang, den ich Ihnen geschildert habe.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Gut. Und beauftragt wurde die Soko Tape von Ihnen?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also nicht von mir, aber von den Staatsanwälten, ja.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Gut. Wie war denn die Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Na ja, grundsätzlich ist es so: Wie ich dann im Nachhinein erfahren habe, dass es da ja einige Probleme gegeben hat, die mir so nicht bewusst waren oder über die ich nicht informiert wurde - - Ich habe ja dann im Nachhinein einen sogenannten Sachstandsbericht bekommen, über den wir zunächst einmal nur informiert worden sind – über die Medien, letztlich auch aus dem U-Ausschuss heraus sozusagen –, dass es den überhaupt gibt. Es ist aber in diese Richtung gegangen, dass dann die Kollegen die Mitarbeiter der Sonderkommission gebeten haben, sie mögen uns den doch zukommen lassen. Es hat sich letztlich gezeigt, dass das nicht erfolgt ist.

Wir haben dann aus dem Untersuchungsausschuss heraus eine anonyme Mitteilung bekommen, wo ich jetzt glaube, oder nach meinen Informationen, dass die mit einem Wasserzeichen der ÖVP versehen war. Das ist als anonyme Eingabe gekommen, und da habe ich dann das erste Mal gesehen, was da überhaupt drinnen ist. Das wurde mir von den Kollegen berichtet. Und im Anschluss haben wir dann im Dienstaufsichtsweg - - Es ist also ein Dienstaufsichtsverfahren von der Oberstaatsanwaltschaft Wien eingeleitet worden, und wir mussten dann zu diesem Sachstandsbericht Stellung nehmen. Und da hat sich für mich dann schon gezeigt, welche Probleme da eigentlich überhaupt aufgerissen worden sind. Dieser Bericht war allerdings im Dezember des Vorjahres.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Haben Sie Einfluss auf die Auswahl der Beamten dieser Soko Tape gehabt?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Selbstverständlich nicht, wie wir das auch nie haben. Das ist ein Punkt, der natürlich auffällig ist, aber nicht auffällig in dem Verfahren, sondern es ist generell so, dass die Staatsanwaltschaft zwar eine Ingerenz hat und eine Verantwortlichkeit hat – so muss man es sagen! –, eine Verantwortlichkeit für die Leitung des Verfahrens und damit für das ganze Verfahren hat, aber keine Ingerenz zum Beispiel auf die Anzahl der Personen, die aufseiten der Kriminalpolizei in diesem Verfahren arbeiten und die Ermittlungsaufträge sozusagen abarbeiten. Und das ist deshalb ein Problem aus meiner Sicht, weil es sich ja auch auf die Verfahrensdauer auswirkt und die Staatsanwaltschaft für die Höchstdauer des Verfahrens verantwortlich ist, und das wirkt sich natürlich aus. Wenn man für etwas verantwortlich ist, worauf man keine Ingerenz hat, dann ist das eine unglückliche Situation.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Haben Sie Wahrnehmungen hinsichtlich der behaupteten Befangenheit von Mitgliedern der Soko Tape?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich habe persönlich keine unmittelbaren Wahrnehmungen. Ich kann das berichten, was mir die Kollegen berichtet haben, und da haben wir uns ja dann schließlich auch an die Aufsicht gewendet. Es hat dann auch – das ist ja schon diskutiert worden, auch im Rahmen des Untersuchungsausschusses – eine Besprechung im Bundesministerium für Justiz gegeben, am 19. August, glaube ich, im Vorjahr, und das ist natürlich ein großes Thema gewesen, weil die Oberstaatsanwältinnen und Oberstaatsanwälte des Teams, des Ibiza-StA-Teams sozusagen, sich sehr große Sorgen gemacht haben – und für mich auch nachvollziehbar Sorgen gemacht –, dass alles, was in diesem Verfahren passiert - - Das ist ja – wie soll ich sagen? – ein politisch durchdrungenes Verfahren, schon allein dadurch, dass es mit Politikern zu tun hat, durch die Personen der Verfahrensbeteiligten. Dass das dann in so einem Verfahren schon eine Rolle spielt, ob das Personen sind, die einer politischen Partei nahestehen oder nicht, war für mich eigentlich sehr nachvollziehbar. Und sie haben sich Sorgen gemacht, dass Ermittlungsergebnisse unter Umständen kontaminiert sein könnten, und das haben wir ja nicht erfunden, dazu gab es eine entsprechende Eingabe, die wir bekommen haben.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Wie konnte das bereinigt werden?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das ist abschließend zunächst einmal bei dieser Besprechung im Bundesministerium für Justiz dadurch bereinigt worden, dass Herr Vizekanzler und Bundesminister Prof. Jabloner uns seine Rechtsmeinung überbunden hat, gestützt – und er ist der ausgewiesene Experte auf dem Gebiet – auf das Bundes-Verfassungsgesetz, dass die politische Tätigkeit, also parteipolitische Tätigkeit eines Beamten sozusagen in diesem Zusammenhang unproblematisch ist, keine Anscheinsbefangenheit bewirkt.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Ist nunmehr die Zusammenarbeit reibungslos?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich habe dazu Information von meinen Kolleginnen, dass die Zusammenarbeit auf Ebene der Sachbearbeiter völlig reibungslos und vertrauensvoll passiert.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Hat es Ihres Wissens politische Einflussnahmen auf die Ermittlungsarbeiten gegeben, etwa durch Ministerien oder Mitarbeiter von Ministerien?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ähm, dazu kann ich jetzt nichts sagen.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Ihr Wissen. Sie haben diesbezüglich keine Kenntnis?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Gut. Kommen wir zum Weg des Ibizavideos, der ja auch ein umstrittener war. Das wurde also beschlagnahmt. Haben Sie Wahrnehmungen, weshalb die Vorlage – nach Ansicht der Mitglieder des Untersuchungsausschusses – so lange gedauert hat?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Na ja, verzeihen Sie, dass ich das sage, aber für uns ist das Strafverfahren wichtig. Es ist schon auch richtig, dass es den Untersuchungsausschuss gibt – und das anerkenne ich –, aber die primäre Aufgabe, das habe ich geschildert, ist die Strafverfolgung. Für mich war also einmal wichtig, aufgrund der Medienberichte zu erkennen, dass wir vom Fund dieses Videos über eine geraume Zeit nicht verständigt wurden. Ich weiß gar nicht, wie viele Wochen das gedauert hat, aber jedenfalls war es eine geraume Zeit, in der eben keine Verständigung ergangen ist. Und weil Sie gesagt haben: Übermittlungen an den Untersuchungsausschuss. – Das war jetzt nicht mein primärer Gedanke. Mein primärer Gedanke ist natürlich ein anderer: Wie gehe ich damit strafrechtlich um?

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Es ist dann aus verfahrenstaktischen Gründen sobald als möglich übermittelt worden?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Dem Untersuchungsausschuss - - Also die Staatsanwaltschaft, also die WKStA (Verfahrensrichter-Stellvertreter Rohrer: Über das Ministerium?) legt über die Oberstaatsanwaltschaft vor. Wir übermitteln also nicht unmittelbar.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Aber Sie haben es sobald als möglich weitergegeben?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Sobald wir die in Auftrag gegebenen aufbereiteten Unterlagen – Unterlagen ist jetzt falsch gesagt –, also Videos bekommen haben.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Eine letzte Frage noch: Welche Erhebungen wurden von Ihrer Behörde im Zusammenhang mit Spenden an parteinahe Vereine geführt, und was waren die Ergebnisse? Wurden von Ihrer Behörde – jetzt richtig herum – solche Erhebungen geführt?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja, wurden geführt, und Sie haben diesen Akt. Das ist ein Teil dieses Ibizaverfahrenskomplexes, ja.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Sind die noch im Laufen oder schon abgeschlossen.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Zumindest – ich möchte mich nicht ganz festlegen –, ich glaube, der größte Teil dieses – wir nennen das – Zweieraktes (erheitert), gemessen an der Zahl, ist abgeschlossen.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: In welcher Form?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Durch Einstellung.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Gut. Danke.

*****

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Vielen Dank, Herr Verfahrensrichter.

Wir kommen somit zu den Befragungen der Fraktionen. Die Redezeitvereinbarung ist Ihnen bekannt. Im Sinne der Redeordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Stögmüller das Wort. Bitte sehr.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Frau Dr.in Vrabl-Sanda, herzlich willkommen bei uns im Untersuchungsausschuss! Danke, für Ihr Kommen! Mich würde interessieren, da Sie die Kapazitäten im Casinoverfahren, 17 St 5/19d, angesprochen haben: Wie viele Staatsanwälte sind denn da aktuell überhaupt tätig?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Es hat begonnen - - Also wir haben da verschiedene (die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen), ich suche sie jetzt nur raus, Vorstandsverfügungen zur Bildung eines staatsanwaltschaftlichen Teams. Wenn wir also sehen, dass ein Akt ein größerer werden kann, dann können wir das zu Beginn gleich festlegen, dass da im Team gearbeitet wird; in anderen Verfahren tut sich das vielleicht erst in der Folge auf.

Dieser ist von Beginn an, sozusagen nahezu - - Am 24. Mai hat es diese Vorstandsverfügung gegeben, zunächst zwei Teammitglieder, ein Gruppenleiter. Das ist dann bis zuletzt mit insgesamt (aus den Unterlagen vorlesend) eins, zwei, drei, vier, fünf Mitgliedern und einem Gruppenleiter massiv aufgestockt worden, wobei ich dazusagen muss, dass nicht alle Mitglieder dieses Teams, wie ich es vorhin schon in den Eingangsworten gesagt habe, ausschließlich dieses Verfahren behandeln. Derzeit – und das habe ich auch schon angedeutet – ist es so, dass eine Kollegin zugeteilt ist, bei der Generalprokuratur arbeitet, die ist da jetzt aus diesem Team rausgefallen, eine andere hat sich wegbeworben.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Vielen Dank.

Ich möchte noch ganz kurz auf diese Besprechung vom 19.8. eingehen. Die war um 8:30 Uhr im BMI, da waren Sie auch anwesend. Was war eigentlich der Grund dieser Besprechung?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Sagen Sie noch einmal welche Besprechung!

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Die war im BMJ, die am 19.8.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja, ja. Also das Thema habe ich schon gesagt: Es ging um diese Sorge, die die Kollegen und die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gehegt haben, dass die Ermittlungsergebnisse kontaminiert sein könnten, wenn hier aufseiten der Sonderkommission Ermittler tätig sind, von denen nicht klar ist, ob sie eine parteipolitische Nähe haben.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Und hatte jemand seitens der Oberstaatsanwaltschaft oder das BMJ Verständnis für die Sorgen der WKStA?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich glaube, das ist für mich jetzt keine Kategorie. Ich kann nicht sagen, ob jemand Verständnis hat, oder nicht. Was wir bekommen haben, waren entsprechende Auskünfte, dass das keine Rolle spielt. Und letztlich war es – und ich glaube schon, dass man sich mit der Frage befasst hat, wenn Sie das meinen, das wird sicher so gewesen sein – aber mit dem Ausspruch und der Weisung des Herrn Vizekanzlers und Justizministers klar, dass das für eine Anscheinsbefangenheit bei den Ermittlern keinen Grund gibt.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Sie haben auch gesagt beziehungsweise wir lesen es in den Akten, dass Jabloner mittels Weisung an die WKStA weitergegeben hat, dass es keine Anscheinsbefangenheit gibt. Es wurde auch extra ins Protokoll eingefügt: „Dann mache ich das mit der Befangenheit auch mit Weisung.“ – Warum wurde das denn extra im Tagebuch vermerkt, oder wie schätzen Sie diese Aussage ein?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Dass es nicht im Tagebuch - -

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Allgemein die Weisung; mich würde interessieren, wie Sie diese Weisung einschätzen.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Die Weisung des Herrn Vizekanzlers? Also wenn Sie mich persönlich fragen, muss ich sagen, ich schätze den Herrn Vizekanzler sehr, wie wahrscheinlich alle Juristen in Österreich, als einen besonderen Experten auf diesem Gebiet. Und ich schätze ihn auch deshalb sehr, weil ich in dieser Situation gesehen habe, dass es in der Fachaufsicht jemanden gibt, der auch Verantwortung übernimmt.

Eine Weisung ist ja immer auch eine Verantwortungsübernahme und damit eine gewisse Entlastung, wenn man sie ordentlich und nach den Regeln, wie ja der Herr Vizekanzler selbst im vergangenen Herbst auch betont hat – wie Weisungen zu gestalten sind –, macht und vorgibt.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Ich frage deshalb, weil Oberstaatsanwalt Purkart nämlich gesagt hat, dass das Gesamte ein ungewöhnliches Konstrukt ist. Ist Ihnen solch eine Weisung vom Vizekanzler schon mehrmals untergekommen?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich gebe dem Kollegen recht, natürlich ist das ungewöhnlich. Ich bin ja schon sehr lange im Justizdienst – ich war viele Jahre Richterin und ich war auch viele Jahre in der Fachaufsicht in der Oberstaatsanwaltschaft Wien –, untergekommen ist mir das noch nicht.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Kollegin Jilek hat auch im Protokoll - - Im Protokoll steht auch drinnen, dass es eine politische Implikation gebe. Haben Sie diese politische Implikation, von der Staatsanwältin Jilek spricht, auch wahrgenommen? Sehen Sie die in der Soko Tape genauso?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich persönlich arbeite nicht mit der Soko zusammen. Aber das, was die Kollegin gesagt hat - - Soweit ich das verstanden habe, ging es ja erst - - Also wenn man von Implikation in politischer Hinsicht spricht, gibt es ja keine eigenen Wahrnehmungen, die wir dazu haben, sondern das ist ja eine Frage, die man sich im Rahmen der Beantwortung der Frage zu einer allfälligen Anscheinsbefangenheit stellen muss. Die Informationen, die wir hatten, haben wir auch in diese Besprechung mitgenommen und dem Herrn Vizekanzler vorgelegt.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Mich würde interessieren, wie die politischen Implikationen der Soko Tape aussehen.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich habe es schon erwähnt, wir haben einen Hinweis bekommen, eine Eingabe bekommen, dass es, glaube ich, Parteimitgliedschaften von Mitgliedern der Soko Tape geben soll. Unter normalen Umständen prüfen wir das auch nicht nach, also wenn es da nicht diesen Hinweis gegeben hätte, wäre ja da überhaupt nichts Auffälliges gewesen und für uns gar kein Grund, irgendwie daran zu zweifeln. Es ist natürlich so, dass man schon - - Ich habe jetzt insofern ein Problem, ich habe eine überbundene Rechtsmeinung, daher kann ich Ihnen keine andere mehr sagen, und daher ist es einfach so, wie es ist.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Es war ja nicht nur Niko Reith, sondern es waren laut diesem Dokument ja auch andere Mitglieder; laut dieser anonymen Anzeige gab es ja auch andere Mitglieder der Soko Tape, die eine politische Zugangsweise haben. Haben Sie dann ermittelt beziehungsweise irgendwelche Ermittlungsschritte gegen die Soko Tape eingeleitet?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Wir haben selbstverständlich nicht ermittelt.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Diese Weisung war ja mündlich erlassen worden. Mich würde noch interessieren, warum der Herr Vizekanzler – Sie waren ja bei der Besprechung dabei – diese mündlich und nicht schriftlich erlassen wollte.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Es ging nicht darum, ob schriftlich oder mündlich – das war kein Thema –, sondern es wurde dort die Meinung des Herrn Vizekanzlers ausgesprochen, die wurde uns überbunden. Nachdem er selbst ja noch im Herbst die Regeln aufgestellt hat, wie das ausschauen soll, weil es ja im 2019er-Jahr da durchaus Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit und im Verständnis von Weisungen gegeben hat - - Da hat es ja auch eine eigene Arbeitsgruppe gegeben und dergleichen, und der Herr Vizekanzler selbst hat festgelegt, dass Weisungen ganz bestimmten formellen Regeln zu folgen haben: Sie sind als solche zu kennzeichnen und auszusprechen, und sie sind natürlich, wenn sie in einem Ermittlungsverfahren ergehen, auch schriftlich festzuhalten, damit sie im Zuge der Transparenz auch im Akt festgehalten werden können und dort dokumentiert werden können. Diese Regeln, diese formellen Kriterien, haben wir dann auch erbeten einzuhalten.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Es gab aber trotzdem eine Diskussion darüber, ob die Weisung in den Akt gehört oder nicht.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Genau. Das war dann die Frage, ob es sich um eine Weisung in einem Ermittlungsverfahren oder um eine BDG-Weisung handelt.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Und Fuchs und Pilnacek waren dagegen, dass diese Weisung in den Akt gehört?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das muss man sie, glaube ich, selber fragen. Ich habe nicht wahrgenommen, dass sie das anders gesagt hätten als so, wie es dann letztlich in dem Erlass drinnen steht, wo drinnen steht, dass diese Weisung eben nicht in den Ermittlungsakt genommen, sondern zum Tagebuch angefügt wird.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Wenn sich Fuchs und Pilnacek durchgesetzt hätten, wäre diese Weisung nicht im Akt gewesen.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Die ist auch nicht im Akt.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Also haben sie sich durchgesetzt.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Wenn wir einen Erlass bekommen, dann haben wir das natürlich umzusetzen. Warum Sie sie kennen: weil dem Untersuchungsausschuss ein Tagebuch auch vorgelegt werden muss; das ist ein Handakt, das ist eine staatsanwaltschaftliche Unterlage, ein Arbeitsbehelf, den wir verwenden, wo eben auch die Kommunikation, Berichte, Erlässe und dergleichen enthalten sind. Die sind nicht im Ermittlungsakt drinnen. Dieses staatsanwaltschaftliche Behelfsinstrumentarium, dieses sogenannte Tagebuch unterliegt aber jedenfalls nicht der Akteneinsicht.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Wenn Sie es nicht vermerkt hätten, hätten wir von dieser Weisung nichts mitbekommen.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Doch, weil der Untersuchungsausschuss auch dieses Tagebuch bekommt, weil alle Unterlagen vorzulegen sind.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Aber wenn die WKStA es nicht in den Akt gegeben hätte, hätten wir von dieser Weisung nichts mitbekommen.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Nein, ich weiß nicht - - Ich sage es jetzt noch einmal, vielleicht, dass ich mich besser ausdrücke: Wir haben einen Ermittlungsakt und wir haben ein Tagebuch. Der Ermittlungsakt unterliegt der Akteneinsicht und natürlich allen Berechtigten, das Tagebuch nicht, das ist ein interner staatsanwaltschaftlicher Behelf. Allerdings muss beides dem Untersuchungsausschuss vorgelegt werden, zur parlamentarischen Kontrolle.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Wie sehen Sie jetzt die Befangenheit der Soko Tape?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich habe es Ihnen schon gesagt, was meine Rechtsmeinung ist, schon allein auch durch die Überbindung. Wir haben dann allerdings eine Situation gehabt, die sich anders dargestellt hat, die hat nichts mit unmittelbarer Parteimitgliedschaft, von der ich jetzt im Konkreten nichts weiß, zu tun gehabt, sondern mit einem Nachrichtenverlauf zwischen einem Ermittler und einem Beschuldigten; es war Strache im konkreten Fall.

Dieser Nachrichtenverlauf ist anlässlich der ersten grundsätzlichen Auswertungen aufgepoppt, als man begonnen hat, auszuwerten. Da muss man sich ja zunächst einmal anschauen, was gibt es überhaupt, wo kann ich überhaupt was finden; man muss sich die Struktur dieser Daten anschauen. Im Zuge dessen ist das aufgepoppt, und man hat gesehen, dass es da einen Nachrichtenverlauf gegeben hat, der nicht nur allein in dieser einen Meldung, die auch dann in den Medien war, gemündet ist, sondern wo es auch nachher noch Nachrichten gegeben hat.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Sie sprechen ganz konkret die SMS zwischen Niko Reith und H.-C. Strache an. Wie ist das Vorgehen? Haben Sie die Soko Tape, konkret Herrn Holzer, darauf angesprochen? Herr Holzer hat in seiner Befragung gesagt, dass er sehr wohl die Staatsanwaltschaft darüber informiert hat, dass Niko Reith Kontakt zu H.-C. Strache hat. War Ihnen das im Vorfeld bewusst, oder wurde Ihnen das mitgeteilt, dass es eine Verbindung zwischen Niko Reith und H.-C. Strache gab?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Nein, das wurde uns nicht mitgeteilt. Ich glaube, sonst hätte es ja auch nicht so einen Auffälligkeitswert für uns gehabt. Als wir das dann gesehen haben, ist es so gelaufen, dass wir natürlich die Fachaufsicht unterrichtet haben, dass dieser Chatverlauf aufgepoppt ist. Die Antwort war dann, warum wir das überhaupt erkennen konnten, also ob wir da möglicherweise - -, und es wurde, glaube ich, sogar behauptet, gesagt muss man vielmehr sagen, in dem Erlass, dass in einem falschen Zeitraum, der nicht vom Tatzeitraum des Ermittlungsverfahrens umfasst ist, ermittelt worden wäre beziehungsweise aus einem anderen Zeitraum Daten ausgewertet werden. – Das war die erste Reaktion.

Wir haben dann durchaus dargestellt, dass das so nicht ist, und, wie ich es Ihnen auch vorhin gesagt habe, wie man darauf gestoßen ist, dass das eben sofort ins Auge gesprungen ist. Dann haben wir einen Erlass bekommen, dass wir damit, mit dieser Situation, an die Soko Tape herantreten können – das haben wir dann auch gemacht. Es ist am selben Tag, als wir den Erlass bekommen haben, auch schon in den Medien gestanden und es war schon ein Medienbericht darüber, dass das so ist und dass der Kollege, glaube ich, nicht mehr in der Soko arbeitet - - Das weiß ich jetzt nicht mehr so genau, was da drinnen gestanden ist. Aber es ist ziemlich flott gegangen, dass der dann jedenfalls nicht mehr in unserem Verfahren tätig war.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Haben Sie die Soko-Leitung über die Befangenheit der MitarbeiterInnen im Vorfeld informiert, als Sie diese Sachverhaltsdarstellung bekommen haben?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Sie meinen jetzt wieder ganz am Anfang? Es war so, dass wir über diese Eingabe informiert haben, die wir bekommen haben.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Und wie war deren Reaktion darauf?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Die Reaktion war so, dass sie gemeint haben – ich weiß das jetzt vom Inhaltlichen, vom Wortlaut nicht mehr ganz genau, nur was in Summe bei mir hängengeblieben ist –: Das wurde geprüft und es gibt keine Anscheinsbefangenheit.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Wie war die Reaktion von der Oberstaatsanwaltschaft, als Sie das gemeldet haben?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Als ich das gemeldet habe? Ich glaube, es gibt dazu auch Vermerke im Tagebuch, wie die Kommunikation gelaufen ist. Es hat da mehrere Gespräche gegeben, weil ich das zunächst einmal avisiert habe, dass wir gehört haben, dass - - Diese Problematik ist ja aus meiner Sicht etwas sehr Wichtiges gewesen, und daher hat es da mehrere Gespräche gegeben.

Der Leitende Oberstaatsanwalt hat mir mitgeteilt, dass das aus seiner Sicht so nicht ist, dass also auch eine Gemeinderatskandidatur im Wesentlichen keine Anscheinsbefangenheit hervorrufen kann. Ich habe darauf hingewiesen, dass das möglicherweise in jedem anderen Verfahren so sein kann, aber ich das gerade in diesem mit dieser wirklich hohen politischen Konnotation durch die Verfahrensbeteiligten – für problematisch halte. Das ist eben dann so weitergegangen bis zu der Sitzung im BMJ, die wir schon besprochen haben.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Die Reaktion über das Auswerten war also stärker als über die Befangenheit der Soko-Mitarbeiter.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja, das sehen Sie aus dem Erlass, den wir bekommen haben.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Absolut richtig, ich wollte es nur von Ihnen auch noch einmal hören. Kennen Sie eigentlich alle MitarbeiterInnen von der Soko Tape namentlich, und wissen Sie, wie viele Ermittler da derzeit tätig sind?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Nein. Die gesamte Soko Tape wird nicht für die WKStA tätig. Soweit ich weiß, sind das einige Wenige, und die Kollegen – also ich meine, die Kollegen vom staatsanwaltschaftlichen Team – kennen auch nicht nur von Besprechungen einige persönlich, sondern auch einige Wenige, die eben für uns arbeiten und die ihnen gegenüber in Erscheinung treten.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Ist es in solchen Verfahren üblich, dass MitarbeiterInnen Herr Holzer hat das auch erläutert, dass Niko Reith ja immer halb-halb tätig war, ich erinnere an die Schredderaffäre – sowohl für die Staatsanwaltschaft, also für die Staatsanwaltschaft Wien, als auch für die WKStA tätig sind. – Ist das üblich?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich kann nicht sagen, was in einer Soko üblich ist, die ich in Wahrheit nicht kenne, ja. Ich weiß es nicht, Pardon.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Gab es das öfters?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich kenne das so nicht, dass man überhaupt irgendwie einen anderen Zugang hat, im Sinne einer Geheimhaltung oder Anonymität (Abg. Stögmüller: Also ist es nicht üb- -?), aber vielleicht gibt es das ja – ich weiß es nur nicht, muss ich ehrlich sagen.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Weil die Kompetenzen einfach so komisch waren, ja? Wen informiere ich? Die Hälfte ist dort, die Hälfte ist da. Als Mitarbeiter bin ich ja nicht bipolar, dass ich einmal da, einmal dort bin. Ist Ihnen schon einmal so eine Teilung untergekommen?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Mir persönlich nicht, aber wenn man das in einem Verfahrenskomplex führen würde und nicht zwei Staatsanwaltschaften tätig wären, wäre es auch so, dass die Mitarbeiter der Soko für den gesamten Verfahrenskomplex arbeiten.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Ich möchte noch zu einem Komplex kommen, nämlich zum BMJ-Treffen am 25.5. (Auskunftsperson Vrabl-Sanda: Ich verstehe Sie sehr schlecht!) Wie kam es zu dem Treffen am 25.5.2020 im BMJ? Das ist dieses Jahr gewesen. Wie kam es zu diesem Treffen?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Sie sprechen einen Termin bei der Frau Bundesministerin an?

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Das ist korrekt, ja.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Zu diesem Treffen ist es deshalb nicht gekommen, weil es, ich habe das auch in meinen Eingangsworten erwähnt, aus meiner Sicht eine große Schwierigkeit für die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gibt, hier ungestört von unsachlichen Einflüssen zu arbeiten. Ich habe das erwähnt und ich kann das auch ausführen: Das hat für mich ein bedenkliches Ausmaß angenommen, dass ich den Eindruck bekommen habe, es kann in diesem Verfahren nicht mehr mit den ausreichenden Kapazitäten gearbeitet werden, weil sehr viele Kapazitäten – und verzeihen Sie, da nehme ich auch den Untersuchungsausschuss nicht aus – da hineinfließen, ja. Das muss man schon sagen.

Wir haben also sehr, sehr viele stellungnehmende Berichtsaufträge bekommen  natürlich auch außerhalb vom Untersuchungsausschuss. Wir müssen zu Dingen Stellung nehmen: Warum machen wir etwas? Wie ermitteln wir das? Warum machen wir es nicht vielleicht anders? Es hat sich gezeigt, dass dann etliche Schritte aus diesem Verfahren heraus als Anlass für diverse Dienstaufsichtsverfahren genommen wurden, also wo die Oberstaatsanwaltschaft als Dienstbehörde im Wege der Dienstaufsicht tätig geworden ist.

Es hat sich für mich insgesamt ein Bild ergeben, dass ich gesagt habe – ich habe Ihnen meine gesetzliche Aufgabe auch in meinen Eingangsworten gesagt –: Ich habe die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Leute ordentlich arbeiten können, dass wir unseren Aufgaben gerecht werden, die man von uns erwarten kann; und ich hatte den Eindruck, dass das nicht mehr so leicht möglich war. Wo also kann ich mich hinwenden, wenn ich in meinem gesetzlichen Rahmen da keine Abhilfe schaffen kann? – Ich kann mich nur dort hinwenden, wo ich denke, dort sitzt jemand, der das könnte, und das ist schließlich die Frau Bundesministerin.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Diese Akten, die uns im Untersuchungsausschuss ja auch zugegangen sind, am 24.11. wurden die übermittelt: Kommen die von Ihnen persönlich? Sind das Ihre Akten?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Davon gehe ich aus, dass das die Unterlagen sind, die - -

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Ob Sie die selber geschrieben haben, ob Sie sie es verfasst haben?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Dazu kann ich auch sagen, dass das natürlich schon sehr störend ist, weil natürlich auch in den Medien immer wieder letztlich negative Artikel über die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft erscheinen. Das ist teilweise schon sehr bedrückend, weil auch in der „Standard“-Veröffentlichung, und auch wenn man sich die entsprechenden Kommentare in anderen Foren oder Medien anschaut, wird natürlich unterstellt – und das erleben wir in diesem Verfahren ganz besonders, aber auch in anderen Verfahren, nur in diesem speziell –, dass das ja alles nur von der WKStA herausgespielt worden sein kann. Ich möchte sagen, das ist falsch. Ich kann immer nur sagen: Es ist falsch! Wie ich informiert wurde, oder nach meinen Informationen, hat die Frau Bundesministerin diese Unterlagen dem Untersuchungsausschuss vorgelegt.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): In diesen Dokumenten steht auch, „dass die OStA“ – Oberstaatsanwaltschaft – „Wien eine Anzeige gegen den SOKO-Leiter Mag. HOLZER […] wegen § 302 StGB als Justizverwaltungssache […] hinsichtlich StA“ – Staatsanwalt – „Dr. SCHNEIDER der StA Wien behandelt habe; eine Prüfung und StPO- und StAG-konforme Bearbeitung der Strafanzeige soll nicht erfolgt sein“.

Können Sie uns das ein bisschen genauer erläutern, was da geschehen ist?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja, das, was ich dazu weiß, habe ich nicht aus unmittelbarer Wahrnehmung, sondern aus den Überlegungen beziehungsweise Informationen, so heißt es richtig, der Kollegen. Wir haben da eine Eingabe bekommen, die hat sich, glaube ich, gegen den Soko-Leiter gerichtet, aber auch gegen den Sachbearbeiter, den Staatsanwalt in der Staatsanwaltschaft Wien.

Nachdem wir das selber ja nicht ermitteln können und schauen müssen, was da los ist, hat es sich dann letztlich, glaube ich, so ereignet, dass ich von der Staatsanwaltschaft Wien kontaktiert wurde, dass diese Eingabe auch dort eingegangen ist. Wir haben das dann der Oberstaatsanwaltschaft vorgelegt, weil es erstens meines Erachtens zusammenzuführen ist und zweitens unter Umständen dort ja von den einzelnen Staatsanwaltschaften, die ich jetzt genannt habe, nicht geführt werden kann, wenn ein Verfahren zu führen ist.

Ich habe von einer Kollegin gehört, dass die Referentin bei der Oberstaatsanwaltschaft - - Ah, so war es, ja: Es ist dann eine weitere Eingabe gekommen, wo ich dann nachfragen wollte, ob es irgendwo ein Verfahren gibt, damit man das zusammenführen kann. Das war eine weitere Eingabe in Bezug auf den Soko-Leiter, wenn mich das nicht täuscht. Und wir haben dann bei der Rückfrage erfahren  das sind meine Informationen , dass da kein Verfahren eingeleitet wurde, sondern dass dieses erste als Dienstaufsichtssache gegen den Staatsanwalt in der Staatsanwaltschaft Wien behandelt wurde. Wie ich gehört habe – aber ich weiß nicht, ob das stimmt –, gibt es allerdings in der Staatsanwaltschaft Sankt Pölten ein Verfahren, wo das dann letztlich auch behandelt wurde.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Können Sie erläutern, was in dieser Eingabe konkret inhaltlich über Mag. Holzer drinnen stand?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das habe ich nur mehr sehr vage in Erinnerung. Ich glaube, es hat sich darum gehandelt, dass Herr Ministerialrat Holzer bereits in einer viel früheren Zeit – und ich weiß jetzt nicht mehr, wann das war – über Bargeldbeträge, die es im Zusammenhang mit Strache gegeben hätte und dergleichen, unterrichtet worden sein sollte; aber ich kann es Ihnen wirklich nicht mehr genau sagen, dazu habe ich keine Erinnerung.

 

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Eine Frage noch: Wie viele Rügen und Weisungen hat denn die WKStA in diesem Verfahren von der Oberstaatsanwaltschaft bekommen? Ich weiß eine, die von Purkart. Vielleicht können Sie noch ein bisschen ausführen, welche Sie noch kennen, welche Rügen und Weisungen die Oberstaatsanwaltschaft an die WKStA zu diesem Verfahren gegeben hat.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Wir haben etliche Weisungen bekommen, und mit den Rügen ist das immer so eine Sache, was Sie unter Rüge verstehen. Ich darf es so interpretieren, wie ich es verstehe, dann können wir uns einigen: Wenn eine staatsanwaltschaftliche Ermittlungshandlung oder staatsanwaltschaftliches Agieren auf eine Weise hinterfragt wird, wie ich es noch nie gesehen habe, weil Dinge infrage gestellt werden, die etwas ganz, ganz Unspektakuläres, Normales in einem Ermittlungsverfahren sind, dann empfinde ich das drängende Nachfragen durchaus auch als entsprechende Rüge, wenn Sie so wollen; aber das Wort Rüge als technischen Begriff kennen wir natürlich nicht. Wir bekommen Erlässe und wir bekommen Weisungen, und es hat sich für mich gezeigt, dass es da eine durchaus problematische Sichtweise gibt – aus meiner Sicht. Ich spreche aber nicht für die Fachaufsicht. Ich spreche für diejenigen, die Weisungsempfänger oder Erlassempfänger sind.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Wer war das? Können Sie diese Weisungen konkretisieren?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Was es für Vorfälle gegeben hat? Also ja, wir haben zum Beispiel - - Weil Sie Weisung ansprechen, da kommt mir natürlich sofort die Situation in Erinnerung, die ich vorhin auch schon angesprochen habe, wo es darum gegangen ist, dass ich gesagt habe, Weisungen - - Und ich möchte wirklich betonen, ich wehre mich überhaupt nicht gegen irgendeine Form von Kontrolle, das ist überhaupt nicht mein Ding, Weisungen sind etwas Gutes, weil sie grundsätzlich zur Klarstellung dienen und auch für den Weisungsunterworfenen sozusagen nichts offenbleibt. Deshalb hat der Herr Vizekanzler ja auch damals im Jahr 2019 ganz klar und deutlich darauf aufmerksam gemacht, dass eine Weisung als solche gekennzeichnet sein muss, dass sie formellen Kriterien entsprechen muss und dass auch eine entsprechende Begründung mitgegeben werden muss.

Wir haben, das ist noch gar nicht so lange her, eine Weisung bekommen, da ging es um die Übergabe des Videomaterials von der Soko an die StA beziehungsweise die WKStA im konkreten Fall. Wir hatten ja vorher über die Medien erfahren, dass die Soko im Besitz dieses Materials ist und haben uns natürlich überlegt: Wie ist jetzt vorzugehen? Mit anderen Worten also: Wie beginnen wir mit der Auswertung?

Wir haben diesen Prozess, den wir vorhaben und der sozusagen jetzt geplant ist, wenn es zu der Übergabe kommt, auch mitgeteilt. Wir haben der Fachaufsicht und der Sonderkommission eine Anordnung erteilt, wie sie jetzt vorzugehen hat: nämlich dass sie dieses Videomaterial einmal sichtet und aufbereitet, sodass man es sich überhaupt anschauen kann, und die Teile, die sie für verfahrensrelevant erachtet, auch entsprechend kennzeichnet, und im Anschluss werden sich das dann die Oberstaatsanwälte des Teams gemeinsam mit der Soko noch einmal anschauen und dann bestimmen, welche Teile für die einzelnen Verfahren relevant sind und daher zu den Akten genommen werden.

Über diese Vorgehensweise haben wir uns eben auch insofern mit der Oberstaatsanwaltschaft ausgetauscht, als wir ihr das mitgeteilt haben. Dann haben wir beziehungsweise zunächst einmal ich, glaube ich, und viel andere - - Es war eine E‑Mail, die wir bekommen haben, an mehrere Dienststellen gerichtet, und in dieser E‑Mail, die vom Leitenden Oberstaatsanwalt kam, war festgehalten, dass geplant ist, dass die Übergabe des Videomaterials an die Staatsanwaltschaft reibungslos erfolgen soll und dass die diesbezügliche Medienarbeit koordiniert stattfinden sollte.

Als ich das bekommen habe, habe ich daraufhin gleich meinen Teamleiter angesprochen und gesagt: Bitte ruf in der Soko an, dass sie sich diesen Weg ersparen sollen, denn wir schauen uns das dort in der Soko an! Nach § 114 StPO sollte dieses Videomaterial dort aufbewahrt werden, und da erspart man sich sozusagen den Weg hin und her. Das ist ja keine Kleinigkeit, und ich sehe eigentlich nicht ein, dass man von Videomaterial, das wir nicht kennen und das ja politisch brisant war – es hat sich ja einiges ereignet im Anschluss an diese Videoveröffentlichung –, unnötige Kopien macht und die sozusagen durch die Stadt schickt.

Daraufhin ist es aber dann so gewesen, dass ich einen weiteren Kontakt vonseiten des Leitenden Oberstaatsanwalts bekommen habe – der offenbar über das Gespräch, das mein Teamleiter mit der Soko in diesem Zeitraum geführt hat, informiert worden ist –, wo eben mitgeteilt worden ist: Warum sollen wir das sozusagen nicht bringen? Offenbar hat es halt, man kann sagen, eine Beschwerde oder zumindest eine Information vonseiten der Soko an die Oberstaatsanwaltschaft gegeben. Der Leitende Oberstaatsanwalt hat mich wieder kontaktiert und gesagt, er versteht das jetzt nicht, weil diese E-Mail, die er geschrieben hat, eine Weisung ist, und hat also diese allgemeine E-Mail an mehrere Dienststellen, wo es auch um Medienarbeit gegangen ist, im Nachhinein als Weisung bezeichnet.

Ich habe daraufhin eingedenk der Worte des Herrn Vizekanzlers selbstverständlich gesagt: Bitte, dann brauche ich aber eine schriftliche und auch eine begründete Weisung, denn ich habe schon mitgeteilt, warum ich der Meinung bin, dass jetzt eine Übergabe aus meiner Sicht überhaupt keinen Sinn hat! Weil wir ja gesagt haben, wie wir es machen werden: das aufbereitete Material gemeinsam mit der Soko dort bei ihr vor Ort sichten. Sie hat ja auch andere technische Einrichtungen, als wir sie überhaupt zur Verfügung haben.

Ich habe dann nach einiger Zeit, also nach ganz kurzer Zeit, so muss man sagen, eine E-Mail bekommen, wo eben dieser förmliche Verweis drinnen war, dass es eine Weisung nach § 29 StAG ist, und ja, letztlich haben wir dann auch schon noch gemeint, dass da wieder die Begründung fehlt.

Ich weiß schon, dass es so ist, dass man uns durchaus zur Last legt, dass wir vielleicht möglicherweise solche Berichte schreiben, die als provokant empfunden werden können. Ich denke mir aber auf der anderen Seite: Ja was ist denn das? – Wir sind die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, wir haben gerade auf solche formellen Kriterien besonderen Wert zu legen, und man könnte uns ja, glaube ich, schon fragen, was wir eigentlich beruflich tun, wenn wir zu allem schweigen.

Also ist es so gewesen, dass wir nachgefragt haben. Meiner Erinnerung nach war es dann so, dass eine Begründung gekommen ist, aber es ist uns auch in weiterer Folge vorgeworfen worden, dass wir uns nicht weisungskonform verhalten würden, obwohl das ja aus meiner Sicht gar nicht stimmt, weil ja nichts anderes intendiert war als das, was die Oberstaatsanwaltschaft gesagt hat. Es war sozusagen nur dieser Weg: Warum muss das Video eigentlich auch bei uns sein und noch eine Kopie hergestellt werden? Das war mir damals nicht ganz klar. Aus einem für mich völlig unspektakulären Vorgang gab es also dann eben nicht nur eine Weisung, die besonders war, weil sie eben im Nachhinein mit dem § 29 ergänzt, also als Weisung bezeichnet wurde, obwohl es eine allgemeine E-Mail war und nur uns gegenüber im Nachhinein als Weisung bezeichnet wurde und auch eine Begründung erst nachträglich geliefert wurde.

Das war einer dieser Vorgänge. Wir haben natürlich auch etliche Dienstaufsichtsverfahren, die da eine Rolle spielen; weil Sie hier angesprochen haben, was die Gründe waren, dass ich mich an die Frau Ministerin gewendet habe.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Wann war denn diese Weisung, von der Sie gerade geredet haben? Zu welchem Datum?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Na ja, das muss zeitnah zum beziehungsweise am Tag der Übermittlung des Videos von der Soko an die WKStA - - Ich habe das Datum jetzt nicht im Kopf.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Noch eine Frage.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Entschuldigung! 20 Sekunden noch, bitte!

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Wurden im Casinos-Verfahren von der Oberbehörde oder von den Gerichten Entscheidungen der WKStA aufgehoben? (Auskunftsperson Vrabl-Sanda: Bitte?) – Zum Casinos-Verfahren: Wurden von Gerichten oder von Oberbehörden Entscheidungen der WKStA aufgehoben?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das Gegenteil ist der Fall. In diesem Verfahren, das ist bei uns der Fünferakt oder Casinos-, oder Novomatic-Akt, ist es so, dass wir ja sehr, sehr viele Verfahrensbeteiligte mit sehr unterschiedlichen Interessen haben. Zu bemerken ist: In diesem großen Verfahren oder ähnlichen Verfahren ist es so, dass natürlich die Rechtsmittel und Rechtsbehelfstätigkeit der Parteien eine besonders hohe ist. In diesem Verfahren eigentlich nicht. Ich glaube, es war - - Ich meine, das ist für eine allgemeine Staatsanwaltschaft in einem allgemeinen Referat wahrscheinlich schon etwas Außergewöhnliches, aber wir haben in dem Verfahren nicht ganz 40 Rechtsmittel, Rechtsbehelfe sozusagen, wenn man sie zusammenzählt. Das ist eigentlich für die bisherige Ermittlungstätigkeit gar nicht so viel. Es waren doch drei größere Hausdurchsuchungswellen, woran sich üblicherweise Rechtsmittel knüpfen, und in dem Fall war es so – weil Sie das mit dem Oberlandesgericht gefragt haben, ich finde das ist schon auch zu bemerken und das kann man so festhalten –, dass es da bestätigende Entscheidungen gegeben hat und den Rechtsbehelfen und Rechtsmitteln nicht Folge gegeben wurde.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Noch einmal ganz kurz zu der vorherigen Geschichte, zu dem Video beziehungsweise zur Weisung (Auskunftsperson Vrabl-Sanda: Ja!), da gab es eine Whatsapp-Nachricht: „Liebe Ilse Maria, nach Lektüre eures heute bei uns eingegangen, kritischen Ibiza-Berichtes ist mir Dir gegenüber die Betonung wichtig, dass ich mich auch dadurch nicht von meinem bisherigen Stil und meiner Vorstellung einer korrekten Amtsführung abbringen lassen werde. MfG“ – mit freundlichen Grüßen – Fuchs.

Ist das aufgrund dieser Antwort, ist es in diesem Zusammenhang gekommen? Wie können wir dieses - -

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das ist eine Whatsapp-Nachricht, die ich eher in dem Zusammenhang sehe, dass ich mich und sozusagen das gesamte Team – aber Berichte gehen über die Leiterin, deshalb steht da auch meine Unterschrift darunter und es ist auch mein Inhalt –, auch an die Dienstaufsichtsabteilung im Bundesministerium für Justiz gewendet habe.

Wir haben dorthin einen Bericht geschrieben, wo wir festgehalten haben – ich sage es jetzt in der Ichform–, wo ich festgehalten habe, dass wir in dieser belastenden Situation, wie wir sie erleben, uns des Eindrucks nicht erwehren können, dass hier eine gewisse Befangenheit des Leitenden Oberstaatsanwaltes gegenüber den Mitgliedern im StA-Team, aber auch mir gegenüber vorliegt. Da ist die richtige und übergeordnete Ansprechstelle im BMJ.

Wir haben den Bericht dorthin geschickt. Wir haben ihn aber natürlich – so offen muss man natürlich sein – auch im Dienstweg über die Oberstaatsanwaltschaft gesendet. Ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, aber ich glaube, das, was Sie angesprochen haben, war die Nachricht über Whatsapp, die ich dann als Antwort darauf bekommen habe.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Danke sehr.

Ihre Redezeit in der ersten Runde ist verbraucht. Wir kommen zur Fraktion der NEOS. Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Krisper. – Bitte.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrte Frau Mag. Vrabl-Sanda! Ich kann nachvollziehen, dass Sie diese breite Frage des Herrn Verfahrensrichters nach politischer Einflussnahme verneinen, weil das wohl auch eher in unserer Politikerverantwortung liegt, die ja - -

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Es tut mir leid, ich verstehe Sie echt schlecht, Entschuldigung.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich kann nachvollziehen, dass Sie die sehr weite Frage des Herrn Richters nach politischer Einflussnahme verneinen, aber nehme auch wahr, dass es wohl unserer Beurteilung obliegt, was dann politisch ist. Sie haben heute aber schon ganz explizit von Unwägbarkeiten von außen gesprochen, die den Ermittlern gerade im Ibizakomplex – in einem sehr politischen Verfahren – die Arbeit schwieriger macht.

Sie haben sich bezüglich der Anwürfe vonseiten des Herrn Kanzlers damals sehr kritisch geäußert, auch gegenüber der jetzigen Justizministerin. Ich möchte die erste von drei Beilagen vorlegen, die Sie damals im Mai auch der Justizministerin übergeben haben, und zwar 68113. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Auf der ersten Seite schreiben Sie da zusammenfassend:

„Aus Sicht der WKStA stellt es sich so dar, dass die OStA Wien (insb.“ – insbesondere – „unter der Leitung von Mag. Fuchs) und SC“ – Sektionschef – „Mag. Pilnacek gegen die WKStA anstatt mit der WKStA arbeiten.“

Das ist genau das, worum es heute meiner Meinung nach geht, was Sie vielleicht Unwägbarkeit von außen nennen, was sich aber anscheinend in der Justiz abspielt.

Meine erste Frage wäre – es ist nämlich nicht richtig, dass wir, wie Sie vorhin gesagt haben, von der Justizministerin die Unterlagen bekommen hätten, sondern wir haben sie noch mal urgieren müssen, aber das entzieht sich vielleicht Ihrer Wahrnehmung –: Haben Sie Wahrnehmungen dazu, warum wir sie nicht einfach erhalten haben, sondern dem nachgehen mussten?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Na selbstverständlich nicht. Die Vorlage ist in dem Sinne auch nicht meine Aufgabe, daher kann ich dazu auch nichts aus eigener Wahrnehmung sagen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Zu den Dokumenten möchte ich später kommen, aber chronologisch einmal dort beginnen, wo der Verfahrensrichter aufgehört hat, nämlich am Anfang des Verfahrens. Haben Sie da Wahrnehmungen von politischer Einflussnahme?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich kann dazu in medienöffentlicher Sitzung nichts sagen. Ich würde Sie bitten - - Da gibt es entsprechende Hinweise – die kann ich derzeit nicht offenlegen (Abg. Krisper: Das heißt, es gibt Hinweise auf politische Einflussnahme?) – über die ich informieren kann, über die ich aber jetzt nichts sagen kann, weil unter Umständen auch ein gewisser Konsultationsmechanismus erforderlich wäre.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das heißt, es gibt Hinweise auf politische Einflussnahme, und Sie möchten in medienöffentlicher Sitzung nicht mehr dazu ausführen.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja, wie ich gesagt habe. Hier kann ich das so nicht tun.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Herr Abgeordneter Krainer zur Geschäftsordnung. – Bitte.

*****

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Darf ich anregen, dass wir hier eine Stehung machen, vielleicht gleich mit der Auskunftsperson, weil es da offensichtlich um einen Konsultationsmechanismus geht und wir zumindest rudimentäre Informationen brauchen.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Ich nehme die Anregung gerne auf und würde vorschlagen, wir machen zu diesem Thema eine Stehung.

*****

(Sitzungsunterbrechung: 10.36 Uhr bis 10.45 Uhr.)

*****

10.45

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Ich darf die unterbrochene Sitzung wieder aufnehmen und die Abgeordneten bitten, die Plätze wieder einzunehmen. Ich darf das Wort an den Herrn Verfahrensrichter übergeben, der uns allen mitteilen wird, wie die weitere Vorgangsweise aussehen könnte. – Bitte.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Ich glaube, wir haben einen Konsens dahin gehend erreicht, dass wir versuchen, den Fragenkomplex, um den es geht und der von der Auskunftsperson angedeutet wurde, einzugrenzen, so weit es geht, und dass wir in der Folge ein Angebot aus dem Justizministerium zu Konsultationsgesprächen erwarten.

Wie mir die Frau Hofrätin gerade gesagt hat, hat sich diese schwierige Situation deshalb ergeben, weil das ein sehr junger Verfahrens- und Wissensstand ist. Daher konnten keine entsprechenden Vorbereitungen getroffen werden.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Gut, dann würde ich vorschlagen, dass wir die Befragung fortsetzen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich versuche, mich durch Fragen daran anzunähern, worum es dabei gehen könnte. Da ich zum Beginn der Aufnahme der Ermittlungen gefragt habe und das hier im Untersuchungsausschuss auch schon Thema war, möchte ich gerne auf die erste Weisung vonseiten der Oberstaatsanwaltschaft an Sie zu sprechen kommen. Ich lege das Dokument 64200 vor und komme zur Seite 11. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Entschuldigung, dass ich Sie kurz unterbreche: Ich habe heute schon mehrmals den Hinweis bekommen, dass die Akustik leider sehr schlecht ist, auch im Medienraum. Ich glaube, den Journalisten hier geht es auch nicht sehr gut. Ich persönlich glaube, ein Erfolgsgeheimnis ist, dass man relativ knapp zum Mikrofon geht, den Abstand zwischen Mund und Mikrofon konstant hält und auch immer in gleichmäßiger Lautstärke spricht. Ich darf alle ersuchen, das zu tun und – da muss ich mich auch selber kritisieren – auch eher langsam zu sprechen. Ich glaube, es ist im Interesse aller, dass wir für alle hier und natürlich auch im Medienraum gut hörbar sind. Ich würde wirklich um entsprechende Achtsamkeit bitten.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Im Gegensatz zu dem sehr höflichen Ersuchen an die Staatsanwaltschaft, einen Anfangsverdacht zu prüfen, wird in dieser Weisung an Sie, Frau Mag. Vrabl-Sanda darum ersucht, im Rahmen von Erkundigungen das Videomaterial beizuschaffen. Das heißt – verständlicherweise, interpretierend –, dass darin kein Anfangsverdacht gesehen wird. Wie können Sie sich diese unterschiedliche Behandlung und diese Weisung erklären?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also ich muss schon sagen: Es ist für mich grundsätzlich sehr schwer, hier über meine Wahrnehmungen über so etwas – mit so etwas meine ich Weisungen, Berichtswesen und dergleichen –zu sprechen; aus Anlass dieses Verfahrens, wo ich wirklich der Auffassung bin, dass es dann sozusagen auch in der öffentlichen Berichterstattung darüber der Aufmacher sein wird: In der Justiz funktioniert das nicht – und dergleichen –, und es gibt Unstimmigkeiten oder Streit. – Ich möchte wirklich betonen, dass ich der Meinung bin, dass diese Probleme, die wir in diesem Verfahren haben, grundsätzlich nur in einem ganz, ganz kleinen Bereich und auch nur im Rahmen des Strafrechts relevant werden, wo die Aufsicht überhaupt tätig wird. In allgemeinen Strafsachen, in einem allgemeinen Referat einer allgemeinen Staatsanwaltschaft wird diese Problematik überhaupt nicht aufpoppen. Wir haben das in der Fachaufsicht in einem ganz kleinen Bereich.

Um zu Ihrer Frage zurückzukommen: Es ist schon so, dass es das allererste Verfahren, das ich kenne, ist, das sozusagen am Beginn eine Weisung stehen hat.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Und zwar eine Weisung, nicht wegen Anfangsverdachts zu ermitteln, sondern implizit nur Erkundigungen einzuholen?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: So ist es.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Also sehr unüblich.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Wie bitte?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr unüblich.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Wie gesagt, ich kenne das gar nicht, und es ist natürlich für mich auch eine gewisse Herausforderung gewesen, das zu sehen, denn das bedeutet ja aus meiner Sicht eigentlich – ich kann damit ja wirklich nicht gut umgehen –: Auf der einen Seite soll das Video beigeschafft werden. Das kann man bei einem Medienunternehmen nur im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens beischaffen – wir haben ja aufgrund der Veröffentlichungen gehört, wo dieses Material sein soll. Das geht mit Erkundigungen nicht. Erkundigungen sind sozusagen nur dafür da, einen Anfangsverdacht abzuklären. Da kann man keine Ermittlungen setzen. Insofern gab es durch diese Weisung eine gewisse Determinierung.

Da es dann so war, dass mich die Kollegin informiert hat, dass es in den veröffentlichten Teilen des Videos durchaus auch diesen einen Verein gibt, der in einem anderen Verfahren aufgepoppt ist, habe ich natürlich den Leitenden Oberstaatsanwalt am Wochenende darüber informiert, dass da ein Bericht kommt, und er ist dann auch noch am Sonntag – rund um die Mittagszeit, glaube ich – von uns abgefertigt worden und weggegangen, damit er dazu eine Information hat. Zwischenzeitlich, glaube ich, ist uns aber auch schon über die Medien mitgeteilt worden, dass es keinen Anfangsverdacht gibt.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das heißt, Sie haben so etwas noch nicht erlebt – und dies in einem politisch höchst brisanten Fall –, deswegen sprechen wir auch von politischer Einflussnahme. Christian Pilnacek hat mir gegenüber verneint, dass er dabei je in Kopie gewesen sei. Ich musste ihm zeigen, dass das sehr wohl der Fall war, nämlich in Blindkopie – möge das nicht öfter Usus gewesen sein. Haben Sie Wahrnehmungen dazu, dass dieses Vorgehen mit Sektionschef Pilnacek koordiniert war – zwischen Fuchs und Pilnacek?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich berufe mich auf das, was ich vorhin gesagt habe.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Was?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich kann in der derzeitigen Situation dazu in einer medienöffentlicher Veranstaltung nichts sagen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Um ein Strafverfahren nicht zu gefährden?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das ist eh schon einmal recht aussagekräftig. Haben Sie Wahrnehmungen dazu, dass der damalige Justizminister in diesen Tagen darin involviert war?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich kann nur wiederholen, was ich gesagt habe.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Auch das können Sie nicht beantworten. Dann würde ich um eine vertrauliche Sitzung im Anschluss ersuchen.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Wir müssen, bevor wir die vertrauliche Sitzung machen können, eine Stehung machen, weil wir das Prozedere und die Frage klären müssen, ob wir hier die Voraussetzungen haben, um eine vertrauliche Sitzung durchführen zu können.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Dann komme ich zu den Beilagen mit dem Termin mit der Frau Justizministerin Ende Mai, die wir erst auf Urgenz erhielten, und fange mit der an, die Sie vorliegen haben. Darin wird von Ihrer Seite ganz detailliert über die Befangenheit der Soko, die Befangenheit von Pilnacek ausgeführt. Um es abzukürzen: Haben Sie in diesen zwei Fragestellungen je Unterstützung von Oberstaatsanwalt Fuchs erlebt?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das, was ich unter Unterstützung verstehe, ist ja eine gewisse Art der Zusammenarbeit – das gegenseitige Verständnis für die einzelnen Rollen und dergleichen. Dazu gehört natürlich auch eine Art von Unterstützung im Sinne von Fürsorgepflichten gegen äußere Anwürfe und dergleichen – auch gegen mediale Berichterstattung, Beschuldigungen, die ganz offensichtlich nicht stimmen, aber wenn es nur oft genug in der Öffentlichkeit gesagt wird, glauben die Menschen halt, die Geschichte stimmt. Diese Art von Unterstützung haben wir jedenfalls so nie bekommen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Von der Ministerin wissen wir ja, dass sie durch Sektionschef Pilnacek unterstehende Personen dessen Befangenheit hat prüfen lassen, was überraschenderweise zum Schluss führte, dass er nicht befangen ist. Die Umstände sind verbessert, aber Oberstaatsanwalt Fuchs ist noch immer am Werk. Haben Sie dazu Wahrnehmungen, dass die Ministerin tätig ist?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Inwiefern meinen Sie, dass sie tätig ist?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Weil Sie auch ersuchen - -

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja, ich habe sie natürlich in die Problematik involviert.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Sie kennen die Unterlagen: Es war mir wichtig, sie zu informieren und ihr ein vollständiges Bild zu liefern, so wie wir es sozusagen aufgrund unserer Wahrnehmungen aus dem Ermittlungsverfahren heraus und auch durch das Drumherum haben. Ob oder was sie genau damit gemacht hat, kann ich natürlich aus eigener Wahrnehmung nicht sagen, das weiß ich nicht. Mir gegenüber hat sie deponiert, dass sie grundsätzlich zu diesen Fragen einmal einen runden Tisch im Herbst – also jetzt – plant, weil da natürlich eine gewisse Situation ist, die bereinigt werden muss. Insofern gibt es also Verständnis, dass es ein Problem gibt, mit dem wir derzeit – so, wie es ist – nicht oder nur ganz schlecht arbeiten können, denn unsere Verantwortung ist ja die, dass in den Ermittlungsverfahren etwas weitergeht. Das ist es, was man seitens der Gesellschaft von uns erwartet – nicht, dass wir Probleme abwehren müssen, sozusagen. Das gelingt halt immer schlechter, weil wir einfach nur begrenzte Ressourcen haben. Da war es aus meiner Sicht meine Pflicht, das aufzuzeigen und mich an die Ministerin zu wenden. Sie hat mir zu verstehen gegeben – so wie ich es verstanden habe –, dass sie das Problem erkennt.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Offensichtlich Probleme vonseiten der eigenen Oberstaatsanwaltschaft abwenden - - Und das wäre sehr dringlich, ich darf die zweite Beilage vorlegen, die Ende Mai auch an die Justizministerin ging und die Dringlichkeit eigentlich offen aufzeigen sollte. Das ist das Dokument 68111. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Darin werden auf mehreren Seiten viele Fälle schikanöser dienstaufsichtsbehördlicher Prüfverfahren zusammengefasst, deren Beantwortung natürlich der WKStA entsprechende Zeitressourcen raubt und die laut Ihrem Dokument alle ins Nichts führten, weil man nach der zeitraubenden Stellungnahme keine Resonanz erhielt. Könnten Sie dazu bitte ausführen?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Wollen Sie eine Zusammenfassung, oder - -? Was ist die Frage?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ihre Wahrnehmungen.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also meine Wahrnehmungen sind dazu - - Soweit ich das überblicken kann, ist das das, was ich der Frau Ministerin geschickt habe, und darin ist das alles festgehalten. Ich kann dazu sagen, dass diese dienstaufsichtsbehördlichen Prüfungen - - Wie soll ich sagen? Ich war sehr lange, viele Jahre, auch in der Fachaufsicht tätig, damals auch als Stellvertreterin des Leitenden Oberstaatsanwalts. Ich habe schon eine Ahnung, wie und wann die Dienstaufsicht tätig wird, und das, was wir jetzt in Zusammenhang mit der Arbeit in diesem Ibizaverfahrenskomplex erleben, kann ich nicht nachvollziehen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich auch nicht – besonders die Punkte, auf die ich vielleicht später wieder zu sprechen komme.

Aus Zeitnot würde ich bitte noch die dritte Beilage mit der Nummer 68112 vorlegen, die auch bei der Besprechung Ende Mai der Ministerin zur Kenntnis gelangte. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Darin wird Medienberichterstattung seit Juni 2019 aufgelistet, wo jegliche Berichterstattung Ihrer Wahrnehmung nach – klar ausgeführt – auf Leaks vonseiten der Soko oder aus internen Besprechungen der Oberstaatsanwaltschaft, aber nicht auf Leaks der WKStA zurückzuführen ist. Könnten Sie dazu ausführen, was dieser Missstand für Sie bedeutet?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also vielleicht aus dem Zusammenhang heraus zur Erklärung, wie dieses Dokument entstanden ist: Es ist ja so gewesen, dass für mich und die KollegInnen in der WKStA – auch andere, nicht nur das Ibizateam, sind ja letztlich davon betroffen – im vergangenen Jahr medial sehr schnell und sehr schlecht über die WKStA berichtet worden ist, aber auch innerhalb der Justiz und der Gerichtsbarkeit sehr schlecht geredet wurde, auf eine sehr - - Also aus meiner Sicht war nicht nachvollziehbar, woher das denn stammt und wie das kommt.

Wenn es in einer Dienststelle geradezu Usus geworden ist – ja, dabei belasse ich es –, dass man über andere Dienststellen oder deren Mitglieder einfach nur schlecht redet, ohne dass dem gewisse Informationen, die für mich erkennbar sind, zugrunde liegen, frage ich mich halt: Woher kommt das, wie kann denn das passieren?Und wir haben versucht - - Und das betrifft uns! Jetzt kann man sagen: Warum machen wir so aufwendige Arbeit, wir könnten doch genauso gut diese Arbeit oder diese Energie in die Ermittlungsverfahren legen? – Ja! Ich habe Ihnen aber gesagt, was meine Aufgabe ist: Ich muss dafür sorgen, dass die Staatsanwälte arbeiten können. Wenn mir das nicht gelingt, weil ich solche Wahrnehmungen habe, dass es Berichterstattung gibt, die nicht auf wirklichen, festzumachenden Dingen beruht, sondern einfach auf Schlagwörtern, die negativ besetzt werden, einfach auch auf der gehäuften Stellungnahmenberichterstattung - - Und wir wissen ja, wie sich das entwickelt und wie schnell sozusagen Geschichten im Raum stehen und nicht mehr wegzubringen sind.

Jetzt war es so, dass wir uns das natürlich genau haben anschauen müssen, insbesondere ich in meiner Leitungsfunktion, weil das die Leute in der WKStA unmittelbar betrifft. Es ist richtig – und ich habe damals ja auch ein Gespräch mit Herrn Vizekanzler Jabloner gehabt, wo er sehr darauf hingewiesen hat; meines Erachtens völlig zu Recht –, dass es sehr sinnvoll ist, dass man diese ganze Berichterstattung ausblendet. – Ja; und auf der anderen Seite ist das nicht leicht möglich, denn zu mir kommen ExpertInnen aus der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, es kommen Leute aus den Teamassistenzen, die mich dann, wenn sie über Auflösungspläne der WKStA – oder vom BMJ, betreffend die WKStA – lesen, völlig verängstigt fragen, ob sie im nächsten Monat noch einen Arbeitsplatz haben; ich habe aber über diese Vorhaben – vielleicht waren es auch gar keine – immer erst über die Medien erfahren. Ich konnte also auch nicht rechtzeitig dafür Vorsorge treffen, dass die Leute entsprechend gewappnet sind und sich keine so großen Sorgen machen.

Wir haben ja Vertragsbedienstete, die kommen auch von weit her und reisen da an, das ist ja nicht so ohne! Wir gehen ja nicht immer nur mit Oberstaatsanwälten um, die ja da ein bisschen eine dickere Haut haben und das in den richtigen Kanal bringen können.

Ich habe mir das also angeschaut: Wie kann man denn das verhindern?, Woher kommt das überhaupt?, und dann hat sich im Zusammenhang damit für mich auch noch herausgestellt, aufgrund dieser Auflistungen, die Sie hier sehen (in das vorgelegte Schriftstück blickend), dass letztlich dann im Mai – ich weiß nicht mehr genau ob es im Mai war, aber jedenfalls im Frühjahr des heurigen Jahres – ein nächtlicher Mailverkehr von meinem unmittelbaren Vorgesetzten veröffentlicht worden ist, der sich ja mit der Frage eines Plans zu einer Medienstrategie – oder Öffentlichkeitsarbeit, muss man sagen – gegen die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft beschäftigt hat. Da muss ich sagen: Mir ist dann schon einiges sozusagen klarer geworden, woher das Ganze kommen könnte, und ich habe das auch zum Anlass genommen, die Frau Bundesministerin einzubeziehen.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Die Abschlussfrage in der ersten Runde, bitte!

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Woher das Ganze kommen könnte? – Wir erinnern uns an nächtliche E-Mails von Sektionschef Pilnacek, es gab aber auch Sebastian Kurz, der auch Leaks vonseiten der WKStA in den Raum stellte, mir aber im Untersuchungsausschuss nicht beantworten konnte, was seine Informationen diesbezüglich seien. Sein Einvernahmeprotokoll der Staatsanwaltschaft bekommen wir aber nicht, wie mir die Justizministerin schon hat ausrichten lassen. – Ist das für Sie nachvollziehbar?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Diese Beurteilung obliegt mir nicht.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Gut, vielen Dank.

Wir kommen somit zur Fraktion der ÖVP. Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stocker. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Frau Hofrätin, ich darf an die Befragungen meiner Kollegin beziehungsweise meines Kollegen anknüpfen. Sie haben ja ausgeführt, die WKStA sei in einem sehr sensiblen Bereich Teil der Justiz und der Strafjustiz. Wenn ich mir anhöre, was in diesem Ausschuss von Ihnen bisher gesagt wurde, gewinne ich den Eindruck, dass innerhalb der Justiz doch erhebliche Differenzen in der Beurteilung der Arbeit der WKStA vorliegen und dass es auch Reibungen und Differenzen mit den Ermittlungsbehörden gibt. Diese Differenzen irritieren, das sage ich ganz offen, und meine Frage ist: Führen Sie diese auch auf Ihre Leitung beziehungsweise auf Ihre Person als Leiterin in der WKStA zurück?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Es ist mir schon klar – und das ist ja auch in der letzten Zeit durchaus massiv passiert, auch in den Medien und dergleichen –, dass das einerseits auf meine Person zurückgeführt wurde, andererseits aber auch auf besonders aufmüpfige – sage ich jetzt einmal salopp – Staatsanwälte, die in der WKStA tätig sind. Da wurde dann so dieses Bild gezeichnet: Ja, wenn man mit niemandem kann, dann muss es ja an einem selber liegen. – Das ist ein ganz einfaches Bild.

Es ist falsch. Es ist grundfalsch! Es hat vor dem Vorjahr überhaupt keine Situation gegeben, wo so etwas eine Rolle gespielt hätte. Es hat sich aufgrund einer Situation entwickelt, die ich eigentlich nicht nachvollziehen kann. Wir haben dann im Vorjahr eben ein anderes Verfahren gehabt, wo Probleme aufgepoppt sind, aber ich sage noch einmal: Es ist richtig, natürlich kann die WKStA sagen: Wenn ich Probleme sehe, die es in der Zusammenarbeit mit der Fachaufsicht gibt, dass wir keinerlei Unterstützung bekommen, dass zusätzlich zur normalen, schon sehr anstrengenden Arbeit zusätzliche Aufgaben aufgetragen werden, die die Leute in ihren Arbeitskapazitäten sehr, sehr binden, wenn wir sehen, dass es dienstrechtliche Verfahren gibt, die letztlich dann auch in eine Disziplinierungsmaßnahme münden, die einer Kollegin und mir gegenüber ausgesprochen worden ist – dazu kann ich auch noch etwas sagen, wenn Sie möchten –, führen all diese Dinge dann letztlich dazu, dass ich der Meinung bin, ich muss es aufzeigen.

Natürlich kann man hergehen und sagen: Ja, um des lieben Friedens willen, gebts doch eine Ruh, tuts arbeiten!, salopp gesprochen. Ich verstehe schon, was Sie meinen. Ja, das ist meine Aufgabe, dass ich dafür sorge, dass die arbeiten können. Das können sie aber jetzt nicht mehr in der Form, wie ich der Meinung bin, dass sie es können sollten, und da spielen viele Dinge eine Rolle. Am allerwenigsten spielt eine Rolle, ob es ermittlungstechnische Fragen gibt, bei denen die Soko irgendwie eine Rolle spielt oder nicht. Das ist nicht das Thema, weshalb ich der Meinung bin, dass ich aufzeigen muss, wo die Probleme liegen. Wenn Sie mich darauf ansprechen: Natürlich wird da eine - - Ich habe es ja schon gesagt: Diejenigen Personen, die überhaupt in solche Gelegenheitsverhältnisse kommen, Straftaten zu begehen, die die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft untersuchen muss, sind nicht erfreut über die Arbeit der WKStA. Das ist ja so weit, so unproblematisch. Das ist irgendwie ganz nachvollziehbar.

Ich muss aber schon darauf hinweisen, und ich glaube, die Gesellschaft hat ein Recht darauf, dass wir unsere Arbeit ordentlich machen. Wenn das nicht funktioniert und ich darüber nicht mehr entscheiden kann, dass die Leute in Ruhe arbeiten können, dass man sie nicht mit Aufsichtsverfahren belangt, dass man nicht einen Verweis kriegt, im Sinne – konkret heißt es Ausstellung, was da passiert – davon, dass etwas zum Personalakt genommen wird, und was ich Ihnen für eine Sache noch schildern kann, die in Wahrheit überhaupt keine Erwähnung wert ist, weil es völlig unspektakulär ist: Das muss ich aufzeigen, sonst hätte ich meinen Beruf verfehlt.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Worauf führen Sie dann diese Dienstaufsichtsbeschwerden, alle diese Umstände, die nach Ihren Darlegungen der WKStA die Arbeit schwer machen, zurück?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich habe versucht, das anzudeuten. Worauf ich das zurückführe, ist, dass es die Möglichkeit gibt, in unserem System, derzeit, diesen Mechanismen ausgesetzt zu sein, die die Arbeit eben nicht befördern, sondern zusätzlich beeinträchtigen, weil sie mit sehr viel Aufwand abgearbeitet werden müssen.

Dieses System, in dem wir arbeiten – Sie wissen, die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ist in das hierarchische staatsanwaltschaftliche System eingebettet –, funktioniert grundsätzlich auch sehr gut, wie die gesamte Justiz und die Gerichtsbarkeit – das darf man ja nicht verkennen – ja sehr gut funktioniert. Das, was ich anspreche, betrifft nur einen ganz kleinen Teil. Es betrifft nur den Strafrechtsbereich, dort auch wieder nur einen kleinen Teil, nur diesen Bereich, wofür sich die Aufsicht interessiert – das sind die öffentlichkeitswirksamen Verfahren, die berichtspflichtig sind –, und auch dort wieder nur den kleinen Bereich oder den kleineren Bereich von Verfahren, die eine gewisse politische Durchdrungenheit zeigen. Nur dort kommt ja das Problem erst auf, wie wir es sehen. Das sind aber genau die Verfahren, die die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft von ihrem Aufgabenkatalog her führen muss, und dass es da dann zu Problemen kommt, ist schon von der Systematik her durchaus erklärbar.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Es ist allgemein bekannt, dass Mitarbeiter Ihrer Behörde – und ich gehe davon aus, auch mit Ihrem Wissen; wenn es anders ist, bitte das dann auszuführen – in einer Dienstbesprechung Tonbandaufnahmen hergestellt haben, ohne dass die anderen Teilnehmer das gewusst haben. Abgesehen davon, dass es allenfalls auch widerrechtlich ist, frage ich Sie schon: Halten Sie das für eine vertrauensbildende Maßnahme in der Zusammenarbeit im Justizbereich?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Da darf ich bitte den Herrn Verfahrensrichter fragen, ob das verfahrensgegenständlich ist.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Das müsste der Herr Abgeordnete bitte näher begründen.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Das ist bitte zur Geschäftsordnung! Den Zusammenhang stelle ich insofern her, als die Arbeit der WKStA und vor allem auch die Differenzen, die innerhalb der Justiz im Zusammenhang mit der Arbeit der WKStA bestehen, in diesem Ausschuss lang und breit Diskussionsgegenstand waren.

Die Frau Hofrätin hat dargelegt, dass es Umstände gibt, die ihr das Leben sozusagen schwer machen, und ich habe sie gefragt, ob sie diese Umstände auch in ihrer Person und in ihrer Behörde sieht. Das hat sie verneint, und ich meine, dass der von mir angesprochene Vorfall insofern relevant ist, als er zeigt, wie die Zusammenarbeit der Behörden innerhalb der Justiz im Rahmen der Aufklärung der Straftaten, auch im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand, ist.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Man müsste aber in irgendeiner Form den Zusammenhang zu einer Regierungsstelle herstellen!

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Der Zusammenhang zu einer Regierungsstelle ist insofern gegeben, als diese Tonbandaufzeichnung zu einer Anzeige des Herrn Sektionschefs Pilnacek wegen Amtsmissbrauch im Bundesministerium geführt hat, was zwar eingestellt wurde, wo aber von einem „System Pilnacek“ die Rede war und politische Einflussnahme in diesem System auch untersuchungsgegenständlich eine Rolle gespielt hat.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Dann glaube ich schon, dass das zum Verfahrensgegenstand gehört.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Gut. Dann möchte ich vielleicht zu Beginn sagen, weil Sie dieses Verfahren und eine strafrechtliche Situation, eine Aktenbildung erwähnt haben: Es ist kein Verfahren eingestellt worden, weil kein Verfahren eingeleitet worden ist. Das ist zurückgelegt worden – um in dieser Hinsicht exakt zu bleiben.

Wir haben auch noch eine Situation, wo ich der Meinung bin - - Das Thema des Untersuchungsausschusses ist aus meiner Sicht, wie es auch im Titel steht: „betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung (Ibiza-Untersuchungsausschuss)“.

Das, was Sie ansprechen, ist eine Dienstbesprechung, die in einem ganz anderem Verfahren stattgefunden hat. (Abg. Stögmüller hebt die Hand.)

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Herr Abgeordneter Stögmüller, zur Geschäftsordnung.

*****

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Verfahrensrichter und Herr Vorsitzender, ich habe dazumal ebenfalls dieses Verfahren mit Pilnacek angesprochen. Das wurde von der ÖVP sofort im Rahmen einer Geschäftsordnungsdebatte abgedreht.

Ich bitte schon, da nicht mit zweierlei Maß zu messen. Ich sehe da keinen Zusammenhang.

Das grundsätzliche Arbeiten einer Behörde als Begründung – dann frage ich in Zukunft auch alles ab, was grundsätzlich mit Behörden, mit der Polizeiarbeit zu tun hat! Dann kann ich ja alles Mögliche die Polizeiarbeit betreffend abfragen!

Da also einen grundsätzlichen Zusammenhang mit dem Ibiza-Untersuchungsausschuss herzustellen, wäre schon angebracht. Ich sehe in dieser Causa weder einen zeitlichen noch einen inhaltlichen Zusammenhang. Ich möchte daher gerne eine Begründung haben, warum diese Frage zugelassen ist, denn ich sehe keinen Zusammenhang mit dem Ibiza-Untersuchungsausschuss.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Herr Verfahrensrichter, bitte.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Ich glaube, der zeitliche Zusammenhang ist jedenfalls gegeben. (Abg. Stögmüller: Nein! Fragen Sie ...!) – Wann war das?

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Am Wort ist der Herr Verfahrensrichter.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Soweit ich es im Kopf habe, war die Dienstbesprechung 2019, im Zeitraum des Untersuchungsgegenstandes. Des Weiteren ist es so, dass Herr Sektionschef Pilnacek auch in das Casag-Verfahren insofern involviert war, als es da Gespräche gegeben hat, die mit dem besagten Vermerk festgehalten worden sind, die dann in der Folge aber als nicht zulässig erachtet worden sind.

Wenn wir die Arbeit der WKStA hier als Thema haben wollen, dann ist es aus meiner Sicht schon wesentlich, wie innerhalb der Justiz miteinander umgegangen wird. Wenn die Frau Hofrätin meint, dass ihr die Arbeit auch im Zusammenhang mit dem Ibiza-Ausschuss schwergemacht werde, es aber nicht an ihr liege, dann halte ich es schon für zulässig, zu fragen: Wie beurteilen Sie das Erstellen einer Tonbandaufnahme, von der die anderen nicht wissen, dass sie gemacht wird, was dann in der Justiz zu einer Anzeige gegen Mitarbeiter – und zwar hochrangige Mitarbeiter – des Ministeriums führt? Ist das im Zusammenhang mit der Verfahrensführung im Untersuchungsgegenstand für eine vertrauensbildende Zusammenarbeit förderlich?

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Die WKStA ist nicht Untersuchungsgegenstand.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Frau Abgeordnete Krisper, zur Geschäftsordnung.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS) (zur Geschäftsbehandlung): Es geht um Wahrnehmungen und nicht um Beurteilungen. – Danke.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Herr Verfahrensrichter, bitte.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Es geht hier, glaube ich, primär, wie Sie schon richtig gesagt haben, um die Ermittlungen in der Causa Ibiza – das ist überhaupt keine Frage.

Es geht aber bei dieser Fragestellung meiner Meinung nach darum, inwieweit andere Vorkommnisse Auswirkungen auf die reibungslose Durchführung dieser Ermittlungen hatten. Das ist für mich sozusagen der Anhaltspunkt: Inwieweit gibt es Strukturen, die  aus welchen Gründen immer, sie mögen auch in einem anderen Verfahren gelegen sein – Sand ins Getriebe der Ermittlungen in der Causa Ibiza bringen – angeblich, wie hier behauptet wird. Daher habe ich diese Frage für zulässig gehalten. (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.)

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Ich verstehe die gesamte Debatte sowieso nicht, denn die Frage wurde gestellt, die Auskunftsperson hat geantwortet, und dann ist die Geschäftsordnungsdebatte losgegangen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Stögmüller.)

Der Herr Verfahrensrichter hat jetzt noch einmal klar Stellung bezogen. Ich schließe mich der Meinung des Verfahrensrichters an und ich darf nun wirklich Herrn Abgeordneten Stocker ersuchen, mit der Befragung fortzufahren.

*****

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Kommen wir zurück zu den Verfahren im Zusammenhang mit dem Komplex Ibiza und dem Untersuchungsgegenstand! Wie viele Verfahren in diesem Zusammenhang werden durch die WKStA derzeit geführt?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das kann ich Ihnen jetzt aus dem Kopf heraus nicht beantworten. Ich ermittle nicht, das heißt, ich habe jetzt auch nicht präsent, in welchen Verfahren - - Es sind mehrere. Ich denke, Sie wissen es, denn Sie haben es vorgelegt.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Na ja, das ist die Frage, ob ich alle kenne oder nicht. – Heißt das aber, dass Sie als Behördenleiterin nicht sagen können, wie viele Verfahren im Zusammenhang mit Ibiza derzeit in Ihrer Behörde anhängig sind?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das ist korrekt, und zwar aus dem Grunde – das kann ich schon erklären –, dass es natürlich mehrere Eingaben gibt, insbesondere auch aus dem ersten Halbjahr, die noch abgearbeitet werden müssen. Aus denen muss man sozusagen herausdestillieren: Gibt es überhaupt einen Anfangsverdacht? Unter Umständen kann man bezüglich Anfangsverdacht gleich abklären, dass es den nicht gibt, dann können diese Hinweise noch im Verfahren erledigt werden, oder ob da einzelne Verfahren eröffnet werden müssen oder ein eigener Akt aufgemacht werden muss, im Zuge dessen dann dort eine Anfangsverdachtsprüfung passiert. Das heißt, das schwankt natürlich auch, je nachdem, wie der Bearbeitungsstand im Team von den Kapazitäten her derzeit laufen kann. Die großen wissen Sie, das sind dieser Zweier- und der Fünferakt, die ich Ihnen vorher genannt habe, und daneben gibt es eben auch andere kleinere, die teilweise schon erledigt sind.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Wie viele Oberstaatsanwälte und Mitarbeiter Ihrer Behörde sind mit dem Komplex Ibiza derzeit befasst?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich habe es vorhin schon erwähnt, kann es aber gerne noch einmal sagen, wenn ich es in meinen Unterlagen finde, damit ich da richtige und vollständige Informationen gebe (in den Unterlagen blätternd): Es ist derzeit so, dass das Team aus fünf OberstaatsanwältInnen und einem Teamleiter besteht, wobei derzeit eine Oberstaatsanwältin nicht bei uns tätig ist, weil sie der Generalprokuratur zugeteilt ist, und eine weitere Oberstaatsanwältin hat sich wegbeworben. (Abg. Stocker: Können Sie sagen - -?) Aufgrund dieser Situation, dass wir also mit diesen Kapazitätseinbußen rechnen müssen, bin ich jetzt dabei, das Team zu ergänzen, denn wir können das, so wie es jetzt ist, wo zwei Kapazitäten weggefallen sind, nicht beibehalten.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Sie haben gesagt, es ist teilweise noch die Anfangsverdachtsprüfung ausständig.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja, weil immer wieder Eingaben kommen, wo die Menschen auch der Meinung sind - - – das ist teilweise über das BKMS-Hinweisgebersystem –, wo uns dann Zeitungsartikel oder Sonstiges geschickt werden. Das kommt zum Akt und muss halt natürlich geprüft werden, aber das sind jetzt nicht solche großen Anzeigen, wie Sie sie aus dem Zweier- und dem Fünferakt schon kennen.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Wie lange dauert die Anfangsverdachtsprüfung bei solchen Fällen durchschnittlich?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja, das kommt darauf an, wie viel Kapazitäten wir da hineinlegen können, und es kommt natürlich auch auf den Umfang des Verfahrens an und darauf, was anzuschauen ist. Das ist ein Teil - - Nicht umsonst ist die Staatsanwaltschaft ein Teil der Gerichtsbarkeit, damit man sich mit diesen Fragen beschäftigen und zu einem ordentlichen Ergebnis kommen kann.

Also ich glaube, das Schlechteste, was passieren könnte, ist, dass da so Husch-pfusch-Aktionen stattfinden, wo man mit einem Blick oder vielleicht bei zweimal Durchlesen sagt: da ist kein Anfangsverdacht oder da ist jetzt jedenfalls ein Anfangsverdacht. Das darf in der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft nicht vorkommen und schon gar nicht in diesen besonders brisanten Verfahren.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): In wie viel Prozent der mit Korruption zusammenhängenden Anzeigen hatte die WKStA einen Anfangsverdacht? Können Sie ein Verhältnis herstellen?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda (erheitert): Das glaube ich nicht, dass Sie glauben, dass ich das jetzt da beantworten kann. Ich gehe davon aus, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft und ihre Arbeit insgesamt nicht der Prüfung des Untersuchungsausschusses hier unterliegt, dass sie nicht geprüft wird. Geprüft wird sozusagen ihre Arbeit im Zusammenhang mit dem Ibizaverfahren, und wenn das falsch ist, würde ich den Verfahrensrichter bitten, mich da zu belehren.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Ich komme zum Komplex Zusammenarbeit mit der Soko Tape. Sie haben, wenn ich es richtig im Kopf habe, ausgeführt, dass Sie erst durch den Sachstandsbericht von den Problemen in dieser Zusammenarbeit erfahren haben. Ist das richtig?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Na ja, da muss man den Problembereich, der im Sachstandsbericht beinhaltet ist, von dem unterscheiden, der davor aufgepoppt ist und der für mich dann im Hinblick auf Anscheinsbefangenheit und den Schredderakt sozusagen erledigt war.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Diese Anscheinsbefangenheit (Auskunftsperson Vrabl-Sanda: Mhm!) haben Sie woraus entnommen oder worauf zurückgeführt?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich habe es schon gesagt, ich wiederhole es gerne. Ich habe es auf die Informationen der Kollegen zurückgeführt, die von einer entsprechenden Eingabe berichtet haben, die die WKStA bekommen hat, aus der sozusagen ein Zusammenhang zu Parteimitgliedschaften hervorging.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Bedeutet für Sie eine Parteimitgliedschaft automatisch eine Befangenheit? (Auskunftsperson Vrabl-Sanda: Noch einmal, bitte!) Bedeutet für Sie eine Parteimitgliedschaft automatisch eine Befangenheit?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich habe Ihnen auch gesagt, dass der Herr Vizekanzler und damalige Bundesminister Prof. Jabloner mir eine Rechtsmeinung überbunden hat, dass das nicht so ist. Er ist der ausgewiesene Experte auf diesem Gebiet und er hat sich, völlig nachvollziehbar, auf das Bundesverfassungsgesetz berufen, dass das eben so nicht ist.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Ich teile die Meinung des Herrn Vizekanzlers, aber ich habe Sie nach Ihrer Meinung gefragt. Das heißt, gehen Sie davon aus, dass, wenn jemand Mitglied in einer politischen Partei ist, auch automatisch eine Befangenheit vorliegt? (Auskunftsperson Vrabl-Sanda: Noch einmal - -! – Abg. Krainer: Seit wann werden hier Meinungen abgefragt? Ich dachte immer, es geht um Wahrnehmungen!)

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Herr Verfahrensrichter, bitte.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Das stimmt.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Dann nehme ich das Thema Befangenheit vielleicht insofern auf, als ja auch Ihre Behörde im Zusammenhang mit der Befangenheit intern abgeklärt hat, inwieweit da Befangenheiten der Oberstaatsanwältinnen und Oberstaatsanwälte vorliegen können; und zwar hat Frau Oberstaatsanwältin Jilek ja da eine Abfrage gemacht. Alle, soweit mir ersichtlich ist, wurden befragt, nur Sie nicht. Sind Sie Mitglied einer Partei?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Obwohl ich meine, dass das nichts mit dem Untersuchungsgegenstand zu tun hat, kann ich das ausschließen. Ich bin kein Parteimitglied und habe auch keine Vereinsmitgliedschaften oder sonstigen Zugehörigkeiten, die hier eine Rolle spielen könnten.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Haben Sie Wahrnehmungen dazu, wie es dazu gekommen ist, dass Frau Oberstaatsanwältin Jilek in ihrer Behörde diese Abfrage gemacht hat?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich habe keine unmittelbaren Wahrnehmungen dazu. Ich kann es nur interpretieren, und für mich ist es nachvollziehbar, wenn sie sich aufgrund dieses Hinweises, den wir bekommen haben, für Parteimitgliedschaften interessiert – dass das überhaupt erst ein Thema geworden ist, das war vorher keines – und das daher auch im Team abgefragt hat. Ich habe aber dazu keine unmittelbaren Wahrnehmungen.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Jetzt im Zusammenhang mit der Zusammenarbeit mit dem BAK: Ich darf Ihnen ein Dokument mit der Nummer 895 vorlegen. Wenn Sie sich bitte das Schreiben vom 24.2.2020 an den Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien vom Leiter des BAK ansehen. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also das Schreiben kenne ich nicht.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Ich beziehe mich auf den letzten Absatz der ersten Seite beziehungsweise den ersten Absatz der zweiten Seite. Hier vermeint der Leiter des BAK, dass vom „gesetzlich normierten Kooperationsgebot mit dem BAK“ durch die WKStA „abgegangen“ worden wäre. Haben Sie dazu Wahrnehmungen?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich habe Sie jetzt leider Gottes akustisch sehr schlecht verstanden; ich verstehe den Zusammenhang zwischen dem Absatz, den Sie mir bezeichnet haben, und der Frage nicht.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Ich darf Ihnen das vorlesen, in dem Schreiben ist im letzten Absatz auf der ersten Seite ausgeführt: „Dieser Umstand erscheint insofern bemerkenswert, als vom Sprecher dieser Behörde medial klargestellt wurde, dass kein Zusammenhang zwischen dem (bei der WKStA geführten) Verfahren wegen des ‚Ibiza-Videos‘ und dem“ nunmehr geführten „Verfahren besteht[...]. Offenbar wurde ohne nach außen ersichtlichen Grund – neuerlich vom gesetzlich normierten Kooperationsgebot mit dem BAK abgegangen.“ – Haben Sie dazu Wahrnehmungen?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich habe das erwähnt, ich glaube, auf Frage des Verfahrensrichters, wie es dazu gekommen ist, dass die Soko Tape tätig geworden ist. Das ist durchaus im Interesse der Soko gewesen. Der Erstkontakt kam von dieser Sonderkommission, von Herrn Ministerialrat Holzer, der mit einer Kollegin in der WKStA ein Telefonat geführt hat und darüber informiert hat, dass die Soko eben eingerichtet wurde und auch bereit ist und von ihrer Größe auch sozusagen bei der Ausstattung schon berücksichtigt hat, dass sie nicht nur den Verfahrensteil, den die StA Wien führt, sondern auch unseren Verfahrensteil führen kann. Und so ist es dann auch geschehen.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Ich komme auf die Frage der Lieferung dieses Tapes zurück. Sie haben das vorhin sehr ausführlich geschildert. Verzeihen Sie, der Eindruck, der entsteht, ist, dass da rund um diese Lieferung ein Eiertanz entstanden ist. Warum haben Sie dieses Kuvert nicht gleich, nachdem Sie es erhalten haben, aufgemacht, angesehen und beurteilt?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Erstens einmal habe ich geschildert, was eigentlich unser Ansinnen war, wie wir bei der Sichtung vorgehen werden. Das einzig Relevante daran ist ja, dass man die verfahrensrelevanten Teile herausfindet, und da braucht man entsprechend die technischen Einrichtungen, man muss es sich anschauen. Wir haben eben gesagt, wie das stattfinden soll, und darüber haben wir die Soko informiert – haben das entsprechend angeordnet – und auch unsere Fachaufsicht, bei der wir das auch deponiert hatten. Das war vor der Übergabe. Ich habe also in der Übergabe an sich keinen Zweck gesehen, weil es ja jetzt nur eine Kopie mehr auf dieser Welt gibt sozusagen, wenn ich das vereinfacht sagen darf.

Was die eigentliche Problematik ist: Natürlich öffnet die WKStA ihre Post. Also wenn da von Eiertanz oder heißer Kartoffel gesprochen wurde, ist das schon in einem anderen Licht zu sehen. Selbstverständlich öffnen wir unsere Post, aber selbstverständlich ist es auch so, dass wir, wenn eine kriminalpolizeiliche Einheit einen Bericht schickt und ein Beweismittel schickt, zunächst einen Bericht bekommen und dann vielleicht ein Beweismittel kriegen, aber üblicherweise wird das bei der Kriminalpolizei deponiert.

Also wenn Sie es - - Vielleicht mit anderen Worten, damit ich mich verständlicher ausdrücken kann: Wenn wir ein Kuvert bekommen und da ist ein Bericht drinnen und da ist vielleicht auch das Beweismittel drinnen, sagen wir Suchtgift, dann ist das etwas sehr Unübliches. Man fragt schon nach, bevor man hineingreift und da irgendetwas herausbröselt oder man das Beweismittel zerstört. Ich hoffe, ich habe mich verständlich ausgedrückt.

Es ist ein Unterschied, ob ich weiß, was da drinnen ist und wie ich jetzt damit vorzugehen habe, oder nicht. Daher war meine Frage beziehungsweise auch die vom Team an die Sonderkommission: Was ist denn da drinnen – im Sinne von: Haben wir irgendwelche Vorkehrungen zu treffen, dass wir da keine Beeinträchtigung des Beweismittels bewirken, wenn man das jetzt einfach aufreißt?

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Wollen Sie mir damit sagen, dass Sie nicht gewusst haben, was Ihnen in diesem Kuvert übermittelt wurde?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Und zwar auch deshalb nicht - - Wir haben es natürlich, weil es medial ja groß angekündigt worden ist, daraus schließen können. Wir haben ja auch mit der nachträglich als Weisung deklarierten E-Mail des Herrn Leitenden Oberstaatsanwalts erfahren, dass in der Medienarbeit hier koordiniert vorzugehen sein wird.

Bei dieser ganzen Übergabe war es ja so, dass das dann auch sofort – ich glaube, noch bevor es bei uns war – medial aufgepoppt ist. Das hat dann für mich auch ein bestimmtes Bild ergeben, weil man dann natürlich nicht mehr zurückfahren oder diese Übergabe nicht machen kann – dieser Soko-Beamte, der uns das gebracht hat –, denn dann hätte ja auch sozusagen die Medienberichterstattung nicht mehr gestimmt.

Also gut, jetzt haben wir es bei uns, und dann muss ich natürlich schauen und mich darum kümmern: Was kann denn das sein? Wie schaut das aus? Wie ist das da drinnen? Es hat dann bei der Übergabe offenbar ein Kollege, ich weiß nicht mehr, welcher es genau war, beim Überbringer nachgefragt: Was ist denn da drinnen? Der hat uns das nicht beantwortet, und das ist natürlich schon irgendwie auffällig gewesen, daher eine schriftliche Nachfrage.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Was haben Sie darinnen eigentlich vermutet? Wenn ich den Amtsvermerk, den Sie dazu angelegt haben, lese - - Ich lege Ihnen dazu das Dokument 66280 vor, wenn Sie sich das bitte ansehen. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Was haben Sie vermutet, war Ihre Frage? Meine Antwort ist ganz klar: Ich habe einmal gar nichts vermutet, ich will Auskunft. Das ist in der Kommunikation mit der Kriminalpolizei auch ganz klar, dass die normalerweise über Anordnung erfolgt und natürlich in diversen Besprechungen und dergleichen. Nichts anderes haben wir gemacht. Wir wollen Auskunft: Was bringt ihr uns da? Wie ist damit umzugehen? Wie schaut das aus?

Ich meine, man muss es sich nur vorstellen, ich habe es vorhin schon gesagt und ich kann es auch anders sagen: Wenn wir, ich weiß es ja nicht, einen Stick oder eine Festplatte oder was immer da kommt – das haben wir ja nicht gewusst – bekommen, und das ist vielleicht über ein besonderes Passwort geschützt – mit Cryptshare geschützt, was auch immer –, und das ist in einem Kuvert drinnen und ich fange an das aufzureißen, dann kann es natürlich schon geschehen, dass da etwas beschädigt wird, was ich brauche. Daher muss ich meines Erachtens, und das ist auch das Einzige, ich hoffe, Sie können das nachvollziehen, natürlich wissen, was ich da kriege, um es entsprechend behandeln zu können.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Sie haben ja diese Unterlagen nicht von irgendwem bekommen, sondern von der Soko Tape. (Auskunftsperson Vrabl-Sanda: Genau!) Und das war für Sie nicht ausreichend, dass Sie einfach hineinsehen, was drinnen ist? Ich gebe schon zu, es ist ein bisschen salopp, was Sie als Antwort bekommen haben, aber ganz aus der Welt ist es nicht, wenn man sagt: Schauen Sie hinein, dann sehen Sie es! (Auskunftsperson Vrabl-Sanda: Na, die Antwort, die wir - -!) Warum haben Sie nicht hineingesehen?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Pardon, ich möchte Ihnen nicht ins Wort fallen. Also die Antwort von uns war ja dann erst eine weitere Folge. Wir haben ja die erste Frage - - Entschuldigung, die Antwort muss man sagen, das war die Frage: Die Frage gegenüber dem Überbringer hat sich ja im Vorfeld abgespielt, bevor es dann sozusagen zu der schriftlichen Anfrage gekommen ist. Ich hätte ja nie eine Note schreiben müssen, wenn der Überbringer sagt: Das ist jetzt so da drinnen, da sind zwei oder da ist ein Kuvert in dem Überkuvert drinnen, da muss man bitte aufpassen, da ist das drinnen. Verstehen Sie, was ich meine? Das ist ja ganz etwas anderes.

Das ist aber nicht erfolgt. Er hat es uns schlicht und ergreifend nicht gesagt – ob er es nicht konnte, nicht wollte oder nicht wusste, das weiß ich nicht, aber er hat es uns nicht gesagt –, daher die Nachfrage. Mehr kann ich dazu nicht beitragen.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Wann haben Sie das Material dann gesichtet?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich weiß nicht, an welchen Tagen das war. Es hat aber so stattgefunden, dass dann selbstverständlich zunächst einmal, glaube ich, auch die Vollverschriftung gesichtet wurde und dann gemeinsam – so wie wir das auch ursprünglich schon vorhatten und auch im Vorfeld berichtet hatten  beim Bundeskriminalamt eine entsprechende Sichtung des Videomaterials stattgefunden hat. Zeitlich kann ich das nicht sagen, das weiß ich nicht.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: 30 Sekunden noch, bitte.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Können Sie sagen, wie viel Zeit vom Einlangen des Kuverts bis zur Öffnung und Sichtung vergangen ist?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Na, das war nicht lang. Das weiß ich nicht mehr, aber ich kann es nicht sagen.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Ein Tag, eine Woche, ein Monat?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich weiß es nicht mehr, aber eine Woche hat es sicher nicht gedauert. Das glaube ich nicht, aber ich kann es nicht mehr sagen.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Die restlichen Sekunden nehme ich mit.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Wir kommen somit zur Fraktion der SPÖ. Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Oberstaatsanwältin oder Frau Leiterin? (Auskunftsperson Vrabl-Sanda – erheitert –: Vrabl einfach!) Ja. Wir haben vor wenigen Tagen Medienberichten entnommen, dass eine Staatsanwältin, die als eine der zwei – jetzt vom Aktenstudium her – Hauptstaatsanwältinnen bei ihrer Behörde ist, die diesen ganzen Ibiza-Komplex bearbeitet, die Behörde mit vorgestern verlassen hätte. Stimmt das? (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.)

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich habe jetzt nur nachgeschaut, ob ich das mithabe. Es ist so, dass die Kollegin die Behörde verlassen wird – damit rechne ich, derzeit ist das noch nicht so –, weil sie sich wegbeworben hat. Das hat eine Vorgeschichte, die sehr umfänglich ist, und die hat mit dem zu tun, was ich Ihnen im Vorfeld schon gesagt habe.

Es hat also in diesem Fall ein Dienstaufsichtsverfahren gegeben. Ich muss vielleicht ein bisschen weiter ausholen. Ich weiß, ich rede dann lange, aber ich möchte versuchen, es verständlich zu machen: Es gab mehrere Vorgänge, mehrere Dienstaufsichtsverfahren und letztlich ist es in einem Dienstaufsichtsverfahren eskaliert. Das ist so gewesen, dass sowohl die Kollegin als auch ich heuer im September eine, man nennt das Ausstellung – das ist eine Disziplinierungsmaßnahme – bekommen haben.

Es gibt für die Dienstaufsicht verschiedene gesetzlich vorgesehene Möglichkeiten, die Aufsicht auszuüben, wenn sie der Meinung ist, es ist ein entsprechender Anlass dafür da. Da gibt es Belehrungen, Weisungen und Ausstellungen nach der Geo., und das Nächste ist dann schon das Disziplinarverfahren.

In den ersten drei Punkten, also auch bei der konkreten Ausstellung ist es so, dass es keinen Rechtsschutz, also kein Rechtsmittelrecht dagegen gibt, sondern das bekommt man – ausstellige Bemerkung ist drübergestanden; es müsste eigentlich Ausstellung heißen –, und dann wird das begründet, und diese Ausstellung als Disziplinierungsmaßnahme kommt dann zu den Personalakten. Das ist sowohl bei der Kollegin als auch bei mir geschehen.

Ich muss aber auch, damit da bitte keine Missverständnisse aufkommen, gleich dazusagen: Diese Ausstellungen sind auf Weisung des Bundesministeriums für Justiz zurückgenommen worden und befinden sich jetzt auch nicht mehr in den Personalakten.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich darf dazu das Dokument 68660 vorlegen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Sie haben gesagt, dass es mehrere dienstaufsichtsbehördliche Verfahren gegeben hätte. Reden wir jetzt über dienstaufsichtsbehördliche Verfahren – unter Anführungszeichen – „gegen Staatsanwälte, die in diesem Ibiza-Komplex ermitteln“?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Entschuldigung, ich habe keine Frage verstanden.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ach so! – Außerhalb der Fragezeit: Sie haben vorhin gesagt, dass es mehrere dienstaufsichtsbehördliche Verfahren gegeben hätte, und meine Frage war, ob ich Sie richtig verstanden habe, dass es da um dienstaufsichtsbehördliche Verfahren – unter Anführungszeichen – „gegen Staatsanwälte, die in der Ibiza-Affäre ermitteln“ geht.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja, bei all diesen dienstaufsichtsbehördlichen Verfahren, denn die Oberstaatsanwaltschaft als Dienstbehörde gegenüber allen Staatsanwälten, die im Sprengel dieser Oberstaatsanwaltschaft arbeiten, ist eben die Aufsichtsbehörde und kann ein Dienstaufsichtsverfahren einleiten oder muss das unter bestimmten Umständen tun – also das sind ja Aufsichtsrechte und Aufsichtspflichten gleichermaßen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wie viele derartige Verfahren sind im Zusammenhang mit Staatsanwälten, die im Komplex Ibiza ermitteln, geführt worden?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also im größeren Zusammenhang mit dem Sachverhaltskomplex Ibiza war das doch eine erkleckliche Menge. Ich kann es jetzt von der Zahl her wirklich nicht sagen, aber es sind schon einige. Und für mich ist es deshalb eben auffällig gewesen und war mit ein Grund, dass ich mich überhaupt mit solchen Auffälligkeiten beschäftige, weil das ja nichts Übliches ist.

Ich habe Ihnen vorhin gesagt, ich war auch jahrelang in der Fachaufsicht tätig, und ich weiß durch meine Tätigkeit auch als Stellvertreterin des damaligen Leitenden Oberstaatsanwalts, wann die Dienstaufsicht tätig wird und wie sie das tut, und das, was jetzt sozusagen da passiert und diese etlichen Aufforderungen zunächst zu Stellungnahmen und dergleichen, das verstehe ich aus meiner Sicht gar nicht mehr. Mir ist schon klar, dass, wenn es Auffälligkeiten gibt oder der Oberstaatsanwaltschaft berichtet oder sie involviert wird, sie unter Umständen nachfragt: Was ist denn da los gewesen? – Das kann man schon auch machen, aber wir bekommen mit diesen Dienstaufsichtsverfahren den Auftrag zur stellungnehmenden Berichterstattung, und mir ist aufgefallen, dass in diesem Auftrag nicht wenig häufig eine Unterstellung enthalten ist.

Dann müssen wir – das ist der normale Weg im Dienstaufsichtsverfahren – eben stellungnehmend berichten und darstellen, warum diese Vorhalte oder Vorwürfe haltlos sind, und auch das ist etwas, wofür ich dann öfters die KollegInnen aus dem Team beanspruche, weil es teilweise um Sachen geht, die innerhalb dieser staatsanwaltschaftlichen Arbeit in dem Verfahren passiert sind und ich das daher nicht weiß oder nicht wissen kann, weil ich ja bei diesen Ermittlungen nicht unmittelbar dabei bin. Daher müssen sie mir berichten, und ich berichte das dann eben weiter an die Oberstaatsanwaltschaft.

In der zuletzt geschilderten Dienstaufsichtssache ist es dann eben dazu gekommen, dass ich noch ein zweites Mal berichten musste – also es waren insgesamt zwei Berichte, die ich schreiben musste –, und letztlich hat sich die Oberstaatsanwaltschaft dazu verstanden, sowohl der Kollegin als auch mir diese Ausstellung zu erteilen.

Das ist nicht wurscht! Ja, also ich finde, das muss man schon auch dazusagen, weil es ja eine Disziplinierung ist, die Auswirkungen hat, weil sie zum Personalakt kommt. Das ist für eine junge Kollegin in den Auswirkungen erheblich und bedeutsam. Es ist also nicht so, dass man, so wie es bisher oder davor war, sagen kann: Na gut, ich weiß, es gibt sehr viele Dienstaufsichtsverfahren und das ist natürlich nichts Gutes, weil selbst wenn dann nichts herauskommt im Sinne von: Es konnte keine Verfehlung festgestellt werden!, so hat man doch einen gewissen Stoß von Akten, auf den man bei Gelegenheit hinweisen und sagen kann: Na, wenn jemand so viele Anlässe zu einer Überprüfung gegeben hat, da kann ja etwas nicht stimmen!, nicht? – Sie kennen das!

Schon alleine das ist ein Problem, aber dass es dann letztlich tatsächlich dazu gekommen ist, dass die Kollegin eine Disziplinierungsmaßnahme bekommen hat, die zum Personalakt genommen worden ist, ist schon eine sehr bedrückende Situation – und für mich auch bedrückend, weil ich ja selbst auch davon betroffen war und weil der Anlass für mich, und ich kann das aus eigener Betroffenheit heraus sagen, völlig absurd war.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Nur damit ich Sie richtig verstehe: Sie beide haben mehr oder weniger einen schwarzen Punkt im Personalakt bekommen?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das ist aber revidiert worden. Also es ist - -

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, ja, das ist dann wieder zurückgenommen worden. Die Oberstaatsanwaltschaft hat Ihnen also einen schwarzen Punkt in den Personalakt hineingeschrieben, und das Justizministerium hat gesagt: Den schwarzen Punkt nehmt ihr wieder weg!

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das ist offenbar so, nur muss ich dazusagen, dass ich die Weisung des Justizministeriums nicht kenne. Ich kenne nur den Erlass der Oberstaatsanwaltschaft mit der Zurücknahme dieser Ausstellung, und da wird Bezug auf einen Erlass des Bundesministeriums für Justiz genommen, aufgrund dessen sozusagen diese Zurücknahme erfolgte.

Ich habe mehrfach darum gebeten, dass man mir diesen Erlass zukommen lässt, damit ich ihn auch inhaltlich kenne, weil es ja schließlich auch um meine Aufgabe als Leiterin geht, weil mir ja zur Last gelegt wurde, durch die Verteidigung der Kollegin hätte ich meine Aufgabe als Leiterin im Zuge der Dienst- und Fachaufsicht nicht ordentlich erfüllt und damit verfehlt, und das war der Grund für meine Ausstellung. Daher ist es natürlich wichtig, dass ich eine entsprechende Information bekomme: Wird das jetzt als Fehler gesehen oder eben nicht? – Ich habe sie aber nicht bekommen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und das, was zu diesem schwarzen Punkt geführt hat – verstehe ich das richtig? –, das ist das, was ich Ihnen habe vorlegen lassen. Da steht drin, dass sie den Punkt bekommen hat, weil sie ein E-Mail der Oberstaatsanwaltschaft, in dem drinsteht, dass sie das Schreddertagebuch dem Untersuchungsausschuss nicht vorlegen darf, zum Tagebuch genommen hat. Ist das richtig?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja, also es fällt mir schwer, über solche Dinge in einer medienöffentlichen Sitzung zu sprechen, aber natürlich, das ist richtig. Betreffend das, was sie festgehalten hat, ist es tatsächlich so; nur dass der Anlass dazu allerdings nicht, so wie ich es, glaube ich, von Ihnen verstanden habe, eine E-Mail der Oberstaatsanwaltschaft war, sondern es eine interne Nachricht, innerhalb der WKStA, eine Mailnachricht jenes Kollegen gewesen ist, der mit der Vorbereitung der Vorlagen der Akten beschäftigt ist, die wir an die Oberstaatsanwaltschaft liefern, damit diese den Untersuchungsausschuss bedienen kann.

Der Kollege ist mein erster Stellvertreter, und der hat die Information bekommen - - Oder lassen Sie mich - - Das muss ich so sagen: Ursprünglich war ja die Vorgabe an die Staatsanwaltschaften, wir sollen alle Akten, die von Relevanz sind – da ist uns eben der Untersuchungsgegenstand mitgeteilt worden – benennen und entsprechend berichten. Das haben wir getan, und dann hat der Kollege die Mitteilung von der Oberstaatsanwaltschaft bekommen, dass man nach Ansicht der Oberstaatsanwaltschaft diesen Schredderakt – ich muss das präzisieren: den Akt hatten wir ja nicht mehr, sondern nur mehr das Tagebuch; also dieses Schreddertagebuch – nicht vorlegen solle, dass die Oberstaatsanwaltschaft also der Meinung ist, das ist dem Untersuchungsausschuss eben nicht vorzulegen. Und damit sozusagen die Mitglieder in der Teamassistenz, aber auch im staatsanwaltschaftlichen Team entsprechend informiert sind, hat jetzt mein erster Stellvertreter an das Team und an die Teamassistenz eine E-Mail geschrieben, aus der hervorgeht, dass es da eben eine bestimmte Weisung der Oberstaatsanwaltschaft Wien geben wird, dieses Schreddertagebuch nicht vorzulegen.

Das ist deshalb wichtig, weil das Team und die Teamassistenz diese Aktenvorlagen vorbereiten. Die müssen die Scanarbeiten machen und die müssen auf inhaltliche Richtigkeit und Vollständigkeit kontrollieren und die müssen das Inhaltsverzeichnis machen – eben so, wie der Untersuchungsausschuss das vorgelegt bekommt –, und wenn das jetzt eine Arbeit ist, die in einem Verfahren sozusagen unnötig ist, dann muss man ja wissen, dass man das nicht mitkriegt.

Diese interne E-Mail hat die Kollegin zum Tagebuch unseres Stammverfahrens – das ist der Casinosakt, eben dieser Fünferakt – genommen, und die Oberstaatsanwaltschaft Wien hat das zum Anlass genommen, ihr eine Ausstellung zu erteilen, weil diese interne E-Mail nach Ansicht der Oberstaatsanwaltschaft Wien dort nicht hineingehört, wobei ich dazusagen muss, das Tagebuch – ich habe es schon vorhin ausgeführt – ist ein interner Geschäftsbehelf. Der unterliegt auch nicht der Akteneinsicht, der dient dazu, dass die Kollegin, die zum damaligen Zeitpunkt sozusagen die Aktenführerin war, auch eine entsprechende Übersicht hat, was sich in den Akten tut. Das ist also wirklich eine interne Unterlage.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ihnen liegt ja vor, dass die Staatsanwältin gerne wissen würde, wie Sie in Zukunft bei der Tagebuchführung vorzugehen hat. Gibt es auf diese Frage eine Antwort?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also ich habe ihr kommuniziert und habe das auch - -, ich weiß nicht, ob ich es da festgehalten habe, aber ich glaube schon, dass ich diesbezüglich für sie jetzt keine Veranlassung sehe, von ihrer bisherigen Vorgehensweise abzugehen, und zwar deshalb nicht, weil ja die Ausstellung zurückgenommen wurde. Ich muss jetzt eben noch abklären, was der Grund für die Zurücknahme war: ob man der Meinung ist, ja das ist ein Fehler, aber er verdient keine Ausstellung, oder ob man der Meinung ist, so wie ich das bin, das ist gar kein Fehler.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gut, festhalten können wir aber Folgendes: Es gab eine Weisung der Oberstaatsanwaltschaft, dem Untersuchungsausschuss das Tagebuch des Schredderaktes nicht zu übermitteln, und weil eine interne Mitteilung in ein Tagebuch gekommen ist, hat die Staatsanwältin einen schwarzen Punkt gekriegt, der dann auf Weisung von der Stelle darüber wieder zurückgenommen werden musste.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Sie haben gesagt, es gab eine Weisung der Oberstaatsanwaltschaft. – Da bin ich jetzt nicht so sicher, ob da eine Weisung nur angekündigt wurde oder ob es sie zu dem Zeitpunkt schon gegeben hat. Sie ist jedenfalls überholt worden, weil ja das Justizministerium zu der Erkenntnis gelangt ist, dass dieses Schreddertagebuch schon von abstrakter Relevanz und doch vorzulegen ist, und das hat sich ja dann irgendwie zeitlich überholt. – Im Übrigen ist es so, wie Sie gesagt haben.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Okay, dann darf ich Ihnen 68660, Seite 77, vorlegen. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.) Können Sie uns vielleicht kurz sagen, worum es hier geht?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also es geht grundsätzlich darum, wie der staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakt zu bilden ist und was alles Gegenstand des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsaktes zu sein hat – oder anders gesagt: auch nur sein darf. Da hat es zuletzt eben eine Judikatur des Obersten Gerichtshofes gegeben und es hat auch einen Artikel des früheren oberstgerichtlichen Präsidenten gegeben und in diesem Zusammenhang und da tun sich dann sozusagen Fragen in der Praxis auf, wie sich das jetzt auf unsere Verfahren im Konkreten auswirkt.

Der Kollege hat hier in einer Verfügung festgehalten, dass sich diese Fragen stellen, und wie da jetzt weiter vorzugehen ist. Ich von meiner Seite habe diese Fragen an die Oberstaatsanwaltschaft und auch an das Bundesministerium für Justiz weitergeleitet, weil ich der Meinung bin, dass das grundlegende Fragen sind. Ich meine, die Aufsicht – ich habe das vorhin schon gesagt – hat ja nicht nur Aufsichtsrechte und -pflichten, sondern daraus entspringt ja auch eine gewisse Unterstützungsverpflichtung, wenn man so will.

Also wenn ich dafür Sorge tragen muss, dass die Staatsanwaltschaften in meinem Sprengel ordentlich arbeiten und fachlich sicher arbeiten können, dann müssen sie natürlich auch wissen, was Sache ist. Es sind da einige Fragen aufgrund dieser Judikatur entstanden, die aus meiner Sicht gar nichts anderes sagt, als wir auch bisher in den Verfahren an Praxis gepflogen haben. Es gehört aber aus meiner Sicht abgeklärt, und das war der Grund, warum wir herangetreten sind.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Was war diese Entscheidung vom OGH vom 13. Oktober 2020?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja, also das ist natürlich auch wieder ausgenützt und medial auch so dargestellt worden, als hätten wir gleichsam vom Obersten Gerichtshof in einem Verfahren einen entsprechenden Hinweis bekommen, dass wir irgendetwas falsch machen. Dem ist natürlich nicht so.

Diese Entscheidung des Obersten Gerichtshofes hat überhaupt nichts mit unseren Verfahren zu tun, sondern erging in einem Verfahren einer anderen Staatsanwaltschaft. Es ist um die Frage gegangen, ob Daten, personenbezogene Daten sozusagen zu einem Akt genommen werden dürfen, wenn sie für den Verfahrensgegenstand keine Relevanz haben. Das hat mit unseren Verfahren nichts zu tun gehabt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und was war die Entscheidung des OGH in dieser Frage? (Auskunftsperson Vrabl-Sanda: Bitte?) Was hat der OGH entschieden?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Na, der OGH hat entschieden, wie das stattzufinden hat: dass nämlich nur Verfahrensrelevantes zum Ermittlungsakt zu nehmen ist.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich habe Sie jetzt akustisch nicht verstanden, Entschuldigung! (Auskunftsperson Vrabl-Sanda: Bitte?) Ich habe Sie akustisch nicht verstanden.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Dass die Verfahrensrelevanz bei allem, was man zum Ermittlungsakt bringt oder nimmt, müsste man besser sagen, zu beachten ist.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Stimmt es, dass das Landesgericht Wien in der Frage Ibizakomplex jetzt eine Entscheidung getroffen hat, was zum Akt zu nehmen ist beziehungsweise wäre und was nicht?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich möchte noch einmal sagen, ich bin nicht sicher, ob das mit dem Untersuchungsgegenstand zusammenhängt, weil das ... etwas anderes betroffen hat.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Herr Verfahrensrichter. – Bitte.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Ich glaube, wenn man dazu etwas wissen wollte, müsste man es vorhalten, und dann müsste man sich darüber unterhalten, ob es im Untersuchungszeitraum ist; aber das ist ja eine reine Erkundungsfrage, die hat mit Wahrnehmungen wenig zu tun.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich glaube schon, dass die Auskunftsperson Wahrnehmungen dazu hat.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Wissen Sie es? – Ich nicht.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich habe ausdrücklich gesagt: Ich glaube, und sie hat es ja gerade in der Beantwortung bestätigt, dass sie Wahrnehmungen hat.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also ich möchte noch einmal sagen, ich glaube, es hat mit dem Untersuchungsgegenstand nichts zu tun. Ich kann aber auch sagen, warum ich das glaube: Diese Entscheidung ist nicht in einem Verfahren der WKStA ergangen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Es war aber das Landesgericht Wien, oder?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also ich bleibe bei meiner Antwort. Es war eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes, auf die hier Bezug genommen wird.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich lege Ihnen den Akt 68643 vor. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.) Ist Ihnen der Akt bekannt?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Dieser Aktenvorgang bezieht sich nicht auf das, was ich Ihnen vorhin gesagt habe mit der OGH- - Es hängt indirekt damit zusammen, aber ist nicht das Gleiche. Also das, was wir hier haben, ist ja eine Weisung. Sie sehen das ganz klar an der Bezugnahme auf § 29 StAG, und die behandelt inhaltlich Teile dessen, was auch in dem Artikel von Ratz und in dieser OGH-Entscheidung thematisiert und behandelt worden ist. Letztlich haben wir hier die Weisung bekommen, ein Rechtsmittel einzubringen, nämlich Beschwerde einzubringen, und die Ausführungen sind inhaltlich eben rechtliche und teilweise eben offene Fragen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Da ging es um ein Verfahren von Herrn Strache gegen die WKStA, und Herr Strache wollte, wenn ich das richtig sehe, ein ungeschwärztes Videomanuskript haben. Stimmt das?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja, es ging um die Frage der Akteneinsicht und ob im Zuge der Akteneinsicht den Akteneinsichtsberechtigten sozusagen mehr herausgegeben werden kann als das, was beim Akt ist.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Strache sagte: Ich will eine ungeschwärzte Version des Transkripts vom Video haben. Das Landesgericht Wien hat ihm recht gegeben, dass das zu tun wäre. Verstehe ich das richtig, dass Sie jetzt als WKStA gemeint haben: Gut, dann nehmen wir eine ungeschwärzte Version zum Akt, und diese Weisung zwingt Sie dazu, das nicht zu tun.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich glaube, das sind Vorgänge, die ja grundsätzlich - - Das ist ja der Grund, warum auch die Staatsanwaltschaft sozusagen ein Teil der Gerichtsbarkeit ist. Das heißt, ich kann Ihnen die Erwägungen und dergleichen dazu ja gar nicht darlegen. Ich kann nur sagen: Genau so, wie Sie es in der Hand haben, haben wir es bekommen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich versuche nur, den Vorgang zu verstehen, dass Sie als WKStA eine ungeschwärzte Version zum Akt nehmen wollten, oder gar getan haben, und die OStA Ihnen die Weisung gibt, dieses Urteil zu bekämpfen und quasi diese ungeschwärzte Version wieder aus dem Akt herauszunehmen oder jedenfalls nicht reinzugeben. Verstehe ich diesen Vorgang richtig?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also im Groben kann man das, glaube ich, so zusammenfassen. Ich hätte es ein bisschen anders gesagt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Es steht ja auch hier, dass nach Ansicht der OStA das Transkript des Ibizavideos verfrüht zum Akt genommen worden wäre. (Auskunftsperson Vrabl-Sanda: Mhm!) Das heißt, die OStA hat einerseits gesagt: Gebt dem Untersuchungsausschuss nicht den Schredderakt! Und die OStA hat indirekt auch gesagt – denn wir hätten den ja dann auch ungeschwärzt bekommen –: Gebt nicht nur Strache, sondern auch dem Untersuchungsausschuss nicht das ungeschwärzte Transkript vom Video.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Für uns ist das nach wie vor eine offene Frage, die wir natürlich auch abklären müssen. Deshalb haben wir ja auch diese Fragen an die Oberstaatsanwaltschaft und an das Ministerium zur Aktenbildung gestellt – wie ich Ihnen vorhin gesagt habe –, weil es nämlich auch um die Frage geht, ob das beanstandet wird, was wir zum Akt genommen haben, denn dazu haben wir ja bis jetzt noch keine Beanstandung.

Ich meine, es wird ja sehr viel darüber gesprochen und sich – meines Erachtens völlig zu Recht – sehr ausführlich mit der Frage beschäftigt, was alles problematisch sein kann, wenn personenbezogene Daten bei Ermittlungsakten sind. Das ist ein wirklich wichtiges und heikles Thema. Das darf man ja nicht verkennen.

Und jetzt geht es bei mir um die Frage: Wie kann ich es bewerkstelligen, dass die Staatsanwälte hier sozusagen fachlich sicher arbeiten können? In diesem Fall war es ja so, dass wir davon ausgegangen sind, dass - - diese Teile vom Videomaterial, die wir als verfahrensrelevant angesehen haben, ja eben auch schon der Akteneinsicht unterlegen gesehen haben – weil Aktenbestandteil. Das ist es.

Man könnte jetzt sagen – so, wie Sie es herausgestrichen haben, ich nehme an, diese Unterstreichungen stammen von Ihnen, und Sie meinen diese Passagen –, dass nach Ansicht der OStA in diesen Ausführungen die Meinung ja war, dass wir das eigentlich nicht zum Akt hätten nehmen können. Das ist eine Frage, die man sich rechtlich anschauen muss, sie ist daher eine Frage der Gerichtsbarkeit.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gut. Es gibt Medienberichten zufolge ein Verfahren wegen mutmaßlicher falscher Aussage von Frau Bettina Glatz-Kremsner. Können Sie bestätigen, dass es ein derartiges Verfahren oder derartige Verfahren gibt?

*****

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Haben wir da einen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ja, haben wir. (Verfahrensrichter-Stellvertreter Rohrer: Bitte?) Ja, haben wir.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Und zwar?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Im Untersuchungsgegenstand – der ist Ihnen ja sicher geläufig – geht es um Verfahren, die mit Ibiza zusammenhängen. Eine Falschaussage im Laufe eines derartigen Verfahrens ist damit Gegenstand. (Verfahrensrichter-Stellvertreter und Verfahrensanwalt beraten sich.)

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Worauf der Herr Verfahrensanwalt zu Recht hinweist, ist: Wir haben auch die Persönlichkeitsrechte Dritter zu schützen, und da ist es fraglich, ob hier jetzt öffentlich über Strafverfahren Dritter abgehandelt wird.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Es gibt genau zu diesem Thema eine Beweisanforderung, und sie wurde vom Verfahrensanwalt oder vom Verfahrensrichter nicht beeinsprucht, dass das nicht Gegenstand des Untersuchungsausschusses wäre. Insofern verstehe ich nicht, wieso es jetzt ein Problem sein sollte.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Noch einmal: Das ist einerseits das Problem der Persönlichkeitsrechte dieser dritten Person, und andererseits glaube ich, ist das Verfahren erst jetzt, wenn überhaupt, anhängig gemacht worden. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich darf darauf verweisen, dass es eine Anforderung zu genau diesem Verfahren gibt – § 288 StGB – und dass ich seitens der Justizministerin auch persönlich darauf hingewiesen wurde, dass das aufgrund unserer Intervention dem Untersuchungsausschuss vorgelegt wird.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Herr Abgeordneter Krainer, ich habe Ihre Redezeit jetzt als Geschäftsordnungsdebatte gewertet. Ich wollte es Ihnen nur sagen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Alles andere wäre auch geschäftsordnungswidrig gewesen.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Na ja, Sie sollten diese immer einleiten, dann tun wir uns bei der Zeitnehmung leichter. Ich wollte es Ihnen nur sagen, eigentlich entgegenkommend.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich bin ja jetzt in der Befragtensituation und nicht in der Fragesituation. Wenn der Verfahrensrichter mich befragt, und ich Rede und Antwort stehen darf, dann kann das natürlich nicht auf meine Befragungszeit gehen.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Ich habe nur eine Klarstellung getroffen (Abg. Krainer: Ja, ja!), und wäre es einfacher, Herr Krainer, wenn Sie manchmal auch etwas wertschätzend zur Kenntnis nehmen könnten.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ja, ja, ja! Sie auch. Gut.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Die Anforderung eines Aktes ist eine Sache, und die Fragestellung ist eine andere. Ich halte es nach wie vor als Eingriff in Persönlichkeitsrechte Dritter für unzulässig.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Ich halte fest, dass ich mich als Vorsitzender der Meinung des Verfahrensrichters anschließe.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Das ist jetzt aber sehr unterstellend, was Sie sagen, Herr Verfahrensrichter, denn Sie sagen damit, dass die Justizministerin rechtswidrig, nämlich nicht quasi auf die Rechte Dritter rücksichtnehmend, uns Akten übermitteln lässt. Das halte ich schon für mutig.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Ich bin gar nicht mutig. Ich habe hier nur über eine Frage abzusprechen, und über sonst gar nichts.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Und über dieselbe Frage muss die Justizministerin entscheiden, und das hat sie getan. Sie sagen jetzt, dass die Justizministerin rechtswidrig agiert.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Noch einmal: Ich sage gar nichts. Ich nehme Stellung zu einer Frage von Ihnen. Mehr tue ich nicht.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Könnten Sie mir bitte erklären, inwiefern ich ein Persönlichkeitsrecht einer dritten Person verletze, wenn ich frage, ob sie Wahrnehmungen zu einem Verfahren hat, von dem uns die Justizministerin schriftlich bestätigt, dass es existiert. Inwiefern könnte ich da auch nur in der Theorie irgendjemandes Persönlichkeitsrechte missachten?

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Noch einmal: Es geht hier um die Frage eines möglicherweise anhängigen Verfahrens, wo es keinen Schuldspruch gibt, wo es, wie Sie vielleicht wissen, auch die sogenannte Unschuldsvermutung gibt. Es muss sich niemand medienöffentlich vorwerfen lassen, dass wegen einer Verdachtslage ein Verfahren gegen ihn anhängig ist. Das ist für mich eine ganz, ganz sichere Sache und hat mit einer Entscheidung der Justizministerin gar nichts zu tun. Wir sind hier in einer medienöffentlicher Sitzung, und da muss ich dritte Personen davor schützen, dass ihnen hier eine Verdachtslage öffentlich vorgehalten wird.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Das heißt, wir dürfen hier auch keine Fragen zu Strache und zu Gudenus stellen, weil hier aufgrund einer Verdachtslage ein Ermittlungsverfahren geführt wird. – Verstehe ich das richtig?

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Wenn es so weit ist, werden wir dazu Stellung nehmen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Staatsanwältin, haben Sie Wahrnehmungen zu Verfahren gegen einen gewissen Herrn Strache? – Jetzt wäre es so weit, Herr Verfahrensrichter.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Ich darf das Wort dem Herrn Verfahrensanwalt erteilen. – Bitte.

Verfahrensanwalt Dr. Andreas Joklik: Vielleicht den Unterschied aus meiner Sicht kurz darlegend: Selbstverständlich sind sämtliche Strafverfahren, die sich im Untersuchungszeitraum befinden, Untersuchungsgegenstand. Hier geht es offensichtlich um ein Verfahren, das nach dem Untersuchungszeitraum eingeleitet wurde. Und wie der Herr Verfahrensrichter schon gesagt hat, ist jegliche Form des Vorwurfes einer nicht bestätigten oder nicht verurteilten Straftat ein Eingriff in ein Persönlichkeitsrecht. Daher ist die Frage an sich nach a) Eingriff Persönlichkeitsrecht und b) Interessensabwägung zu beurteilen.

Da es nicht im Untersuchungszeitraum liegt, glaube ich, ist es gar nicht möglich, dass wir darüber absprechen. Die Aktenvorlage ist natürlich etwas anderes, da gebe ich Ihnen völlig recht. Die steht im Zusammenhang.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Also ganz ehrlich, meine Frage berührt Frau Glatz-Kremsner nicht. Ich frage weder ob sie schuldig ist noch sonst irgendetwas in diese Richtung. Ich will nur wissen, ob sie Kenntnis davon hat, dass es ein derartiges Verfahren gibt – was jetzt auch keine Überraschung ist, denn das haben wir bereits alle in der Zeitung gelesen –, und die Falschaussage bezieht sich auf die Verfahren, die hier laufen – das wissen wir auch alle aus der Zeitung. Also inwiefern könnten theoretisch auch nur irgendjemandes Persönlichkeitsrechte durch diese Frage gefährdet sein? – Es ist absurd. Es tut mir leid. Ich frage nicht nach Inhalten. Meine Frage war: Haben Sie Wahrnehmungen, dass es ein derartiges Verfahren gibt?

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Ich glaube, ich habe es schon begründet. Mehr kann ich dazu nicht sagen.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Als Vorsitzender muss ich jetzt wirklich kurz eingreifen. Herr Abgeordneter, ich würde Sie wirklich bitten – wir haben jetzt wieder eine lange Geschäftsordnungsdebatte geführt, der Herr Verfahrensrichter hat mehrmals begründet, wieso er dieser Rechtsauffassung ist – in der Befragung fortzufahren.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ja, aber die ist offenkundig fehl am Platz.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Das ist Ihre Einschätzung und Ihre Meinung. Es gibt Schiedsstellen, Sie haben allerhand Möglichkeiten, Rechtsmittel zu ergreifen.

*****

Ich würde Sie jetzt wirklich bitten, in der Befragung fortzufahren.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie Kenntnis davon, dass der Untersuchungsausschuss Akten in Zusammenhang mit einem Strafverfahren, das geführt wird, in dem Frau Glatz-Kremsner im Zusammenhang mit einer Falschaussage als Verdächtige geführt wird, angefordert hat?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also, kann ich das beantworten, ja?

Ich gehe davon aus, ja. Ich habe jetzt nicht eine konkrete Unterlage im Kopf, wo das dringestanden ist, aber das Thema ist mir bekannt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wer hat entschieden, dass diese Akten dem Untersuchungsausschuss zunächst nicht vorgelegt werden sollen?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Nachdem sich die Aktenvorlage immer an die Bundesminister und Bundesministerinnen richtet, gehe ich davon aus, dass das eben von dort aus war, also aus dem Bundesministerium.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Geht es hierbei um Akten, die der WKStA vorliegen?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das, was Sie vorhin besprochen haben? – Ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Legen Sie diese Akten dem Untersuchungsausschuss vor, oder legt das Bundesministerium für Justiz diese Akten vor, oder legt die Oberstaatsanwaltschaft Wien diese Akten vor?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also grundsätzlich ist die Aktenvorlage nach meinem Kenntnisstand eine Sache des Ministeriums, und ich glaube, dass die Frau Bundesministerin diese Aufgabe sozusagen an die Oberstaatsanwaltschaft übertragen hat. Und wir als Staatsanwaltschaften erster Instanz werden dann aufgefordert, die entsprechenden Verfahren, die in Zusammenhang oder abstrakter Relevanz stehen können, eben an die Oberstaatsanwaltschaft zu berichten. So ist der normale Lauf.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: 30 Sekunden noch, bitte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Stimmt es, dass die Oberstaatsanwaltschaft zunächst quasi entschieden hat – und jetzt von der Justizministerin overruled wurde –, dass die Akten Glatz-Kremsner betreffend Falschaussage nicht zu liefern sind?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich weiß nicht, von wem es ausgegangen ist, aber ich weiß, dass wir erlassgemäß diese Akten nicht vorlegen sollten.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und der Erlass kam von?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Wir bekommen Erlässe immer unmittelbar von der Oberstaatsanwaltschaft, aber das heißt jetzt nicht, dass dort sozusagen die ursprüngliche Meinungsfindung war; das meine ich damit. Das ist nur die Kommunikationsschiene.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Danke schön.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Gut. Wir kommen somit zur Fraktion der FPÖ. Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Fürst. – Bitte. (Die Auskunftsperson wendet sich an den Vorsitzender-Stellvertreter.)

Ich unterbreche die Sitzung.

*****

(Sitzungsunterbrechung: 12.17 Uhr bis 12.26 Uhr.)

*****

12.26

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und darf bitten, die Gespräche einzustellen und die Plätze wieder einzunehmen.

Wir sind bei der letzten Fraktion in der ersten Befragungsrunde, und ich erteile Frau Abgeordneter Fürst das Wort. – Bitte.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Grüß Gott, Frau Hofrätin! Aus Ihren Ausführungen in den Akten und auch aus Ihren jetzigen Statements gewinnt man ja ein eher bestürzendes Bild, jetzt nicht über die Justiz insgesamt, weil wir wissen, dass sehr viele sehr gut arbeiten, aber gerade über diese Zusammenarbeit oder fehlende Zusammenarbeit der Justizbehörden, was ja nicht nur die Arbeit erschwert oder zulasten der Arbeit geht, sondern auch zulasten des Rufs der Justiz und ihrer Glaubwürdigkeit.

Man gewinnt hier das Bild, so kommt es einem vor: Die Justiz ist eine Höhle des Löwen und da sitzen diverse Löwen drinnen, wie zum Beispiel der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Mag. Fuchs, dann der mächtige Herr Sektionschef Pilnacek aus dem Justizministerium mit den ihm unterstehenden Beamten. Und in diesem Komplex, den wir hier untersuchen, gibt es auch noch den Mag. Andreas Holzer; dieser ressortiert zwar beim Innenministerium, aber arbeitet als Leiter der Soko Tape den Staatsanwaltschaften zu. Diese Löwen sozusagen stehen hier der WKStA, der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, und Ihnen als Leiterin gegenüber und lassen Sie nicht wirklich in die Höhle hinein.

Sie haben ja auch schon sehr pointiert diese Kapazunder sozusagen kritisiert und haben auch jetzt in Ihrem Statement schon mehrmals davon gesprochen, dass Sie dafür da sind, die unbeeinflusste Arbeit der Staatsanwälte zu garantieren, und dass es aber hier immer Störungen von außen gibt. Dem möchte ich auf den Grund gehen und komme zunächst auf die Arbeit der Soko zu sprechen.

Wir haben heute schon die Bedenken, die Sie gegen die Zusammensetzung der Soko in Bezug auf Befangenheit gehabt haben, auch gegen das Verhalten des Leiters der Soko, thematisiert. Sehen Sie aus jetziger Sicht Ihre Bedenken von damals als berechtigt an, als bestätigt, wenn Sie jetzt die Arbeit der Soko rückblickend bewerten?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Darf ich vielleicht noch ergänzen, bevor ich diese Frage beantworte: Ich will in keine Höhle. Das ist wirklich nicht mein Ansinnen. Ich will, dass diese Staatsanwaltschaft arbeiten kann. Das ist meine Aufgabe. (Abg. Fürst: Und Sie wollen zusammenarbeiten!)

Es ist meines Erachtens auch nicht - - Und ich habe das betont: Das ist keine Kritik an der Gerichtsbarkeit, an der Justiz, überhaupt nicht. Das funktioniert. Ich habe Ihnen gesagt, in welchen Bereichen ich der Meinung bin, dass wir Probleme haben.

Um zu Ihrer Frage zurückzukommen: Das, was Ministerialrat Holzer in seinen Sachstandsbericht hineingeschrieben hat, das ist ja ein Stand aus dem – ich bin mir jetzt nicht ganz sicher –, ich glaube (Abg. Fürst: Dezember 2019!), Dezember des Vorjahres. Ich gehe nicht davon aus, dass es in letzter Zeit irgendwelche Probleme in diese Richtung gegeben hat, wo die Soko Probleme sehen würde. Ich glaube, wir haben auch klar kommuniziert, dass wir der Meinung sind: Wenn es Probleme gibt, dann müssen die angesprochen werden, denn für mich ist es ja ganz erstaunlich, dass es solche Sachstandsberichte gibt und zu welchem Zweck die dienen, wenn berichtet oder zusammengefasst wird, wo es Probleme gibt, und dann nicht versucht wird, diese auszuräumen, weil wir ja gar nichts davon erfahren sozusagen. Also das ist schon ein bemerkenswerter Zustand gewesen.Ich möchte noch einmal betonen, dass mir die Teammitglieder in der WKStA versichert haben, dass die Arbeit mit den Mitgliedern der Soko völlig unbelastet und sehr vertrauensvoll passiert.

Also es ist nicht so, dass man jetzt das Bild bekommen könnte, da herrscht Streit oder wir würden uns gegenseitig behindern. Ich weiß, dass das gerne als Aufmacher von manchen genommen wird, das ist grundsätzlich falsch, aber wir haben diesen Sachstandsbericht, und ich musste mich dazu auch in einem Dienstaufsichtsverfahren äußern. Ich habe das auch gemacht, in einer durchaus umfänglichen Art und Weise, weil ich der Meinung bin, dass das ein sehr bemerkenswerter Bericht ist, dem ich natürlich entgegentreten muss, denn wenn etwas davon hängen bleibt, dass es wahr sein könnte, wo ich überzeugt bin, dass es nicht so ist, dann muss ich das darstellen, weil ich ja unter Umständen dann sonst wieder eine dienstaufsichtsbehördliche Maßnahme bekomme, also deshalb auch eine umfänglichere Darstellung zu den Inhalten des Berichts.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Ja, aber wie bewerten Sie jetzt rückblickend die Arbeit der Soko? Ich darf nur einen Punkt ansprechen: Auffindung des Videos, der Leiter der Soko geht in die Medien, präsentiert das als großen Erfolg, verständigt die WKStA oder Sie nicht.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Grundsätzlich muss ich sagen, nachdem ich nicht unmittelbar immer in der Zusammenarbeit bin – das machen die operativ Tätigen, die Ermittler sozusagen, Teile der Sonderkommission und Teile aus unserem StA-Team –: Ich kann mich nur darauf verlassen, was mir die an Informationen geben. Aus meinem StA-Team in der WKStA kann ich sagen, es gibt diese Probleme auf der operativen Ermittlungsebene nicht.

Auch Ministerialrat Holzer ist ja, nehme ich an, nicht operativ tätig, wird seine Erkenntnisse aus anderen Informationen, Berichten haben, die dazu geführt haben, dass er so eine zusammenfassende Darstellung über Probleme mit der WKStA geschrieben hat. Ich gehe davon aus, dass er die nicht mehr sieht, sonst hätte es ja da irgendeine Kontaktaufnahme gegeben. Ich weiß es allerdings auch nicht, denn zu dem Bericht, den ich an die Oberstaatsanwaltschaft im Zuge dieses Dienstaufsichtsverfahrens schreiben musste, habe ich noch keine Antwort bekommen. Ich weiß also noch nicht, wie meine Fachaufsicht das einschätzt.

Ich bin aber schon der Meinung und habe in dem Bericht auch darum gebeten, dass die Fachaufsicht hier auch entsprechend tätig wird, um der WKStA in irgendeiner Form den Rücken zu stärken, denn aus meiner Sicht geht das nicht an, dass man, selbst wenn man der Meinung ist, es läuft nicht ganz rund, so einen Bericht liefert und den inhaltlich gar nicht überprüft, ob das stimmt oder nicht, denn sonst hätte sich ja herausgestellt, dass es falsch ist.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Hätte Soko-Leiter Holzer die WKStA über die Auffindung des Videos informieren müssen?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja, das ist zweifellos so.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Aber er hat es nicht gemacht.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das hat er nicht gemacht.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Wie beurteilen Sie die Arbeit der Soko und des Leiters in der Schredderaffäre?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich glaube nicht, dass Herr Ministerialrat Holzer da unmittelbar operativ tätig war.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Aber Mitglieder der Soko Tape.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Und Holzer als Leiter sehe ich in der Verantwortung dafür. Wie beurteilen Sie die Arbeit der Soko insgesamt oder des einzelnen Mitarbeiters, von dem die Rede war, der es verabsäumt hat, das Handy und den Laptop des Schredderers festzusetzen? Wie beurteilen Sie das? Wie war die Arbeit?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich glaube, ich muss es anders sagen: Zusammengefasst, dass hier Auffälligkeiten gegeben sind, das haben wir gemacht. Wir haben das auch zusammengefasst sozusagen in einer Nachricht an den damaligen Herrn Vizekanzler, wie es um diese Besprechung der Befangenheiten gegangen ist. Natürlich ist das auffällig, und wir haben das festgehalten.

Ich beurteile die Arbeit grundsätzlich in der Form nicht, ich bin ja auch keine Dienstbehörde oder irgendetwas dergleichen, ich kann ja nur aufzeigen, was passiert ist oder was in dem konkreten Fall eben nicht passiert ist. Das war ja auch schon Gegenstand hier im Untersuchungsausschuss, was da in diesem Akt eben an Ermittlungshandlungen aus unserer Sicht nicht gemacht wurde.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Was ist nicht passiert? Können Sie das schildern?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich persönlich kann es nur aus meiner Erinnerung und aus den Schilderungen der Kollegen - - Mit Erinnerung meine ich jetzt: aus dem, was ich in dem Tagebuch – in unserem Geschäftsbehelf, aus diesen Vermerken – gelesen habe. Die Kollegin hat ja sehr detailliert dokumentiert, wie der Ablauf dort war, und ich denke, da kann man sich ein gutes Bild machen.

Ich weiß nicht mehr alles genau im Wortlaut, was da drinnen gestanden ist, meine wesentliche Erinnerung ist, dass es zunächst einmal eine Kontaktaufnahme über den Anzeiger gegeben hat. Der von der Schredderfirma sozusagen hat das angezeigt und hat sich an die Kollegin unmittelbar gewendet. Das ist im Übrigen etwas, was wir überhaupt nicht gerne haben und was ich gar nicht schätze, das aber dann zustande kommt, wenn die Namen einzelner Staatsanwältinnen und Staatsanwälte halt in den Medien aufscheinen. Wir halten das für nicht sinnvoll, konnten uns da aber nicht durchsetzen, dass das nicht passiert.

Es ist nicht so, dass wir anonym bleiben, unsere Namen sind sehr bekannt, und es wird auch nachgeforscht. Wir haben auch anlässlich der Veröffentlichung in dieser Woche schon wieder gesehen, dass da nachgeforscht wird und Leute sich bemühen, herauszufinden, wer denn diese Kollegin, die sich da jetzt wegbeworben hat, ist und was sie denn so tut und dergleichen. Das ist ein unangenehmer Aspekt. Verzeihen Sie diesen Einschub!

Aber es ist tatsächlich so, dass in diesem Fall die Kollegin festgehalten hat, der Anzeiger hat Kontakt aufgenommen, sie hat sich an die Soko gewendet und hat mit den Beamten dann mehrfach, glaube ich, telefoniert. Sie hat immer wieder festgehalten, was das Ergebnis dieser Telefonate war und wie diese Ermittlungshandlungen in diesem Schredderfall vonstattengingen.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Ja, und wie gingen diese Ermittlungshandlungen vonstatten? War das zur Zufriedenheit der ermittelnden Staatsanwältin oder nicht?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass das natürlich schon irgendwie ins Auge springt, wenn da die Rede davon ist, dass ein Handy, das praktisch schon übergeben wurde, um etwas zu zeigen, dann nicht weiter angeschaut wurde. Na selbstverständlich ist das in so einem Zusammenhang relevant, das sagt einem ja irgendwie schon der Hausverstand, da braucht man kein besonderes kriminalistisches Gespür, dass es hier unter Umständen einen Auftraggeber oder Hinweise auf einen Auftraggeber geben könnte, die man vielleicht dann aus elektronischen Unterlagen, wie das halt einfach zeitgemäß ist, erkennen könnte. Das hat es nicht gegeben und das ist eben dann aufgefallen.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Auch wenn Sie natürlich nicht selbst ermitteln, frage ich Sie: Wie ist das einzustufen, dass ein Ermittler, ein Mitglied der Soko Tape, das Handy und den Laptop offensichtlich bewusst nicht anschaut oder das möglichst nicht haben will?

Und dann hat es ja auch eine Auseinandersetzung gegeben: Der Leiter Holzer hat gemeint, es seien alle Ermittlungsanordnungen von der Staatsanwältin umgesetzt worden. Die ermittelnde Staatsanwältin hat aber gesagt: Nein, das ist nicht umgesetzt worden! – Wissen Sie davon?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Auch nur aus zweiter Hand, weil ich ja nicht unmittelbar dabei war, aber nach diesen Informationen, die mir vorliegen, hat es einen engen Kontakt zur Zeit der Ermittlungen gegeben und sind Rücksprachen erfolgt. Dass aber die Kollegin damit vollends zufrieden war, davon hat sie mir nichts gesagt.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Ich beziehe mich jetzt auf Ihre Stellungnahme zu diesem Sachstandsbericht von der Soko Tape. – Sollen wir es vorlegen?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Wenn eine Frage kommt, hätte ich sie schon gern – ich glaube, ich habe sie vielleicht mit, ich muss sie suchen. (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.)

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Kennen Sie sie, Frau Hofrätin?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Grundsätzlich schon, aber ich schaue, ob ich sie vielleicht sogar mithabe.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Sonst legen Sie sie vor.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Legen wir sie vor, bitte!

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Das ist 68661. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Das sind 13 Seiten. Sie brauchen das nicht durchzulesen, es wird Ihnen ja bekannt sein, es ist Ihre Stellungnahme.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja, ja.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): In Ihrer Stellungnahme zu dem Sachstandsbericht der Soko Tape vom Dezember 2019 ist in Bezug auf die Arbeit der Soko Tape und auf die Auseinandersetzungen – ich glaube, so kann man es nennen – die Rede davon, dass Sie sich beschweren über „negative“ Tendenzen gegenüber der WKStA, „inhaltlich verfehlte [...] Darstellungen“ durch den Leiter der Soko, Andreas Holzer, dass Ermittlungsanordnungen nicht umgesetzt wurden. Es ist vom Versagen der Soko Tape in der Schredderaffäre die Rede und davon, dass sich Ihre Befangenheitsbedenken als richtig erwiesen haben.Da werden von Ihnen eigentlich auch disziplinarrechtliche Schritte gegen den Leiter der Soko Tape verlangt. – Das datiert vom 30.9.2020. Sehen Sie das nach wie vor so?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also das, was ich da geschrieben habe, ist meine Ansicht dazu, und ich wüsste jetzt nicht genau, was Sie mich fragen.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Ob Sie es sozusagen so bestätigen. Das sind jetzt Zitate aus dieser Stellungnahme gewesen und das ist Ihre Ansicht. Das bestätigen Sie auch heute so?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das ist meine Stellungnahme dazu, und ich habe Ihnen gesagt, warum das so ausführlich geworden ist: Weil ja natürlich von mir eine Stellung nehmende Berichterstattung im Zuge eines Dienstaufsichtsverfahrens abverlangt wurde, und da muss ich natürlich auch klarstellen, was an Vorwürfen eben richtig ist und was nicht.

Und was mir in dem Zusammenhang besonders aufgefallen ist: Natürlich bezieht es sich auf eine Zeit vor Dezember 2012, weil ja da dieser Bericht entstanden ist, und dennoch bin ich der Meinung, dass es auf eine wirklich sehr tendenziöse Art und Weise passiert ist, so wie ich es hier festgehalten habe.

Ich sehe auch den Sinn dahinter nicht, weil Sie nämlich eine Auseinandersetzung angesprochen haben. Das ist keine Auseinandersetzung, die wir mit der Soko Tape führen, denn wir haben das ja nicht einmal mitgeteilt bekommen! Also zu einer Auseinandersetzung gehören ja zwei.

Ich habe über die Oberstaatsanwaltschaft eine Stellungnahme bekommen, und ich habe dazu Stellung genommen.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Ja, es gehören zwei dazu, die WKStA und die Soko Tape.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja, aber ich meine damit, es hat keine inhaltliche Auseinandersetzung im Rahmen einer Besprechung gegeben – wo meines Erachtens der richtige Ort wäre.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Eine Auseinandersetzung kann ja auch am Papier erfolgen, wie hier. (Auskunftsperson Vrabl-Sanda: Ja!)

Würden Sie sagen, dass jetzt die Zusammenarbeit mit dieser Soko Tape dann noch möglich ist? Ist da das Vertrauen nicht zerstört? Das wurde ja Ihrerseits auch so deponiert. Oder was hat das überhaupt für Folgen?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich möchte noch einmal sagen: Was die operativen Kräfte betrifft, die hier am Werk sind, sozusagen in dieser großen Causa im Zusammenhang mit dem Ibizaverfahrenskomplex, da habe ich die Informationen, dass es sehr gut funktioniert.

Ich persönlich habe gar keinen Kontakt, weder zum Leiter noch zu dem Team, das er leitet, und daher kann ich aus Persönlichem gar nichts sagen. Ich weiß nur, dass hier meines Erachtens mit diesem Sachstandsbericht auch eine ganz massive – das ist jetzt meine Wahrnehmung, wie ich es sehe – Grenzüberschreitung stattgefunden hat, weil eben keine Kontaktaufnahme mit solchen Problemstellungen passiert ist und weil Dinge unterstellt worden sind, die einfach nicht richtig sind.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Und hat Ihre Stellungnahme sozusagen jetzt schon zu Folgen geführt?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich habe es Ihnen gesagt: Es ist halt bei unseren Dienstaufsichtsverfahren immer wieder so, dass die Antwort ausbleibt. Also ich muss Stellung nehmend berichten, ich weiß aber nicht, ob dieses Verfahren schon abgeschlossen ist, ob die Oberstaatsanwaltschaft der Meinung ist, dass das, was wir gemacht haben, richtig ist und kein Anlass für weitere aufsichtsbehördliche Maßnahmen besteht . Das ist so in einem Schwebezustand. Ich weiß es schlicht nicht.

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Gut, danke.

Dann kommen wir auf die Oberstaatsanwaltschaft zu sprechen. Das ist sozusagen Ihre Aufsichtsbehörde, aber auch da gibt es ja sozusagen Animositäten – wenn ich das so bezeichnen darf; Sie können es richtigstellen.

Ich beziehe mich auf das Dokument 68113, auch ein Schriftstück von Ihnen – wenn Sie uns das bestätigen. Es ist ohne Datum, aber der Zeitraum dürfte auch im Herbst 2020 sein, also sehr aktuell. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Kennen Sie das Schriftstück? Es ist von Ihnen verfasst. Hier ist gleich in der Einleitung die Rede davon, dass „Aus der Sicht der WKStA“ „die OStA“ – Oberstaatsanwaltschaft – „Wien ([...] unter der Leitung von Mag. Fuchs) und“ auch „SC“ – Sektionschef – „Mag. Pilnacek“ vom Justizministerium „gegen die WKStA anstatt mit der WKStA arbeiten“.

Das heißt, auch da dürfte sich die Zusammenarbeit jetzt irgendwie nicht reibungslos abspielen. Es ist auch die Rede davon, dass hier „keine Unterstützung der OStA“ kommt – das haben Sie auch schon mehrmals erwähnt – und man da nicht unbeeinflusst ermitteln und vorgehen kann.

Können Sie uns sagen: Was heißt das im Alltag, in Ihrem Alltagsleben? Was gibt es da für Störungen?

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Das ist jetzt die Abschlussfrage, wenn das okay ist, weil wir schon deutlich über der Zeit sind.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Es ist tatsächlich so – das habe ich eingangs erwähnt –, dass mir wichtig ist, aufzuzeigen, dass diese Probleme bestehen, und ich erkenne sie daran, dass die Oberstaatsanwältinnen und Oberstaatsanwälte in dem Verfahrensteam Ibiza besonders viel, sehr, sehr viel Aufwand für Dinge zusätzlich zu der normalen Ermittlungsarbeit treiben müssen. Sie müssen mit jeder Veröffentlichung – müssen Sie wissen –, die sich auf unsere Akten bezieht oder Akteninhalte beinhaltet, gegenüber der Dienstaufsicht Stellung nehmen. Das hat alles Folgen: Jede dieser Veröffentlichungen führt dazu, dass es ein Aufsichtsverfahren gibt, wo wir uns rechtfertigen müssen und eine Stellung nehmende Berichterstattung schreiben müssen; und dann gibt es in weiterer Folge auch noch ein Strafverfahren bei einer anderen, allgemeinen Staatsanwaltschaft wegen Geheimnisverrats, wo ich wieder im Zuge der Amtshilfe dort Stellung nehmen muss und sagen muss, wer alles einsichtsberechtigt war, wer in den Akten gearbeitet hat und, und, und, damit diese Staatsanwaltschaft dieses Strafverfahren, wo sie offenbar einen Anfangsverdacht erkennen könnte - - – oder meistens ist es eigentlich gegen UT. Also das ist falsch, was ich jetzt gesagt habe. Es ist üblicherweise ein Verfahren gegen unbekannte Täter, und wir müssen Stellung nehmen.

Es ist sehr, sehr viel Aufwand mit all diesen Verfahren verbunden, die sozusagen unabhängig sind und zulasten dieser eigentlichen Kernaufgabe des staatsanwaltschaftlichen Dienstes gehen, nämlich des Ermittelns mit der Leitung des Ermittlungsverfahrens. Und weil das so überhandgenommen hat und dann auch noch Dienstaufsichtsverfahren dazugekommen sind, die ich nicht nachvollziehen kann, habe ich unter anderem diese Unterlage, die sich an die Frau Bundesministerin richtet - -

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Gut, vielen Dank. Wir sind somit am Ende der ersten Befragungsrunde.

*****

Wie bereits angekündigt, darf ich jetzt zu einer Stehung einladen.

Ich darf das jetzt auch präzisieren: Teilnehmer der Stehung sind der Fraktionssprecher oder dessen Stellvertreter und ein Referent aus jeder Fraktion. Wir machen die Stehung bitte hier, genau vor mir, weil ich der Meinung bin, hier haben wir am meisten Platz. Ich darf natürlich auch den Verfahrensrichter, den Verfahrensanwalt und die Parlamentsdirektion einladen. Es ist jetzt auch der Parlamentsdirektor im Raum, auch ihn würde ich bitten, beratend an dieser Stehung teilzunehmen, weil wir die Frage betreffend vertrauliche Sitzung – nicht medienöffentlich – klären. Wir werden versuchen, im Einvernehmen diesbezüglich eine Klärung herbeizuführen.

*****

(Sitzungsunterbrechung: 12.47 Uhr bis 13.02 Uhr.)

*****

13.02

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Ich darf die Sitzung wieder aufnehmen und das Ergebnis der Beratungen bekannt geben: Wir haben uns mit Ausnahme einer Fraktion darauf verständigt, eine vertrauliche Sitzung durchzuführen. Sie wird im Lokal 7 stattfinden. Es ist ein Weg von 5 Minuten dorthin.

Die Medienöffentlichkeit ist für diese zweite Befragungsrunde ausgeschlossen.

Wir müssen auch berücksichtigen, dass die Befragungszeit insgesamt nur mehr 1 Stunde und 27 Minuten beträgt. Da werde ich als Vorsitzender aber sehr großzügig agieren, damit nicht der Eindruck entsteht, dass wir jetzt unter Zeitdruck etwas quasi mit Gewalt erledigen wollen. Ich bitte die Fraktionen, sich jetzt in das Lokal 7 zu begeben. Danke.

*****

(Sitzungsunterbrechung: 13.02 Uhr bis 13.12 Uhr. – Fortsetzung: 13.12 Uhr bis 13.54 Uhr vertraulich; siehe Protokoll der vertraulichen Befragung unter Verwendung von Informationen der Klassifizierungsstufe 2. Sitzungsunterbrechung: 13.54 Uhr bis 14.04 Uhr.)

*****

14.04

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Ich darf die unterbrochene Sitzung wieder aufnehmen und halte ausdrücklich fest, dass die Sitzung medienöffentlich fortgesetzt wird – die Damen und Herren Medienvertreter sind ja auch im Raum.

Wir kommen in die 3. Befragungsrunde. Zu Wort gelangt Abgeordneter Stögmüller. – Bitte.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Frau Vrabl-Sanda, hat es von der WKStA eigentlich jemals ein Ansuchen für mehr Personal gegeben?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also es ist grundsätzlich so, dass ich mich jetzt nicht daran erinnern kann, aber vielleicht war es der Fall. Dass ich aber irgendwo in einem Bericht festgeschrieben habe, wir brauchen so und so viele Planstellen mehr – das ist es nicht. Dass ich der Auffassung bin, dass wir in der Korruptionsbekämpfung aufgrund des derzeitigen Personalstandes und der Kapazitäten, die wir haben, noch nicht ausreichend gut aufgestellt sind, ist, glaube ich, kein Geheimnis – das weiß jeder, der mit mir spricht.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Ich komme deswegen darauf, weil es im Casag-Verfahren dazu einen Bericht oder eine Randnotiz gibt, dass Sie nämlich - - Oberstaatsanwalt Fuchs spricht sich nämlich verklausuliert dagegen aus, dass Sie mehr Personal bekommen. Haben Sie mit Herrn Oberstaatsanwalt Fuchs schon einmal darüber gesprochen, dass Sie im Casag-Verfahren mehr Personal benötigen?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Es ist nicht so, dass ich gesagt habe: Ich brauche für das Casag-Verfahren mehr Personal. Mit so einer Bitte, sozusagen, bin ich nicht an ihn herangetreten.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Aber er hat es nicht genehmigt?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich bin nicht an ihn herangetreten.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): In dem Dokument – ich kann es auch gerne vorlegen - - (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Ich darf zwischendurch den Hinweis geben, dass mittlerweile 3 Stunden Befragungszeit aufgebraucht sind. Sie wissen, nach 4 Stunden ist die Befragung zu beenden. Ich habe aber auch angekündigt, dass ich diese Regelung heute großzügig interpretieren werde.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja, ich sehe das. Ich kann mich im Detail nicht daran erinnern, was konkret darüber gesprochen wurde. Ich kann nur sagen, dass mein allgemeiner Wunsch ist – das liegt klar auf der Hand –, dass wir in der Korruptions- und Wirtschaftsstrafsachenverfolgung insgesamt mehr werden müssten. Es ist aus meiner Sicht von meiner Seite auch kommuniziert worden – ich kann nur nicht mehr sagen, wann genau –, dass ich der Meinung bin, dass die Personalaufstockung, die heuer gekommen ist, aus meiner Sicht ungenügend ist, weil sie in die Richtung gegangen ist, dass sozusagen eine bundesweite Berücksichtigung nach Prozentanteilen stattgefunden hat. Salopp gesagt: Jeder soll an der Personalaufstockung gleichmäßig beteiligt werden. Meine Ansicht dazu ist halt eine andere.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Also nur zur Klarstellung: Oberstaatsanwalt Fuchs hat Ihnen nicht mehr Ressourcen für das Casag-Verfahren verwehrt?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also ich habe daran keine Erinnerung, und ich kann mich auch an das, was Sie mir jetzt konkret vorgelegt haben, nicht erinnern. Das war - - Ich weiß nicht, was das war – das sind auch unvollständige Teile, möchte ich sagen, daher kann ich nicht - -

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Beim Kopieren sparen wir ein bisschen Ressourcen.

Vielleicht noch zu etwas anderem, zu einem konkreten Strafverfahren: Sagt Ihnen der Name Teresa Pagitz etwas?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das weiß ich jetzt nicht konkret.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Das ist ein Verfahren, in das Sie auch involviert sind: Sie haben dazu auch mehrere Informations- und Vorhabensberichte geschrieben. Dabei geht es einerseits um Spenden und andererseits auch um eine Party, die Frau Pagitz gemacht hat, zu der sie politiknahe Personen und Freunde eingeladen hat – Sebastian Kurz war auch dort. Das wurde über die WKStA gemacht, Sie haben dazu auch mehrere Informations- und Vorhabensberichte geschrieben. Haben Sie noch irgendwelche Wahrnehmungen dazu, dass Sie in dieses Verfahren involviert waren?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Nein, ich kann mich konkret an diese Berichte, die Sie erwähnen, nicht erinnern, und ich kann nur sagen: Wenn ich so etwas bekomme, weiß ich nicht immer alle Namen derjenigen, die als Zeugen oder Beschuldigte vorkommen – natürlich die Hauptbeschuldigten, das ist ja gar keine Frage, das ist ganz klar, weil sie sehr lange da und dabei sind, aber von den anderen Beteiligten weiß ich nicht alle Namen. Damit kann ich nicht dienen; das tut mir sehr leid.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Kein Problem, dann komme ich zu etwas anderem: zum Schattendokument. (Die Auskunftsperson spricht mit ihrer Vertrauensperson.) Herr Purkart hat, als er als Auskunftsperson bei uns war, ein Zitat gemacht: „[...] da hat es uns natürlich ein bisschen die Augen rausgehaut“ – so hat er gesagt. Wurden Sie über diesen Vorfall informiert? Vielleicht können Sie sich erinnern (Auskunftsperson Vrabl-Sanda: Ich kann mich an seine Aus - -!), es geht um diesen schwarzen Fleck auf einem Scan von Rothensteiners Notizbuch. Wurden Sie über die Vorfall informiert?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Im Nachhinein habe ich das erfahren. Ich glaube, dass sie - - Ich weiß nicht, ob es konkret Kollege Purkart oder jemand anderer aus dem Team mir gegenüber erzählt hat.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Ist es schon öfter vorgekommen oder kommt es öfter vor, dass so etwas passiert?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Sie meinen das mit den schlecht gescannten, schlecht sichtbaren Dokumenten – ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich so etwas selbst schon erlebt hätte. Ich kann aber auch nicht ausschließen, dass es in anderen Verfahren so ist. Ich kann dazu also wenig sagen.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Gab es darauf eine Reaktion? Haben Sie gegenüber der Soko oder der Oberstaatsanwaltschaft angesprochen, dass es solche Scans gibt?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich selbst habe das nicht angesprochen, weil ich es erst im Nachhinein erfahren habe. Ich glaube, dass Oberstaatsanwalt Purkart diesbezüglich durchaus mit der Soko Kontakt hatte.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Wie ist da der normale Ablauf? Bekommt man normalerweise die Originalunterlagen oder immer eingescannte Dokumente?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Damals ging es ja, glaube ich, um sichergest- - Also es sind ja keine elektronischen Daten gewesen, glaube ich, sondern Papierunterlagen, die gescannt wurden, damit wir sie verwenden können – also auf Basis einer Kopie, damit die Originalunterlagen wieder ausgefolgt werden können. Das, glaube ich, war der Weg, wenn ich mich recht erinnere.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Die Originale bekommt die Staatsanwaltschaft aber schon, oder?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Grundsätzlich lege ich nur Wert darauf, in einem Ermittlungsverfahren ein Original zu bekommen, damit wir sozusagen den Weg nachweisen können. Wenn man etwas auf ein Beweismittel gründet, muss man ja schließlich und endlich die Nachweiskette darlegen, und dann ist es gut, wenn man ein Original hat. Wenn ich aber von einer Papierunterlage eine Kopie mache, dann mit dieser Kopie weiterarbeite und es unproblematisch ist, habe ich auch kein Problem damit. Wissen Sie, was ich meine?

Wichtig ist ja, glaube ich, in diesem Zusammenhang etwas ganz anderes gewesen: Wichtig war, dass die Befürchtung bestanden hat, wenn man die Originalunterlage zurückgibt, dass man sie eben nicht mehr hat und dass es, wenn die Kopie von Haus aus schon so schlecht ist, wie wir sie dann letztlich bekommen haben, ein Problem ist und dann ein Beweismittelverlust droht. Ich glaube, darauf ist das zurückzuführen, nicht?

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Ja, ein massiver, weil da ja etwas ganz Wichtiges darunter gestanden ist – einerseits. Wird dieser Akt elektronisch oder mit Originalkopien geführt?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Unsere Akten werden grundsätzlich elektronisch geführt, wobei ich sagen muss, dass die gesetzliche Lage ja so ist, dass wir auch einen Papierakt führen müssen und einen elektronischen führen dürfen, aber man könnte wahrscheinlich, wenn man nur mit dem Papierakt arbeiten müsste, gar nicht mehr effizient arbeiten. Die Akten sind schlicht und ergreifend vom Umfang her viel zu groß. Wir müssen also natürlich auf die Elektronik zurückgreifen.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Das heißt, wenn es keine guten Originalscans gibt, dann - - Beziehungsweise: Die WKStA ist in dem Fall, wenn das Originalbeweisstück wieder zurückgeliefert wird, nur auf die Scans angewiesen. Das heißt, gute Qualität der Scans ist für die WKStA notwendig.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja, selbstverständlich ist das notwendig. In diesem Fall, glaube ich, konnte man es schon noch sicherstellen, weil die Kopie ja besser als der Scan war, soweit ich das in Erinnerung habe, aber über diese Vorgänge wurde ich erst im Nachhinein informiert.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Wurden irgendwo an einem anderen Punkt noch weitere Unterlagen von der Soko nicht gescannt, die dann in der WKStA gefunden wurden? Hat es noch irgendwelche anderen Punkte gegeben oder betroffen?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich habe derzeit keine aktuelle Erinnerung zu dem, was Sie ansprechen.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Wissen Sie von einem eingetretenen Beweismittelverlust vonseiten der Soko?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Helfen Sie mir auf die Sprünge: Ich weiß derzeit nicht, was Sie ansprechen.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Es ist eine offene Frage – ob sie etwas - -

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich weiß es nicht.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: 20 Sekunden noch.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Ich gebe weiter, danke.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Danke sehr, ich übergebe an Frau Abgeordnete Krisper. – Bitte.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrte Frau Mag.a Vrabl-Sanda, ich möchte Sie nicht mit dem jüngsten Verfahren malträtieren und auch nicht zu möglichen Verdächtigen fragen – wir hatten gerade die vertrauliche Sitzung. Ich hätte nur die Frage – ich denke, eine Antwort ist auch medienöffentlich möglich –, wer die Zuständigkeit für dieses Verfahren hat. (Die Auskunftsperson berät sich mit dem Verfahrensanwalt.)

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Das hat aber, glaube ich, mit dem Untersuchungsgegenstand nichts zu tun – ich habe da die ziemlich feste Überzeugung. Das können wir nicht fragen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Zur Geschäftsordnung.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Bitte sehr.

*****

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS) (zur Geschäftsbehandlung): Beweisthema mögliche politische Einflussnahme auf Ermittlungen – die wäre auch in diesem Verfahren möglich. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Schon, aber es geht dabei ja offenbar um die Zuständigkeit der Verfolgungsbehörde, und die sind eigentlich quer durch Österreich neutral.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS) (zur Geschäftsbehandlung): Also gerade das ist Thema in diesem Untersuchungsausschuss: ob das so ist. (Heiterkeit der Fragestellerin. – Der Verfahrensrichter schüttelt den Kopf.) – Nein.

*****

Dann komme ich zu den überbordenden Berichtspflichten, die hier schon öfter Thema waren, und lege den Bericht 48 vor – Dokument 67863, Seite 10. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Seite 10?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, darin wird von Ihrer Seite ausgeführt, dass die Konsequenz des erheblichen Mehraufwands durch ständige Berichterstattungen ist, dass der Ermittlungserfolg selbst gefährdet werden kann – also dass sie geeignet sind, den Ermittlungserfolg zu gefährden. Auf Seite 12 führen Sie aus - -

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich habe nur 10.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Seite 12 oben.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ah, okay.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Da führen Sie aus: „Auch die durch solches Vorgehen“ von der Oberstaatsanwaltschaft „notwendig werdenden weiteren Berichtsvorgänge binden ebenso völlig unnotwendig erhebliche Personalressourcen bei der WKStA, welche bei der vordringlichen Ermittlungstätigkeit abgehen und diese dadurch behindern.“ Können Sie bitte Ihre Wahrnehmungen schildern, die zu dieser zusammenfassenden Wahrnehmung Ihrerseits geführt haben?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also ich möchte noch einmal erwähnen – vielleicht zur Klarstellung –: Ich habe das geschrieben. Das sind Informationen, die auch an das Bundesministerium für Justiz an die Abteilung III 5, Personalabteilung, gegangen sind. Sie sind auch im Dienstweg über die Oberstaatsanwaltschaft vorgelegt worden, und ich habe auch die Frau Bundesministerin darüber informiert. Ich habe auch dargestellt - - So, wie das inhaltlich von Ihnen zusammengefasst worden ist, halte ich das auch für richtig.

Was mir aber trotzdem auch sehr wichtig zu betonen ist: Ich akzeptiere nicht die WKStA – oder mich oder irgendjemanden anderen von der WKStA – in einer Art Opferrolle, wie das vielleicht jetzt von manchen aufgefasst wird. Das stimmt so auch nicht. Das akzeptiere ich nicht, denn ich bin der Meinung, dass das, was die Gesellschaft von der WKStA erwartet – das habe ich schon gesagt –, ist, dass wir arbeiten. Ich muss halt zusätzliche Ressourcen einsetzen, damit ich auch berichte, wenn es nicht mehr zu arbeiten geht oder wenn wir zu viele Personalkapazitäten für andere Dinge brauchen. Letztlich ist aber das, was vielleicht mich, die Kollegen und Sie interessiert – nämlich der Umgang mit der Aufsicht –, ein Thema, das die Gesellschaft überhaupt nicht interessiert, und ich glaube, es ist den Menschen, die erwarten, dass wir richtig und ordentlich arbeiten, auch zu Recht wirklich egal und wurscht.

Das heißt, wir müssen wirklich schauen: Was ist unsere Aufgabe?, und das müssen wir tun, und darauf müssen wir das zurückführen, und das ist mir wichtig zu betonen, weil jetzt aufgrund der Fragestellung der Zusammenhang gesehen werden kann, wir stellen uns als die armen Opfer dar. Also das ist aus meiner Sicht nicht so. Wir müssen arbeiten und wir wollen das tun, und ich muss aufzeigen – weil ich keine andere Möglichkeit habe, weil ich es gegenüber meiner Aufsicht nicht selber schaffe –, was unsere Probleme sind. Und die sind in diesem Schriftsatz zusammengefasst.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, aber als Staatsbürgerin irritiert es mich, wenn im Ibiza-Komplex offensichtlich – Ihren Ausführungen nach – die Ressourcen für Ermittlungen aufgrund eines erheblichen Mehraufwands aufgrund der Berichterstattungspflicht massiv reduziert werden.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Genau. Das sind die Dinge, die ich Ihnen schon in früheren Antworten geschildert habe. Es ist einfach wirklich so, dass ich der Auffassung bin, dass viele zusätzliche Arbeiten verrichtet werden müssen, auch sozusagen von mir ersucht, denn wenn ich Berichtsaufträge bekomme, die ich aus eigener Wahrnehmung nicht beantworten kann, dann muss ich die KollegInnen, die im Team arbeiten, damit befassen, damit sie eben ihrerseits mir Bericht erstatten und ich diesen Bericht schreiben kann. Das ist sehr, sehr zeitaufwendig, und ich glaube, dass das nicht wirklich notwendig ist. Die Notwendigkeit einzuschätzen, ist aber eine Sache der Fachaufsicht. Ich kann nur sagen, wie ich es empfinde.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Nämlich als nicht in diesem Ausmaß notwendig.

Es gibt ja neben der gesetzlichen Berichtspflicht auch die Dreitagesberichtspflicht, das heißt, wo jede OStA selbst entscheiden kann, wie sie das bei vorhabensberichtspflichtigen Strafverfahren handhabt. Ist es nicht generell problematisch, wenn Sie aufgrund der Akten, die wir haben, von einer Befangenheit des OStA-Leiters Fuchs ausgehen, dass er weiterhin diese Dreitagesberichtspflicht aufrechterhält, das heißt drei Tage, bevor die WKStA vorhat, Ermittlungstätigkeiten zu setzen, informiert wird?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Für mich ist wesentlich, aufzuzeigen, dass wir sozusagen ganz, ganz strenger Kontrolle unterliegen. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hat ja diese besonders brisanten öffentlichkeitswirksamen Verfahren. Die ganz normale Berichtspflicht betrifft ja üblicherweise, so wie es im Gesetz verankert ist, nur öffentlichkeitswirksame Verfahren. Das heißt, in einem ganz allgemeinen Referat einer allgemeinen Staatsanwaltschaft spielt das ja überhaupt keine Rolle. Das ist ja nur sozusagen auf die Problematik in unseren Bereichen beschränkt, weil wir in der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eben ungefähr zur Hälfte – ein bisschen weniger – berichtspflichtige Verfahren haben. Diese Berichtspflicht ist eine allgemeine, und das Bundesministerium hat dann einen Erlass dazu geschrieben und diese Berichtspflicht aus dem Gesetz sozusagen mit Leben erfüllt.

Zusätzlich kann jede Oberstaatsanwaltschaft in ihrem Sprengel auch noch die entsprechenden Berichtspflichten einführen, und das hat die Oberstaatsanwaltschaft gemacht. Sie hat mit einem ziemlich jungen Erlass eine Berichtspflicht eingeführt, die sich auf eine Vorhabensberichterstattung bei diversen Ämtern und Behörden von Bund, Ländern und Gemeinden und Medienunternehmen, Kreditinstituten bezieht, eine zusätzliche Vorhabensberichtspflicht, aber auch für alle Berichtspflichten, die wir haben, nämlich in Verfahren nach § 8 Abs. 1, alle Informationsberichte, auch über eine Amtshandlung, über einen Grundrechtseingriff, eine Ermittlungsmaßnahme, also bedeutende Ermittlungsschritte.

Diese Informationspflichten wurden in dem Erlass bestimmt, dass sie drei Tage im Vorhinein gemacht werden müssen. Diese Art der Berichtspflicht hat nach meinem Kenntnisstand keine einzige andere Oberstaatsanwaltschaft in Österreich für erforderlich befunden. Ich meine, ich rechne auch damit – das muss ich auch ganz offen sagen –, dass ich jetzt das nächste Dienstaufsichtsverfahren bekomme, weil ich diese Aussage in diese Richtung gemacht habe, weil ich schon damals in meinem Mediengespräch, als ich diese Berichtspflicht aufgezeigt habe, entsprechende böse E‑Mails bekommen habe. Also es ist schon so, dass da eine gewisse Drucksituation herrscht, und die habe ich dargestellt.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Vielen Dank! Meine Frage war dennoch – außerhalb der Redezeit gerne noch einmal –, ob Sie Wahrnehmungen haben, dass es generell problematisch sein kann, wenn Oberstaatsanwalt Fuchs, den Sie laut Aktenlage für befangen halten, drei Tage im Vorhinein informiert wird?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich halte es für problematisch, ja. Deshalb habe ich mich an die Frau Bundesministerin gewendet.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Danke sehr! Schließlich ist dadurch einerseits eine politische Einflussnahme möglich, andererseits können auch die Ermittlungen gefährdet werden.

Haben Sie Wahrnehmungen dazu, dass zum Beispiel bei der Hausdurchsuchung bei Thomas Schmid die Frage besteht, ob diese nicht im Vorhinein bekannt wurde, weil er schließlich kurz vor der Hausdurchsuchung Nachrichten gelöscht hat?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also dazu habe ich keine Wahrnehmungen, aber soweit ich informiert bin – ich weiß jetzt nicht, ob das bei der Hausdurchsuchung Schmid war, ich glaube nicht, ich glaube, das war bei jemand anderem –, ist davon ausgegangen worden, dass irgendwelche Hinweise - - Ich weiß jetzt nicht, hat es der Betroffene gesagt, dass sie irgendwie damit gerechnet hätten, dass wir schon vorher kommen, aber dazu habe ich keine genauen Informationen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Andersrum gefragt: Welchen Vorteil sehen Sie in dieser Dreitagesberichtspflicht?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das ist für mich ganz klar: Der Vorteil liegt darin, dass die Oberstaatsanwaltschaft, die ja nicht nur Aufsichtspflichten und -rechte hat, sondern auch Unterstützungspflichten, mitdenken kann. Das wäre ein klarer Vorteil. Nur das erleben wir so nicht.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das wäre meine Frage gewesen: Nehmen Sie das so wahr, dass unterstützend diese Berichtspflicht wahrgenommen wird?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das habe ich schon gesagt. (Abg. Krisper: Nicht!) – Aus meiner Sicht beantwortet, ja.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Dann bleiben die negativen Konsequenzen von Ressourcenbinden, potenziellen Leaks und potenzieller politischer Einflussnahme.

Ich komme zu Oberstaatsanwalt Fuchs und lege Dokument 67863 vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Es ist ja nicht nur so, dass eine negative PR-Kampagne gegen die WKStA lief, sondern auch Fuchs das Vorenthalten der Info über die Sicherstellung des Ibizavideos verteidigte, so eben, wie Sie sehen, auch hier auf Twitter, wo er sinngemäß meint, es wäre in Ordnung gewesen, dass die - ‑

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich habe die Frage nicht verstanden.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Er meint da sinngemäß, es wäre rechtlich in Ordnung gewesen, dass die WKStA nicht zügig nach § 113 Abs. 1 informiert wurde. Teilen Sie diese Rechtsansicht?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Selbstverständlich nicht. Sie findet auch keine Deckung im Gesetz. (Abg. Krisper: Sehe ich auch so!) In § 113 StPO ist vorgesehen, wann so eine Berichterstattung sozusagen aufgeschoben werden kann. Keiner dieser Fälle liegt hier vor, und abgesehen davon wäre es dann auch noch so, dass man das sozusagen mit den nächstfolgenden Berichten berichten kann. In dieser Zeit sind Berichte passiert, und es ist eben nicht berichtet worden, und ich glaube, das ist fraglos - -, in dieser Hinsicht gibt es keine Rechtsunsicherheit. Das ist ganz klar gesetzlich geregelt. Ich glaube auch - - Aber ja, ich weiß nicht, warum diese Antwort geschrieben wurde. Ich habe erwähnt, dass ich das gerade nicht als Unterstützungshandlung empfinde (Abg. Krisper: Das ist klar!), und ich glaube, das spricht für sich.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: 10 Sekunden noch.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich lege Dokument 66484 vor (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt), wo LOStA Fuchs schreibt, dass er erhob, dass die Staatsanwaltschaft Wien erst am 26. Mai von der Sicherstellung des Ibizavideos erfahren hat.

Das war der Tag der Pressekonferenz, und das widerspricht diametral der mittlerweile bekannten Tatsache, dass die StA Wien am Tag des Videofundes, am 21. April, vom Videofund erfahren hat. Teilen Sie die Wahrnehmung, dass das Faktum, dass StA Wien und WKStA ungleich behandelt wurden und auch rechtswidrig ungleich behandelt wurden, kaschiert werden sollte?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also ich kann zu dem Dokument, das mir vorgelegt wurde, überhaupt nichts sagen, denn das ist keines aus dem Bestand der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Das kenne ich nicht, und so wie ich aus den Namen sehe, bezieht sich das auch nicht auf unseren Verfahrensteil.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Danke sehr. Wir kommen somit zur Fraktion der ÖVP. Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Stocker. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Frau Hofrätin, meine Frage bezieht sich auf die Schredderaffäre und das in diesem Zusammenhang geführte Verfahren. Wer hat die Konnexität dieses Verfahrens zum Themenkomplex Ibiza geprüft?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Sie meinen den sachlichen Zusammenhang mit den Ibizaermittlungen. Das ist so erfolgt, dass wir zunächst einmal davon ausgegangen sind, dass ein solcher Konnex jedenfalls nicht ausgeschlossen werden kann und im Rahmen der Verdachtsprüfung zu prüfen ist. Das ist, glaube ich, darauf zurückzuführen, dass sowohl der Anzeiger als auch die Oberstaatsanwältin diesen Konnex gesehen hat, die sich an den Soko-Mitarbeiter gewandt hat, der das ebenso eingeschätzt hat. Man hat sich darauf verständigt, zu sagen – und ich sehe das auch als richtig an –, dass geprüft werden muss, ob es diesen Zusammenhang gibt, ob der im Verfahren herauskommen kann oder nicht. Nachdem auch die Oberstaatsanwaltschaft damit befasst worden ist, hat sie es ja auch so gesehen, dass das prüfenswert ist.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Und zu welchem Ergebnis ist Ihre Behörde gekommen?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Wir haben festgestellt, dass aufgrund der Ergebnisse - - Also wir haben einen Bericht vom Bundeskanzleramt bekommen, wo diese Fragen beantwortet wurden, die wir im Wege der Amtshilfe dorthin gerichtet haben, und aufgrund dessen war mit Sicherheit nicht mehr möglich, das zu rekonstruieren, weil es ja nur mehr Schredderstaub gegeben hat, und damit war es nicht möglich, konkret einen Zusammenhang zu sehen oder nachzuweisen, und daher war klar, dass der sachliche Gesamtzusammenhang hier nicht beweisbar ist.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Ich komme dann zu den Hausdurchsuchungen, die ja im Zusammenhang mit den Verfahren auch bei H.-C. Strache durchgeführt worden sind. Können Sie Ihre Wahrnehmungen mitteilen, wann diese Hausdurchsuchungen beantragt wurden, wann sie bewilligt und wann sie durchgeführt wurden?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda (in den Unterlagen blätternd): Ich muss jetzt schauen, ich habe, glaube ich, Unterlagen mit, wann das genau war, aber das weiß ich jetzt nicht mehr auswendig; einen Augenblick.

Also es war jedenfalls im Juli 2019, und ich nehme an, Sie sprechen die erste Hausdurchsuchungswelle an, die im August dann letztlich stattgefunden hat. Wann sie durchgeführt wird: Das war, glaube ich, der 12. August, wenn mich jetzt nicht alles täuscht; und wann die gerichtliche Genehmigung war: weit davor jedenfalls, also im Juli, aber da weiß ich das Datum nicht.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Weshalb liegt ein Zeitraum von doch mehreren Wochen zwischen der Bewilligung im Juli und der Durchführung am 12. August?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das ist ja auch ein Teil, zu dem ich mich geäußert habe. Aus dem Sachstandsbericht des Ministerialrats Holzer, der mich sehr gewundert hat, weil ich mir denke, das ist ja doch ein ziemlich brisantes Verfahren, sonst würde es ja auch nicht parallel dazu eine Beurteilung geben, dass man einen Untersuchungsausschuss einsetzen muss - - Ich meine, es ist doch sehr seltsam, wenn dort vorgeworfen wird, dass wir das im Sinne von abgelegt ad acta gelegt hätten und dass das nicht weiter berücksichtigt wird; ganz das Gegenteil ist der Fall. Es ist besonders genau geprüft worden, und ich sehe nicht, warum es da eigentlich überhaupt eine fragliche Situation geben soll, dass man vorhält, diese Prüfung hätte zu lange gedauert, wenn es um Hausdurchsuchungen bei ehemaligen Spitzenpolitikern oder Spitzenregierungsmitgliedern – muss man ja so sagen – geht. Ich glaube, es ist ganz in Ordnung, dass es da eine ganz genaue und sorgfältige Abwägung geben muss, und da ist mir lieber, es dauert ein bisschen länger, als es ist dann fehlerhaft.

Und dass es gut so ist, dass wir darüber einen längeren internen Entscheidungsfindungsprozess haben, das zeigt sich ja auch daran, dass unsere Rechtsmittel, die von den Verfahrensparteien dagegen erhoben worden sind, nicht erfolgreich waren.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Ich lege Ihnen das Dokument Nummer 123 vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Das ist dieser Sachstandsbericht, den Sie ohnehin in Ihren Unterlagen haben, und ich verweise auf die Seite 6. Unter dem Absatz „CASAG“ finden Sie etwa in der Mitte dieses Absatzes eine Anmerkung, dass Auffassungsunterschiede hinsichtlich der Soko und der WKStA zu erörtern wären. Können Sie diese Auffassungsunterschiede näher erläutern, oder haben Sie Wahrnehmungen zu diesen Auffassungsunterschieden?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich schaue jetzt, weil ich hoffe, meine Unterlage mitzuhaben, wo ich dazu Stellung genommen habe. (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.)

Also ich kann Ihnen aus meiner Unterlage wiedergeben, was ich dazu geschrieben habe, als ich mich damals aufgrund der Aktenlage und der Informationen, die ich von den Kolleginnen diesbezüglich bekommen habe, gegenüber der Dienstaufsicht habe verantworten müssen. Ich habe da festgehalten, dass Ministerialrat Holzer in diesem Berichtsteil behauptet, dass die WKStA eine von der Soko beantragte und am 19. Juli gerichtlich bewilligte Hausdurchsuchung wegen interner Auffassungsunterschiede ad acta gelegt und dadurch die für Ende Juli geplante Durchführung bis zum 12. August verzögert habe. Ich habe festgehalten, was ich und sozusagen der Sprachgebrauch, die Wortinterpretation, unter ad acta legen verstehen, nämlich ablegen, archivieren, jedenfalls nicht weiterbehandeln; und ich habe es sehr erstaunlich gefunden, dass der Herr Ministerialrat Holzer behauptet, ich hätte das oder die WKStA hätte das ad acta gelegt. Das war natürlich nicht der Fall, und das ist das, was ich Ihnen vorher geantwortet habe: dass das natürlich einer internen Prüfung unterzogen wurde.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Ist es richtig, dass bei der Hausdurchsuchung bei Strache Ihr Chauffeur anwesend war?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Auch dazu hat es eine dienstaufsichtlich behördliche Prüfung gegeben, und wir haben uns dazu geäußert und das dargelegt. Ich habe auch hier, wie in allen anderen Dienstaufsichtsverfahren, keine Rückmeldung bekommen und gehe daher aufgrund meiner Stellungnahme davon aus, dass das auch nicht beanstandenswert war.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Verstehe ich es richtig, dass er anwesend war?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Der Chauffeur ist ein Kanzleimitarbeiter bei uns, das ist nicht nur ein Chauffeur. Wir haben keine eigene Planstelle für einen Chauffeur. Also der, der fährt, muss sonst, wenn er nicht gerade fährt, auch in der Kanzlei mitarbeiten, und er ist grundsätzlich bei den Durchsuchungen dafür da, dass er – das sind ja meistens mehrere an unterschiedlichen Standorten – während dieser Zeit allenfalls die Leute von A nach B transportiert.

Er ist aber auch dafür da, dass er bei diversen Kopiervorgängen und dergleichen unterstützt, so wird das gemacht, und da ist überhaupt keine Auffälligkeit oder kein spektakulärer Hinweis daran.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Meine nächste Frage bezieht sich auf sogenannte Zufallsfunde. Was ist ein Zufallsfund?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Sie wollen meine rechtliche Einschätzung, was ein Zufallsfund ist? Ein Zufallsfund ist dann, wenn ich zum Beispiel bei einer - - Ja, also ich würde sagen, ich gehe in eine Wohnung wegen einer Hausdurchsuchung in einer Wirtschaftsstrafsache und finde dort Mordwerkzeug und eine Leiche. Das ist ein Zufallsfund. (Heiterkeit bei einigen Abgeordneten.)

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Das war in diesem Fall nicht so, dennoch haben Zufallsfunde ja offensichtlich auch Eingang in den Akt gefunden. Wie gehen Sie mit beim Ibizaverfahren hervorgekommenen Zufallsfunde um? Wie sind die in Ihrer Behörde behandelt worden?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Genau so, wie es eben die Gesetze vorsehen. Ein Zufallsfund muss entsprechend bearbeitet werden, muss entweder, wenn es unsere Zuständigkeit ist, von der WKStA selber geführt werden, muss natürlich nach der Anfangsverdachtslage geprüft werden – aber ich gehe jetzt davon aus, dass Sie das unterstellen, dass es das wäre –, oder wir schicken das an eine andere Staatsanwaltschaft, und das wird entsprechend vorbereitet, wenn es nicht unsere Prüfkompetenz ist.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Wie werden Bestandteile aus dem Ermittlungsverfahren, die nicht in den Akt eingehen, behandelt? Was passiert mit diesen Informationen?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Sprechen Sie jetzt elektronische Daten an? – Sonst weiß ich nicht, was Sie ansprechen.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Wenn Sie eine Sichtung vornehmen, zum Beispiel des Ibizavideos (Auskunftsperson Vrabl-Sanda: Ja!), wenn Sie das Material für das Ermittlungsverfahren für den Anfangsverdacht sichten, dann entscheiden Sie ja, welche Teile in den Akt eingehen, weil sie für das Strafverfahren relevant sind, und welche nicht – und die, die nicht relevant sind: Was passiert mit denen?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also grundsätzlich ist es so, dass ja das Ursprüngliche, was wir von der Sonderkommission bekommen haben, dieser aufbereitete Teil war, der aufgrund unserer Anordnung so aufbereitet wurde. Wir haben es gemeinsam gesichtet haben, und dann sind diese Teile, die für den Akt aus unserer Sicht relevant waren, hergestellt worden.

Was Sie jetzt vielleicht ansprechen, wenn ich Sie richtig verstanden habe, ist jetzt die Frage, ob man dazu Akteneinsicht hat oder nicht, und das ist ja heute schon behandelt worden: Da haben wir ja jetzt die Problematik mit einer offenen Rechtsfrage im Rechtsmittelverfahren.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Was ich anspreche, ist vor allem der Umstand, dass es, wenn Akten geliefert werden, denkbar ist und auch passieren kann, dass nicht ermittlungsrelevante Informationen im Akt zur Verfügung gestellt werden. Kann das sein oder ist das ausgeschlossen?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Wir wollen uns natürlich an die Gesetzeslage halten, das ist keine Frage, und daher gehe ich davon aus, dass nicht verfahrensrelevante Informationen auch nicht ermittelt werden und daher auch nicht zum Akt genommen werden.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Ich lege Ihnen das Dokument mit der Nummer 63644 vor – das ist ein Amtsvermerk vom 23.4.2020 über „Zufallsfund im Rahmen der Datenauswertung“ – und frage Sie, ob dieser Amtsvermerk zur Gänze Eingang in den Akt gefunden hat. (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen und liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das hat eine St-Zahl. Ich kenne das jetzt nicht unbedingt, ich kann es jetzt nicht unbedingt zuordnen. Wahrscheinlich habe ich es schon einmal gesehen, aber der Akt ist ja sehr umfangreich, wie Sie wissen, und wenn es eine Ordnungsnummer aus dem Akt hat, dann hat es auch in den Akt Eingang gefunden.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Dann darf ich Ihre Aufmerksamkeit auf die Seite 6 lenken, Punkt „III. Intervention von Mag. KRUMPEL“.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Darf ich gleich sagen, dass ich da etwas sehe? Ich sehe hier den Punkt „II. Allfälliges freundschaftliches Verhältnis“ und muss mich jetzt zu meiner ersten Antwort korrigieren: Das hat nämlich keine Ordnungsnummer, da steht nur ON 8 drauf, aber ich nehme an, das ist von der - -

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Das bezieht sich nicht auf den Akt in Ihrer Behörde.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das bezieht sich nicht auf den Akt, das heißt, das ist ein Teil, der auch nicht veraktet wurde, sondern das ist ein Teil eines Berichts in Bezug auf eine Frage, die sich ergeben hat, die wir zur Prüfung nicht berechtigt sind, weil es, glaube ich, um eine Frage gegangen ist, ob der Anschein einer Befangenheit vorliegt. – Wenn ich das jetzt richtig verstanden hab aufgrund den Fund- -

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Darauf hat sich genau meine Frage vorhin bezogen. Das heißt (Auskunftsperson Vrabl-Sanda: Das ist nicht beim Akt), dieses Dokument ist nicht veraktet, aber offensichtlich trotzdem im Bestand Ihrer Behörde und wird vorgelegt. (Auskunftsperson Vrabl-Sanda: Genau!) Auf welcher Rechtsgrundlage basiert dieses Informationsbehalten bei Ihrer Behörde?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Wir haben die Verpflichtung, aufzuzeigen, wenn es im Datenbestand Funde gibt, die darauf hinweisen, dass irgendjemand befangen sein könnte; also zum Beispiel, wenn der Kollege sich hinsetzt, den Datenbestand auswertet, und – ich sage jetzt an den Haaren herbeigezogen ein Beispiel – ich hätte mit einem der Beschuldigten einen regen Whatsapp-Verkehr. Dann muss er das natürlich aufzeigen, und dann muss er das auch der Aufsicht, also der Oberstaatsanwaltschaft im Bundesministerium berichten, dass es solche Vorfälle gibt. Das findet nicht unbedingt Eingang in den Akt, wenn wir dazu noch keine entsprechende Veranlassung haben, das als strafrechtlich relevant zu prüfen – das ist in dem Fall so –, sondern das findet Eingang in das Tagebuch, in den Berichtsweg. Der unterliegt ja nicht der Akteneinsicht, aber es ist natürlich relevant, dass die entsprechenden Stellen, die sozusagen die Aufgabe haben, diese Situationen zu beurteilen, auch in die Gelegenheit kommen, das zu beurteilen. Es gibt dazu auch Rechtsprechung, dass wir verpflichtet sind, solche Dinge aufzuzeigen und eben an die entsprechenden Stellen weiterzuleiten.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: 25 Sekunden noch.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Dann habe ich nur eine abschließende Frage, und zwar anknüpfend an meine Erstbefragung. Da ist es darum gegangen, wann Sie dieses Video, das Ihnen von der Soko übermittelt wurde, gesehen haben. Ist es möglich, dass Sie es bis heute noch nicht gesehen haben? Und wenn dem nicht so ist: Wann haben Sie es gesehen?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Es ist richtig, dass ich selbst dieses Video bis heute nicht gesehen habe.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Und Ihre Behörde?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Selbstverständlich schon.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Wann?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich weiß es nicht. Sie haben es zusammen mit der Soko, glaube ich, gesichtet. An welchen Tagen das stattgefunden hat, weiß ich nicht.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Kann es sein, dass es am 1.7. immer noch ungeöffnet im Kuvert gelegen ist, nachdem es am 8.6. bereits übermittelt wurde?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich muss noch einmal dazusagen: Ungeöffnet im Kuvert gelegen ist nicht ein Video, sondern ein Datenträger. Das ändert nichts daran, dass sich die Kolleginnen und Kollegen selbstverständlich die relevanten Teile oder dieses Video angeschaut haben, weil das - - Wir wollten diesen Datenträger dazu nicht verwenden, sondern sie haben gemeinsam mit der Polizei den dort vorhandenen Datenbestand gesichtet und es sich damit angeschaut, wenn man so will.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): 1.7. im ungeöffneten Kuvert, kann das sein? – Datenträger!

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ja, aber es hat nichts damit zu tun, ob es die Oberstaatsanwälte gesichtet und gesehen haben oder nicht, sondern das ist die Kopie, die uns zu dem Vorgang geschickt wurde, wobei ich vorhin erzählt habe, dass ich es eigentlich völlig unnötig gefunden habe, denn wir brauchen keine zusätzliche Kopie. Es war vielmehr so, dass die Oberstaatsanwältinnen und Oberstaatsanwälte zum BKA gefahren sind, also dort im Bundeskriminalamt gemeinsam mit den Ermittlern der Soko dieses Videomaterial gesichtet haben. Unsere Kopie ist bis vor Kurzem sozusagen unangetastet bei mir im Tresor gelegen.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Die Redezeit ist leider verbraucht. Wir kommen zur Fraktion der SPÖ. Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Stimmt es, dass Frau Staatsanwältin Jilek die – Anführungszeichen – „Fallführende“ für die Ermittlungen in der Frage A.-Mock-Institut war?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ob sie die Fallführende war? – Sie ist die Verfahrensführerin, das heißt, sie behandelt sozusagen die Akten aktentechnisch. Sie hat sozusagen eine Übersicht und führt die Tagebücher und den Ermittlungsbogen und dergleichen.

Die Auswertungen, die es gegeben hat, und die rechtliche Beurteilung: Ob sie das alleine gemacht hat oder nicht? – Das glaube ich nicht. Ich glaube schon, dass da auch noch wer anderer dabei war, ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Stimmt es, dass bei dieser Whistleblowermeldung über oder gegen Kurz und andere auch Frau Jilek die fallführende Staatsanwältin ist oder war?

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Das kann schon sein, ja, aber wie gesagt, die Frau Kollegin hat sich jetzt wegbeworben.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Dann darf ich diesen ganzen Bereich für mich kurz zusammenfassen. Das, was wir heute aus der Befragung mitnehmen, ist, erstens, dass es eine Obstruktion vonseiten der Soko bei Fragen, die Kurz betreffen, gegeben hat. – Beispiel: dieser Scan, in dem der Termin von Pröll und Kurz zu Casinos abgedeckt war.

Das, was wir noch mitnehmen, ist offensichtlich eine Art Mobbing der Oberstaatsanwaltschaft, vor allem, dort, wo es um Kurz und Co geht – und das auch gegenüber nicht nur Ihnen persönlich, sondern auch gegenüber der Staatsanwältin Jilek, die jetzt offensichtlich aus meiner Sicht ja auch das Handtuch geworfen hat und diesem Druck nicht länger ausgesetzt sein wollte.

Das Dritte, das wir mitnehmen können, ist die versuchte Zensur des Untersuchungsausschusses durch die Oberstaatsanwaltschaft, was Kurz und Co betrifft. Da geht es um Schreddern, Glatz-Kremsner, Videopassagen, die Kurz betreffen, et cetera. – Das wollte ich nur einmal für mich und fürs Protokoll hier festhalten.

Meine nächste Frage ist (das genannte Buch in die Höhe haltend): Kennen Sie dieses Buch von Herrn Mitterlehner? – „Haltung“.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Ich habe es nicht gelesen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich darf Ihnen einen Auszug aus diesem Buch vorlegen, die Seiten 160, 161,. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Da schreibt er: „Dennoch hatte es sich im Laufe des Sommers 2016 natürlich auch zu mir durchgesprochen, dass der potentielle nächste ÖVP-Spitzenkandidat“ – gemeint ist Kurz – „schon in halb Österreich Meetings abhielt, um sein Programm vorzustellen und Spenden zu sammeln. [...] Im August 2016 rief mich ein Teilnehmer bei einer Schlossfeier in Reifnitz in Kärnten an und erzählte mir, er und andere seien als Spender für einen Kurz-Wahlkampf angefragt worden. [...] Aus Oberösterreich wurde ich gleich mehrfach angesprochen, inklusive vom einladenden Bankdirektor auf Sponsoren-Rallyes von Kurz.“

Haben Sie Wahrnehmungen dazu, dass aktiv von Kurz und seinem Umfeld 2016/2017 versucht wurde, Spenden zu lukrieren?

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Könnten Sie bitte so freundlich sein, den Zusammenhang, a) mit dem Thema, b) mit der Zeit des Untersuchungsgegenstandes herzustellen?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja. Mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung ist, glaube ich, unser Thema. Und - -

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Das stimmt nicht ganz. Wenn Sie es ganz genau lesen, ist der Untersuchungsgegenstand „die mutmaßliche politische Absprache über das Gewähren ungebührlicher Vorteile im Bereich der Vollziehung des Bundes durch Mitglieder der Bundesregierung oder Staatssekretäre und diesen jeweils unterstellte leitende Bedienstete an natürliche oder juristische Personen, die politische Parteien direkt oder indirekt begünstigen“.

Also da gehört mehr dazu. Ich bin auf das erst gekommen, weil Frau Präsidentin Bures, erinnere ich mich, in einer der letzten Sitzungen genau auch in diesem Gebiet diesen Vorhalt gemacht hat. Ich folge damit Frau Präsidentin Bures.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, dann wäre das geklärt, denn natürlich sind diese Zuwendungen Spenden, und es geht genau um diese Frage der Spenden. Insofern haben Sie das sehr schön zitiert, dass das natürlich selbstverständlich Untersuchungsgegenstand ist.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Die Spenden allein sind ja nicht verboten gewesen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Eh nicht, aber das ist ein Teil dessen, und nicht jede Frage muss alle 17 Punkte des Untersuchungsausschusses abbilden, sondern es reicht, wenn ein Punkt abgebildet wird.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Das sagen Sie. Ich habe Ihnen jetzt gerade vorgelesen, wo ich zumindest einen Anhaltspunkt brauche, dass diese Spenden für mutmaßliche politische Absprachen über ungebührliche Vorteile eingesammelt wurden – und das für einen Zeitraum, Sie wissen es, der nicht 2016 ist.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Vorsitzender, wollen Sie nicht die Sitzung unterbrechen?

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Nein.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, aber das geht jetzt auf die Befragungszeit.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Ich glaube, der Herr Verfahrensrichter hat hier sehr klar festgehalten, wie er diese Frage einschätzt, und wenig überraschend schließe ich mich der Meinung des Verfahrensrichters an.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich darf das vorläufige Stenographische Protokoll, 25. November 2020, vorlegen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Haben Sie Informationen, dass Frau Pagitz auch Angezeigte ist, weil sie angeblich Spenden gekeilt hätte.

Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda: Also ich kann das jetzt aus meiner Erinnerung nicht genau sagen, ob es da in Bezug - - also ob es konkret gegen sie eine Anzeige gibt. Das weiß ich im Moment auswendig sozusagen nicht, es müsste sich aus den Akten ergeben.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie hat hier vor dem Untersuchungsausschuss bestritten, dass sie Spenden gekeilt hat, hat aber hier unter Wahrheitspflicht gestanden, dass sie zu einem politischen Abend geladen hat, zu dem sie engste Freunde und Herrn Kurz einlud.

Sie wollte nicht zugeben, dass ein Herr Piëch, und zwar ein Herr Piëch Stefan anwesend gewesen wäre. Den Unterlagen, die wir von der Staatsanwaltschaft bekommen haben, entnehmen wir, dass Herr Piëch Stefan auf einer potenziellen Spenderliste steht, mit dem Hinweis: nur über Frau Pagitz. – Haben Sie dazu Informationen?

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Herr Abgeordneter Stocker zur Geschäftsordnung.

*****

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Wir haben vorhin in einem anderen Zusammenhang erörtert, dass wir hier auch die Persönlichkeitsrechte Dritter zu wahren haben. Es ist erneut eine Frage hinsichtlich des Verfahrens, in dem eine Person betroffen ist, die als Dritte zu bezeichnen ist. Wenn wir diese Persönlichkeitsrechte bei der letzten Diskussion wahrgenommen haben, sollten wir es auch bei dieser Person tun. Ich halte die Frage für nicht zulässig.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Herr Verfahrensrichter, bitte.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Was Frau Pagitz betrifft, so haben wir hier ein öffentliches Protokoll. Sie wurde in medienöffentlicher Sitzung befragt und hatte daher die Möglichkeit, ihre Stellungnahme abzugeben. In dem Fall unterscheidet sich das von dem, was wir heute schon besprochen haben.

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Herr Abgeordneter Stocker zur Geschäftsordnung.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Die Frage war, ob gegen Frau Pagitz ein Verfahren eingeleitet ist. Das ist meines Erachtens keine zulässige Frage in Hinblick auf die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Person.

*****

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das ist nur falsch, weil das nie hier gefragt worden ist.

*****

Vorsitzender-Stellvertreter Mag. Andreas Hanger: Gut, ich habe jetzt die 4-Stunden-Regel sehr großzügig interpretiert, möchte auch der Auskunftsperson noch die Gelegenheit geben zu antworten, wenn sie das denn will. Ich halte aber fest, dass die Befragungsdauer gemäß § 37 Abs. 4 Verfahrensordnung bereits 4 Stunden oder über 4 Stunden beträgt und erkläre damit die Befragung jetzt einmal vorläufig für beendet.

Ich mache einen Blick, ob die Auskunftsperson noch etwas sagen will. – Sie verneint das.

Die Befragung ist somit abgeschlossen.

Ich bedanke mich sehr herzlich für Ihr Erscheinen, Frau Mag. Ilse-Maria Vrabl-Sanda, und wünsche noch einen schönen Nachmittag und Abend. Ich danke auch herzlich der Vertrauensperson, dass sie mit dabei war, und bedanke mich noch einmal ausdrücklich bei der Auskunftsperson für die ausführlichen Informationen.



[1] Ursprünglicher Text: […] man kann auch sagen: die glamourösen Verfahren. […]

Angenommene Einwendung der Auskunftsperson: : „…die clamorosen Verfahren…“ statt „…die glamourösen Verfahren…“