Erläuterungen

I. Allgemeiner Teil

Allgemeines

Das vorliegende Gesetzesvorhaben hat folgende Schwerpunkte:

1. Umsetzung der Verordnung (EU) 2018/1727 des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Agentur der Europäischen Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (Eurojust) und zur Ersetzung und Aufhebung des Beschlusses 2002/187/JI des Rats, ABl. L 295 vom 21.11.2018, S. 138;

2. Umsetzung von Urteilen des EuGH im Bereich der gegenseitigen Anerkennung;

3. Schließung einzelner Lücken bei der Umsetzung der bestehenden Rechtsinstrumente im Bereich der gegenseitigen Anerkennung, Vornahme redaktioneller Änderungen sowie legistische Reaktion in jenen Bereichen der internationalen Zusammenarbeit in Strafsachen, in denen es in der Praxis zu Unklarheiten bzw. Problemen bei der Anwendung gekommen ist;

4. Schaffung der nötigen innerstaatlichen Bestimmungen zur Umsetzung und Durchführung des Übereinkommens zwischen der EU und der Republik Island und dem Königreich Norwegen über das Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Island und Norwegen, ABl. Nr. L 292 vom 21.10.2006, S. 2;

5. (Weitere) Umsetzung der Richtlinie 2014/57/EU über strafrechtliche Sanktionen bei Marktmanipulation (Marktmissbrauchsrichtlinie), ABl. Nr. L 173 vom 12.6.2014 S. 179, durch Schaffung eines gerichtlichen Straftatbestandes der „Manipulation der Referenzwertberechnung“.

Ad. 1. Die bisherige Rechtsgrundlage von Eurojust, der Beschluss 2002/187/JI über die Errichtung von Eurojust zur Verstärkung der Bekämpfung der schweren Kriminalität, ABl. L 63 vom 6.3.2002, S. 1 zuletzt geändert durch Beschluss 2009/426/JI zur Stärkung von Eurojust und zur Änderung des Beschlusses 2002/187/JI über die Errichtung von Eurojust zur Verstärkung der Bekämpfung der schweren Kriminalität, ABl. L 138 vom 4.6.2009, S. 14 (in der Folge: Eurojust-Beschluss), wurde mit EU-JZG Änderungsgesetz 2013 (BGBl. I Nr. 175/2013) in den §§ 63 bis 68a des Bundesgesetzes über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der EU (EU-JZG), BGBl. I Nr. 36/2004, umgesetzt. Die Eurojust-VO wird am 12.12.2019 in Kraft treten und unmittelbar anwendbar sein. Aufgrund dessen wird vorgeschlagen, die nationale Umsetzung im EU-JZG daran anzupassen bzw. einzelne Bestimmungen der nationalen Umsetzung aufgrund der unmittelbaren Anwendbarkeit der Verordnung aufzuheben.

Ad. 2. Im Bereich des EU-JZG soll das Urteil des EuGH in der Rechtssache C-573/17, Poplawski, umgesetzt werden. In diesem Urteil hat der EuGH ausgesprochen, dass Erklärungen der Mitgliedstaaten nach Art. 28 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses 2008/909/JI über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile in Strafsachen, durch die eine freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird, für die Zwecke ihrer Vollstreckung in der Europäischen Union, ABl. L 327 vom 5.12.2008, S. 27, nach dessen Annahme im Rat vom 5.12.2011 ungültig sind.

Im Bereich des ARHG sollen die Urteile des EuGH in den Rechtssachen Petruhhin (C-182/15), Pisciotti (C-191/16) und Schotthöfer & Steiner (C‑473/15) umgesetzt werden. Diese Urteile betreffen das Problem der Diskriminierung von Unionsbürgern gegenüber eigenen Staatsbürger des Mitgliedstaats im Fall eines Auslieferungsersuchens eines Drittstaats, wenn nach der Rechtsordnung des Mitgliedstaats vorgesehen ist, dass die Auslieferung eigener Staatsbürger unzulässig ist.

Ad. 3. Im EU-JZG wird eine ausdrückliche Umsetzung der Spezialitätsvorschriften nach Art. 27 und 28 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten, ABl. Nr. L 190 vom 18.7.2002, S. 1, vorgeschlagen. Darüber hinaus soll auch Art. 17 Abs. 7 des genannten Rahmenbeschlusses umgesetzt werden, um für die dort vorgesehenen Verständigungspflichten im Verfahren zur Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls an Eurojust eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage zu schaffen. Bei der Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2008/909/JI über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile in Strafsachen, durch die eine freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird, für die Zwecke ihrer Vollstreckung in der Europäischen Union, ABl. Nr. L 327 vom 5.12.2008, S. 27, kam es in der Praxis zu Unklarheiten bei den Zuständigkeitsbestimmungen bzw. Schwierigkeiten bei deren Anwendung, weswegen dazu Verbesserungen vorgeschlagen werden. Im Bereich der Vollstreckung von Freiheitsstrafen werden dieselben Änderungen auch im ARHG vorgeschlagen, um eine weitgehende Übereinstimmung der Verfahren im Verhältnis von EU Mitgliedstaaten (EU-JZG) einerseits und Drittstaaten (ARHG) andererseits zu erzielen. Weiters sollen auch die in Art. 16 Abs. 3 des Rahmenbeschlusses 2008/947/JI über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile und Bewährungsentscheidungen im Hinblick auf die Überwachung von Bewährungsmaßnahmen und alternativen Sanktionen, ABl. Nr. L 337 vom 16.12.2008, S. 102, vorgesehenen Verständigungspflichten umgesetzt werden. Besonders ist darauf hinzuweisen, dass die vorgeschlagenen Änderungen der Verfassungsbestimmung des § 5 Abs. 4 EU-JZG lediglich redaktioneller Natur sind; die Notwendigkeit zur Richtigstellung des Verweises hat sich durch die Neustrukturierung der Bestimmungen zur Umsetzung des RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen durch das EU-JZG-Änderungsgesetz 2011 (BGBl. I Nr. 134/2011) ergeben. Schließlich werden zu Artikeln 4 und 5 des Entwurfs großteils notwendige Anpassungen an das Strafprozessreformgesetz 2004 vorgeschlagen.

Ad. 4. Das Übereinkommen ist zwar ein völkerrechtliches Übereinkommen (das die Union für ihre Mitgliedstaaten abgeschlossen hat); seine Bestimmungen sind aber weitestgehend wörtlich dem Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten, ABl. Nr. L 190 vom 18.7.2002, S. 1 (RB-EHB), nachgebildet. Da die Bestimmungen dieses Rahmenbeschlusses umsetzungsbedürftig sind und in Österreich in den §§ 3 bis 38 EU-JZG umgesetzt sind, soll nicht der Weg einer direkten Anwendung gegangen werden, sondern es sollen die innerstaatlichen Bestimmungen des EU-JZG auf das Übergabeverfahren mit Island und Norwegen anwendbar gemacht werden. Dies soll im Weg eines eigenen Bundesgesetzes erfolgen.

Ad. 5. Im geltenden Recht ist die Marktmanipulation der Berechnung kritischer Referenzwerte im Sinne von Art. 5 Abs. 2 lit. d der Marktmissbrauchsrichtlinie ausschließlich als Verwaltungsstraftatbestand normiert (§ 48c Abs. 1 Z 3 BörseG 2018). Da es nun aber aufgrund rezenter Rechtsakte der Europäischen Union möglich ist, auch für die „Manipulation der Referenzwertberechnung“ zwischen schweren und anderen Fällen zu unterscheiden, soll nun für schwere Fälle gerichtliche Strafbarkeit geschaffen werden. Damit soll zugleich einem wesentlichen Kritikpunkt der Europäischen Kommission in dem Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2019/2121 entsprochen werden. Es wird vorgeschlagen, § 164 BörseG 2018 um einen neuen Absatz 5 zu erweitern.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Der Entwurf dient der bzw. betrifft die Umsetzung von Unionsrecht, insbesondere

-       Verordnung (EU) 2018/1727 betreffend die Agentur der Europäischen Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (Eurojust) und zur Ersetzung und Aufhebung des Beschlusses 2002/187/JI des Rats, ABl. Nr. L 295 vom 21.11.2018, S. 138 (in der Folge: Eurojust-VO),

-       Beschluss 2005/671/JI über den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit betreffend terroristische Straftaten, ABl. Nr. L 253 vom 29.9.2005, S. 22,

-       Rahmenbeschluss 2002/584/JI über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten, ABl. Nr. L 190 vom 18.7.2002, S. 1 (in der Folge: RB-EHB),

-       Rahmenbeschluss 2008/909/JI über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile in Strafsachen, durch die eine freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird, für die Zwecke ihrer Vollstreckung in der Europäischen Union, ABl. Nr. L 327 vom 5.12.2008, S. 27 (in der Folge: RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen),

-       Rahmenbeschluss 2006/960/JI über die Vereinfachung des Austauschs von Informationen und Erkenntnissen zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, ABl. Nr. L 386 vom 29.12.2006, S. 89 (in der Folge: RB Informationsaustausch),

-       Rahmenbeschluss 2008/947/JI über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile und Bewährungsentscheidungen im Hinblick auf die Überwachung von Bewährungsmaßnahmen und alternativen Sanktionen, ABl. Nr. L 337 vom 16.12.2008, S. 102 (in der Folge: RB Bewährungsüberwachung),

-       Übereinkommen zwischen der EU und der Republik Island und dem Königreich Norwegen über das Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Island und Norwegen, ABl. Nr. L 292 vom 21.10.2006, S. 2,

-       Richtlinie 2014/57/EU über strafrechtliche Sanktionen bei Marktmanipulation, ABl. Nr. L 173 vom 12.6.2014 S. 179 (Marktmissbrauchsrichtlinie, in der Folge: MAD).

Kompetenzgrundlage:

Die Kompetenz des Bundes zur Gesetzgebung gründet sich auf Artikel 10 Abs. 1 Z 6 des Bundes-Verfassungsgesetzes (Strafrechtswesen).

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Nationalrats und eine Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen im Nationalrat gemäß Art. 44 Abs. 1 B-VG wegen der in Artikel 2 Z 8 vorgeschlagenen Verfassungsbestimmung.


II. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Bundesgesetz über das Übergabeverfahren mit Norwegen und Island)

Zu § 1

Das Übereinkommen zwischen der EU und der Republik Island und dem Königreich Norwegen über das Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Island und Norwegen, ABl. Nr. L 292 vom 21.10.2006, S. 2, ist – in der Zeit des ersten Vorsitzes Österreichs im Rat – am 28.6.2006 in Wien unterzeichnet worden. Es wird am 1.11.2019 in Kraft treten (ABl. Nr. L 230 vom 6.9.2019, S. 1).

Das Übereinkommen stellt insofern einen beispiellosen Sonderfall dar, als es sich zwar um ein völkerrechtliches Übereinkommen handelt, das die Union (auf der Grundlage der damaligen Art. 24 und 38 EUV) für ihre Mitgliedstaaten abgeschlossen hat, die Bestimmungen des Übereinkommens aber weitestgehend wörtlich dem RB-EHB nachgebildet sind. Da die Bestimmungen dieses Rahmenbeschlusses umsetzungsbedürftig sind und in Österreich in den §§ 3 bis 38 des Bundesgesetzes über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der EU (EU-JZG), BGBl. I Nr. 36/2004, umgesetzt sind, soll nicht der Weg einer – bei völkerrechtlichen Übereinkommen, die Regelungen über strafrechtliche Zusammenarbeit enthalten, grundsätzlich denkbaren – direkten Anwendung gegangen werden, sondern es sollen die innerstaatlichen Bestimmungen des EU-JZG auf das Übergabeverfahren mit Island und Norwegen anwendbar gemacht werden.

Dabei wären mehrere legistische Wege möglich. Es könnten Bestimmungen in das ARHG oder in das EU-JZG aufgenommen werden. Für das ARHG spricht etwa, dass das EU-JZG ausdrücklich zu dem Zweck geschaffen wurde, die Zusammenarbeit in Strafverfahren mit den anderen EU-Mitgliedstaaten zu regeln, Norwegen und Island aber nicht EU-Mitglieder sind. Für das EU-JZG spricht wiederum, dass die dort enthaltenen Bestimmungen, die den Europäischen Haftbefehl regeln, auf den im Verhältnis zu Island und Norwegen zu erlassenden „Haftbefehl“ anwendbar gemacht werden sollen.

Da aber jedes dieser Argumente für das eine der beiden Gesetze zugleich gegen das andere spricht, und um eine (weitere) Aufblähung von ARHG und EU-JZG mit „Buchstaben-§§“ (etwa § 4a EU-JZG, oder § 9b ARHG) zu vermeiden, soll ein dritter Weg eingeschlagen und eigenes Bundesgesetz erlassen werden. (Dieses könnte in Zukunft um Bestimmungen zu anderen Übereinkommen der Union mit Drittstaaten erweitert werden; zu denken ist insbesondere an ein System der Übergabe mit dem Vereinigten Königreich, sollte der BREXIT Wirklichkeit werden und, was ja schon angedacht worden ist, eine besondere Form der Auslieferung zwischen den EU-Mitgliedstaaten und dem Vereinigten Königreich nach dem Vorbild des mit Island und Norwegen abgeschlossenen Übereinkommens vereinbart werden).

Zu § 2

1. Auf das Übergabeverfahren, das in Österreich aufgrund eines von Norwegen oder Island ausgestellten „Haftbefehls“ stattzufinden hat, sollen grundsätzlich die Bestimmungen über die Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls (§§ 3 – 28) des EU-JZG anzuwenden sein (Abs. 1); soweit dort von „Mitgliedstaat“ die Rede ist, soll darunter auch Island oder Norwegen zu verstehen sein, und der Begriff „Europäischer Haftbefehl“ ist als „Haftbefehl“ zu lesen (Abs. 2).

2. Eine wichtige Abweichung regelt Abs. 3. Während (entsprechend dem RB-EHB) nach dem EU-JZG österreichische Staatsbürger (in gewissen, engen Grenzen) an EU-Mitgliedstaaten auszuliefern (zu übergeben) sind (§ 5 EU-JZG), kennt das ARHG das ausnahmslose Verbot der Auslieferung österreichischer Staatsbürger, wobei die betreffende Bestimmung des ARHG (§ 11) in Verfassungsrang steht. Es wird vorgeschlagen, dass Österreich – wie es auch Deutschland getan hat – bei diesem Grundsatz bleibt; Österreich hat auch die entsprechende Erklärung nach Artikel 7 Abs. 2 des Übereinkommens abgegeben. Daher soll § 5 EU-JZG im Verhältnis zu Norwegen und Island nicht anzuwenden sein.

Das Gleiche soll auch für § 5a EU-JZG gelten; das Übereinkommen enthält nämlich keine Bestimmung, die eine Gleichbehandlung von aufenthaltsverfestigten Unionsbürgern mit eigenen Staatsangehörigen zulassen würde, wie sie innerhalb der Union nach der Rechtsprechung des EuGH nach dem Diskriminierungsverbot geboten ist.

3. § 11 EU-JZG geht in der geltenden Fassung auf das EU-JZG-ÄndG 2011, BGBl. I Nr. 134/2011, zurück; es wurde damals einer Novellierung des RB-EHB durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI zur Änderung der Rahmenbeschlüsse 2002/584/JI, 2005/214/JI, 2006/783/JI, 2008/909/JI und 2008/947/JI, zur Stärkung der Verfahrensrechte von Personen und zur Förderung der Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Entscheidungen, die im Anschluss an eine Verhandlung ergangen sind, zu der die betroffene Person nicht erschienen ist, ABl. Nr. L 81 vom 27.3.2009, S. 24, Rechnung getragen, der „eine präzise und einheitliche Grundlage für die Nichtanerkennung von Entscheidungen (…), die im Anschluss an eine Verhandlung ergangen sind, zu der die betroffene Person nicht persönlich erschienen ist“ (Erwägungsgrund 4), geschaffen hat (Art. 4a RB-EHB). Das Übereinkommen mit Norwegen und Island übernimmt jedoch in seinem Art. 8 Abs. 1 die alte Regelung des RB-EHB.

Daher muss auch die Umsetzung des Übereinkommens die frühere Regelung, also die Bestimmungen des § 11 EU-JZG aus dessen Stammfassung, übernehmen (Abs. 4).

4. Mit dem neuen § 67 Abs. 3 EU-JZG (unten Artikel 2 Z 26) soll der Pflicht nach Art. 17 Abs. 7 RB-EHB entsprochen werden, dass die nationalen Behörden bei bestimmten Fristüberschreitungen das Nationale Mitglied bei Eurojust zu verständigen haben. Da es im Übereinkommen keine dem Art. 17 Abs. 7 RB-EHB entsprechende Bestimmung gibt und auch die vom Nationalen Mitglied aufgrund einer solchen Verständigung allenfalls zu setzenden Schritte nur innerhalb der Union denkbar sind, soll § 67 Abs. 3 EU-JZG im Verhältnis zu Norwegen und Island nicht anzuwenden sein (Abs. 5).

Zu § 3

Ersucht Norwegen oder Island um Durchlieferung durch Österreich (Art. 28 Übereinkommen), so sollen die Bestimmungen des EU-JZG anzuwenden sein, die die Durchlieferung durch Österreich betreffen, also die §§ 32, 34, 35 und 37.

Zu § 4

1. Die vorgeschlagene Bestimmung soll den zu § 2 umgekehrten Fall regeln, also, dass in einem inländischen Strafverfahren ein Haftbefehl auszustellen ist, der in Island oder Norwegen vollstreckt werden soll. In diesem Fall sollen wiederum grundsätzlich die Bestimmungen über die Erwirkung eines Europäischen Haftbefehls (§§ 3, 4, 29 – 31) des EU-JZG anzuwenden sein (Abs. 1); soweit dort von „Mitgliedstaat“ die Rede ist, soll darunter auch Island oder Norwegen zu verstehen sein; es ist nicht ein „Europäischer Haftbefehl“, sondern ein „Haftbefehl“ auszustellen (Abs. 2), und zwar unter Verwendung des Formblatts, das im Anhang zum Übereinkommen enthalten ist (Abs. 3). Wegen der unterschiedlichen Bezeichnung und – was Abwesenheitsentscheidungen anlangt – auch abweichender Inhalte kann nicht das Formblatt zum EHB (Anhang II zum EU-JZG) verwendet werden. Während im EU-JZG das Formblatt aus dem RB-EHB in einen Anhang übernommen wurde (wie auch weitere Formblätter zu weiteren Unionsrechtsakten übernommen wurden), soll hier auf diese Übernahme verzichtet und bloß auf den Anhang des Übereinkommens verwiesen werden; die Übernahme bedeutet nämlich keinen wesentlichen Gewinn für die Praxis, weil eine ausfüllbare Version des Formblatts ohnehin gesondert (nämlich im Intranet der Justiz) zur Verfügung gestellt werden muss.

2. Die Sprachen, die von Norwegen bzw. von Island akzeptiert werden, sind bereits bekannt; dem folgt der vorgeschlagene Abs. 4.

3. Das Übereinkommen sieht bestimmte Erklärungen vor, die abzugeben sind, wie etwa – neben der soeben angesprochenen Sprachenregelung – zuständige Behörden zu benennen; weiters sind Erklärungen nach Art von Vorbehalten freigestellt, wie etwa zu Ablehnungsgründen (vgl. etwa die oben erwähnte Erklärung Österreichs zur Nichtauslieferung bzw. Nichtübergabe eigener Staatsangehöriger). Diese Erklärungen sind in einem Ratsdokument zusammengestellt, das auf den Homepages des Rates und des Europäischen Justiziellen Netzes (EJN) zugänglich gemacht werden sollte.

Zu § 5

Soll – was aus geografischen Gründen in der Praxis kaum jemals vorkommen wird – von Österreich eine Durchlieferung durch Norwegen oder Island erwirkt werden, so sollen wiederum die Bestimmungen des EU-JZG anzuwenden sein, die die Erwirkung der Durchlieferung betreffen, also § 36.

Zu § 7

Abs. 1 sieht den frühest möglichen Zeitpunkt des Inkrafttretens vor und führt – entsprechend Art. 34 Abs. 1 des Übereinkommens – jene im Verhältnis zu Island und Norwegen in Geltung stehenden Rechtsinstrumente an, die mit Inkrafttreten des Übereinkommens durch dieses ersetzt werden.

In Abs. 2 wird eine Übergangsregelung vorgeschlagen, die jener für Europäische Haftbefehle in § 139 Abs. 4 EU-JZG entspricht und die nach Art. 35 Abs. 2 des Übereinkommens zulässig ist; eine diesbezügliche Erklärung hat Österreich abgegeben.

Zu Artikel 2 (Änderungen des EU-JZG)

Zu Ziffer 6 (§ 2 Z 10 EU-JZG)

Es wird vorgeschlagen, Eurojust, eine Agentur der EU, durch einen Verweis auf die neue Rechtsgrundlage, d.h. die Eurojust-VO, zu definieren.

Zu Ziffern 7, 11 und 14 (§§ 3 Abs. 4, 31 Abs. 8 und 38 EU-JZG)

§ 38 EU-JZG nimmt einerseits Bezug auf völkerrechtliche Verpflichtungen der Republik Österreich im Zusammenhang mit den internationalen Strafgerichten bzw. dem internationalen Strafgerichtshof (Abs. 1) und setzt andererseits Art. 21 des RB-EHB um (Abs. 2). Art. 21 des RB-EHB betrifft den Fall, dass Österreich den europäischen Haftbefehl eines anderen Mitgliedstaats vollstrecken soll, allerdings die betroffene Person zuvor von einem Drittstaat an Österreich ausgeliefert wurde und der weiteren Übergabe an den Mitgliedstaat der Grundsatz der Spezialität entgegensteht. Darüber hinaus ist es auch möglich, dass Österreich anlässlich der Auslieferung von dem Drittstaat Bedingungen übernommen hat (z.B. Rücküberstellung zur Strafvollstreckung), die der weiteren Übergabe an den Mitgliedstaat entgegenstehen.

Die Bestimmung des § 38 EU-JZG wurde von der Lehre zum einen als „systematisch deplatziert“ kritisiert, weil sie im fünften Abschnitt des II. Hauptstücks angesiedelt ist, der die Durchlieferung beinhaltet, und zum anderen als „dringend reformbedürftig“, weil Abs. 2 leg. cit. aufgrund eines Redaktionsversehens noch immer auf den Untersuchungsrichter verweist (Hinterhofer in Höpfel/Ratz WK² EU-JZG § 38 Rz 1 und 4).

Aufgrund dessen wird vorgeschlagen, Abs. 1 des § 38 EU-JZG als neuen Abs. 4 dem § 3 EU-JZG anzufügen, der die Grundlagen im Zusammenhang mit der Vollstreckung Europäischer Haftbefehle regelt.

Abs. 2 des § 38 EU-JZG soll – neu formuliert – als neuer Abs. 8 dem § 31 EU-JZG angefügt werden, der die Spezialität sowohl im Zusammenhang mit der Vollstreckung eines europäischen Haftbefehls als auch mit der Erwirkung der Vollstreckung durch Österreich regelt. Vorgeschlagen wird insbesondere, dass die Staatsanwaltschaft möglichst bei Einleitung des Übergabeverfahrens die Behörde kontaktiert, die den europäischen Haftbefehl ausgestellt hat, und unter Hinweis auf die der Übergabe entgegenstehende Hindernisse (Spezialität oder übernommene Bedingung) im Verhältnis zum Drittstaat, um Übermittlung der für die Erwirkung der Auslieferung erforderlichen Unterlagen unter Anschluss einer vom Drittstaat akzeptierten Übersetzung ersucht. Eine Übersetzung der Auslieferungsunterlagen in die deutsche Sprache ist nicht erforderlich, weil im Übergabeverfahren auf Basis des Europäischen Haftbefehls zu entscheiden ist. Nach Einlangen der Unterlagen sollen diese dem Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz mit dem Ersuchen um Erwirkung der Zustimmung des Drittstaats zur Übergabe an den Mitgliedstaat weitergeleitet werden.

Die für das Übergabeverfahren an den Mitgliedstaat maßgeblichen Fristen nach § 20 Abs. 1 und 2 EU-JZG beginnen erst zu laufen, sobald der Übergabe weder der Grundsatz der Spezialität noch Bedingungen des Drittstaats entgegenstehen (vgl. auch Art. 21 RB-EHB).

Zu Ziffer 8 (§ 5 Abs. 4 EU-JZG – Verfassungsbestimmung)

§ 5 EU-JZG betrifft Regelungen im Zusammenhang mit der Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls gegen österreichische Staatsbürger und steht – wie auch § 12 ARHG – im Verfassungsrang. Durch die vorgeschlagene Novellierung soll lediglich eine redaktionelle Änderung vorgenommen werden: der Verweis in Abs. 4 auf die §§ 39 bis 44 EU-JZG soll richtiggestellt werden. Nach erfolgter Umsetzung des RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen durch das EU-JZG Änderungsgesetz 2011 (BGBl. I Nr. 134/2011) in §§ 39 bis 42g EU-JZG ist nun richtigerweise auf § 41j Z 1 EU-JZG zu verweisen.

Für die Beschlussfassung der Änderungen von § 5 Abs. 4 EU-JZG ist die Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Nationalrats und eine Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen im Nationalrat gemäß Art. 44 Abs. 1 B-VG erforderlich.

Zu Ziffer 9 (§ 19 Abs. 4, § 52a Abs. 1 Z 11 und § 53a Z 11 EU-JZG)

Es werden lediglich redaktionelle Änderungen vorgeschlagen, die sich aufgrund des Vertrags von Lissabon ergeben haben.

Zu Ziffer 10 (§ 27a EU-JZG)

Art. 27 und 28 des RB-EHB enthalten Regelungen betreffend die Strafverfolgung der aufgrund eines Europäischen Haftbefehls übergebenen Person wegen weiterer Straftaten und betreffen die sogenannte Weiterlieferung, d.h. die weitere Übergabe (an einen anderen Mitgliedstaat) oder Auslieferung (an einen Drittstaat). Soweit es sich nicht um eine Auslieferung an einen Drittstaat handelt, ist ein nachträgliches Übergabeverfahren nur dann durchzuführen, wenn die betroffene Person nicht im Rahmen eines vereinfachten Übergabeverfahrens übergeben wurde. Dieses setzt nämlich voraus, dass die betroffene Person auf die Spezialität verzichtet hat. Im Fall der Weiterlieferung an einen Drittstaat sieht Art. 28 Abs. 4 RB-EHB in jedem Fall vor, dass die Zustimmung des Vollstreckungsstaats einzuholen ist.

Für Österreich als Ausstellungsstaat eines europäischen Haftbefehls sind entsprechende Regelungen in § 31 Abs. 4 bis 6 EU-JZG enthalten. Für Österreich als Vollstreckungsstaat eines europäischen Haftbefehls fehlen derzeit im EU-JZG explizite Regelungen zur Umsetzung der erwähnten Bestimmungen. Auch § 4 Abs. 5 EU-JZG (sog. akzessorische Übergabe) kann nicht herangezogen werden, weil damit nur die Bewilligung zur Strafverfolgung/-vollstreckung wegen Straftaten erfasst ist, die Gegenstand der Entscheidung über die Übergabe (§ 21 EU-JZG) waren. Nach § 1 Abs. 2 EU-JZG sind die Bestimmungen des ARHG anzuwenden, soweit sich aus den Bestimmungen des EU-JZG nichts anderes ergibt. Aufgrund dessen wäre §40 ARHG auf diesen Fall anzuwenden. Da es insbesondere in verfahrensrechtlicher Hinsicht bedeutende Unterschiede zwischen Auslieferungs- und Übergabeverfahren gibt, wird eine ausdrückliche Regelung in § 27a EU-JZG vorgeschlagen.

Der Vorschlag sieht vor, dass das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft über ein Ersuchen um Zustimmung zur Verfolgung bzw. Vollstreckung anderer Taten bzw. um Weiterlieferung entscheiden soll (Abs. 1). Festzuhalten ist, dass das Ersuchen des Ausstellungsstaats nicht zwingend in Form eines Europäischen Haftbefehls zu stellen ist (vgl. auch Art. 27 Abs. 4 RB-EHB). Die Zustimmung zur Verfolgung weiterer Taten bzw. Vollstreckung anderer Strafen oder zu Weiterlieferung soll erteilt werden, wenn die Voraussetzungen nach dem Zweiten Abschnitt des II. Hauptstücks vorliegen. Zur Wahrung des rechtlichen Gehörs der betroffenen Person ist die ausstellende Justizbehörde aufzufordern, eine Erklärung der betroffenen Person zum Ersuchen anzuschließen, wenn diese bereits übergeben und eine solche Erklärung nicht übermittelt wurde. Wurde die betroffene Person allerdings noch nicht an die ausstellende Justizbehörde übergeben, ist ohnehin eine Verhandlung zur Entscheidung durchzuführen, in der die betroffene Person angehört wird.

Für das Verfahren (Abs. 2) wird vorgeschlagen, ebenso wie in § 21 Abs. 1 EU-JZG auf die entsprechenden Verfahrensvorschriften über die Zulässigkeit der Auslieferung des ARHG zu verweisen, nämlich § 31 Abs. 1 erster Satz, Abs. 2 bis 5 und Abs. 6 erster bis dritter Satz. Allerdings soll dabei berücksichtigt werden, dass eine Verhandlung im nachträglichen Übergabeverfahren nur dann stattfinden kann und soll, wenn der Betroffene noch nicht übergeben wurde.

Im Hinblick auf die Fristen zur Entscheidung wird in Abs. 3 vorgeschlagen, auf die Bestimmungen des § 21 Abs. 1 und 2 EU-JZG zu verweisen (vgl dazu auch EuGH 30.5.2013, C-168/13, Jeremy F.).

Für die Weiterlieferung an einen Drittstaat soll in Abs. 4 vorgesehen werden, auf das Verfahren nach § 40 ARHG zu verweisen, um den Besonderheiten des Auslieferungsverfahrens gerecht zu werden. Neben der Übermittlung des Auslieferungsersuchens, d.h. die die nationale Festnahmeanordnung enthaltenden Auslieferungsunterlagen, wird auch hier vorgeschlagen, dass nur dann ein Protokoll mit der Erklärung der betroffenen Person vom Mitgliedstaat zu übermitteln ist, wenn die Person bereits an den Mitgliedstaat übergeben wurde. Andernfalls ist die Person im Auslieferungsverfahren vom Gericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung zum Auslieferungsersuchen des Drittstaats ohnehin selbst zu hören, sodass das Recht der betroffenen Person auf rechtliches Gehör gewahrt ist.

Zu Ziffern 12 und 13 (§§ 36 Abs. 1 und 2 EU-JZG)

Die vorgeschlagenen Novellierungen sind eine Folge der nun in § 29 EU-JZG enthaltenen Zuständigkeitsregelungen, die auf die Neuordnung der Aufgaben von Gericht und Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren durch das Strafprozessreformgesetz 2004 (BGBl. I Nr. 19/2004) zurückgehen.

Zu Ziffer 15 (§ 40 Z 2 EU-JZG)

Nach § 40 Z 2 EU-JZG ist die Vollstreckung unzulässig, wenn zum Zeitpunkt des Einlangens des Ersuchens weniger als sechs Monate der verhängten Freiheitsstrafe oder der mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme zu vollstrecken sind. Durch die vorgeschlagene Ergänzung soll klargestellt werden, dass zwecks Berechnung des maßgeblichen Zeitraums mehrere zu vollstreckende Freiheitsstrafen oder Strafreste zusammenzurechnen sind. Eine entsprechende Regelung ist bereits bei der Umsetzung des RB-EHB in § 4 Abs. 2 letzter Satz EU-JZG zu finden.

Zu Ziffer 16 (§ 42b Abs. 7a EU-JZG)

Nach § 42b Abs. 7a hat im Falle der bloß teilweisen Übernahme der Strafvollstreckung durch den Vollstreckungsstaat (§ 2 Z 7 lit. e EU-JZG) jenes Gericht, das „zuletzt in erster Instanz erkannt hat“, festzustellen, welcher Teil der verhängten Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahmen auf diejenigen Straftaten entfällt, hinsichtlich derer die Vollstreckung übernommen wird.

Die Zuständigkeit desjenigen Gerichts, das zuletzt in erster Instanz erkannt hat, hat in der Praxis in jenen Fällen zu Problemen geführt, in denen dem Ersuchen um Übernahme der Strafvollstreckung Freiheitsstrafen zugrunde lagen, die von verschiedenen Gerichten verhängt wurden. In diesem Fall ist es dazu gekommen, dass ein Gericht über die Entscheidung eines anderen Gerichts zu befinden und die dortige Strafbemessung neu zu berechnen hatte. Es wird nun vorgeschlagen, dass in einem solchen Fall jenes Gericht zu befassen ist, welches das Urteil ausgesprochen hat. Sind mehrere Urteile von der Neuberechnung betroffen, wären alle Urteilsgerichte zu befassen.

Zu Ziffer 17 (§ 42e Abs. 3 EU-JZG)

Durch die vorgeschlagene Novellierung soll klargestellt werden, welches Gericht für die Durchführung der Übergabe zuständig sein soll, wenn eine verurteilte Person in einen anderen Mitgliedstaat zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe überstellt werden soll. Vorgeschlagen wird, dass diese Aufgabe dem Gericht zukommt, dessen Freiheitsstrafe gerade vollstreckt wird. Dies wird im Fall von mehreren Verurteilungen in der Regel auch jenes Gericht sein, dass die längste Freiheitsstrafe verhängt hat.

Zu Ziffer 18 (§ 42f Abs. 1 EU-JZG)

Dieser Bestimmung liegt zugrunde, dass eine in Österreich verurteilte Person die verhängte Freiheitsstrafe in einem anderen Mitgliedstaat, oft ihrem Heimatstaat, verbüßen soll.

Nicht selten wurde die verurteilte Person auch in diesem Mitgliedstaat verurteilt oder es wird gegen sie ein Strafverfahren geführt, weswegen der Mitgliedstaat, der von Österreich die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe übernimmt, ein Interesse daran hat, die Person auch wegen der dort begangenen Taten zu verfolgen bzw. bereits verhängte Freiheitsstrafen zu vollstrecken. Dies ist allerdings aufgrund von Spezialitätsbestimmungen nur möglich, wenn Österreich zustimmt. § 42f Abs. 1 EU-JZG regelt die Zuständigkeit für eine derartige Zustimmung. Ersuchen um Zustimmung von diesem Mitgliedstaat sind sowohl vor als auch nach der Übergabe an den Mitgliedstaat möglich. § 42f Abs. 1 EU-JZG sieht dazu gegenwärtig keine genaue Zuständigkeitsbestimmung vor, weil lediglich auf „das Gericht“ verwiesen wird. Darunter können das Vollzugsgericht (§ 16 Abs. 1 StVG) oder das Urteilsgericht (bzw. jedes im Fall mehrerer Verurteilungen) subsumiert werden. Zur näheren Bestimmung der Zuständigkeit wird vorgeschlagen, dass jenes Gericht zuständig ist, dessen Strafe gerade vollstreckt wird. Wenn ein Ersuchen um Zustimmung nach der Übergabe gestellt wird, soll jenes Gericht zuständig sein, dessen Strafe zuletzt, also vor der Übergabe, vollstreckt wurde. Dieses Gericht wird in der Regel auch die Übergabe durchgeführt haben bzw. durchzuführen haben (§ 42e Abs. 3 EU-JZG), wenn die Übergabe noch nicht stattgefunden hat.

Weiters wird vorgeschlagen, den in § 42f Abs. 1 EU-JZG enthaltenen Verweis auf § 5 Abs. 5 EU-JZG entfallen zu lassen, weil Fälle der Erwirkung der Vollstreckung der über einen österreichischen Staatsbürger im Inland verhängten Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme entsprechend den Voraussetzungen des RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen nicht in Betracht kommen.

Zu Ziffer 19 (§ 57a EU-JZG)

§ 57a EU-JZG wurde in Umsetzung des RB Informationsaustausch durch das EU-JZG Änderungsgesetz 2011 (BGBl. I Nr. 134/2011) eingefügt und durch das EU-JZG Änderungsgesetz 2013 (BGBl. I Nr. 175/2013) geändert.

Art. 3 Abs. 3 RB Informationsaustausch sieht insbesondere vor: „Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass für die Zurverfügungstellung von Informationen und Erkenntnissen an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden anderer Mitgliedstaaten Bedingungen gelten, die nicht strenger sind als die Bedingungen, die auf nationaler Ebene für die Zurverfügungstellung und Anforderung von Informationen und Erkenntnissen gelten.“

Innerstaatlich ist die Bestimmung des § 76 Abs. 4 StPO einschlägig, wobei im Rahmen des anhängigen Ermittlungsverfahrens regelmäßig die Staatsanwaltschaft als die für die Leitung des Ermittlungsverfahrens zuständige Justizbehörde über Ersuchen um Aktenübermittlungen zu entscheiden hat. Um den Anforderungen des Art. 3 Abs. 3 RB Informationsaustausch gerecht zu werden, wird deswegen vorgeschlagen, auf § 76 Abs. 4 StPO zu verweisen und die weiteren in Z 1 und 2 vorgesehenen Voraussetzungen entfallen zu lassen.

Zu Ziffer 20 (§ 63 EU-JZG)

Regelungsgegenstand des geltenden § 63 EU-JZG sind die Aufgaben und Ziele, die durch Eurojust verfolgt werden, wobei bereits Abs. 1 auf die bisherige Rechtsgrundlage von Eurojust (Eurojust-Beschluss) verweist.

Mit dem Inkrafttreten der Eurojust-VO am 12.12.2019 gelten deren Bestimmungen zu einem großen Teil unmittelbar, bedürfen damit keiner Umsetzung mehr. Mit Blick auf § 63 EU-JZG sind etwa die Aufgaben und Zuständigkeiten von Eurojust in Art. 2 und 3 Eurojust-VO geregelt: Nach Art. 2 Abs. 1 unterstützt und verstärkt Eurojust „die Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen den nationalen Behörden, die für die Ermittlung und Verfolgung von schwerer Kriminalität, die gemäß Artikel 3 Absätze 1 und 3 in den Zuständigkeitsbereich von Eurojust fällt, zuständig sind, von der zwei oder mehr Mitgliedstaaten betroffen sind oder die eine Verfolgung auf gemeinsamer Grundlage erfordert; Eurojust stützt sich dabei auf die von den Behörden der Mitgliedstaaten, von Europol, der EUStA und von OLAF durchgeführten Operationen und gelieferten Informationen.“

Die Zuständigkeiten von Eurojust werden nunmehr originär in der Eurojust-VO geregelt und ergeben sich insbesondere aus einem Verweis in Art. 3 Abs. 1 auf den Anhang I zur Eurojust-VO, in dem jene Kategorien von Straftaten angeführt sind, für die Eurojust eine Zuständigkeit hat. Aus Art. 3 Abs. 4 ergeben sich darüber hinaus Zuständigkeiten von Eurojust für Straftaten, die einen engen Zusammenhang mit den in Anhang I genannten Straftaten aufweisen (z.B. Vorbereitungs- oder Beitragshandlungen). Über die in Anhang I genannten Straftaten hinaus kann Eurojust nur auf Ersuchen einer Behörde eines Mitgliedstaats tätig werden (Art. 3 Abs. 3 Eurojust-VO). In territorialer Hinsicht kann Eurojust auf Ersuchen einer Behörde eines Mitgliedstaats auch tätig werden, wenn neben diesem Mitgliedstaat nur ein Drittstaat betroffen ist (Art. 3 Abs. 5). Die diesbezüglichen Zuständigkeiten ergeben sich gegenwärtig aus § 64 Abs. 3 EU-JZG.

Eine detaillierte Auflistung der operativen Aufgaben von Eurojust, die in § 63 Abs. 2 EU-JZG lediglich exemplarisch ist, ist Gegenstand von Art. 4 der Eurojust-VO.

Da die unmittelbar anwendbare Eurojust-VO die Bestimmungen des § 63 EU-JZG obsolet macht, wird vorgeschlagen, diese durch den bloßen Hinweis zu ersetzen, dass der Vierte Unterabschnitt der Durchführung der Eurojust-VO dient.

Zu Ziffern 21 und 22 (§ 64 Abs. 1 und 2 EU-JZG)

Gemäß Art. 7 Abs. 2 Eurojust-VO wird das nationale Mitglied von einem Stellvertreter und einem Assistenten unterstützt, die grundsätzlich ihren Arbeitsplatz am Sitz von Eurojust haben sollen. Darüber hinaus wird vorgeschlagen, die weiteren Sätze des § 64 Abs. 1 EU-JZG entfallen zu lassen. In diesen finden sich Bestimmungen zu Ernennungsvoraussetzungen, Entsendungsdauer und Wiederbestellung des nationalen Mitglieds sowie zu Auswirkungen auf die Entsendungsdauer für den Fall der Wahl des nationalen Mitglieds zum Präsidenten oder Vizepräsidenten von Eurojust. Der Regelungsgehalt ergibt sich auch hier mit Inkrafttreten der Eurojust-VO unmittelbar aus Art. 7 Abs. 4 und 5 und Art. 11 Abs. 5, weswegen zur Umsetzung der Eurojust-VO der zweite bis fünfte Satz des § 64 Abs. 1 EU-JZG entfallen sollen.

Darüber hinaus wäre auch gesetzlich dafür Vorsorge zu treffen, dass nicht nur das nationale Mitglied und der Stellvertreter an die Weisungen der übergeordneten Behörden bzw. Organe gebunden sind, sondern auch der Assistent (Abs. 2).

Zu Ziffer 23 (§§ 64 Abs. 3 und 4 EU-JZG)

1. Zu Abs. 3 (bisherige Abs. 3 bis 7)

§ 64 Abs. 3 bis 7 EU-JZG regelt bisher die Befugnisse des nationalen Mitglieds. Es wird vorgeschlagen, die bisherigen Abs. 3 bis 7 auf den vorgeschlagenen neuen Abs. 3 zu reduzieren, weil sich Befugnisse des nationalen Mitglieds grundsätzlich unmittelbar aus der Eurojust-VO ergeben:

Art. 8 Abs. 1, 3 und 4 der Eurojust-VO zählt die Befugnisse auf, die dem nationalen Mitglied zumindest zukommen müssen. Nach Art. 7 Abs. 4 Eurojust-VO sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, das nationale Mitglied zumindest mit den in dieser Verordnung genannten Befugnisse auszustatten.

Die Eurojust-VO stellt es den Mitgliedstaaten außerdem frei, den nationalen Mitgliedern darüberhinausgehende Befugnisse zu übertragen. Es wird vorgeschlagen, von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch zu machen, weil die Befugnisse des nationalen Mitglieds ohnehin durch die Eurojust-VO erweitert werden (s. dazu gleich) und durch die vorgeschlagene Umsetzung beinahe eine Gleichstellung mit den Befugnissen der Staatsanwaltschaft in einem inländischen Strafverfahren erreicht wird.

Eine Erweiterung der Befugnisse im Vergleich zum Eurojust-Beschluss ergibt sich vor allem durch Art. 8 Abs. 3 lit. b Eurojust-VO, wonach die nationalen Mitglieder im Einklang mit ihrem nationalen Recht mit Zustimmung der zuständigen nationalen Behörde Rechtshilfeersuchen oder Entscheidungen betreffend die gegenseitige Anerkennung ausstellen oder erledigen (lit. a), Ermittlungsmaßnahmen, die in der Richtlinie 2014/41/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vorgesehen sind, anordnen, darum ersuchen oder erledigen (lit. b) können. Demgegenüber erlaubt es § 64 Abs. 5 Z 2 EU-JZG, der die Vorgaben des Eurojust-Beschlusses umsetzt, dem nationalen Mitglied nur, jene Ermittlungsmaßnahmen anzuordnen, die im Rahmen eines von Eurojust einberufenen Koordinierungstreffens für erforderlich erachtet wurden.

Auch durch Art. 8 Abs. 4 Eurojust-VO kommt es im Vergleich zur bestehenden Rechtsgrundlage zu einer Erweiterung der Befugnisse des nationalen Mitglieds. Das nationale Mitglied soll nämlich in „dringenden Fällen“ sämtliche, in Art. 8 Abs. 3 (s.o.) genannten Maßnahmen auch ohne Zustimmung der zuständigen nationalen Behörde setzen können. Bisher ist es dem nationalen Mitglied in Fällen von Gefahr in Verzug nur möglich, eine kontrollierte Lieferung anzuordnen und im Rahmen der Befugnisse der Staatsanwaltschaft Ersuchen eines anderen Mitgliedstaats zu erledigen (§ 64 Abs. 6 EU-JZG).

Art. 8 Abs. 5 Eurojust-VO erlaubt es, verfassungsrechtliche und funktionale (Aufgabenverteilung zwischen Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht) Besonderheiten der nationalen Rechtsordnung des Mitgliedstaats zu berücksichtigen. Stehen derartige Hindernisse der Durchführung der in den Art. 8 Abs. 3 und 4 genannten Maßnahmen entgegen, so kann das nationale Mitglied der zuständigen nationalen Behörde einen Vorschlag zur Durchführung dieser Maßnahmen zu unterbreiten.

Art. 8 Abs. 1, 3 und 4 Eurojust-VO über die Befugnisse des nationalen Mitglieds ist grundsätzlich unmittelbar anzuwenden. Für die Umsetzung in Österreich wird vor dem Hintergrund des oben erwähnten Art. 8 Abs. 5 Eurojust-VO vorgeschlagen, die Ausübung der Befugnisse des nationalen Mitglieds – wie auch schon bisher (§ 64 Abs. 4 und 5 EU-JZG) – nur im Umfang der Zuständigkeiten (§ 20 StPO) und Aufgaben (§ 101 StPO) der Staatsanwaltschaft zuzulassen. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass z.B. das nationale Mitglied Anträge beim zuständigen Gericht auf Bewilligung einer Maßnahme, etwa einer Anordnung zur Durchsuchung einer Wohnung (§ 117 Z 2 lit. b StPO) oder einen Antrag auf Beschlagnahme von Vermögenswerten (§ 109 Z 2 lit. b StPO) usw. stellen kann. Das nationale Mitglied kann damit jene Befugnisse nicht ausüben, die nach den nationalen Verfahrensvorschriften ausdrücklich Gerichten vorbehalten sind. Die Notwendigkeit einer gerichtlichen Bewilligung (vgl. § 101 Abs. 2 StPO) bleibt unberührt.

Die gegenwärtig in § 64 Abs. 4 EU-JZG vorgesehenen Befugnisse betreffend Ersuchen des nationalen Mitglieds zur Einleitung eines Strafverfahrens oder zur Übernahme der Strafverfolgung oder Erwirkung der Übernahme der Strafverfolgung ergeben sich unmittelbar aus Art. 4 Abs. 2 lit. a und b Eurojust-VO und können ebenso entfallen.

2. Zu Abs. 4

Nach Art. 9 Eurojust-VO sollen die nationalen Mitglieder gemäß ihrem nationalen Recht Zugang zu den folgenden Arten von Registern ihres Mitgliedstaats oder zumindest zu den darin enthaltenen Informationen haben: Strafregister, Register festgenommener Personen (d.h. der integrierten Vollzugsverwaltung (IVV)), Ermittlungsregister (d.h. der Verfahrensautomation Justiz (VJ)), DNA-Register und sonstige Register öffentlicher Behörden ihres Mitgliedstaats, wenn die Informationen zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind (d.h. insbesondere Firmenbuch und Grundbuch). Das Strafregister und das DNA-Register fallen in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Inneres.

Abs. 4 dient der Umsetzung der beschriebenen Vorgaben der Eurojust-VO in der Weise, dass das nationale Mitglied unmittelbar (vgl. EG 15 der Eurojust-VO) Zugang zu den innerstaatlichen automationsunterstützten Datenverarbeitungen erhalten soll, und zwar im Umfang der Aufgaben der Staatsanwaltschaft, d.h. nur soweit als auch die Staatsanwaltschaft selbst unmittelbaren Zugang zu den Registern hat. Soweit die Register von anderen Ressorts, etwa dem Bundesministerium für Inneres, geführt werden und die Staatsanwaltschaften selbst keinen direkten Zugang zu den Registern haben, z.B. genetische Daten (§ 67 SPG) aus der zentralen erkennungsdienstlichen Evidenz (§ 75 SPG), kann das nationale Mitglied auf seine Befugnisse nach der Eurojust-VO (Art. 8 Abs. 1 lit. b) zurückgreifen und sich die Informationen im unmittelbaren Geschäftsverkehr mit den Sicherheitsbehörden beschaffen.

Zu Ziffer 25 (§ 65 EU-JZG)

Es wird vorgeschlagen, diese Bestimmung grundlegend umzugestalten, weil es die in § 65 EU-JZG vorgesehene gemeinsame Kontrollinstanz aufgrund des neuen Datenschutzregimes in der EU, das auch mit der Eurojust-VO nachvollzogen wird, nicht mehr geben wird. Zuständig für die datenschutzrechtliche Kontrolle ist künftig grundsätzlich der Europäische Datenschutzbeauftragte (im Folgenden: EDSB, vgl. Art. 40 Eurojust-VO), der allerdings bei speziellen Fragen, die eine Einbeziehung der Mitgliedstaaten erfordert, mit der nationalen Kontrollbehörde, d.h. der Datenschutzbehörde zusammenzuarbeiten hat. Eine solche Zusammenarbeit kommt nach der Eurojust-VO insbesondere dann in Betracht, wenn „der EDSB oder eine nationale Kontrollbehörde größere Diskrepanzen zwischen den Verfahrensweisen der Mitgliedstaaten oder möglicherweise unrechtmäßige Übermittlungen über die Informationskanäle von Eurojust feststellt, oder bei Fragen einer oder mehrerer nationaler Aufsichtsbehörden zur Umsetzung und Auslegung“ der Eurojust-VO (Art. 41 Abs. 1 Eurojust-VO).

Art. 47 Eurojust-VO regelt Grundsätze im Zusammenhang mit der Übermittlung von Daten durch Eurojust an Organe, Einrichtungen oder sonstige Stellen der Union, an Drittstaaten oder an internationale Organisationen. Die an die genannten Stellen zu übermittelnden Daten werden aber in der Regel von Behörden der Mitgliedstaaten stammen, weswegen Abs. 5 leg. cit. vorsieht, dass Eurojust die Zustimmung der zuständigen Behörde dieses Mitgliedstaats einzuholen hat, es sei denn, dass der Mitgliedstaat für eine solche Weiterübermittlung seine vorherige allgemeine oder unter bestimmten Bedingungen stehende Zustimmung erteilt hat. Die Zustimmung kann jederzeit widerrufen werden. Es wird daher vorgeschlagen, dass die Zustimmung zur Weiterübermittlung stets von der innerstaatlich zuständigen Justizbehörde zu erteilen ist. Dies entspricht auch dem Verständnis von § 57a EU-JZG, denn die Staatsanwaltschaft, die für das Ermittlungsverfahren zuständig ist, soll nicht nur wissen, welche weiteren möglichen Bezüge das Strafverfahren hat, sondern auch für die Weitergabe von Daten ausschließlich verantwortlich sein. So ist etwa nach § 76 Abs. 4 StPO eine Weitergabe bestimmter Daten an Verwaltungsbehörden (z.B. OLAF) nur in eingeschränktem Umfang möglich. Soweit es um die Weiterübermittlung von Daten durch Eurojust an einen Drittstaat geht, sind von der zuständigen Justizbehörde auch die Voraussetzung des § 9a ARHG beachtlich. Letztlich werden durch die vorgeschlagene Vorgehensweise auch Fragen des Rechtszuges (der Beschwerde nach §§ 106f StPO und wegen Verletzung des Rechts auf Datenschutz) eindeutig geklärt.

Die Zuständigkeit zur Erteilung der Zustimmung richtet sich nach den Bestimmungen der StPO (§ 1 Abs. 2 EU-JZG iVm. § 9 Abs. 1 ARHG iVm. §§ 25ff StPO). Zuständig ist daher im Rahmen des Ermittlungsverfahrens die Staatsanwaltschaft und nach Einbringung der Anklage das Gericht.

Zu Ziffern 26 und 33 (§ 67 EU-JZG und Anhang XIV)

Auch die Verständigungspflichten sollen grundlegend umgestaltet werden, weil sie sich künftig materiell aus unmittelbar Art. 21 Eurojust-VO ergeben werden. Es ist allerdings nach wie vor erforderlich, die innerstaatlichen Zuständigkeiten zu regeln, wobei mit § 67 Abs. 1 EU-JZG die Beibehaltung der bisherigen, an die StPO anschließende Zuständigkeitsverteilung vorgeschlagen wird. Bisher war der Inhalt der Verständigung vor allem durch Anhang XIV zum EU-JZG determiniert, wie er sich aus dem Eurojust-Beschluss ergibt. Die Eurojust-VO übernimmt dies allerdings nicht mehr: Art. 21 Abs. 5 Eurojust-VO sieht nämlich nur vor, dass die Informationen in strukturierter Weise gemäß den Festlegungen von Eurojust übermittelt werden sollen. Zur Umsetzung der Eurojust-VO soll daher auch der Anhang entfallen.

Mit Abs. 2 wird die Umsetzung der in Art. 2 Abs. 2 des Beschlusses 2005/671/JI vorgesehenen Verständigungspflichten vorgeschlagen, um eine eindeutige Rechtsgrundlage für die Datenübermittlung an Eurojust zu gewährleisten. Abweichend von § 67 Abs. 1 EU-JZG soll ausschließlich die in § 68a Abs. 1 Z 3 benannte Eurojust-Anlaufstelle in Terrorismusfragen für die Verständigungen zuständig sein. Diese, nunmehr im Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz eingerichtete (vgl. Z 28), Anlaufstelle kann die Informationen aus den von den Staatsanwaltschaften zu übermittelnden Berichten entnehmen (vgl Erlass vom 19.7.2017 über die Neuregelung der staatsanwaltschaftlichen Berichtspflichten (Berichtspflichtenerlass 2016 in der Fassung 2017), BMJ-S22/0001-IV 5/2017, S. 12).

In Abs. 3 wird die Umsetzung von Art. 17 Abs. 7 des RB-EHB vorgeschlagen. Dieser sieht die Verpflichtung zur Verständigung von Eurojust für den Fall vor, dass die im Rahmenbeschluss vorgesehenen Fristen zur Entscheidung über die Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls im Einzelfall aufgrund außergewöhnlicher Umstände nicht eingehalten werden können, wobei die Gründe für die Verzögerung anzugeben sind.

Zu Ziffer 27 (§ 68 EU-JZG)

Der vorgeschlagene Entfall ergibt sich aus der unmittelbaren Anwendung von Art. 4 Abs. 6 Eurojust-VO. Dieser sieht vor: „Die zuständigen Behörden des betroffenen Mitgliedstaats antworten unverzüglich auf die Ersuchen von Eurojust gemäß Absatz 2 und auf die schriftlichen Stellungnahmen gemäß Absatz 4 oder 5. Die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats können es ablehnen, solchen Ersuchen stattzugeben oder den schriftlichen Stellungnahmen zu folgen, wenn dies wesentliche nationale Sicherheitsinteressen beeinträchtigen oder den Erfolg einer laufenden Ermittlung oder die Sicherheit einer Person gefährden würde.“

Zu Ziffer 28 (§ 68a EU-JZG)

§ 68a EU-JZG trifft Regelungen im Zusammenhang mit dem nationalen Eurojust-Koordinierungssystem. Da sich der Inhalt der Abs. 2 bis 4 mit Inkrafttreten der Eurojust-VO unmittelbar aus deren Art. 20 ergeben wird, insbesondere aus Abs. 5 bis 8, wird vorgeschlagen, die Abs. 2 bis 4 entfallen zu lassen.

Da die in § 68a Abs. 1 Z 3 EU-JZG angeführte Eurojust-Anlaufstelle in Terrorismusfragen mittlerweile im Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz angesiedelt ist, soll die entsprechende Bestimmung geändert werden.

Die in Art. 20 Abs. 3 lit. b Eurojust-VO angeführte Eurojust-Anlaufstelle für Angelegenheiten in Bezug zur Zuständigkeit der EUStA einzurichten, wird erst mit Umsetzung der Verordnung (EU) 2017/1939 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA), ABl. L 283 vom 31.10.2017, S. 1, erwogen werden.

Zu Ziffer 29 (§ 97a EU-JZG)

Diese Bestimmung soll in Umsetzung von Art. 16 Abs. 3 RB Bewährungsüberwachung dem § 92 Z 8 EU-JZG entsprechende Verständigungspflichten für das inländische Gericht gegenüber der zuständigen Behörde des Vollstreckungsstaats nach erfolgter Übernahme der Überwachung vorsehen. Der Zweck dieser Verständigungspflichten besteht darin, der zuständigen Behörde dieses Mitgliedstaats die allfällige Erlassung einer Folgeentscheidung (Widerruf der Bewährungsmaßnahme o.ä.) zu ermöglichen.

Zu Ziffer 30 (§ 120 Abs. 2 EU-JZG)

Die Änderung wird lediglich zur Beseitigung eines Redaktionsversehens vorgeschlagen: es wäre, so wie auch in Abs. 1, auf die Behörde des Vollstreckungsstaats abzustellen.

Zu Ziffer 31 (§ 140 Abs. 9 und Abs. 18 EU-JZG)

1. § 140 Abs. 9 benennt jene Mitgliedstaaten, die im Zusammenhang mit der Übernahme der Vollstreckung von Freiheitsstrafen nach Art. 28 Abs. 2 RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen Erklärungen abgegeben haben, wonach in Fällen, in denen das rechtskräftige Urteil vor dem in der Erklärung angegebenen Zeitpunkt ergangen ist, als Ausstellungs- und Vollstreckungsstaat weiterhin die vor dem 5.12.2011 für die Überstellung verurteilter Personen geltenden Rechtsinstrumente anwenden wird. Der EuGH hat in seinem Urteil vom 24.6.2019 in der Rechtssache C-573/17, Poplawski ausgesprochen, dass eine nach Annahme des RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen, also nach dem 5.12.2011, abgegebene Erklärung ungültig ist. Da sich mittlerweile gezeigt hat, dass keiner der in Abs. 9 leg. cit. genannten Mitgliedstaaten seine Erklärung zum Zeitpunkt der Annahme abgegeben hat, soll diese Bestimmung entfallen.

2. Mit § 140 Abs. 18 wird vorgeschlagen, dass die vorgeschlagenen Änderungen des EU-JZG grundsätzlich mit 1.1.2020 in Kraft treten sollen; jene Bestimmungen allerdings, die die Eurojust-VO umsetzen, sollen aber gleichzeitig mit der Eurojust-VO am 12.12.2019 in Kraft treten.

Zu Ziffer 32 (Anhang IV zum EU-JZG)

Nach § 60 Abs. 3 EU-JZG haben Ersuchen um Bildung einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe die im Formblatt Anhang IV angeführten Angaben zu enthalten. Anhang IV in der derzeitigen Fassung stimmt mit dem Anhang zur Entschließung 2010/C-70/01 zu einem Modell für eine Vereinbarung über die Bildung einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe samt Anlagen überein. Die betreffenden Formblätter wurden mit Entschließung des Rates zu einem Modell für eine Vereinbarung über die Bildung einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe, ABl. C 18 vom 19.1.2017, S. 1, aktualisiert. Dementsprechend wäre auch Anhang IV samt Anlagen entsprechend zu ändern.

Zu Artikel 3 (Änderungen des ARHG)

Zu Ziffer 1 (§ 9 Abs. 2 ARHG)

Nach § 9 Abs. 1 ARHG sind die Bestimmungen der StPO grundsätzlich auch im Auslieferungsverfahren sinngemäß anzuwenden, soweit sich aus den Bestimmungen des ARHG nichts anderes ergibt. Davon macht Abs. 2 einige Ausnahmen. Es wird zunächst vorgeschlagen, in Abs. 2 klarzustellen, dass sich die dort vorgesehenen Ausnahmen lediglich auf das Verfahren zur Auslieferung von Personen aus Österreich bezieht (vgl auch schon zur bisherigen Rechtslage: Martetschläger in Höpfel/Ratz, WK2 ARHG § 9, Rz 2). Im umgekehrten Fall, d.h. zur Auslieferung eines Beschuldigten nach Österreich, wird kein gesondertes Verfahren geführt, sondern die Auslieferung im Rahmen eines im Inland anhängigen Strafverfahrens begehrt. Auf dieses Strafverfahren sind die Bestimmungen der StPO in vollem Umfang anzuwenden.

Im Hinblick auf das Auslieferungsverfahren aus Österreich ist darüber hinaus durch den gegenwärtig enthaltenen Verweis auf die §§ 64 und 71 bis 73 StPO klargestellt, dass die in der StPO enthaltenen Bestimmungen über Haftungsbeteiligte, Privatankläger und Subsidiarankläger auf das Auslieferungsverfahren nicht sinngemäß angewandt werden. Die Rechtsprechung (vgl OLG Wien, 12.1.2010, 22 Bs 324/09x) hat auch Opfern und Privatbeteiligten eine Verfahrensstellung bzw. die Ausübung von Rechten (etwa auf Akteneinsicht) im Auslieferungsverfahren abgesprochen. Allerdings fehlt ein gesetzlicher Verweis auf die §§ 65ff StPO betreffend Opfer und Privatbeteiligte. Zur Schaffung von Rechtssicherheit sollen die vorgesehenen Ausnahmen der Anwendung der Bestimmungen der StPO auf die §§ 65 bis 70 StPO erweitert werden. Im Auslieferungsverfahren geht es lediglich um die Prüfung der Zulässigkeit der Auslieferung und gerade nicht um ein Verfahren zur Feststellung der Schuld oder Unschuld der betroffenen Person. Außerdem können Opfer und Privatbeteiligte, die sich zumeist selbst in jenem Staat aufhalten, der um Auslieferung ersucht, mögliche Rechte als Opfer im inländischen Auslieferungsverfahren aufgrund der räumlichen Distanz faktisch gar nicht ausüben können. Aufgrund dessen gehen die Rechte von Opfern und Privatbeteiligten nach der StPO im Auslieferungsverfahren (vgl. §§ 66 Abs. 1 und 67 Abs. 6 StPO) weitgehend ins Leere.

Zu Ziffern 2 und 3 (§§ 31 Abs. 1a und 37 Z 3 ARHG)

1. In den Urteilen vom 6.9.2016, C-182/15, Petruhhin, und vom 10.4.2018, C-191/16, Pisciotti, hat der EuGH ausgesprochen, dass der Mitgliedstaat, dem ein Auslieferungsersuchen eines Drittstaats in Bezug auf einen Unionsbürger zugekommen ist, den Heimatstaat des Betroffenen vom zugrundeliegenden Sachverhalt in Kenntnis zu setzen und ihm Gelegenheit zum Erlass eines Europäischen Haftbefehls wegen dieses Sachverhalts zu geben hat. Diese Verpflichtung besteht unabhängig davon, ob zwischen dem um Auslieferung ersuchten Mitgliedstaat und dem Drittstaat eine vertragliche Grundlage für die Auslieferung (völkerrechtlicher Vertrag) besteht oder nicht.

In seinem weiteren Urteil vom 6.9.2017 in der Rechtssache C‑473/15, Schotthöfer & Steiner, hat der EuGH diese Grundsätze auch für Auslieferungsersuchen zur Strafvollstreckung aufrechterhalten, wobei es im Gegensatz zum Urteil vom 13.11.2018 in der Rechtssache C-247/17, Raugevicius nicht um einen Unionsbürger ging, der seinen dauerhaften Wohnsitz im ersuchten Mitgliedstaat hatte, sondern um einen solchen, der sich nur vorübergehend dort aufgehalten hat bzw. aufhalten hätte wollen.

2. Um der zitierten Judikatur des EuGH Rechnung zu tragen, wird zunächst vorgeschlagen (§ 31 Abs. 1a), dass das Gericht den Heimatstaat vom Auslieferungsverfahren verständigt. Dabei ist diesem mitzuteilen, welche Behörde im Drittstaat das Verfahren führt und zu welcher Aktenzahl das Verfahren geführt wird. Diese Angaben sollen es der Behörde des Heimatmitgliedstaats ermöglichen, ggf ein Rechtshilfeersuchen an den Drittstaat zu richten, um weitere Information oder eine Aktenkopie zu erlangen. Darüber hinaus hat das Gericht den Heimatmitgliedstaat um Mitteilung zu ersuchen, ob ein Europäischer Haftbefehl gegen den Betroffenen wegen desselben Sachverhalts erlassen werden wird.

Festzuhalten ist, dass sich die Betroffenen in den urteilsgegenständlichen Fällen jeweils gegen die Auslieferung an den Drittstaat ausgesprochen haben. Zu der gegenteiligen Situation der Zustimmung des Betroffenen zur Auslieferung an den Drittstaat enthalten die EuGH-Urteile keine Feststellungen. Im Hinblick darauf, dass den Urteilen offensichtlich der Gedanke des Schutzes des Betroffenen zugrunde liegt, erscheint deswegen die Befassung des Heimatstaates bei Zustimmung nicht erforderlich. Zur Abklärung, ob der Betroffene der Auslieferung an den Drittstaat zustimmt oder nicht, ist dieser daher zunächst vom Gericht zu vernehmen (s. § 31 Abs. 1 ARHG). Im Hinblick auf die bestehenden Fristen für die Auslieferungshaft (§ 29 ARHG) ist dem Heimatstaat für die allfällige Übermittlung eines Europäischen Haftbefehls eine (angemessene) Frist zu setzen.

Übermittelt in der Folge der Heimatmitgliedstaat einen Europäischen Haftbefehl, ist nach § 16 EU-JZG ein Übergabeverfahren einzuleiten, in dem insbesondere § 23 EU-JZG zu beachten ist, der das Zusammentreffen eines Europäischen Haftbefehls mit einem Auslieferungsersuchen regelt.

3. Grundsätzlich soll mit dem Auslieferungsverfahren fortgefahren werden, auch wenn der Heimatstaat des Betroffenen mit der Frage befasst worden ist, ob wegen desselben Sachverhalts ein europäischer Haftbefehl erlassen wird. Allerdings soll verhindert werden, dass eine Übergabe des Betroffenen an den Drittstaat stattfindet, solange die Frist zur Übermittlung eines europäischen Haftbefehls für den Heimatstaat des Betroffenen noch nicht abgelaufen ist. Daher wird vorgeschlagen, in § 37 Z 3 ARHG einen Grund zur Aufschiebung der Übergabe vorzusehen. Danach soll die Übergabe so lange aufgeschoben werden, als die Frist für den Heimatstaat nicht abgelaufen ist oder, im Fall der Übermittlung eines europäischen Haftbefehls, die Entscheidung über die Zulässigkeit der Übergabe an den Heimatmitgliedstaat noch nicht rechtskräftig ist.

Zu Ziffer 4 (§ 40 ARHG)

Aus § 40 ARHG geht nicht eindeutig hervor, ob die nachträgliche Entscheidung über ein ergänzendes Auslieferungsersuchen auch für den Fall ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung erfolgt, dass sich die auszuliefernde Person noch im ersuchten Staat befindet. Nunmehr soll klargestellt werden, dass auch in jenen Fällen, in denen bereits eine rechtskräftige Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung vorliegt, vor Entscheidung über das ergänzende Auslieferungsersuchen eine mündliche Verhandlung durchgeführt werden kann, wenn die betroffene Person noch nicht übergeben wurde.

Zu Ziffer 5 (§ 55 Abs. 4 ARHG)

Im Verhältnis zu den Vertragsstaaten des Zweiten Zusatzprotokolls zum Europäischen Rechtshilfeübereinkommen (SEV Nr. 182, BGBl. III Nr. 22/2018; in der Folge: 2. ZP RHÜ) kann Rechtshilfe auch in Verfahren wegen Verwaltungsdelikten geleistet werden, soweit gegen die Entscheidung der zuständigen Behörde ein auch in Strafsachen zuständiges Gericht angerufen werden kann (vgl Art. 1 Abs. 3 2. ZP RHÜ). Die vorgeschlagene Regelung soll klarstellen, wie mit derartigen, den österreichischen Justizbehörden zugekommenen Rechtshilfeersuchen zu verfahren ist, die nach österreichischem Recht in die Zuständigkeit der Verwaltungs- oder Finanzstrafbehörden fallen: die Justizbehörden sollen das Ersuchen an die zuständige Verwaltungs- oder Finanzstrafbehörde weiterleiten. Eine korrespondierende Regelung ist in § 55c Abs. 5 EU-JZG enthalten.

Zu Ziffer 7 (§ 76 Abs. 1 ARHG)

In §§ 42b Abs. 7a und 42e Abs. 3 EU-JZG (s. Z 17 und 18 des Artikel 1) werden Änderungen bei der Zuständigkeit vorgeschlagen. § 76 ARHG beinhaltet die Zuständigkeitsregelungen im Bereich des ARHG für die Erwirkung der Vollstreckung von Freiheitsstrafen in einem Drittstaat. Es wird vorgeschlagen, die Zuständigkeiten weitgehend gleichlautend zum EU-JZG vorzusehen. Auch im Bereich des ARHG hat sich gezeigt, dass es nicht sachgerecht erscheint, jenes Gericht für zuständig zu erklären, das zuletzt eine Freiheitsstrafe verhängt hat.

Ziffer 8 (§ 78 Abs. 4 ARHG)

Für das Inkrafttreten wird der 1.1.2020 vorgeschlagen.

Zu Artikel 4 (Änderung des Bundesgesetzes über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof – IStGH-ZG):

Zu Ziffern 2, 4, 5, 11 und 13 bis 15 (§§ 17 Abs. 1 Z 2, 17 Abs. 2, 22 Abs. 1, 26 Abs. 5, 33 Abs. 4, 41 Abs. 2 sowie 42 Abs. 3 IStGH-ZG)

Hier handelt es sich um die Aktualisierung von Verweisen auf Bestimmungen anderer Gesetze, die aufgrund von Änderungen nicht mehr aktuell sind.

Zu Ziffer 3 (§ 3 IStGH-ZG)

1. Die geltende Fassung von § 3 nennt als jene Verbrechen, die in die (komplementäre) Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichthofs (IStGH) fallen, Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit; dies entspricht dem Stand des Völkerrechts (Art. 5 Abs. 1 lit. a – c und insbesondere Art. 6, 7 und 8 des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs, BGBl. III Nr. 180/2002) zur Zeit der Erlassung des Gesetzes (siehe RV 1168 BlgNR XXI. GP, S. 17).

Zwar war schon damals in Art. 5 Abs. 1 lit. d des Statuts das Verbrechen der Aggression genannt. Allerdings enthielt die Stammfassung des Statuts keine Umschreibung dieses Delikts, es wurde in Art. 5 Abs. 2 lediglich in Aussicht gestellt, Bestimmungen auszarbeiten und anzunehmen, die das Verbrechen der Aggression definieren und die Bedingungen für die Ausübung der Gerichtsbarkeit festlegen.

2. Dies ist mittlerweile erfolgt: Durch die auf der Überprüfungskonferenz von Kampala angenommene Änderung des Statuts wurden eine Definition des Verbrechens der Aggression als Art. 8bis und Bedingungen für die Ausübung der Gerichtsbarkeit als Art. 15bis und 15ter in das Statut eingefügt (Ratifikation durch Österreich: BGBl. III Nr. 96/2015). Demanch kann der IStGH seine Gerichtsbarkeit bei Unterbreitung durch einen Vertragsstaat oder aus eigener Initiative nur über solche Aggressionsverbrechen ausüben, die zumindest ein Jahr nach Ratifikation oder Annahme der Änderung des Statuts durch 30 Vertragsstaaten begangen wurden. Weiters ist ein Beschluss der Vertragsstaaten, der nach dem 1. Jänner 2017 mit qualifizierter Mehrheit zu fassen ist, für die Ausübung der Gerichtsbarkeit über dieses Verbrechen durch den IStGH erforderlich.

Die Voraussetzung von 30 Ratifikationen ist seit 26. Juni 2016 erfüllt. Schließlich haben die Vertragsstaaten im Rahmen ihrer 16. Versammlung mit Resolution ICC-ASP/16/Res.5 vom 14. Dezember 2017 die Ausübung der Gerichtsbarkeit gemäß Art. 15bis Abs. 3 und Art. 15ter Abs. 3 des Römischen Statuts aktiviert und als Tag der Aktivierung den 17. Juli 2018 festgelegt (dazu näher Tichy/Bühler/Bittner/Köhler, Recent Austrian practice in the field of international law, Report 2017, ZÖR 2018, S. 147 [S. 175 ff]).

3. Die vorgeschlagene Neufassung von § 3 soll daher zunächst das Verbrechen der Aggression in die Liste der Verbrechen aufnehmen, die in die Zuständigkeit des IStGH fallen. Der bisher enthaltene Verweis auf § 5 des Statuts kann nun entfallen, weil die bisherige Einschränkung des Verweises auf Z 1 bis 3 gegenstandslos geworden ist und Art. 5 ohnehin nur eine Liste der Verbrechen enthält, die in Art. 6, 7, 8 und 8bis umschrieben sind.

Die im letzten Teil von § 3 enthaltene Regelung über den Zeitpunkt, ab dem der IStGH Gerichtsbarkeit ausüben kann, muss zunächst um das neue Datum für das Verbrechen der Aggression erweitert werden. Bei dieser Gelegenheit soll für die schon bisher genannten Verbrechen der Zeitpunkt des Inkraftretens des Statuts (1. Juli 2002) datumsmäßig in das Gesetz aufgenommen werden.

Es genügt hier anzumerken, dass die Einzelheiten für die Ausübung der Gerichtsbarkeit des IStGH für Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Art. 11 bis 15 des Statuts, jene für das Verbrechen der Aggression in Art. 15bis und 15ter des Statuts zu finden sind; ausdrücklicher Verweise auf diese Bestimmungen im Gesetzestext bedarf es nicht, schon wegen des ohnehin beizubehaltenden allgemeinen Verweises auf die Bestimmungen des Statuts über die Ausübung seiner Gerichtsbarkeit.

Zu Ziffern 6 bis 8 (§§ 23 Abs. 1, 24 Abs. 1, 26 Abs. 1 IStGH-ZG)

Die vorgeschlagenen Änderungen sind eine Konsequenz der mit dem Strafprozessreformgesetz 2004 (BGBl. I Nr. 19/2004) erfolgten Abschaffung des Untersuchungsrichters und der dementsprechend geänderten Rollenverteilung im Strafverfahren, die auch Niederschlag im Auslieferungs- und Übergabeverfahren gefunden hat (vgl §§ 26 und 27 ARHG bzw. §§ 16 und 17 EU-JZG). Entsprechend dieser Rollenverteilung soll auch im IStGH-ZG vorgesehen werden, dass die Einleitung eines Überstellungsverfahrens und die entsprechende Antragstellung (zur Bewilligung einer Festnahmeanordnung, auf Verhängung der Überstellungshaft bzw. Bewilligung der Überstellung) bei Gericht, Aufgabe der Staatsanwaltschaft ist. Das Gericht soll, wie dies auch im Rahmen eines im Inland geführten Ermittlungsverfahrens der Fall ist (§ 101 Abs. 2 und § 105 Abs. 1 StPO), ausschließlich auf Antrag der Staatsanwaltschaft tätig werden.

Zu Ziffern 9 und 10 (§§ 24 Abs. 2 und 4, 25 Abs. 1 und 2, 26 Abs. 2 und 7, 27 Abs. 1 und 3 sowie 28 Abs. 2 IStGH- ZG)

Die vorgeschlagenen Änderungen stellen ebenso nur Anpassungen an das Strafprozessreformgesetz 2004 dar und sind im Wesentlichen nur sprachlicher Natur.

Zu Ziffer 12 (§ 26 Abs. 9 IStGH-ZG)

Es wird vorgeschlagen, den letzten Satz des § 26 Abs. 9 IStGH-ZG entfallen zu lassen. Dieser sieht vor, dass gegen den Beschluss, mit dem das Überstellungsverfahren eingeleitet wird, ein Rechtsmittel nicht zusteht. Ihm liegt das Verständnis des formellen Beschuldigtenbegriffs zugrunde, der dem Strafverfahren vor Inkrafttreten der Strafprozessreform im Jahr 2008 zugrunde lag. Nachdem mit dem Strafprozessreformgesetz 2004 auf den materiellen Beschuldigtenbegriff abgestellt wird, sollte auch der Satz entfallen.

Zu Artikel 5 (Änderung des BG über die Zusammenarbeit mit den internationalen Gerichten – IG-ZG)

Zu Ziffer 2 (§ 1a IG-ZG)

1. Es hat sich gezeigt, dass nicht nur mit den in § 1 IG-ZG angeführten Gerichten und dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH-ZG) eine strafrechtliche Zusammenarbeit erforderlich ist. Im Rahmen der Vereinten Nationen wurde mit Resolution 71/248 der Generalversammlung vom 21.12.2016 ein unabhängiger Mechanismus zur Unterstützung bei der Untersuchung und Verfolgung der seit dem Jahr 2011 in Syrien begangenen schwersten Verbrechen (IIIM) geschaffen. Weiters wurde mit Resolution 2379 (2017) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 21.9.2017 ein Ermittlungsteam zur Förderung von Verantwortlichkeit für die vom Islamischen Staat im Irak und in der Levante begangenen Verbrechen (UNITAD) eingerichtet.

Bei diesen Einrichtungen handelt es sich nicht um Gerichte; die erforderlichen Voraussetzungen richterlicher Unabhängigkeit werden nicht gewährleistet. Darüber hinaus unterscheiden sich auch die Aufgaben der genannten Einrichtungen fundamental von jenen eines Gerichts (etwa des Internationalen Strafgerichtshofs oder der in § 1 IG-ZG genannten Gerichte): die Aufgaben beschränken sich im Wesentlichen auf die Sammlung, Konservierung und Aufbewahrung von Beweismitteln zur späteren Verwendung in Strafverfahren vor (nationalen oder internationalen) Gerichten.

In den erwähnten Resolutionen werden die Staaten aufgefordert, mit diesen Stellen weitestgehend zusammenzuarbeiten, somit Rechtshilfe zu leisten.

2. Um derartigen Resolutionen Rechnung zu tragen, wird in § 1a Abs. 1 vorgeschlagen, eine Rechtsgrundlage dafür zu schaffen, dass österreichische Behörden diesen Einrichtungen Rechtshilfe leisten können; dazu sollen die §§ 2, 6, 7, 10 und 12 des IG-ZG sinngemäß anzuwenden sein; das sind jene Bestimmungen des Gesetzes, die Rechtshilfe betreffen, sowie die Bestimmung über Vorrechte und Immunitäten. Die übrigen Bestimmungen des IG-ZG sind ohne Relevanz; Überstellungen, Übernahme der Strafvollstreckung usw. sollen angesichts des Aufgabenbereichs dieser Einrichtungen nicht ermöglicht werden.

3. Die Festlegung der Einrichtungen, denen Rechtshilfe geleistet werden kann, soll im Wege einer Verordnung erfolgen; dazu wird in § 1a Abs. 2 die gesetzliche Ermächtigung vorgeschlagen. Durch eine Verordnung kann rascher und flexibler auf die Errichtung (aber auch Umbenennung oder Beendigung) solcher Einrichtungen auf internationaler Ebene reagiert werden. Die Verordnung soll vom Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und dem Bundesminister für Inneres erlassen werden.

Derzeit ist beabsichtigt, die beiden oben erwähnten Einrichtungen mit Verordnung kundzumachen.

Zu Ziffern 3 und 4 (§ 4 Abs. 3 und 4 IG-ZG)

In § 4 Abs. 3 IG-ZG werden Änderungen vorgeschlagen, die sich aufgrund der Begrifflichkeiten der StPO und aufgrund der mit dem Strafprozessreformgesetz 2004 (BGBl. I Nr. 19/2004) geänderten Rollenverteilung im Strafverfahren zwischen Gerichten und Staatsanwaltschaften ergeben. Nach § 4 Abs. 3 IG-ZG hat das „Gericht“ alle zur Sicherung der Person und der Beweise erforderlichen Veranlassungen zu treffen und sodann das Verfahren „vorläufig einzustellen“, wenn ein förmliches Ersuchen eines Internationalen Gerichts um Überlassung der Strafverfolgung vorliegt. Leiterin des Ermittlungsverfahrens ist nach Inkrafttreten des Strafprozessreformgesetzes 2004 (BGBl. I Nr. 19/2004) allerdings die Staatsanwaltschaft, weswegen vorgeschlagen wird, dass ihr diese Rolle auch bei der Zusammenarbeit mit dem Internationalen Gericht zukommt. Darüber hinaus wäre das Verfahren auch nicht vorläufig einzustellen, sondern in sinngemäßer Anwendung nach § 197 StPO abzubrechen. Als Konsequenz wird darüber hinaus in § 4 Abs. 4 IG-ZG vorgeschlagen, dass das Verfahren von der Staatsanwaltschaft in den dort genannten Fällen formlos, d.h. ohne Beschluss fortgesetzt werden kann.

Zu Ziffern 5 und 11 (§§ 13 Abs. 1 und 20 Abs. 4 IG-ZG)

Diesbezüglich handelt es sich um die Aktualisierung von Verweisen auf Bestimmungen anderer Gesetzes, die aufgrund von Änderungen nicht mehr aktuell waren.

Zu Ziffern 6, 7 und 9 (§§ 14 Abs. 1, 15 Abs. 1 und 16 Abs. 1 IG-ZG)

Die vorgeschlagenen Änderungen sind eine Konsequenz der mit Strafprozessreformgesetz 2004 (BGBl. I Nr. 19/2004) geänderten Rollenverteilung im Strafverfahren, die auch Niederschlag im Auslieferungs- und Übergabeverfahren gefunden hat (vgl §§ 26 und 27 ARHG bzw. §§ 16 und 17 EU-JZG). Entsprechend dieser Rollenverteilung soll auch im IG-ZG vorgesehen werden, dass die Einleitung eines Überstellungsverfahrens und die entsprechende Antragstellung (zur Bewilligung einer Festnahmeanordnung, auf Verhängung der Überstellungshaft bzw. Bewilligung der Überstellung) bei Gericht, Aufgabe der Staatsanwaltschaft ist. Das Gericht soll, wie dies auch im Rahmen eines im Inland geführten Ermittlungsverfahrens der Fall ist (§ 101 Abs. 2 und § 105 Abs. 1 StPO), ausschließlich auf Antrag der Staatsanwaltschaft tätig werden und umfassenden Rechtsschutz gewährleisten.

Zu Ziffern 8 und 10 (§§ 15 Abs. 2 und 3, 16 Abs. 2 und 5, 17 Abs. 1, 3 und 4 IG-ZG)

Die vorgeschlagenen Änderungen stellen ebenso nur Anpassungen an das Strafprozessreformgesetz 2004 dar und sind im Wesentlichen nur sprachlicher Natur.

Zu Artikel 5 (Änderung des Börsegesetzes 2018)

Zu Ziffer 1 (§ 164 Abs. 5 BörseG 2018)

1. Nach der Aufdeckung der Manipulation des LIBOR-Referenzwertes im Jahr 2011, die zu massiven Erschütterung des Vertrauens in die Märkte, zu erheblichen Verlusten der Anleger und zu Verzerrungen der Realwirtschaft führte, sah man auf Unionsebene die Notwendigkeit, Sanktionen u.a. für die Manipulation der Berechnung von Referenzwerten vorzusehen: Art. 30 Abs. 1 iVm Art. 15 und Art. 12 Abs. 1 lit. d der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung, im Folgenden auch: MAR), ABl. Nr. L 173 vom 12.6.2014 S. 1, verpflichtet die Mitgliedstaaten der Union, einen Verwaltungsstraftatbestand der Manipulation der Berechnung von Referenzwerten zu schaffen; Art. 5 MAD verlangt von den Mitgliedstaaten, für schwere und vorsätzlich begangene Fälle von Marktmanipulation gerichtliche Strafbarkeit vorzusehen.

Der österreichische Gesetzgeber hat zur Umsetzung der MAR und der MAD das Börsegesetz 1989 dahin geändert (BGBl. I Nr. 76/2016), dass die „Manipulation der Referenzwertberechnung“ (ausschließlich) als Verwaltungsstraftatbestand normiert wurde (§ 48c Abs. 1 Z 3); von der Schaffung einer gerichtlichen Strafbarkeit der „Manipulation der Referenzwertberechnung“ wurde damals Abstand genommen, vor allem, weil damals kein taugliches Kriterium zur Abgrenzung schwerer Fälle ersichtlich war. Das neu erlassene Börsegesetz 2018, BGBl. I Nr. 107/2017, übernahm § 48c BörseG 1989 inhaltlich unverändert in § 154 BörseG 2018.

Die Verordnung (EU) Nr. 1011/2016 vom 8.6.2016 über Indizes, die bei Finanzinstrumenten und Finanzkontrakten als Referenzwert oder zur Messung der Wertentwicklung eines Investmentfonds verwendet werden, und zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2014/17/EU sowie der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 (Benchmark-VO) brachte mit der Einteilung der Referenzwerte in drei Kategorien (kritische, signifikante und unbedeutende Referenzwerte) ein taugliches Abgrenzungskriterium für die Qualifikation einer schwerwiegenden Manipulation der Berechnung von Referenzwerten.

Damit scheint es nun möglich, auch für die „Manipulation der Referenzwertberechnung“ (Art. 5 Abs. 2 lit. d MAD) zwischen schweren und anderen Fällen zu unterscheiden.

2. Schwere Fälle der „Manipulation der Referenzwertberechnung“ sollen künftig – auch um einem wesentlichen Kritikpunkt der Europäischen Kommission in dem Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2019/2121 zu entsprechen – gerichtlich strafbar sein. Dazu soll § 164 BörseG 2018 um einen neuen Absatz 5 erweitert werden.

Nach der geltenden Rechtslage ist die Manipulation der Berechnung von (allen) Referenzwerten verwaltungsrechtlich strafbar (§ 154 BörseG 2018). Nach dem Entwurf soll nunmehr hinsichtlich kritischer Referenzwerte eine gerichtliche Strafbarkeit vorgesehen werden, was zu einer Ausweitung der gerichtlichen Strafbarkeit im Vergleich mit der geltenden Rechtslage führt.

Kritische Referenzwerte werden in Art. 3 Abs. 1 Z 25 Benchmark-VO (EU) 1011/2016 definiert. Danach sind kritische Referenzwerte jene, die auf der nach Art. 20 Abs. 1 Benchmark-VO von der Europäischen Kommission erstellten und aktuell zu haltenden Liste stehen. Die Kommission ist mittels Durchführungsverordnung (EU) 1368/2016 vom 11.8.2016 zur Erstellung einer Liste der an den Finanzmärkten verwendeten kritischen Referenzwerte gemäß der Verordnung (EU) 1011/2016 ihrer Durchführungspflicht nachgekommen. Die Liste wurde bereits mehrfach aktualisiert, zuletzt durch die Durchführungsverordnung (EU) 482/2019 vom 22.3.2019 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) 368/2016 zur Erstellung einer Liste der an den Finanzmärkten verwendeten kritischen Referenzwerte gemäß der Verordnung (EU) 1011/2016. Als kritisch werden derzeit folgende Referenzwerte definiert: Euro Interbank Offered Rate (EURIBOR®), Euro Overnight Index Average (EONIA®), London Interbank Offered Rate (LIBOR), Stockholm Interbank Offered Rate (STIBOR) und Warsaw Interbank Offered Rate (WIBOR).

Der Bezug auf die durch die Europäische Kommission festgelegte Definition kritischer Referenzwerte wird im Entwurf mittels einer dynamischen Verweisung auf die Durchführungsverordnung „in der geltenden Fassung“ sichergestellt. Dabei handelt es sich um eine Verweisung auf unmittelbar anwendbares Unionsrecht, weswegen die verfassungsrechtlichen Bedenken zur Unzulässigkeit dynamischer Verweisungen auf Rechtsakte eines anderen (nationalen) Normsetzers nicht bestehen (vgl. Öhlinger/Potacs, EU-Recht und staatliches Recht5, S. 117).

§ 164 erfasst in Abs. 1 und 2 bereits schwerwiegende Fälle (Transaktionswert über 1 Million Euro) der handelsbasierten Marktmanipulation im Sinne von Art. 5 Abs. 2 lit. a und b MAD. Absatz 5 soll daher an die Formulierung der bereits vorhandenen Tatbestände angelehnt werden. Eine wortgleiche Übernahme der Bestimmung aus der Marktmissbrauchsrichtlinie ist nicht erforderlich.

3. Die Höhe der angedrohten Freiheitsstrafen im Entwurf berücksichtigt einerseits das Mindesterfordernis der MAD (Art. 7 Abs. 2: Höchstmaß von mindestens vier Jahren) und andererseits den in § 164 Abs. 1 und 2 BörseG 2018 bereits vorhandenen und mit der im österreichischen Strafrecht gängigen Staffelung konformen Strafrahmen.

4. Im Einklang mit dem Grundsatz (und Grundrecht) ne bis in idem (Verbot der Doppelverfolgung und ‑bestrafung, Art. 4 7. Zusatzprotokoll zur EMRK; Art. 50 GRC) und Art. 30 Abs. 3 vorletzter Unterabsatz der Marktmissbrauchsverordnung sind nach § 22 Abs. 1 VStG bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen der gerichtlichen Straftatbestände in den § 164 BörseG 2018 keine verwaltungsrechtlichen Sanktionen zu verhängen.

Zu Ziffer 2 (§ 194 Abs. 7 BörseG 2018)

Die neue Bestimmung soll zum frühest möglichen Zeitpunkt in Kraft treten.