Entwurf

Bundesgesetz, mit dem straf- und medienrechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung von Hass im Netz getroffen werden

Der Nationalrat hat beschlossen:

Inhaltsverzeichnis

           Artikel    1 Änderung des Strafgesetzbuches

           Artikel    2 Änderung des Mediengesetzes

           Artikel    3 Änderung der Strafprozeßordnung 1975

           Artikel    4 Inkrafttreten

Artikel 1

Änderung des Strafgesetzbuches

Das Strafgesetzbuch, BGBl. Nr. 60/1974, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 111/2019, wird wie folgt geändert:

1. § 107c samt Überschrift lautet:

Fortdauernde Belästigung im Wege einer Telekommunikation oder eines Computersystems

§ 107c. (1) Wer im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems in einer Weise, die geeignet ist, eine Person in ihrer Lebensführung unzumutbar zu beeinträchtigen,

           1. Verletzungen der Ehre einer Person oder

           2. Tatsachen oder Bildaufnahmen des höchstpersönlichen Lebensbereiches einer Person ohne deren Zustimmung

für eine größere Zahl von Menschen für eine längere Zeit wahrnehmbar macht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen.

(2) Hat die Tat den Selbstmord oder einen Selbstmordversuch der im Sinn des Abs. 1 verletzten Person zur Folge oder übersteigt der Tatzeitraum nach Abs. 1 ein Jahr, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.“

2. Nach § 120 wird folgender § 120a samt Überschrift eingefügt:

„Unbefugte Bildaufnahmen

§ 120a. (1) Wer absichtlich eine Bildaufnahme der Genitalien, der Schamgegend, des Gesäßes, der weiblichen Brust oder der diese Körperstellen bedeckenden Unterwäsche einer anderen Person, die diese Bereiche durch Bekleidung oder vergleichbare Textilien gegen Anblick geschützt hat oder sich in einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet, ohne deren Einwilligung herstellt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen.

(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer eine durch eine Tat nach Abs. 1 hergestellte Bildaufnahme einem Dritten zugänglich macht oder veröffentlicht.“

3. § 283 Abs. 1 Z 2 lautet:

         „2. eine der in Z 1 bezeichneten Gruppen oder eine Person wegen der Zugehörigkeit zu einer solchen Gruppe in der Absicht, die Menschenwürde der Gruppe oder der Person zu verletzen, in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, die Gruppe oder Person in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen, oder“

Artikel 2

Änderung des Mediengesetzes

Das Bundesgesetz vom 12. Juni 1981 über die Presse und andere publizistische Medien (Mediengesetz – MedienG), BGBl. Nr. 314/1981, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 32/2018, wird wie folgt geändert:

1. Vor § 6 wird folgende Überschrift eingefügt:

„Erster Unterabschnitt

Entschädigungstatbestände“

2. § 6 Abs. 1 lautet:

„(1) Wird in einem Medium der objektive Tatbestand der üblen Nachrede, der Beschimpfung, der Verspottung oder der Verleumdung hergestellt, so hat der Betroffene gegen den Medieninhaber Anspruch auf eine Entschädigung für die erlittene Verletzung (§ 8 Abs. 1).“

3. § 7 Abs. 1 lautet:

„(1) Wird in einem Medium der höchstpersönliche Lebensbereich einer Person in einer Weise erörtert oder dargestellt, die geeignet ist, sie in der Öffentlichkeit bloßzustellen, so hat der Betroffene gegen den Medieninhaber Anspruch auf eine Entschädigung für die erlittene Verletzung (§ 8 Abs. 1).“

4. § 7a Abs. 1 lautet:

„(1) Werden in einem Medium der Name, das Bild oder andere Angaben veröffentlicht, die geeignet sind, in einem nicht unmittelbar informierten größeren Personenkreis zum Bekanntwerden der Identität einer Person zu führen, die

           1. Opfer (§ 65 Z 1 StPO) einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung geworden ist, oder

           2. einer solchen Handlung verdächtig ist oder wegen einer solchen verurteilt wurde,

           3. als Auskunftsperson vor einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates angehört wurde,

und werden dadurch schutzwürdige Interessen dieser Person verletzt, so hat der Betroffene gegen den Medieninhaber Anspruch auf Entschädigung für die erlittene Verletzung (§ 8 Abs. 1), es sei denn, dass wegen der Stellung des Betroffenen in der Öffentlichkeit, wegen eines sonstigen Zusammenhanges mit dem öffentlichen Leben oder aus anderen Gründen ein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit an der Veröffentlichung dieser Angaben bestanden hat.“

5. In § 7a wird nach Abs. 1 folgender Abs. 1a eingefügt:

„(1a) Werden in einem Medium der Name oder das Bild einer Person veröffentlicht, die

           1. Angehöriger (§ 72 StGB) einer in Abs. 1 Z 1 oder 2 genannten Person ist oder

           2. Zeuge einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung war,

und werden dadurch schutzwürdige Interessen dieser Person verletzt, so hat der Betroffene gegen den Medieninhaber Anspruch auf Entschädigung für die erlittene Verletzung (§ 8 Abs. 1), es sei denn, dass ein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit an der Veröffentlichung dieser Angaben (Abs. 1) bestanden hat.“

6. § 7b Abs. 1 lautet:

„(1) Wird in einem Medium eine Person, die einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung verdächtig, aber nicht rechtskräftig verurteilt ist, als überführt oder schuldig hingestellt oder als Täter dieser strafbaren Handlung und nicht bloß als tatverdächtig bezeichnet, so hat der Betroffene gegen den Medieninhaber Anspruch auf eine Entschädigung für die erlittene Verletzung (§ 8 Abs. 1).“

7. In § 7c Abs. 1 wird im ersten Satz das Wort „Kränkung“ durch die Wendung „persönliche Beeinträchtigung (§ 8 Abs. 1)“ ersetzt; der zweite Satz entfällt.

8. § 8 Abs. 1 und 2 lauten:

„(1) Die Höhe des Entschädigungsbetrages nach den §§ 6, 7, 7a, 7b oder 7c ist nach Maßgabe des Umfangs, des Veröffentlichungswerts und der Auswirkungen der Veröffentlichung, insbesondere auch der Art und des Ausmaßes der Verbreitung des Mediums, bei Websites auch der Zahl der Endnutzer, die die Veröffentlichung aufgerufen haben, zu bemessen; die Auswirkungen sind in der Regel als geringer anzusehen, wenn eine Veröffentlichung im Anschluss an frühere vergleichbare Veröffentlichungen, jedoch noch vor erstinstanzlichem Zuspruch eines Entschädigungsbetrages nach diesem Unterabschnitt für diese, erfolgt ist. Hat ein Betroffener auf Grund einer Veröffentlichung nach mehreren Bestimmungen dieses Unterabschnitts Anspruch auf Entschädigung, so ist ein einziger, entsprechend höher bemessener Entschädigungsbetrag festzusetzen. Auf die Wahrung der wirtschaftlichen Existenz des Medieninhabers ist Bedacht zu nehmen. Der Entschädigungsbetrag ist mit mindestens 100 Euro festzusetzen und darf den Betrag von 40 000 Euro, nach den §§ 6, 7 oder 7c bei besonders schwerwiegenden Auswirkungen der Veröffentlichung und einem besonders schwerwiegenden Verstoß gegen die gebotene journalistische Sorgfalt jedoch den Betrag von 100 000 Euro nicht übersteigen.

(2) Den Anspruch auf einen Entschädigungsbetrag nach den §§ 6, 7, 7a, 7b oder 7c kann der Betroffene in dem Strafverfahren, an dem der Medieninhaber als Beschuldigter oder nach dem § 41 Abs. 6 beteiligt ist, bis zum Schluss der Hauptverhandlung geltend machen. Kommt es nicht zu einem solchen Strafverfahren, so kann der Anspruch mit einem selbstständigen Antrag geltend gemacht werden (§ 8a). Das Gericht ist bei der Entscheidung über einen Entschädigungsanspruch nach den §§ 6, 7, 7a, 7b oder 7c an die rechtliche Beurteilung des Betroffenen nicht gebunden; der Betroffene kann jedoch erklären, sich auf einzelne der Bestimmungen dieses Unterabschnitts nicht zu stützen.“

9. In § 8a Abs. 2 wird nach den Worten „sechs Monaten“ die Wortfolge „, ist der Antragsteller jedoch Opfer im Sinn von § 65 Z 1 lit. a und b StPO, binnen einem Jahr,“ eingefügt, und das Wort „Verhandlung“ wird durch das Wort „Hauptverhandlung“ ersetzt.

10. Der bisherige § 8a Abs. 4 wird nach § 8 Abs. 3 eingereiht; § 8a Abs. 4 lautet:

„(4) § 8 Abs. 4 ist anzuwenden.“

11. Vor § 9 wird folgende Überschrift eingefügt:

„Zweiter Unterabschnitt

Gegendarstellung und nachträgliche Mitteilung über den Ausgang eines Strafverfahrens“

12. In § 10 Abs. 1 Z 3 wird das Wort „Hauptverfahren“ durch das Wort „Strafverfahren“ ersetzt.

13. In § 11 Abs. 1 Z 10 wird die Wortfolge „von der Zurücklegung der Anzeige“ durch die Wortfolge „vom Absehen von der Verfolgung“ ersetzt.

14. In § 13 Abs. 7 wird das Wort „Einschränkungen“ durch das Wort „Einschaltungen“ ersetzt.

15. In § 14 Abs. 2 wird nach dem Wort „Einzelrichter“ die Wortfolge „des Landesgerichts“ eingefügt.

16. In § 14 Abs. 3 wird am Ende nach den Worten „zulässig ist“ folgende Wendung eingefügt: „und ein offensichtlich unberechtigter Antrag nur nach öffentlicher mündlicher Verhandlung abgewiesen werden darf, sofern der Antragsteller nicht ausdrücklich auf eine solche verzichtet“

17. § 15 Abs. 1 lautet:

„(1) Wurden Einwendungen innerhalb der gesetzlichen Frist nicht erhoben, so hat das Gericht binnen fünf Werktagen nach Ablauf der Frist durch Beschluss zu entscheiden. Dem Antrag ist ohne Verhandlung stattzugeben, es sei denn, dass er offensichtlich nicht berechtigt ist; in diesem Fall ist nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu entscheiden, sofern der Antragsteller nicht ausdrücklich auf eine solche verzichtet.“

18. In § 15 Abs. 3 wird die Wortfolge „öffentlicher mündlicher Verhandlung“ durch die Wortfolge „Durchführung einer Hauptverhandlung“ ersetzt.

19. In § 16 Abs. 1 wird die Wortfolge „öffentlicher mündlicher Verhandlung“ durch die Wortfolge „Durchführung einer Hauptverhandlung“ ersetzt.

20. Vor § 22 wird folgende Überschrift eingefügt:

„Dritter Unterabschnitt

Bild- und Tonaufnahmen und –übertragungen“

21. Vor § 23 wird folgende Überschrift eingefügt:

„Vierter Unterabschnitt

Verbotene Einflussnahme auf ein Strafverfahren“

22. In § 32, erster Satz, werden vor dem Strichpunkt ein Beistrich und die Wortfolge „bei abrufbaren periodischen elektronischen Medien jedoch mit dem Ende der Abrufbarkeit“ eingefügt.

23. In § 33 Abs. 2 werden im ersten Satz nach der Wortfolge „nicht möglich“ ein Beistrich und die Wortfolge „insbesondere die Tat verjährt“ eingefügt.

24. § 33 Abs. 3 entfällt.

25. Nach § 33 wird folgender § 33a eingefügt:

„Einziehung wegen Beeinträchtigung des Arbeit- oder Dienstgebers

§ 33a.  (1) Wird in einem Medium im Zusammenhang mit der Tätigkeit eines Arbeit- oder Dienstnehmers

           1. gegenüber diesem der objektive Tatbestand der üblen Nachrede, der Beschimpfung, der Verspottung oder der Verleumdung hergestellt,

           2. in dessen Privatsphäre eingegriffen oder werden Umstände aus dessen Privatsphäre offenbart oder verwertet oder

           3. wird er gefährlich bedroht (§ 74 Abs. 1 Z 5 StGB),

und ist dieses Verhalten geeignet, die Möglichkeiten des Arbeit- oder Dienstgebers, den Arbeit- oder Dienstnehmer einzusetzen, nicht unerheblich zu beeinträchtigen oder das Ansehen des Arbeit- oder Dienstgebers erheblich zu schädigen, so ist dieser berechtigt, ebenfalls einen Antrag auf Einziehung der zur Verbreitung bestimmten Medienstücke oder Löschung der betreffenden Stellen der Website zu stellen.

(2) Der Anspruch auf Einziehung besteht nicht

           1. im Fall der üblen Nachrede (Abs. 1 Z 1), wenn ein Ausschlussgrund nach § 6 Abs. 2 Z 2 oder 4,

           2. in den Fällen des Abs. 1 Z 2, wenn ein Ausschlussgrund nach § 7 Abs. 2 Z 2 vorliegt.

§ 33 Abs. 2 zweiter Satz ist anzuwenden.

(3) Der Arbeit- oder Dienstgeber kann die Einziehung in einem Strafverfahren bis zum Schluss der Hauptverhandlung oder Verhandlung oder mit einem selbstständigen Antrag begehren. Für das Verfahren über einen solchen Antrag ist § 33 Abs. 4 und 5 anzuwenden.

(4) Der Antrag kann auch in einem selbstständigen Verfahren gestellt werden, das über einen Antrag des Betroffenen wegen derselben Veröffentlichung geführt wird, und umgekehrt.“

26. In § 34 Abs. 3 werden im ersten Satz nach der Wortfolge „nicht möglich“ ein Beistrich und die Wortfolge „insbesondere die Tat verjährt“ eingefügt.

27. In § 36 Abs. 1 wird das Zitat „§ 33“ durch das Zitat „§§ 33 oder 33a“ ersetzt.

28. In § 36 Abs. 2 wird nach dem Wort „Medieninhaltsdelikts“ die Wendung „oder nach § 33a“ eingefügt.

29. Nach § 36a wird folgender § 36b eingefügt:

„Durchsetzung der Einziehung, der Beschlagnahme und der Urteilsveröffentlichung bei Websites gegen Diensteanbieter

§ 36b.  Hat der Medieninhaber seinen Sitz im Ausland oder kann der Medieninhaber aus anderen Gründen nicht belangt werden, so hat das Gericht auf Antrag des Anklägers oder des Antragstellers im selbstständigen Verfahren dem Hostingdiensteanbieter (§ 16 E-Commerce-Gesetz – ECG, BGBl. I Nr. 152/2001) die Löschung der betreffenden Stellen der Website (Einziehung oder Beschlagnahme – §§ 33, 33a, 36) oder die Veröffentlichung der Teile des Urteils (§ 34) aufzutragen.“

30. In § 41 Abs. 1 werden im Klammerausdruck nach dem Zitat „33 Abs. 2“ ein Beistrich und das Zitat „33a Abs. 3“ eingefügt.

31. § 41 Abs. 5 lautet:

„(5) Auf das Verfahren auf Grund einer Privatanklage ist § 71 StPO anzuwenden; ebenso sind die dort für das selbstständige Verfahren über vermögensrechtliche Anordnungen getroffenen Regelungen auf das selbstständige Verfahren nach § 8a, § 33 Abs. 2, § 33a Abs. 3 und § 34 Abs. 3 sinngemäß anzuwenden. Das Gericht hat die Anklage oder den Antrag auf Einleitung des selbstständigen Verfahrens nach § 485 StPO zu prüfen, wobei es in den Fällen des § 485 Abs. 1 Z 3 in Verbindung mit § 212 Z 1 und 2 StPO nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu entscheiden hat, sofern der Privatankläger oder Antragsteller nicht ausdrücklich auf eine solche verzichtet.“

32. In § 41 wird folgender Abs. 8 angefügt:

„(8) Psychosoziale und juristische Prozessbegleitung (§ 66b Abs. 2 StPO) ist auf ihr Verlangen den in § 66b Abs. 1 StPO angeführten Personen unter den dort angeführten Voraussetzungen auch für selbstständige Anträge nach § 8a, § 33 Abs. 2 und § 34 Abs. 3 zu gewähren.“

33. In § 42 wird vor der Wortfolge „strafbare Handlung“ das Wort „gerichtlich“ eingefügt.

34. In § 50 Z 1 wird das Wort „Medienunternehmer“ durch das Wort „Medieninhaber“ ersetzt.

35. Dem § 55 wird folgender Abs. 11 angefügt:

„(11) Die Überschriften des Ersten, Zweiten, Dritten und Vierten Unterabschnitts des Dritten Abschnitts, § 6 Abs. 1, § 7 Abs. 1, § 7a Abs. 1 und 1a, § 7b Abs. 1, § 7c Abs. 1, § 8 Abs. 1, 2 und 4, § 8a Abs. 2 und 4, § 10 Abs. 1 Z 3, § 11 Abs. 1 Z 10, § 13 Abs. 7, § 14 Abs. 2 und 3, § 15 Abs. 1 und 3, § 16 Abs. 1, § 32, § 33 Abs. 2, § 33a, § 34 Abs. 3, § 36 Abs. 1 und 2, § 36b, § 41 Abs. 1, 5 und 8, § 42 und § 50 Z 1 in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. xx/2020 treten mit 1. Jänner 2021 in Kraft; zum selben Zeitpunkt tritt § 33 Abs. 3 außer Kraft.“

36. Dem § 56 wird folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) § 6 Abs. 1, § 7 Abs. 1, § 7a Abs. 1 und 1a, § 7b Abs. 1, § 7c Abs. 1, § 8 Abs. 1, 2 und 4, § 8a Abs. 2 und 4, § 10 Abs. 1 Z 3, § 11 Abs. 1 Z 10, § 13 Abs. 7, § 14 Abs. 2 und 3, § 15 Abs. 1 und 3, § 16 Abs. 1, § 32, § 33 Abs. 2, § 33a, § 34 Abs. 3, § 36 Abs. 1 und 2, § 36b, § 41 Abs. 1, 5 und 8, § 42 und § 50 Z 1 in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. xx/2020 sind nur auf Mitteilungen oder Darbietungen anzuwenden, die nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2020 verbreitet wurden.“

37. Der bisherige § 57 erhält die Paragrafenbezeichnung „§ 58.“; nach § 56 wird folgende Bestimmung samt Überschrift eingefügt:

„Umsetzung von Richtlinien der Europäischen Union

§ 57.  §§ 33, 33a, 36, 36a und 36b dienen der Umsetzung

           1. von Art. 21 der Richtlinie (EU) 2017/541 zur Terrorismusbekämpfung und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI des Rates und zur Änderung des Beschlusses 2005/671/JI des Rates, ABl. Nr. L 88 vom 31.3.2017, S. 6, und

           2. von Art. 25 der Richtlinie 2011/93/EU zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates, ABl. Nr. L 335 vom 17.12.2011, S. 1.“

Artikel 3

Änderung der Strafprozeßordnung 1975

Die Strafprozeßordnung 1975, BGBl. Nr. 631/1975, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 24/2020, wird wie folgt geändert:

1. Im Inhaltsverzeichnis wird im 2. Abschnitt des 4. Hauptstücks nach dem Eintrag zu § 66a folgender Eintrag eingefügt:

„§ 66b Prozessbegleitung“

2. In § 31 Abs. 1 wird der Punkt nach Z 5 durch einen Beistrich ersetzt und folgende Z 6 angefügt:

         „6. das Verfahren zur Entscheidung über Anträge auf Anordnung von Ermittlungsmaßnahmen zur Ausforschung des Beschuldigten oder zur Sicherung von Beweisen oder vermögensrechtlichen Anordnungen (§ 71 Abs. 1 zweiter Satz).“

3. § 66 Abs. 2 und Abs. 4 entfallen.

4. Nach § 66a wird folgender § 66b samt Überschrift eingefügt:

„Prozessbegleitung

§ 66b. (1) Auf ihr Verlangen ist

               a) Opfern im Sinne des § 65 Z 1 lit. a oder b,

               b) Opfern (§ 65 Z 1) terroristischer Straftaten (§ 278c StGB),

                c) Opfern (§ 65 Z 1) von beharrlicher Verfolgung (§ 107a StGB), fortdauernder Belästigung im Wege einer Telekommunikation oder eines Computersystems (§ 107c StGB) und Verhetzung (§ 283 StGB),

               d) Opfern (§ 65 Z 1) von übler Nachrede (§ 111 StGB), Beleidigung (§ 115 StGB) und Verleumdung (§ 297 StGB), wenn auf Grund bestimmter Anhaltspunkte angenommen werden kann, dass eine solche Tat im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems begangen wurde, und

                e) Minderjährigen, die Zeugen von Gewalt im sozialen Nahraum (Gewalt in der Familie, Gewalt an Kindern) waren,

psychosoziale und juristische Prozessbegleitung zu gewähren, soweit dies zur Wahrung der prozessualen Rechte der Opfer unter größtmöglicher Bedachtnahme auf ihre persönliche Betroffenheit erforderlich ist. Opfern, die in ihrer sexuellen Integrität verletzt worden sein könnten und das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ist jedenfalls psychosoziale Prozessbegleitung zu gewähren.

(2) Psychosoziale Prozessbegleitung umfasst die Vorbereitung der Betroffenen auf das Verfahren und die mit ihm verbundenen emotionalen Belastungen sowie die Begleitung zu Vernehmungen im Ermittlungs- und Hauptverfahren, juristische Prozessbegleitung die rechtliche Beratung und Vertretung durch einen Rechtsanwalt.

(3) Die Bundesministerin für Justiz ist ermächtigt, bewährte geeignete Einrichtungen vertraglich zu beauftragen, Opfern im Sinne des Abs. 1 nach Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen Prozessbegleitung zu gewähren sowie durch Verordnung nähere Bestimmungen über die Voraussetzungen der Beauftragung solcher Einrichtungen und im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Frauen und Integration im Bundeskanzleramt sowie der Bundesministerin für Arbeit, Familien und Jugend über Qualitätsstandards der Prozessbegleitung, insbesondere über die Aus- und Weiterbildung von Prozessbegleitern, zu erlassen.“

5. In § 67 Abs. 7 und in § 381 Abs. 1 Z 9 wird jeweils der Klammerausdruck „(§ 66 Abs. 2)“ durch den Klammerausdruck „(§ 66b)“ ersetzt.

6. In § 70 Abs. 2 wird die Wendung „§ 65 Z 1 lit. a oder b sowie Opfer (§ 65 Z 1) terroristischer Straftaten (§ 278c StGB)“ durch die Wendung „§ 66b Abs. 1“ ersetzt.

7. § 71 StPO Abs. 1 lautet:

„(1) Das Hauptverfahren wegen Straftaten, die nach dem Gesetz nur auf Verlangen des Opfers zu verfolgen sind, wird auf Grund einer Anklage oder eines selbstständigen Antrags des Privatanklägers auf Erlassung vermögensrechtlicher Anordnungen nach § 445 durchgeführt. Kann auf Grund bestimmter Anhaltspunkte angenommen werden, dass eine Tat nach § 111 StGB oder § 115 StGB im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems begangen wurde, so kann das Opfer bei Gericht (§ 31 Abs. 1 Z 6) einen Antrag auf Anordnung von Ermittlungsmaßnahmen nach § 76a, § 110, § 115 oder § 135 zur Ausforschung des Beschuldigten oder zur Sicherung von Beweisen oder vermögensrechtlichen Anordnungen (Abs. 5) stellen. § 104 Abs. 1 gilt sinngemäß.“

8. § 71 Abs. 3 bis Abs. 5 lauten:

„(3) Anträge nach Abs. 1 sind beim jeweils zuständigen Gericht einzubringen. Privatanklagen und selbstständige Anträge auf Erlassung vermögensrechtlicher Anordnungen haben den Erfordernissen einer Anklageschrift (§ 211), Anträge auf Anordnung von Ermittlungsmaßnahmen jenen eines Beweisantrags (§ 55) zu entsprechen. Die Berechtigung zur Antragstellung und allfällige privatrechtliche Ansprüche sind, soweit sie nicht offensichtlich sind, in der Begründung darzulegen.

(4) Das Gericht hat die Anträge dem Angeklagten oder Antragsgegner und den Haftungsbeteiligten mit der Information zuzustellen, dass sie berechtigt seien, sich dazu binnen 14 Tagen zu äußern. Die Zustellung der Anträge kann jedoch vorerst unterbleiben, wenn besondere Umstände befürchten lassen, dass ansonsten der Zweck einer beantragten Ermittlungsmaßnahme gefährdet wäre. Danach hat das Gericht, soweit es nicht nach § 485 oder § 451 vorgeht, die Hauptverhandlung anzuberaumen oder über den Antrag auf Anordnung von Ermittlungsmaßnahmen zu entscheiden.

(5) Der Privatankläger hat grundsätzlich die gleichen Rechte wie die Staatsanwaltschaft. Ermittlungsmaßnahmen im Hauptverfahren zu beantragen ist er jedoch nur insofern berechtigt, als dies zur Sicherung von Beweisen oder vermögensrechtlichen Anordnungen erforderlich ist. Die im 9. Hauptstück geregelten Ermittlungsmaßnahmen zu beantragen, ist er nicht berechtigt.“

9. In § 76a Abs. 1 wird nach dem Wort „Kommunikationsdiensten“ die Wendung „und sonstige Diensteanbieter (§ 3 Z 2 ECG)“ und nach der Wendung „Teilnehmers (§ 90 Abs. 7 TKG)“ die Wendung „oder Nutzers eines sonstigen Dienstes (§ 3 Z 4 ECG)“ eingefügt.

10. In § 390 Abs. 1 wird im zweiten Satz nach dem Wort „Strafverfahren“ die Wendung mit Ausnahme jenes wegen übler Nachrede (§ 111 StGB) oder Beleidigung (§ 115 StGB)“ eingefügt.

11. In § 390a Abs. 1 wird im zweiten Satz nach dem Wort „Privatankläger“ die Wendung mit Ausnahme eines solchen in Strafverfahren wegen übler Nachrede (§ 111 StGB) oder Beleidigung (§ 115 StGB)“ eingefügt.

12. In § 393 wird nach Abs. 4 folgender Abs. 4a eingefügt:

„(4a) Wird ein Strafverfahren wegen übler Nachrede (§ 111 StGB) oder Beleidigung (§ 115 StGB) auf andere Weise als durch einen Schuldspruch beendigt, so hat im Hauptverfahren der Privatankläger dem Angeklagten alle Kosten der Verteidigung zu ersetzen.“

13. Dem § 514 wird nach Abs. 45 folgender Abs. 46 angefügt:

„(46) Der Eintrag des Titels von § 66b im Inhaltsverzeichnis sowie § 31 Abs. 1, § 66b, § 67 Abs. 7, § 70 Abs. 2, § 71 Abs. 1, § 71 Abs. 3 bis 5, § 76a Abs. 1, § 381 Abs. 1 Z 9, § 390 Abs. 1, § 390a Abs. 1, § 393 Abs. 4a und § 516a Abs. 12 in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. xx/2020 treten mit 1. Jänner 2021 in Kraft; gleichzeitig entfallen § 66 Abs. 2 und Abs. 4. Die Änderungen in § 390 Abs. 1 und § 390a Abs. 1 durch Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. xx/2020 sowie § 393 Abs. 4a in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. xx/2020 treten mit 31. Dezember 2023 wieder außer Kraft.“

14. Dem § 516a wird nach Abs. 11 folgender Abs. 12 angefügt:

„(12) § 66b in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. xx/2020 dient der Umsetzung der Richtlinie 2012/29/EU über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI, ABl. Nr. L 315 vom 14.11.2012, S. 57.“

Artikel 4

Inkrafttreten

Art. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/20120 tritt mit 1. Jänner 2021 in Kraft.