Entwurf

Erläuterungen

Allgemeiner Teil

A. Zur Novelle des Unterbringungsrechts

1. Einleitung

Im Mai 2016 hat ein einundzwanzigjähriger geistig verwirrter obdachloser Mann (im Folgenden „N.“) am Brunnenmarkt in Wien Ottakring ohne ersichtlichen Grund eine Passantin mit einer Eisenstange erschlagen. Zur Aufarbeitung dieser Geschehnisse wurde eine Sonderkommission eingerichtet. Diese hat unter anderem „Defizite in der Vernetzung und bei den Informationsflüssen zwischen den verschiedenen Beteiligten, dadurch keine Zusammenführung der Informationen und Koordinierung notwendiger Maßnahmen“ sowie „fehlende oder unklare Regelungen für den Informationsaustausch zwischen den verschiedenen Berufsgruppen und Behörden sowie Standards für das zielgerichtete Vorgehen bei psychischen Erkrankungen“ festgestellt.

Das gegenständliche, vom Bundesministerium für Inneres und vom Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz mitgetragene Reformvorhaben dient der Umsetzung der das Unterbringungsrecht betreffenden Empfehlungen dieser Sonderkommission (siehe den seit dem Frühjahr 2017 vorliegenden Abschlussbericht unter www.justiz.gv.at/web2013/home/buergerservice/publikationen), beschränkt sich aber keineswegs darauf. In einem umfangreichen Arbeitsprozess (in über 25 Arbeitsgruppensitzungen von August 2018 bis April 2019) wurden – auch losgelöst vom sog. „Brunnenmarkt-Fall“ – die derzeit aus Sicht der Praxis bestehenden Defizite des Unterbringungsgesetzes (UbG) erhoben und Lösungen entwickelt. An diesen Arbeiten waren laufend Experten aus den Bereichen der Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Kinder- und Jugendhilfe, dem Verfassungs- und Gesundheitsrecht, der Polizei, Justiz, Patientenanwaltschaft, Bewährungshilfe und Jugendgerichtshilfe sowie psychiatrieerfahrene Personen und Vertreter der Angehörigen, von psychosozialen Diensten und Unterstützungseinrichtungen, der Bundesländer und der Ärztekammer beteiligt.

Ein wichtiges Anliegen der Reform ist es auch, das UbG mit den Anforderungen der Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung (kurz: UN-Behindertenrechtskonvention) in Einklang zu bringen. In Hinkunft soll weniger über die Patienten, sondern mehr mit ihnen gesprochen werden.

Vertreter der Kinder- und Jugendpsychiatrie beklagen seit Längerem, dass das UbG ein „Erwachsenenpsychiatriegesetz“ sei und auf die besonderen Bedürfnisse der untergebrachten Minderjährigen zu wenig Rücksicht nehme (vgl. Berger, Spezifische Probleme der Unterbringung Minderjähriger, iFamZ-Sonderheft 2010, 18 [19]). Mit der vorliegenden Novelle, die einen eigenen Abschnitt mit Sonderregeln für Minderjährige vorsieht, soll auch dieser Kritik Rechnung getragen werden.

Einer Empfehlung der Sonderkommission „Brunnenmarkt“ folgend wurde im Herbst 2018 eine Forschungsarbeit zum Vollzug des UbG in Auftrag gegeben. Die Zwischen- und Endergebnisse dieser vom Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie erstellten Studie (siehe den Endbericht unter www.irks.at/publikationen/studien/) flossen in das Reformwerk ein.

2. Geltendes Recht und damit verbundene Probleme

2.1 Abschlussbericht der Sonderkommission „Brunnenmarkt“

Im Folgenden sollen wichtige Feststellungen der Sonderkommission „Brunnenmarkt“ ausschnittsweise wörtlich wiedergegeben werden:

„21. […] Der Vorfall vom 18.03.2016, als N. mit heruntergelassener Hose und Axt und Hammer in einer offensichtlich ein Versteck suchenden Haltung unterwegs war, führte bei der Polizei nicht zu einer Amtshandlung nach dem Unterbringungsgesetz, sondern lediglich nach dem Fremdenpolizeigesetz. Die möglichst flächendeckende Schulung der Polizeibeamten ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil diese als erste über das Vorliegen einer möglichen Selbst- oder Fremdgefährdung entscheiden. In dieser Fortbildung sollen die Polizisten auch auf die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Vernetzung mit (psycho)sozialen Einrichtungen hingewiesen werden. […]

22.   Die Befragung von hochrangigen Polizeijuristen der Landespolizeidirektion Wien und der Leiter des polizeiamtsärztlichen Dienstes in Wien haben ergeben, dass in Wien rund ein Drittel (2015: 3.264) der Einsätze der Polizeiamtsärzte außerhalb der Polizeiinspektionen und der Polizeianhaltezentren auf psychiatrische Auffälligkeiten zurückzuführen sind. […] Diese hohen Zahlen rechtfertigen es, über einen fachlich fundierten behördlichen psychiatrischen Dienst in Wien und anderen Großstädten nachzudenken und adäquate Lösungen für den ländlichen Raum zu suchen. Die Polizeiamtsärzteausbildung in Wien umfasst ein Curriculum von einem Semester, wovon der psychiatrische Teil 5 Stunden beträgt. Davon werden ca. 4 Stunden Unterbringungsgesetz und Heimaufenthaltsgesetz gelehrt. Als deutliches Beispiel für die Bedeutung der Verbesserung der Fachkompetenz mag dienen, dass die wenige Stunden nach der Tat am Brunnenmarkt vorgenommene Untersuchung N.´s zur Frage der Zurechnungsfähigkeit für den Polizeiarzt keinen Hinweis auf eine psychiatrische Erkrankung des Täters ergab.

23.   Wenngleich N. nie zu einer Untersuchung im Rahmen einer Unterbringung ohne Verlangen in einer psychiatrischen Abteilung vorgestellt wurde, wurde das Thema in der Kommission ausführlich diskutiert. Eine ablehnende Haltung gegenüber der Unterbringung ohne Verlangen durch Psychiater von psychiatrischen Abteilungen könnte darauf zurückzuführen sein, dass sie zwar die psychische Erkrankung, wegen mangelhafter Informationen aber nicht die Selbst- oder Fremdgefährlichkeit außerhalb der psychiatrischen Abteilung erkennen können. Es ist notwendig, Vorkehrungen zu treffen, dass die über die Unterbringung entscheidenden Psychiater über die relevante Vorgeschichte, die zur Verbringung des Patienten in die psychiatrische Abteilung geführt hat, informiert sind. Es sollten zum Beispiel Fotos von verwüsteten Wohnungen oder verletzten Personen weitergegeben werden können. Hier stellt § 39a Unterbringungsgesetz sowohl nach Ansicht der Psychiater als auch der Polizeijuristen ein zentrales Problem dar und bedarf einer Überprüfung seiner zeitlichen Reichweite in die Vergangenheit, weil für die Beurteilung der Gefährlichkeit wichtige Informationen verloren gehen. Die unterschiedlichen Praktiken der Gerichte und der daran orientierten Abteilungspsychiater führen vor allem dort, wo die Unterbringung äußerst restriktiv gehandhabt wird, zur Einschätzung der Polizei, dass es wenig aussichtsreich ist, eine solche zu versuchen. Notwendig ist – vergleichbar der demonstrativen Aufzählung der Kriterien des Kindeswohls im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch – eine Auseinandersetzung mit den Begriffen „Fremdgefährlichkeit und Selbstgefährlichkeit“, die Grundlage für eine einheitliche Rechtsprechung und für ein gemeinsames Verständnis der in die Entscheidung über die Unterbringung involvierten Berufe ist. Die Kommission regt dazu an, dass eine österreichweite Studie zum Vollzug des Unterbringungsrechtes durchgeführt wird, die nicht nur die Fälle einbezieht, in denen es zu einer Unterbringung gekommen ist, sondern auch diejenigen, bei denen eine solche unterblieb. Eine solche Untersuchung des Unterbringungsgesetzes sollte evaluieren, welche Form seiner Praxis am besten dazu beiträgt, Selbst- und Fremdgefährdungen vorzubeugen und Behandlungen einzuleiten, ohne die Schutzzwecke des Unterbringungsgesetzes zu missachten. Eine ausführliche Diskussion in den entsprechenden Fachkreisen, wie Psychiatrie, Rechtssoziologie, Polizei, Justiz, Patientenanwaltschaft usw., sollte einer solchen Studie vorangehen. Sie sollte sowohl für legistische, als auch organisatorische und personelle Überlegungen herangezogen werden.

24.   Als großes Problem zeigt sich, dass unterschiedliche Institutionen unterschiedliche Einschätzungen einer Person und Informationsstände über deren Vorgeschichte haben, dass es ihnen aber aufgrund von Datenschutz und sonstiger Geheimhaltungsbestimmungen (wie Amtsverschwiegenheit, ärztliche Schweigepflicht usw.) untersagt ist, ihr Wissen zu teilen. Diese Einschränkungen führen dazu, dass Einschätzungen der Fremd- oder Selbstgefährlichkeit nicht oder nicht richtig vorgenommen werden. Hier müssen (gesetzliche, verordnungsmäßige oder vielleicht nur erlassmäßige) Regelungen gefunden werden, die mit großer Rechtssicherheit bei Datenschutz und anderen Geheimhaltungspflichten den Anwendern ermöglichen, Informationen an bestimmte andere Institutionen weiterzugeben und sie mit diesen bei Vernetzungskonferenzen zu besprechen. Es müssen Regelungen geschaffen werden, die den beteiligten Institutionen (jedenfalls der Polizei, aber auch einer Justizanstalt, Strafgericht und Pflegschaftsgericht, Jugendgerichtshilfe, Gerichtssozialarbeit, Staatsanwaltschaft, Bewährungshilfe oder anderen betreuenden Berufsgruppen wie Psychologen, Pflegepersonen, Psychiatern, Sozialarbeitern, bei Kindern und Jugendlichen auch der Kinder- und Jugendhilfe) die Möglichkeit bieten, solche Konferenzen gesetzeskonform einzuberufen. Es muss klar geregelt sein, wer fallführend als Casemanager den Informationsaustausch und das Handeln initiiert und koordiniert und dafür die Verantwortung trägt. Die Kommission möchte keinesfalls der Wiedereinführung der als untauglich und als menschenrechtswidrig abgeschafften G-Kartei das Wort reden, sondern nur die Möglichkeit eröffnen, dass den zuständigen Entscheidungsträgern die für die Beurteilung einer bestimmten Situation unbedingt notwendige Vorgeschichte bekannt ist. Gleiches gilt auch innerhalb von Institutionen, wie zum Beispiel einer Justizanstalt.“

Folgende für das Unterbringungsrecht relevante Empfehlungen wurden ausgesprochen:

-       „Es sind klare Verantwortlichkeiten ohne Kompetenzvakuum und eindeutige Arbeitsverteilungen zwischen den Institutionen festzulegen und eine eindeutige Arbeitsvereinbarung zwischen den Institutionen zu treffen.“

-       „Informationen an die Jugendwohlfahrtsträger auch durch die Polizei über auffällige, insbesondere als obdachlos erkannte Minderjährige.“

-       „Verbesserung der Informationsflüsse zwischen den beteiligten Institutionen, etwa durch Änderungen in § 39a UbG, um eine effiziente und rasche Reaktion auf auftretende psychische Erkrankungen, verbunden mit Selbst- und/oder Fremdgefährlichkeit zu ermöglichen.“

-       „Sozialarbeiterisches Casemanagement soll durch Vernetzungsarbeit die Informationsweitergabe in Gang setzen und den Betroffenen begleitend unterstützen.“

-       „[…] Polizisten auf die Möglichkeiten der Vernetzung mit (psycho)sozialen Einrichtungen hinweisen.“

-       „Fachlich fundierte und im Umfang adäquate psychiatrische Ausbildung des polizeiamtsärztlichen Dienstes in Wien und anderen Großstädten einrichten und Lösungen für den ländlichen Raum suchen.“

-       „§ 39a UbG bedarf u.a. einer Überprüfung seiner zeitlichen Reichweite in die Vergangenheit. Notwendig ist eine Auseinandersetzung mit den Begriffen ‚Fremdgefährlichkeit‘ und ‚Selbstgefährlichkeit‘.“

-       „Untersuchung österreichweit zum Vollzug des Unterbringungsgesetzes über Fälle, in denen es zu einer Unterbringung gekommen ist und bei denen eine solche unterlassen wurde.“

-       „Regelungen, die mit großer Rechtssicherheit bei Datenschutz und anderen Geheimhaltungspflichten den Anwendungen ermöglichen, Informationen an bestimmte andere Institutionen weiterzugeben und sie mit diesen bei Vernetzungskonferenzen zu besprechen, um solche Konferenzen gesetzeskonform einzuberufen.“

2.2. Studie des Instituts für Rechts- und Kriminalsoziologie zur Unterbringung psychisch kranker Menschen: Rechtsanwendung und Kooperationszusammenhänge

Innen-, Gesundheits- und Justizressort haben – der Empfehlung der Sonderkommission „Brunnenmarkt“ folgend – im Herbst 2018 das Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie (kurz: IRKS) mit der Erstellung einer Studie mit dem Ziel beauftragt, evidenzbasiertes wissenschaftliches Wissen zur tatsächlichen Rechtsanwendung sowie zu den Bedingungsfaktoren und Folgewirkungen der stark differierenden Rechtspraxis bereitzustellen. Das IRKS hat explorative Erhebungen durch Interviews mit unterschiedlichen Experten, auch Betroffenenvertretungen, geführt, sekundärstatistische Analysen vorliegender Daten (z. B. der Gesundheit Österreich) inklusive multifaktorieller Analysen angestellt und standardisierte Online-Erhebungen beim ärztlichen Personal der unterbringenden Abteilungen, der Richterschaft und der Patientenanwaltschaft vorgenommen sowie vertiefende Fallstudien an vier Standorten durchgeführt.

Dabei wurden zur Thematik der Einweisung insbesondere folgende Feststellungen gemacht (siehe IRKS, Endbericht, I-III):

-       „[…] Dieser ärztlichen Vorprüfung einer Einweisung in die Psychiatrie nach § 8 UbG wird einerseits fast durchgängig eine grundsätzlich sehr wichtige Kontrollfunktion zugesprochen. Faktisch zeigt sich beachtlicher Zweifel, ob diese wichtige Kontroll- und Filterfunktion tatsächlich ausreichend wahrgenommen werden kann und wahrgenommen wird. Diesbezügliche Mängel zeigen sich vor allem in ungenügend vorhandenen oder unzuverlässig erreichbaren bzw. zeitlich teils nicht verfügbaren ÄrztInnen begründet. Die vertiefenden Fallstudien machen deutlich, dass das Problem behebbar ist und manche Regionen Beispiele guter Praxis bieten – etwa das Ärztepool-System am Fallstudien-Standort 3. […] Wenn das ärztliche System zur Untersuchung nach § 8 UbG unzureichend bereitgestellt ist, dann wirkt sich dies unmittelbar erhöhend auf Verbringungen durch die Polizei gemäß § 9 Abs. 2 UbG (Gefahr in Verzug) aus. Damit wird aber das gemäß Unterbringungsrecht vorgesehene ärztliche Kontrollsystem bei Zugängen nach UbG systematisch untergraben.“

-       „Andererseits wird auch auf polizeilicher Seite eine teils hohe Absicherungsorientierung erkennbar: Die Verantwortung über die Entscheidung insbesondere einer Nicht-Einweisung wird oft bereitwillig an die Ärzteschaft weitergegeben, um u.a. die eigene Verantwortlichkeit zu reduzieren. Grundsätzlich ist die Hinzuziehung von gemäß § 8 UbG untersuchungsbefugten ÄrztInnen bei Verdacht auf Vorliegen der Unterbringungsbedingungen im Sinne des Gesetzes. Teils steht aber die Frage im Raum, inwieweit das UbG nicht manchmal auch etwas vorschnell oder unreflektiert bemüht werden könnte, um nicht selbst entscheidungsverantwortlich für eine Nicht-Verbringung in die Psychiatrie zu sein. […]“

-       „In der Aufnahmeuntersuchung nach § 10 UbG im Krankenhaus kommt der Außenanamnese eine besondere Bedeutung zu, so die vielfach berichtete Erfahrung. Demnach stellen neben ärztlichem Fachwissen detaillierte und valide Informationen unterschiedlicher externer Stellen und Personen eine wichtige Grundlage für die Entscheidung für oder gegen eine Unterbringung dar. Die Ergebnisse machen deutlich, dass neben der betroffenen Person deren Angehörige eine meist hilfreiche Informationsquelle sind. Auch die Informationsweitergabe durch die Polizei zeigt sich überwiegend als gut funktionierend, während der Informationsfluss von den nach § 8 UbG bescheinigenden ÄrztInnen erheblichen Optimierungsbedarf erkennen lässt.“

-       „In der Prüfung der Voraussetzungen nach § 3 UbG im Rahmen der Aufnahmeuntersuchung werden beachtliche Auslegungs- und Entscheidungsdifferenzen zwischen den FachärztInnen in der Psychiatrie sichtbar. […] Durchschnittlich wird zwar nur ein kleiner Teil der Zugänge nach UbG gar nicht stationär aufgenommen, es zeigen sich aber sehr große Differenzen bezüglich solcher Nicht-Aufnahmen zwischen den Standorten. Nicht-Aufnahmen werden überwiegend, wenn auch nicht immer, systematisch dokumentiert, meist findet eine entsprechende Dokumentation in den Ambulanzakten statt.“

-       „Aus Sicht der betroffenen Personen erweisen sich vor allem ein Zeitmangel auf Seiten der UbG-zuweisenden Stellen (Polizei, ÄrztInnen) und fehlende Möglichkeiten, sich artikulieren zu können und Gehör zu finden, als problematisch. Ausreichend Aufklärung und Information bzw. ein transparentes Vorgehen ihnen gegenüber werden als essenzielle Bestandteile des Umgangs mit ihnen in dieser Ausnahmesituation eingefordert.“

Zur Anwendungspraxis der Unterbringungsvoraussetzungen nach § 3 UbG ist im Endbericht (Seiten III-IV) Folgendes festgehalten:

-       „Die rechtlichen Bestimmungen zu den Voraussetzungen einer Unterbringung gemäß § 3 UbG führen – teils unvermeidbar – einen großen Interpretationsbedarf in der Rechtsanwendung mit sich. Neben mehr Informationen braucht es vor allem auch interaktive Deutungs- und Aushandlungsprozesse, wie sie etwa in Verfahren der gerichtlichen Überprüfung grundsätzlich möglich wären (s.u.). […] Aktuell werden folgende Grenzbereiche in der Anwendungspraxis der Unterbringungsvoraussetzung „psychische Krankheit“ diskutiert und Abgrenzungsaushandlungen dazu geführt: somatisch bedingtes Delir, alkoholisierte bzw. drogenkranke Personen, Personen mit Demenzerkrankung, Personen mit Persönlichkeitsstörungen sowie einsichtsfähige Personen mit Suizidabsicht. Bezüglich der Einsichts- und Absprachefähigkeit bestehen generell größere Anwendungsdifferenzen.“

-       „Annahmen über Gefährdungen stellen Prognosen dar und sind mit dem Problem ungewisser Zukunft konfrontiert – sie lassen entsprechend großen Ermessensspielraum. Die Entscheidungskulturen sind u.a. von Wertehaltungen mit beeinflusst, die einerseits stärker an persönlichen Freiheitsrechten und Selbstbestimmung orientiert sein können oder sich andererseits eher von einer fürsorglichen Haltung geprägt zeigen. Zudem wird vor allem bei dieser Unterbringungsvoraussetzung auf breiter Ebene eine steigende Absicherungsorientierung erkennbar, die vorrangig Verantwortlichkeit für die Schutzgüter Gesundheit und Leben betont.“

-       „Der Grundsatz der Subsidiarität einer Unterbringung gegenüber gelinderen Mitteln wird in der Umsetzungspraxis des UbG einerseits teils durch fehlendes Wissen der entscheidenden Personen über Alternativen begrenzt. Andererseits limitieren oft unzureichende Versorgungs- und Unterstützungsangebote seine Umsetzung in der Praxis. Gefährdungsmomente werden teils in beachtlichem Ausmaß durch einen Unterstützungsmangel mitbedingt. Auch hier ist die Frage essenziell, ob die Psychiatrie tatsächlich die beste Alternative darstellt oder nur als letzte Möglichkeit übrigbleibt.“

Zum Thema Entlassung und Nachsorge finden sich folgende Schlussfolgerungen (IRKS, Endbericht, IX und X):

-       „Entlassungsmanagement und Nachsorge der PatientInnen sind maßgebliche Faktoren für eine möglichst gute und langfristige Stabilisierung ihres Gesundheitszustandes. Bei der Entlassung bedarf es einer hochprofessionellen Unterstützung auf Seiten der Klinik, guter Vernetzung nach draußen und geeigneter extramuraler Angebote und Ressourcen.“

-       „Im Entlassungsmanagement geht es u.a. um Motivation der PatientInnen, Klärung der vorhandenen Ressourcen außerhalb der Klinik, ärztliche Nachbetreuung, Sicherstellung der erforderlichen Medikation, ambulante Therapien, Tagesstruktur, Wohnen und die dabei erforderliche Betreuung und Pflege, um Finanzierungs- bzw. Versicherungsfragen, etc. Bei der Entlassung sollten die jeweiligen Erfordernisse, bzw. deren Umsetzung geklärt sein, auch wenn der eine oder andere Aspekt nur durch Übergangs- oder Notlösungen erfüllt wird.“

-       „Idealerweise beginnt die Vorbereitung bzw. Planung der Entlassung, sobald absehbar ist, was an Nachbetreuung bzw. -versorgung für eine/n PatientIn erforderlich sein wird, weitgehend unabhängig davon, ob eine Unterbringung aufrecht ist oder der/die PatientIn offen stationär ist. Aus der Online-Befragung und den Fallstudien ist abzuleiten, dass ein großer Teil der PatientInnen nach einer Unterbringung freiwillig auf der Station bleibt. Knappe Zeit bzw. kurzfristige Entlassungen erschweren die Entlassungsvorbereitung, vor allem wenn PatientInnen nach kurzfristiger Aufhebung einer Unterbringung nicht weiter freiwillig auf der psychiatrischen Abteilung bleiben, sind die Möglichkeiten einer Entlassungsvorbereitung in der Regel sehr begrenzt.“

-       „Die Fallstudien zeigen, dass die Entlassungsvorbereitung meist in interdisziplinären Teams unter der Leitung des/der verantwortlichen FachärztIn geleistet wird. In der Umsetzung der Pläne und der Abstimmungen mit extramuralen Organisationen übernimmt die Kliniksozialarbeit zumeist eine zentrale Rolle. Wichtige Akteure und Kooperationspartner sind regelmäßig Angehörige der PatientInnen. Auch ErwachsenenvertreterInnen werden, so bestellt, vor allem zur Klärung der Finanzierung benötigter Unterstützung oft als hilfreich beschrieben.“

-       „Im Entlassungsmanagement sind die Kliniken auf eine gute Vernetzung und Kooperation mit extramuralen Dienstleistern angewiesen – und umgekehrt sind diese auf frühzeitige Information über bevorstehende Entlassungen durch die Kliniken angewiesen. […] Von herausragender Bedeutung sind Kooperationen mit psychosozialen Diensten, die selbst meist eine breite Palette an Dienstleistungen erbringen, oft aber auch eine Vermittlungsposition gegenüber anderen, spezialisierten Einrichtungen übernehmen. […]“

-       „In der Kinder- und Jugendpsychiatrie setzt man den gewonnenen Eindrücken zufolge regelmäßiger Helferkonferenzen zur fallbezogenen Abstimmung ein. In der Erwachsenenpsychiatrie kommt diese relativ ressourcenaufwendige Planung und Abstimmung dem Anschein nach seltener zum Einsatz, könnte aber vermutlich auch hier öfter wertvolle Dienste leisten.“

-       „Behandlungsvereinbarungen darüber, wie der/die PatientIn bei einem eventuellen nächsten Klinikaufenthalt behandelt werden soll, welche Vertrauenspersonen benachrichtigt werden sollen, etc., werden bislang offenbar nur sehr selten zwischen psychiatrischen Krankenhäusern und PatientInnen geschlossen. Wenn solche Vereinbarungen geschlossen werden, dann vor allem in Hinblick auf Krisensituationen, für die man den PatientInnen nahelegt, die Klinik aufzusuchen und ihnen die Aufnahme zusagt, sofern die Voraussetzungen erfüllt werden. An einem der Fallstudienorte gab es auch einen konkreten Versuch, solche Vereinbarungen zu etablieren, auch an anderen Orten zeigt man sich dem Konzept gegenüber durchaus aufgeschlossen. Bislang dürfte einer Ausweitung vor allem unterschiedliche Akzeptanz solcher Vereinbarungen auf Fachärzteseite entgegenstehen bzw. auch der Umstand, dass die ÄrztInnen, mit denen die Vereinbarung konkret beschlossen wurden, dann bei einer eventuellen Neuaufnahme nicht unbedingt vor Ort sind und die Akzeptanz des Vereinbarten durch andere ÄrztInnen ungewiss erscheint.“

Ad Kommunikation und Kooperation (IRKS, Endbericht, XI – XIII):

-       „Die Qualität der psychosozialen Versorgung wird mitbeeinflusst von der Qualität der Kooperationen und der Vernetzung der relevanten Akteure. Die Schnittstellengestaltung zwischen den unterschiedlichen AkteurInnen ist von zentraler Bedeutung. Die Experteninterviews vermitteln, dass es für alle AkteurInnen wichtig ist, ‚über den eigenen Tellerrand‘ zu blicken und Verständnis für die Aufgaben und Rollen der anderen AkteurInnen zu entwickeln. Die psychiatrischen Kliniken befinden sich dabei in einer zentralen Position, die oft auch die Initiative für Vernetzungsaktivitäten nahelegt.“

-       „Vielfach wünschen sich die InterviewpartnerInnen mehr bzw. bessere Vernetzung auf bilateraler Ebene, zwischen Gruppen oder unter allen relevanten Akteuren. Letzteres Ziel lässt sich leichter realisieren, wenn das Einzugsgebiet kleinräumiger und die Zahl der AkteurInnen gut überschaubar ist. An einem der Fallstudienorte zeigen sich besonders gute Ansätze einer guten Vernetzungspraxis. Dort gibt es nicht nur eine Koordinationseinrichtung für die Weiterentwicklung der psychosozialen Entwicklung in der Region, sondern auch ein Beratungs- und Planungsgremium, in dem die wichtigsten Akteure des Feldes vertreten sind. Dieses Gremium wird als wertvolle Ressource und wichtiges Forum für Weiterentwicklungen der Psychosozialen Versorgung erfahren.“

-       „Vielfach beschränken sich die Abstimmungen der AkteurInnen weitgehend auf Treffen im Rahmen von Einzelfallkontakten. In eher kleinen Regionen bzw. bei einer übersichtlichen Zahl an Akteuren baut man nicht zuletzt darauf, Abstimmungstreffen bei Bedarf rasch einberufen zu können. Selbst bei guter Kooperation können Optimierungsbedarfe dann länger einer Bearbeitung harren. Vernetzungs- und Austauschtreffen sind kein Garant für eine Abstimmung oder Lösung von Optimierungsbedarfen, sie bieten aber ein Forum und ausdrückliche Gelegenheit dafür.“

-       „In der Onlinebefragung nannten die KlinikärztInnen die Angehörigen der PatientInnen als wichtigste KooperationspartnerInnen und Informationsquellen, großteils werden diese Kooperationen auch gut bewertet. In den Gesprächen mit AngehörigenvertreterInnen spiegelt sich solch eine gute Kooperation aber kaum wider. Auch wenn die mit Angehörigen geführten Gespräche keine Verallgemeinerungen zulassen, sind diese Rückmeldungen dennoch als Hinweis auf Verbesserungspotenzial zu deuten.“

-       „Die Polizei zeigt sich in der Studie als sehr wichtiger Akteur in der Praxis des UbG. Im Allgemeinen und überwiegend wurden die Kooperationen zwischen Polizei und anderen AkteurInnen gut bewertet. Aus dem Blickwinkel befragter PolizeivertreterInnen in den Fallstudien zeigen sich die Kooperationen aber teils als verbesserungsbedürftig. Vor allem wenn nach UbG in die Psychiatrie verbrachte PatientInnen doch nicht untergebracht werden, können fallbezogene Erklärungen und regelmäßiger Austausch Irritation auf Seiten der Polizei reduzieren und Verständnis für die Rolle und Aufgabe des/der jeweils anderen befördern.“

-       „Vergleichsweise schlechtes Feedback bekommen die gemäß § 8 UbG zuweisungsberechtigten ÄrztInnen in den Erhebungen. In den Fallstudien fällt auf, dass es kaum Vernetzungen mit diesen ÄrztInnen gibt. Besonders verwundert, dass an keinem der Fallstudienorte über Abstimmungstreffen zwischen den psychiatrischen Krankenhäusern und den § 8-ÄrztInnen berichtet wurde, zumal es hier einiger Abstimmungsbedarf erkennbar wird. Eine Erklärung könnte darin liegen, dass es keine regionalen Ansprechstellen gibt, die die § 8-ÄrztInnen vertreten.“

-       „Die Zusammenarbeit und Kommunikation der zentralen Akteure der gerichtlichen Überprüfungen – RichterInnen, KlinikärztInnen, PatientenanwältInnen – stellt sich den empirischen Daten zufolge gut dar. Bei kritischer Leseweise der Ergebnisse der Onlinebefragung sieht dennoch ein beachtlicher Teil der ÄrztInnen und der PatientenanwältInnen „Optimierungsmöglichkeiten“. Ein Fünftel der online befragten ÄrztInnen brachte gewisse Schwierigkeiten im Verhältnis zur Patientenanwaltschaft zum Ausdruck. Insgesamt erweist sich auch zwischen diesen Berufsgruppen regelmäßiger Austausch über die jeweiligen Rollen losgelöst von der Einzelfallarbeit als wichtig.“

-       „Eine zentrale Kooperationsachse in Hinblick auf die Nachversorgung besteht zwischen den Kliniken und den psychosozialen Diensten. Die empirischen Befunde weisen auch hier auf überwiegend gute Kooperationen mit ein wenig Optimierungspotential hin. Vor allem die Verbindungsdienste zeigen sich als sehr wichtige Schnittstelle, deren Gestaltung und Pflege besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte. Vergleichsweise oft lassen sich in den erschlossenen empirischen Daten Hinweise auf Probleme in der Zusammenarbeit mit Heimen bzw. Wohneinrichtungen für psychisch kranke Menschen finden. Zu vermuten ist, dass dies nicht zuletzt mit verbreiteten, strukturellen Problemen zusammenhängt (z. B. zu wenige geeignete Wohnplätze oder Unterbringungsanregungen aufgrund mangelnder Personalressourcen bzw. Überforderung in den Wohneinrichtungen).“

-       „Ein vielfach berichtetes Problem sind Unsicherheiten im Umgang mit sensiblen, personenbezogenen Informationen und Daten. Im Tenor zeigten sich die befragten AkteurInnen einig, dass Informationen bzw. Hinweise auf ernsthafte Gefahrenpotentiale von PatientInnen jedenfalls an die Kliniken bzw. behandelnden ÄrztInnen weitergegeben werden dürfen. Entsprechendes wird für die Polizei angenommen, wenn bei der Entlassung von PatientInnen nach wie vor ein ernsthaftes Gefahrenpotential gesehen wird. Die PraktikerInnen-Rückmeldungen sprechen für eine gesetzliche Regelung, die diesbezüglich mehr Klarheit schafft. Ein großes Spannungsfeld besteht zwischen den Interessen von AkteurInnen an zentral gespeicherten Dokumentationen zu Gefahrenpotentialen oder Unterbringungsinformationen einerseits und den Datenschutzrechten Betroffener andererseits. Eine Mehrheit der befragten ExpertInnen sprach sich relativ deutlich gegen solch zentrale Dokumentationen aus.“

Zur extramuralen psychiatrischen und (psycho-)sozialen Versorgungssituation (IRKS, Endbericht, XIII – XV):

-       „Neben der Zahl bzw. Vielfalt, Dichte und Ressourcenausstattung der relevanten Einrichtungen und Dienstleister bestimmen auch die geographische Lage, die verkehrstechnische Anbindung und soziale Rahmenbedingungen die Versorgungsituation. Idealerweise werden Anzeichen einer psychischen Erkrankung früh erkannt und wird auf sie möglichst bald mit Behandlungs-, Therapie- und/oder anderen begleitenden Maßnahmen reagiert, um einer zwangsweisen Unterbringung vorzubeugen. […]“

-       „Ebenso ist die fachärztliche und psychosoziale Nachsorge ein wesentlicher Teil zur nachhaltigen Absicherung von Behandlungserfolgen, wie bereits weiter oben thematisiert wurde. Ein zunehmender Mangel an (vor allem niedergelassenen) PsychiaterInnen ist daher auch aus Sicht des Unterbringungsrechts als schwerwiegendes Problem zu betrachten.“

-       „Begleitende Maßnahmen, die auch zu einer Vermeidung oder Verringerung von Unterbringungen beitragen können, umfassen ein vielfältiges Feld. Erforderlich sein können rehabilitative Maßnahmen, Maßnahmen zur Gestaltung der Tagesstruktur, Beschäftigung oder Freizeit, Unterstützung beim Wohnen etwa durch geeignete Betreuung und (psychiatrische) Pflege in Privathaushalten, teilbetreutes Wohnen in WGs, etc. Spezifische Unterstützungsmaßnahmen können darüber hinaus für bestimmte PatientInnengruppen erforderlich sein, z. B. für Kinder, für Jugendliche, Menschen mit Suchterkrankungen etc. Österreichweit wird ein Mehrbedarf hinsichtlich der psychosozialen Versorgung konstatiert.“

-       „Hervorzuheben ist die in den Fallstudien zum Ausdruck kommende Bedeutung geeigneter Unterstützungs- und Interventionsangebote in Krisenfällen, vor allem mobile Modelle werden hier gefordert. Diesen wird von ExpertInnen und BetroffenenvertreterInnen ein großes Potential zugesprochen, Eskalationen und auch Unterbringungen zu vermeiden. Mobile Kriseninterventionsteams könnten den Einschätzungen der ExpertInnen zufolge z. B. auch die Polizei entlasten und die gemäß § 8 UbG einschreitenden Ärzte unterstützen.“

-       „In der Online-Befragung im Rahmen dieser Studie antwortete eine große Mehrheit der befragten ExpertInnen, dass Versorgungsmängeln für Menschen mit psychischen Erkrankungen in der jeweiligen Region ein großer Einfluss auf ein Ansteigen der Unterbringungszahlen zuzuschreiben ist. Die Ergebnisse dieser Studie deuten aber auch an, dass sich aus einer besseren medizinischen und (psycho-)sozialen Versorgungslandschaft nicht automatisch niedrigere Unterbringungsraten ergeben, wie in Kapitel 12 dieser Studie ausführlicher diskutiert wird. Dennoch ist ausdrücklich festzuhalten, dass vielfältige professionelle Versorgungs- und Unterstützungsangebote für Menschen mit psychischer Erkrankung, die durch ausreichende Ressourcen, hohe Fachlichkeit und eine personenzentrierte Grundhaltung gekennzeichnet sind, ein absolut essenzieller Faktor in der Vermeidung und Reduzierung von Zwangsunterbringungen in der Psychiatrie sind. Sie brauchen hierfür eine fachliche Haltung (und haben solch eine auch häufig), die die Zwangsbefugnisse der Psychiatrie nicht einfach nur als praktisches Mittel für schwierige KlientInnen mit mangelnder Compliance betrachtet, sondern Freiheitsbeschränkungen als gravierenden Grundrechtseingriff so weit wie möglich zu vermeiden versucht.“

2.3. Arbeitsgruppe

In den Diskussionen der Arbeitsgruppe, die von August 2018 bis April 2019 getagt hat, haben sich im Einklang mit der Studie des IRKS und teils auch mit den Arbeiten der Sonderkommission „Brunnenmarkt“ folgende Problembereiche herauskristallisiert:

In vielen Gegenden Österreichs gibt es zu wenige Ärzte, die eine Bescheinigung nach § 8 UbG ausstellen können, sodass sich für die Patienten und die Polizei stundenlange Wartezeiten ergeben. Manchmal muss die Polizei mit dem Patienten auch weite Strecken zum Amtsarzt zurücklegen. Beide Szenarien sind für den Patienten, der sich in einer Krise befindet, eine Zumutung und für die Polizisten eine große Herausforderung.

Dazu kommt, so die Psychiater in der Arbeitsgruppe, folgendes Problem: Sieht ein Psychiater (extramural) die Notwendigkeit, dass sein Patient untergebracht wird, so ist es nach geltendem Recht regelmäßig notwendig, dass die vom behandelnden Arzt verständigte Polizei einen Amtsarzt beizieht. Dabei soll es immer wieder vorkommen, dass der Amtsarzt, der kein Facharzt für Psychiatrie sein muss und der den Patienten nicht kennt, entgegen der Meinung des behandelnden Psychiaters die Bescheinigung nach § 8 UbG nicht ausstellt. Hier dürfte es zu Reibungsverlusten – letztlich zu Lasten der Patienten – kommen, die es zu vermeiden gilt.

Bei der Informationsvermittlung der nach § 8 UbG einweisenden Ärzte an die psychiatrischen Abteilungen gibt es erhebliche Defizite: Manchmal können Patienten in der psychiatrischen Abteilung nicht aufgenommen werden, weil sich der Patient auf dem Weg in die Krankenanstalt beruhigt hat, der Psychiater die Bescheinigung nach § 8 UbG aufgrund der Handschrift des Amtsarztes nicht lesen kann und keine Möglichkeit hat, mit dem Amtsarzt Kontakt aufzunehmen, um herauszufinden, wieso der Patient auf die Psychiatrie gebracht wurde.

Das UbG muss von sehr vielen Berufsgruppen angewendet werden. Im Idealfall sollten alle „Hand in Hand“ arbeiten und sich gegenseitig ergänzen. In der Praxis gelingt das derzeit nicht immer. Die Aufgabenverteilung zwischen Polizei, Ärzten nach § 8 UbG und psychiatrischen Abteilungen ist nicht vollkommen klar. Über die Auslegung wichtiger Unterbringungsvoraussetzungen herrscht bei Nicht-Juristen Rechtsunsicherheit. Generell wird den Alternativen zur Unterbringung, selbst wenn sie zur Verfügung stünden, zu wenig Augenmerk geschenkt.

Insbesondere im Stadium der Entscheidung über die Unterbringung gibt es einen eklatanten Verbesserungsbedarf bei der Zusammenarbeit der verschiedenen Professionen. So werden etwa Patienten mitunter nicht aufgenommen, weil ihre Gefährlichkeit auf der psychiatrischen Abteilung nicht sichtbar wird. Die psychiatrische Abteilung muss hier Informationen über Vorfälle im sozialen Umfeld des Patienten, wie z. B. über Wegweisungen, erhalten. Der rechtliche Rahmen für den dafür erforderlichen Datenaustausch gehört gesetzlich geregelt. Dies gilt auch für die Nachsorge: Patienten, die nach Verbringen in die psychiatrische Abteilung nicht aufgenommen oder nach Aufhebung der Unterbringung entlassen werden, sind sich derzeit nicht immer im Klaren darüber, wie sie nach Hause kommen oder wo sie in Zukunft bleiben können. Dem Entlassungsmanagement der psychiatrischen Abteilung kommt daher große Bedeutung für die erfolgreiche Bewältigung des Lebens außerhalb des Krankenhauses zu. Dieses muss mancherorts verbessert werden.

Psychiatrieerfahrene Personen berichten, dass im Zuge der Einweisung in eine psychiatrische Abteilung und auch dort vielfach über sie, aber nicht mit ihnen gesprochen wurde. Diese Kritik betrifft alle mit dem Vollzug des UbG betrauten Berufsgruppen. Eine Kommunikation mit den Patienten „auf Augenhöhe“ ist unabdingbar für den erfolgreichen Verlauf der Behandlung. Dem Gespräch mit den Patienten ist von allen Berufsgruppen mehr Bedeutung beizumessen. Außerdem sollte den Angehörigen bzw. Vertrauenspersonen des Patienten ein größerer Stellenwert im Unterbringungsgeschehen als Informationsquelle und zu dessen Unterstützung zukommen. Zudem können „Behandlungsvereinbarungen“ zwischen Patienten und psychiatrischer Abteilung bei erneuten Unterbringungen zur raschen Orientierung beitragen.

In der Arbeitsgruppe wurden außerdem folgende – von den Berichten des IRKS und der Sonderkommission „Brunnenmarkt“ nicht angesprochene – Sachverhalte als dringend regelungsbedürftig festgemacht:

Verlässt ein Patient, der ohne Verlangen untergebracht ist, die psychiatrische Abteilung eigenmächtig oder benötigt er auf der psychiatrischen Abteilung dringend eine somatische Behandlung, so ist nach geltendem Recht ungeregelt, ob bzw. wie lange er weiterhin als untergebracht gilt.

Es ist nach geltendem Recht nicht möglich, einen Patienten, der in einem psychiatrischen Krankenhaus freiwillig aufgenommen ist, auf sein Verlangen unterzubringen, weil § 4 Abs. 2 UbG vorsieht, dass das Verlangen vor der Aufnahme gestellt werden muss.

Das geltende Recht enthält nur wenige Bestimmungen für Minderjährige und ist auch nicht auf die Anwendung auf Kinder- und Jugendpsychiatrien zugeschnitten. Minderjährige befinden sich – in einem größeren Ausmaß als Erwachsene – in einem Entwicklungsprozess und sind besonders durch ihr (familiäres) Umfeld beeinflusst. Daraus ergeben sich besondere Anforderungen an den Umgang mit dieser Patientengruppe, die ihren gesetzlichen Niederschlag finden müssen. So ist etwa die hier erforderliche enge Zusammenarbeit mit den Trägern der Kinder- und Jugendhilfe im Gesetz nicht abgebildet. Außerdem sind in der Praxis Maßnahmen notwendig, die auf Kinder und Jugendliche in Krankenanstalten zugeschnitten sind. Die derzeitige Rechtslage führt nämlich teilweise zur paradoxen Situation, dass Regeln für Jugendliche auf allgemeinen psychiatrischen Stationen strenger sind als für untergebrachte Patienten, sodass Jugendliche eine Unterbringung provozieren, um mehr Freiheiten genießen zu können. Schließlich muss das Spannungsverhältnis der Kinderrechte zu den Elternrechten für die Frage der Unterbringung und dessen Vollzug (differenzierend) aufgelöst werden.

2.4 UN-Behindertenrechtskonvention

Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte und weitere Organe der Vereinten Nationen fordern aufgrund der UN-Behindertenrechtskonvention ein absolutes Verbot von Zwangsmaßnahmen und Zwangsbehandlungen in der Psychiatrie (siehe etwa https://ap.ohchr.org/documents/dpage_e.aspx?si=A/HRC/34/32). Da der Schutzbereich der Art. 12 und 14 UN-Behindertenrechtskonvention aber nicht losgelöst von den ebenfalls im Übereinkommen gesicherten Menschenrechten auf Leben und Unversehrtheit der Person in Art. 10 und 17 betrachtet werden darf, ist der Staat verpflichtet, vor Verletzungen des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit zu schützen (Glaab, Vereinbarkeit von freiheitsentziehenden Maßnahmen in der stationären Altenpflege mit der UN-Behindertenrechtskonvention?, BtPrax 2020, 86 (89)). Den Verfechtern einer Psychiatrie ohne Zwang zufolge habe sich diese ausschließlich auf ihre unterstützende Funktion zu konzentrieren, zur Abwendung von Selbst- oder Fremdgefährdungen sei allein die Polizei und Strafjustiz berufen (siehe mit weiteren Nachweisen etwa Zinkler/von Peter, Ohne Zwang – ein Konzept für eine ausschließlich unterstützende Psychiatrie, R & P (2019) 37: 203-209).

Zunächst erscheint fraglich, ob die Situation von Menschen mit Behinderungen durch die vollständige Trennung der unterstützenden Systeme von den Zwang ausübenden Instanzen tatsächlich verbessert wird. Die Vorstellung, Patienten in akuten psychischen Krisen, die Hilfe aus welchen Gründen auch immer ablehnen, im Polizeigewahrsam oder Strafvollzug unterzubringen, ist schwer erträglich. Mit Marschner (R & P (2019) 37: 202) ist vielmehr festzustellen, dass solche Menschen einen Anspruch auf eine entsprechende reizarme und beruhigende Unterbringungssituation mit therapeutischen Angeboten hat, egal wie der Ort benannt wird, an dem die Unterbringung stattfindet.

Muss vom Staat Zwang ausgeübt werden, um Gefährdungen des Lebens oder der körperlichen Integrität hintanzustellen, erscheint es mit der Menschenwürde eher vereinbar, diesen auf ein absolutes Minimum zu begrenzen, was in aller Regel voraussetzt, dass mit der Behandlung des Menschen in der Krise begonnen werden kann und er nicht einfach in „Sicherungshaft“ genommen wird bis er zur Einsicht gelangt, dass die Behandlung von Nöten ist. Die Unterbringung findet schon derzeit in 76,8 % bei Erwachsenen und 73,1 % der Kinder und Jugendlichen nur einmal statt (Gesundheit Österreich GmbH, Monitoring der Unterbringungen nach UbG in Österreich, Berichtsjahr 2018), sie dürfte daher häufig zu einer positiven gesundheitlichen Entwicklung der Betroffenen beitragen.

Der Entwurf hält daher – im Einklang etwa mit der Rechtsprechung des deutschen Bundesverfassungsgerichtshof (2 BvR 882/09) und basierend auf den Gesprächen in der Arbeitsgruppe auch mit psychiatrieerfahrenen Personen – grundsätzlich an dem Konzept von Zwang in der Psychiatrie fest. Er enthält aber zahlreiche neue Elemente, die sicherstellen sollen, dass in jeder Phase der Unterbringung, praktisch von der ersten Sekunde der Anhaltung an, sowohl von der Polizei als auch von den Ärzten das Gespräch mit der betroffenen Person gesucht und ihre Willensbildung unterstützt und ernst genommen wird.

Zunächst geht es darum, möglichst in Absprache mit dem Patienten Alternativen zur Unterbringung zu finden. Ist das nicht möglich, soll sichergestellt werden, dass Zwang auf absolut notwendige und möglichst kurzfristige Maßnahmen der Krisenintervention reduziert wird. Auch die Unterstützungsmöglichkeiten des Patienten während der Unterbringung wurden ausgeweitet mit dem Ziel, seine Willensbildung zu stärken und zu erreichen, dass auf seine Präferenzen Rücksicht genommen wird. Die medizinische Behandlung wurde auf Basis des Modells der unterstützten Entscheidungsfindung neu reglementiert. So soll auf den Zwang so rasch als möglich die von betroffenen Patienten erwünschte Behandlung oder alternative therapeutische Reaktion folgen. Dass auch im Falle der Nichtaufnahme und der Aufhebung der Unterbringung ein Gespräch geführt werden muss, soll sicherstellen, dass der Patient seine Erfahrungen darlegen und reflektieren sowie letztlich beeinflussen kann, wie er außerhalb der Psychiatrie versorgt wird. Dadurch soll der Patient in die Lage versetzt werden, sich im Alltag besser zurecht zu finden. Wenn er das möchte, besteht die Möglichkeit einen Behandlungsplan auszuarbeiten, in den die Erfahrungen der Unterbringung einfließen sollen. So soll eine neuerliche Unterbringung, sofern sie nötig ist, möglichst nach den Vorstellungen des Patienten gestaltet werden.

2.5. Regierungsprogramm

Basierend auf diesen Arbeiten sieht das Regierungsprogramm 2020 bis 2024 im Kapitel „Reform des Unterbringungsrechts“ folgende Maßnahmen vor:

-       „Evaluierung der Unterbringungsvoraussetzungen und -praktiken“

-       „Klärung der politischen Verantwortung durch Festmachung eines Weisungsrechts“

-       „Schaffung der gesetzlichen Voraussetzungen für eine bessere Vernetzung der verschiedenen Stellen unter Beachtung der datenschutzrechtlichen Notwendigkeiten“

-       „Klarere Aufgabenverteilung zwischen Polizei, Amtsärztinnen und Amtsärzten, Psychiatrien und Gerichten“.

3. Wesentliche Inhalte des Entwurfs

3.1 Definitionen

Zur Verbesserung der Verständlichkeit des Gesetzes werden in § 2 Abs. 2 UbG des Entwurfs wichtige Begriffe des UbG definiert.

3.2 Ärztepool

Im Entwurf ist dem Landeshauptmann die Möglichkeit eingeräumt, Ärzte zu ermächtigen, eine Bescheinigung nach § 8 UbG auszustellen. Dies kann etwa in Gestalt eines Ärztepools erfolgen. Dem Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz kommt dabei eine wichtige Steuerungsfunktion zu (vgl. Kopetzki, RdM 2014/126): Er hat mit Verordnung die fachlichen und persönlichen Voraussetzungen für die Ermächtigung bzw. die Entziehung der Ermächtigung festzulegen. Primärversorgungseinrichtungen soll diese Möglichkeit dagegen nicht mehr zukommen (vgl. Kopetzki, iFamZ 2007, 22 [24]).

3.3 Klärung der Aufgaben aller Akteure

Durch sprachliche Umformulierungen und durch eine bessere Strukturierung der einzelnen Bestimmungen soll klargestellt werden, welche Aufgaben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, der einweisende Arzt und der Facharzt der psychiatrischen Abteilung im Rahmen der Klärung der Voraussetzungen der Unterbringung haben.

Außerdem sollen sämtliche Befugnisse der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Zusammenhang mit Unterbringungen abschließend im UbG (vgl. § 9 UbG) geregelt werden. Die (parallelen) Bestimmungen im SPG sollen daher entfallen

3.4 Weisungsrecht

Ein zu hoheitlichem Handeln Beliehener muss staatlichen Organen gegenüber weisungsgebunden sein. Der Träger einer Sonderkrankenanstalt für Psychiatrie oder einer Krankenanstalt, die über psychiatrische Abteilungen verfügt, ist mit der Befugnis, Freiheit und andere Rechte zu beschränken, beliehen und damit „Behörde“. Dem Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz soll daher in Angelegenheiten des UbG die Aufsicht über solche Anstaltsträger und eine Weisungsbefugnis eingeräumt werden.

3.5 Kooperation und Kommunikation - Datenschutz

Im Zuge der Arbeiten an der Reform hat sich gezeigt, dass Missverständnisse unter den Akteuren und Informationsverluste (z. B. aufgrund unleserlicher Handschrift) zu falschen, gefährlichen und unbefriedigenden Entscheidungen führen können. Die Kommunikation und Kooperation zwischen den verschiedenen Stellen, die mit psychisch kranken Personen mit Selbst- und Fremdgefährdungspotential zu tun haben, ist zweifellos verbesserungswürdig. Es ist daher eines der wesentlichen Ziele dieser Reform, hier mehr Rechtssicherheit zu schaffen. Vorgeschlagen wird, grundsätzlich für jede Berufsgruppe gesondert und unter Beachtung der Vorgaben der DSGVO für alle denkbaren Situationen zu regeln, wer wem welche Daten zu welchem Zweck übermitteln darf.

Bisher wurden Patienten manchmal aus psychiatrischen Abteilungen entlassen, obwohl sie nicht wussten, wohin sie sich nun wenden sollen. Daher soll sich der Arzt im Zuge der Aufhebung der Unterbringung um eine angemessene extramurale soziale und psychiatrische Betreuung bemühen, wenn er das für erforderlich hält. Dies soll zu einem nachhaltigen Behandlungserfolg führen. Der dafür nötige Datenaustausch soll eine gesetzliche Regelung erfahren.

3.6 Eigenmächtiges Fernbleiben und Behandlung außerhalb der psychiatrischen Abteilung

Diese beiden Sachverhalte sind de lege lata ungeregelt und sollen in Anlehnung an die von der Rechtsprechung entwickelten Leitlinien einer gesetzlichen Regelung zugeführt werden. Auf diese Weise soll für Patienten, Patientenanwälte, Ärzte und Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes klar gestellt sein, welche Regelungen (UbG oder HeimAufG) auf den Patienten anwendbar sind.

3.7 Stärkung der Selbstwirksamkeit und Selbstbestimmung der betroffenen Person und des Patienten

Nach dem Entwurf soll eine Person nur noch auf ihr eigenes Verlangen untergebracht werden können, unabhängig davon, wie alt sie ist. Eine Unterbringung auf Verlangen eines gesetzlichen Vertreters soll – auch bei entscheidungsunfähigen Minderjährigen – nicht mehr möglich sein. Es soll auch gewährleistet werden, dass die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, die Ärzte im Sinn des § 8 Abs. 1 und die Ärzte in psychiatrischen Abteilungen selbst mit dem Patienten sprechen. Der Patient soll auch die Möglichkeit haben, einen Vertreter oder eine Vertrauensperson namhaft zu machen und muss auf dieses Recht hingewiesen werden. Neben einer gewählten Vertretung soll die – im Sinn des Grundrechtsschutz höchst effiziente – Vertretung der Patientenanwaltschaft immer bestehen bleiben. Der Patient soll das Recht haben, zur Erstanhörung und zur mündlichen Verhandlung eine Vertrauensperson mitzunehmen. Die mündliche Verhandlung ist in Zukunft nicht öffentlich, kann aber auf Verlangen des Patienten oder seines Vertreters öffentlich gemacht werden. Es soll nach Möglichkeit im Zuge der Aufhebung der Unterbringung über den Aufenthalt des Patienten außerhalb der Anstalt nachgedacht und ein Behandlungsplan vereinbart werden, damit Arzt und Patient eine Art Anleitung für den Fall einer neuerlichen Aufnahme haben.

3.8 Medizinische Behandlung

Die – von der UN-Behindertenrechtskonvention geprägten – Regelungen des 2. ErwSchG sollen auch an untergebrachten Patienten zur Anwendung kommen. Ein entscheidungsfähiger Patient darf daher stets nur mit seiner Einwilligung behandelt werden; fehlt es an der Entscheidungsfähigkeit, so hat der behandelnde Arzt die Verpflichtung, Personen beizuziehen, die den Patienten bei der Erlangung der Entscheidungsfähigkeit unterstützen können. Die gerichtlichen Entscheidungsbefugnisse werden neu geregelt und beim Unterbringungsgericht konzentriert. Weiters soll klargestellt werden, wie vorzugehen ist, wenn ein entscheidungsunfähiger Patient keinen Vertreter hat. Auf Verlangen des Patienten, seines Vertreters oder des Abteilungsleiters muss das Gericht immer über die Zulässigkeit einer medizinischen Behandlung entscheiden.

3.9 Besondere Bestimmungen für die Unterbringung Minderjähriger

In einem eigenen Abschnitt sollen spezielle Regelungen für die Unterbringung Minderjähriger (teils als Ergänzungen zu den allgemeinen Bestimmungen, teils als leges speciales) vorgesehen werden. Es gilt etwa besondere Kooperationsverhältnisse rechtlich zu ermöglichen, den Elternrechten den ihnen gebührenden Stellenwert einzuräumen und besondere Vorgaben beim Vollzug der Unterbringung zu schaffen (z. B. im Zusammenhang mit medizinischen Behandlungen und sog. „alterstypischen“ Maßnahmen).

3.10 Missverständnisse bei der Auslegung des UbG

Wie gezeigt, war in den Diskussionen in der Arbeitsgruppe festzustellen, dass selbst unter prominenten Praktikern des UbG Unklarheiten über die Erfordernisse des § 3 UbG herrschen. Mitunter wurde daher gefordert, in den Entwurf eine Legaldefinition für „ernstliche und erhebliche Gefährdung“ aufzunehmen. Eine gesetzliche Klärung bringt aber angesichts der Komplexität und der Fülle der denkbaren Fälle die Gefahr von gefährlichen Gegenschlüssen mit sich. Daher sollen im Folgenden immerhin in den Erläuterungen zum Gesetzesentwurf an Hand von Literatur und Judikatur einige wichtige Klarstellungen zu den Voraussetzungen der Unterbringung erfolgen:

Voraussetzung der Unterbringung ist, dass es eine Gefahrenquelle gibt, und zwar ein durch eine psychische Krankheit geprägtes Verhalten (Kopetzki, Unterbringungsrecht II, 514). Aufgrund dieses Verhaltens muss eine Gefahr prognostiziert werden können. Die Gefahr, die nur durch die zwangsweise Einlieferung hervorgerufen wird, darf dabei nicht mitberücksichtigt werden (Kopetzki, Unterbringungsrecht II, 515). Die Gefahr muss sowohl ernstlich als auch erheblich sein. „Ernstlich“ ist eine Gefahr, wenn sie mit hoher Wahrscheinlichkeit eintritt. Diese Prognose muss auf „objektiven und konkreten Anhaltspunkten“ beruhen (4 Ob 513/93). Es ist danach zu fragen, welche Handlung aufgrund welchen Anhaltspunktes zu befürchten und welches Rechtsgut gefährdet ist (Kopetzki, Unterbringungsrecht II, 513). Die bloße Möglichkeit einer Selbst- oder Fremdschädigung reicht danach nicht aus. „Aktuell“ bzw. „gegenwärtig“ muss sie aber nicht sein. „Erheblich“ ist eine Gefahr, wenn die drohende Schädigung besonders schwer ist (2 Ob 605/92). Das kann einerseits ein einmaliges Ereignis oder das Ergebnis von mehreren „chronisch“ aufeinander folgenden Teilschäden sein (Kopetzki, Unterbringungsrecht II, 516). Diese beiden Kriterien stehen überdies in einer Wechselbeziehung: Wenn besonders schwerwiegende Folgen drohen, genügt eine geringere Wahrscheinlichkeit und umgekehrt (Kopetzki, Grundriss des Unterbringungsrechts [2012]³ Rz 109).

5. Kompetenz

Die Kompetenz des Bundes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG (Gesundheitswesen). Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 28.6.2003, G 208/02, VfSlg 16.929/2003, klargestellt hat, ist die Regelung freiheitsbeschränkender Maßnahmen zur Abwehr krankheitsbedingter Gefahren diesem Kompetenztatbestand zuzuordnen und daher in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache. Wenn – wie gegenständlich – der Inhalt eines Kompetenztatbestands „die Materie nicht nach allen Richtungen erfasst“ (VfSlg 4348/1963) kann das mitunter dazu führen, dass ein und derselbe Lebenssachverhalt nach verschiedenen Gesichtspunkten unter mehreren Kompetenztiteln – hier zusätzlich auch Art. 12 Abs. 1 Z 1 B-VG: „Heil- und Pflegeanstalten“ – geregelt werden kann (z. B. was Besuchsrechte von Patienten, Dokumentationspflichten der Anstalten und Einsichtsrechte der Patienten und ihrer Vertreter anbelangt). Da der Entwurf die von den Bundesländern wahrgenommenen Interessen aber nicht unterläuft (VfSlg 10.292/1984) oder gar in ihr Gegenteil verkehrt (VfSlg 10.305/1984), ist dem verfassungsrechtlichen Berücksichtigungsgebot (VfSlg 8831/1980) Genüge getan.

6. Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort

Das Vorhaben wird sich auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort nicht negativ auswirken.

7. Aspekte der Deregulierung

Das Vorhaben ist sozial-, gesundheits- und rechtspolitisch wichtig, weil es dazu beiträgt, dass psychisch kranke Menschen besser psychiatrisch versorgt sind. Aspekte der Deregulierung, wie sie Art. 1 § 1 Abs. 1 des Deregulierungsgesetzes 2001 anspricht, stehen ihm nicht entgegen.

8. Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Der Entwurf unterliegt keinen besonderen Beschlusserfordernissen im Nationalrat und im Bundesrat. Er muss auch nicht nach dem Notifikationsgesetz 1999 notifiziert werden.

9. Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union

Das UbG betrifft Bereiche, die im Gemeinschaftsrecht nicht geregelt sind.

 

B. Zur Novelle des Internationalen Privatrechts

Ausgangslage

Mit dem 2. Erwachsenenschutz-Gesetz (BGBl. I Nr. 59/2017) wurde die vormalige kraft Gesetzes entstehende Vertretungsbefugnis nächster Angehöriger (§ 284b ABGB idF BGBl I 92/2006, in der Folge kurz: Angehörigenvertretung) weiterentwickelt und nunmehr im Rahmen des Instituts der „gesetzlichen Erwachsenenvertretung“ geregelt. Neu ist, dass die Eintragung in das Österreichische Zentrale Vertretungsverzeichnis (ÖZVV) durch einen Notar, einen Rechtsanwalt oder einen Erwachsenenschutzverein für das Entstehen der Vertretung erforderlich ist; die Eintragung in das ÖZVV hat konstitutive Wirkung (§§ 245 Abs. 2, 270 ABGB).

Im österreichischen IPRG fand die Angehörigenvertretung keine ausdrückliche Berücksichtigung, auch für die gesetzliche Erwachsenenvertretung kennt das österreichische IPRG keine eigene Kollisionsnorm. § 15 IPRG regelt nach herrschender Lehre nur die gerichtliche Erwachsenenvertretung (Lurger/Melcher, Handbuch Internationales Privatrecht, 2/19; Nademleinsky, iFamZ 2018, 315; Traar, iFamZ 2017, 411). Aus den Erläuterungen zu § 15 IPRG (RV 2404 BlgNR 24. GP 10) geht hervor, dass diese Bestimmung nur für jene Fälle der Sachwalterschaft (nunmehr der gerichtlichen Erwachsenenvertretung) gelten soll, die das Haager Übereinkommen über den internationalen Schutz von Erwachsenen vom 13. Jänner 2000 (HESÜ, BGBl. III Nr. 287/2013) nicht regelt. Im Wesentlichen ist dies der Fall, wenn ein österreichischer Staatsbürger keinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Vertragsstaat hat und sich die inländische Gerichtsbarkeit auf § 110 Abs. 1 Z 1 JN (österreichische Staatsangehörigkeit) stützt; damit wird der Grundgedanke des HESÜ (Gleichlauf von Forum und anwendbarem Recht) übernommen. § 15 IPRG kommt daher nach aktueller Rechtslage dann zur Anwendung, wenn der räumlich-persönliche Anwendungsbereich des HESÜ nicht gegeben ist (so auch Nademleinsky, iFamZ 2018, 315).

Sofern keine gerichtlichen oder behördlichen Maßnahmen getroffen werden, ist die gesetzliche Erwachsenenvertretung nach herrschender Lehre mit Hinweis auf den Lagarde-Bericht auch nicht vom HESÜ erfasst (vgl Lagarde-Bericht Rn 90; MüKoBGB/Lipp, Art. 24 EGBGB Rz 15 [noch zur Angehörigenvertretung nach der österreichischen Rechtslage vor dem 2. ErwSchG], Lurger/Melcher, Handbuch Internationales Privatrecht, 2/19 [ebenfalls noch zur Angehörigenvertretung]; Nademleinsky, iFamZ 2018, 314-315). Auf die Entstehung der gesetzlichen Erwachsenenvertretung österreichischer Prägung sind daher nach überwiegender Rechtsmeinung die Kollisionsnormen des HESÜ nicht anwendbar, weil die bloße Eintragung in das ÖZVV nicht als „behördliche Maßnahme“ im Sinne des HESÜ zu qualifizieren ist. Wird allerdings eine behördliche Maßnahme getroffen (etwa die Beendigung der gesetzlichen Erwachsenenvertretung durch Gerichtsbeschluss gemäß § 246 Abs. 1 ABGB), so sind die Kollisionsnormen des HESÜ sehr wohl wieder anzuwenden.

Für die Praxis ist nach aktueller Rechtslage nicht eindeutig geklärt, welches Recht zur Beurteilung, ob eine gesetzliche Erwachsenenvertretung vorgesehen ist und in das ÖZVV eingetragen werden kann, anzuwenden ist. Die Literaturmeinungen gehen hier auseinander und reichen von einer Anwendung des Rechts der Staatsangehörigkeit des Erwachsenen (Personalstatut) bis hin zur Anknüpfung an das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts (vgl. etwa Nademleinsky, iFamZ 2018, 314 oder Traar, iFamZ 2017, 407). Nach dem Recht vieler Staaten ist eine Erwachsenenvertretung von Gesetzes wegen nicht vorgesehen. Käme das Recht dieser Staaten als Personalstatut zur Anwendung, so könnte eine Eintragung mangels Regelung im nationalen Recht nicht vorgenommen werden. Für Erwachsene mit ausländischer Staatsangehörigkeit hat diese Rechtsunsicherheit zur Folge, dass die Eintragung in das ÖZVV fallweise nicht durchgeführt und in der Folge ein gerichtlicher Erwachsenenvertreter bestellt wird, obwohl die Voraussetzungen einer gesetzlichen Erwachsenenvertretung nach österreichischem Recht erfüllt wären. Diese Situation ist auf Dauer nicht wünschenswert, eine Klärung durch den Gesetzgeber ist daher erforderlich.

Sonstige Bestimmungen

Über die Änderungen in § 15 IPRG hinaus werden in § 26 IPRG eine inhaltliche Klarstellung vorgenommen und die Inkrafttretensbestimmung des § 50 IPRG durch eine klarstellende Übergangsregel ergänzt. Redaktionelle Anpassungen werden im Außerstreitgesetz und in der Jurisdiktionsnorm vorgenommen.

Kompetenzgrundlage

Die Zuständigkeit des Bundes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG (Zivilrechtswesen).

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Keine.


 

 

Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Unterbringungsgesetz – UbG):

Zum Titel des Gesetzes und zu den §§ 6, 10, 11 bis 16, 18, 19, 22 bis 30, 32 bis 39 und 43 UbG:

In diesen Bestimmungen ist bisher vom „Kranken“ die Rede; vorgeschlagen wird, stattdessen (weniger defizitorientiert) vom Patienten zu sprechen; in § 43 erfolgen überdies redaktionelle Änderungen.

Zu § 2 UbG:

Der Text des bisherigen § 2 UbG wird zum Inhalt des neuen Abs. 1. Entsprechend dem grundsätzlichen Anliegen dieser Reform, stärkeres Augenmerk auf die speziellen Bedürfnisse untergebrachter Minderjähriger zu legen, soll hervorgehoben werden, dass dieses Bundesgesetz auch in Krankenanstalten und Abteilungen für Kinder- und Jugendpsychiatrie gilt.

Nach der Rechtsprechung des VfGH verpflichtet Art. 20 B-VG den Gesetzgeber bei der Übertragung der Zuständigkeit zur Erlassung von Hoheitsakten an private Rechtsträger (sog. Beleihungen) – wie auch an ausgegliederte öffentlich-rechtliche Rechtsträger – Rechtsvorschriften zu erlassen, die einem obersten Organ eine effektive Leitungs- und Steuerungsfunktion einräumen, und dabei insbesondere ein umfassendes Weisungsrecht einzurichten (VfSlg. 16.400/2001: Wertpapieraufsicht).

Weisungsbindung in diesem Sinn ist mehr als nur „Aufsicht“ und „Überwachung“. Das Modell der sanitären Aufsicht (vgl. die §§ 60 bis 62 KAKuG), das eine bloße Rechtsaufsicht darstellt, erscheint untauglich, den verfassungsrechtlichen Ansprüchen zu genügen. Nunmehr soll daher in Abs. 2 – in Umsetzung des Regierungsprogramms für 2020 bis 2024 – eine explizite Weisungsbeziehung eingeführt werden.

Wer mit der Befugnis, Freiheit (in Gestalt der Unterbringung ohne Verlangen bzw. von sonstigen Beschränkungen der Bewegungsfreiheit) oder andere Rechte (insb. den Verkehr mit der Außenwelt) zu beschränken, beliehen und damit „Behörde“ ist, wird unterschiedlich beurteilt. Jedenfalls ist es der Träger einer Sonderkrankenanstalt für Psychiatrie oder einer Krankenanstalt, die über psychiatrische Abteilungen verfügt (siehe Stöger, Überlegungen zur Beleihung in Anstalt und Heim, in FS Kopetzki [2019] 689 ff). In VfSlg 16.400 dürfte der VfGH annehmen, dass dem staatlichen Organ auch eine direkte Steuerungsmöglichkeit hinsichtlich des Personals der Beliehenen zukommen muss. Daher sollen nach dem Entwurf auch der mit der Führung der psychiatrischen Abteilung betraute Arzt sowie die Bediensteten der Abteilung direkt weisungsunterworfen sein.

Im Entwurf ist – da es sich um eine in mittelbarer Bundesverwaltung zu vollziehende Angelegenheit handelt und Art. 102 B-VG auch für Beleihungen Geltung hat (näher Wiederin, Mittelbare Bundesverwaltung und sonstige Selbstverwaltung, RdM 2019, 181 [183 f]) – eine Weisungsbindung gegenüber dem Landeshauptmann vorgesehen. Der Landeshauptmann ist im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung an die Weisungen des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz als oberstes Organ gebunden (Art. 103 Abs. 1 B-VG). Dieses Weisungsrecht umfasst auch Anordnungen, wie das weisungsgebundene Organe seine (gesetzlich ausdrücklich eingeräumten) Kompetenzen auszuüben hat.

§ 60 Abs. 2 und 3 KAKuG gilt sinngemäß. Das bedeutet, dass Organen der Bezirksverwaltungsbehörden, aber – da ebenfalls „Sanitätsbehörden“ (vgl. auch Hummelbrunner, Wer ist ein im öffentlichen Sanitätsdienst stehender Arzt?, RdM 2018/121 [169]) – auch Organen des Amtes der Landesregierung und des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz jederzeit unangemeldet zu allen Räumlichkeiten, Apparaten, sonstigen Anlagen und Einrichtungen der Krankenanstalt Zutritt und auf ihr Verlangen in alle Unterlagen Einsicht zu gewähren ist, die die Umsetzung des UbG betreffen. Die Einsicht nehmenden Organe sind auch berechtigt, von den eingesehenen Unterlagen kostenlos Abschriften und Kopien herzustellen. Da sich § 60 Abs. 2 und 3 KAKuG in Krankenanstalten bewährt hat und etabliert ist, soll auf eine gesonderte Regelung verzichtet werden.

In Abs. 3 werden aus Gründen der besseren Lesbarkeit wichtige Begriffsbestimmungen dem Gesetz vorangestellt; die meisten davon finden sich – etwas unübersichtlich – im geltenden Gesetzestext verstreut (psychiatrische Abteilung und Unterbringung, § 2 UbG; Abteilungsleiter, § 4 Abs. 2 UbG; Erziehungsberechtigter, § 5 Abs. 2 UbG; Facharzt, § 10 Abs. 4 UbG; Verein, § 13 Abs. 1 UbG; Patientenanwalt, § 13 Abs. 3 UbG), einige Definitionen sind zu ergänzen (Patient; gewählter Vertreter, gesetzlicher Vertreter; Vertreter; Vertrauensperson).

Wird „volle Erziehung“ aufgrund einer Vereinbarung, also ohne gerichtliche Verfügung, gewährt, so kommt dem Kinder- und Jugendhilfeträger – neben den Eltern – Pflege und Erziehung inklusive gesetzlicher Vertretung in diesem Bereich zu. In einem solchen Fall können also sowohl die Eltern als auch der Kinder- und Jugendhilfeträger als „Erziehungsberechtigte“ gelten.

Zu § 4 UbG:

In Abs. 1 wird klargestellt, dass eine nicht entscheidungsfähige Person, unabhängig von ihrem Alter (siehe für Minderjährige § 41b UbG des Entwurfs), nicht auf ihr Verlangen oder auf Verlangen ihres (gesetzlichen) Vertreters untergebracht werden kann. Es handelt sich um einen absolut vertretungsfeindlichen Bereich im Sinn des § 250 Abs. 1 Z 3 ABGB.

Die bisherige Formulierung in § 4 Abs. 2 UbG, wonach das Verlangen „vor der Aufnahme“ zu stellen ist, hat dazu geführt, dass in der Praxis Patienten, die zunächst freiwillig in der psychiatrischen Anstalt aufgenommen waren, ohne untergebracht zu sein, in der Folge nicht auf ihr Verlangen untergebracht werden konnten. Auch zunächst freiwillig aufgenommenen Patienten soll es aber möglich sein, auf ihr Verlangen untergebracht zu werden; dies soll nun durch das Abstellen auf den Unterbringungszeitpunkt in Abs. 2 möglich gemacht werden. Erachtet sich ein Patient von der psychiatrischen Abteilung, in der er freiwillig aufgenommen ist, unter Druck gesetzt, nunmehr die Unterbringung zu verlangen, so kann dies der Patientenanwalt zum Gegenstand einer gerichtlichen Überprüfung machen (siehe § 14 Abs. 6 UbG des Entwurfs).

Zu § 5 UbG:

Da nach § 4 UbG des Entwurfs eine Unterbringung nur von entscheidungsfähigen Personen verlangt werden kann, hat § 5 UbG zu entfallen.

Zu § 6 UbG:

Im geltenden Recht gibt es keine Verpflichtung des Abteilungsleiters, die Ergebnisse der Untersuchung des Aufnahmewerbers zu dokumentieren, wenn er von dessen Aufnahme mangels Vorliegens der Unterbringungsvoraussetzungen absieht. Eine solche Dokumentation kann aber hilfreich sein, um bei erneutem Aufnahmeersuchen der betroffenen Person oder ihrer Vorführung Einblick in den Verlauf ihrer psychischen Krankheit zu haben. Sie dient auch der Absicherung der Ärzte und entspricht im Übrigen in vielen psychiatrischen Abteilungen der gelebten Praxis (Studie des Instituts für Rechts- und Kriminalsoziologie, „Zur Unterbringung psychisch kranker Menschen: Rechtsanwendung und Kooperationszusammenhänge“ [2019], im Folgenden kurz: IRKS, Studie, 52 und 55). Ermöglicht wird hierdurch auch eine statistische Erfassung der Nicht-Aufnahmen zu wissenschaftlichen Zwecken.

In Abs. 2 ist demgemäß vorgesehen, dass das Ergebnis der Untersuchung des Aufnahmewerbers in der Krankengeschichte oder, wenn die Voraussetzungen der Unterbringung nicht vorliegen, „auf sonst geeignete Weise“ (in der Praxis vor allem in der Ambulanzkarte; siehe IRKS, Studie, 55) zu dokumentieren ist.

Nach dem geltenden § 6 Abs. 3 UbG hat der Abteilungsleiter den aufgenommenen Patienten bloß auf die Einrichtung des Patientenanwalts sowie auf die Möglichkeiten einer Vertretung durch diesen hinzuweisen. Um mit diesem ins Gespräch zu kommen, muss sich der auf Verlangen untergebrachte Patient aber aktiv an die Patientenanwaltschaft wenden, diese wird nicht über seine Unterbringung auf Verlangen verständigt. Durch die nun in Abs. 4 erster Satz vorgeschlagene Verständigungspflicht des Abteilungsleiters soll sichergestellt werden, dass der Patientenanwalt von sich aus auf den Patienten zugehen kann. Dies soll auch für den gewählten Vertreter und die Vertrauensperson des Patienten gelten, weil diese ja vom Patienten eigens zur Vertretung bei der Wahrung bzw. zur Unterstützung bei eigenständiger Wahrung der Rechte nach dem UbG eingesetzt worden sind. Wenn der Patient nicht widerspricht, sind darüber hinaus auch bestimmte nahestehende Angehörige und der gesetzliche Vertreter zu verständigen. Dass diese nur dann von der Unterbringung informiert werden sollen, wenn der Patient dem nicht widerspricht (worüber er verlässlich zu belehren ist), stellt sicher, dass sie von der Unterbringung nur dann erfahren, wenn das die untergebrachte Person möchte; letztlich wird damit auch Datenschutzerwägungen Rechnung getragen. Vgl. die Erläuterungen zu § 10 Abs. 2 UbG des Entwurfs.

Nach Abs. 4 zweiter Satz ist der Verständigung des Patientenanwaltes und des gewählten Vertreters eine maschinschriftliche Ausfertigung des ärztlichen Zeugnisses nach § 6 Abs. 1 UbG anzuschließen. Diese Regelung findet sich bis dato nur für die Unterbringung ohne Verlangen in § 10 Abs. 2 letzter Satz UbG, und zwar nur für den Patientenanwalt. Sie soll nun auch für die Unterbringung auf Verlangen vorgesehen werden, um dem Patientenanwalt und – weil auch er im Unterbringungsverfahren vertretungsbefugt ist – dem gewählten Vertreter eine effektive Vertretung zu ermöglichen.

Zu den §§ 8 bis 10 UbG:

Im Zuge der Arbeiten an der Reform hat sich gezeigt, dass unter den Akteuren, die zur Klärung der Voraussetzungen zur Unterbringung tätig werden müssen (Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, einweisender Arzt, Facharzt in der psychiatrischen Abteilung), nicht immer völlig klar ist, wer welche Aufgaben wahrzunehmen hat. Die neue Überschriftenstruktur zu den §§ 8, 9 und 10 UbG soll einen Beitrag zur Klarheit darüber leisten, welche Vorschrift sich primär an welches Organ richtet.

Zu § 8 UbG:

Aus der Studie des Instituts für Rechts- und Kriminalsoziologie „Zur Unterbringung psychisch kranker Menschen: Rechtsanwendung und Kooperationszusammenhänge“ geht hervor, dass das aktuelle System des UbG, eine Unterbringung ohne Verlangen nur nach Untersuchung der betroffenen Person und Bescheinigung des Vorliegens der Voraussetzungen durch einen Arzt gemäß § 8 Abs. 1 UbG zuzulassen, grundsätzlich als richtig empfunden wird. Das ärztliche „Parere“ wird als wichtiges Kontrollinstrument gesehen (IRKS, Studie, 25, 26, 41).

Es besteht aber dennoch Handlungsbedarf (IRKS, Studie, 24 f, 29f, 33 und 35): In ländlichen Regionen stehen zu wenig Ärzte für Untersuchungen gemäß § 8 UbG zur Verfügung. Manche der einweisenden Ärzte dürften zudem nicht immer über die erforderlichen Fachkenntnisse zur Beurteilung des Vorliegens der Unterbringungsvoraussetzungen verfügen. Dies führt mitunter dazu, dass Betroffene sehr lange mit den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf das Eintreffen des Arztes warten müssen oder dass es zu Fehlentscheidungen im Vorfeld der Unterbringung kommt. Das ist für die betroffenen Personen sehr belastend und bindet außerdem Ressourcen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (IRKS, Studie, 44). Darüber hinaus sehen sich die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei mangelnder Verfügbarkeit von Ärzten nach § 8 UbG öfters dazu gezwungen, die Vorführung der Betroffenen als „Gefahr-im-Verzug“-Situation im Sinn des § 9 UbG ohne Beiziehung eines Arztes zu behandeln (IRKS, Studie, 31, 43).

Zuletzt hat der Gesetzgeber versucht, den Mangel an Ärzten nach § 8 UbG dadurch zu beheben, dass er Ärzten einer Primärversorgungseinheit mit ihrer Zustimmung gemäß § 8 Abs. 7 Primärversorgungsgesetz die Befugnis einräumte, die Untersuchung gemäß § 8 UbG vorzunehmen. Diese Maßnahme hat sich als nicht erfolgreich erwiesen, weil bis dato offenbar nur sehr wenige Primärversorgungseinrichtungen ihre Bereitschaft zur Durchführung von Untersuchungen nach § 8 UbG bekundet haben (vgl. IRKS, Studie, 23). Zudem bestehen bei Übertragung dieser hoheitlichen Aufgabe an eine private Versorgungseinrichtung verfassungsrechtliche Bedenken (vgl. Kopetzki, Grundriss des Unterbringungsrechts³ [2012] Rz 162 ff; Hummelbrunner, RdM 2018/121, 170).

In Vorarlberg wurde ein sog. „Ärztepool-System“ entwickelt, das die bestehende Amts- und Gemeindearzt-Struktur ergänzt. Dieser Bereitschaftsdienst, der zusätzlich auch andere hoheitliche Funktionen hat, setzt sich aus Allgemeinmedizinern und Fachärzten unterschiedlicher Fachrichtungen zusammen, die über fachrelevante Zusatzausbildungen verfügen, und ist im ganzen Bundesland über eine zentrale Rufnummer erreichbar. Die Ärzte können sich individuell (über ein elektronisches System) für bestimmte Dienste melden; ihre Entlohnung erfolgt leistungsbezogen. Vorarlberg hat mit diesem Bereitschaftsdienst eine für alle Beteiligten zufriedenstellende Lösung geschaffen (siehe IRKS, Studie, 32 f). Einem Vorschlag der Gesundheitsreferentenkonferenz der Bundesländer folgend positiviert Abs. 1 dieses System, indem nun Ärzte vom jeweiligen Landeshauptmann ermächtigt werden können, Untersuchungen und Bescheinigungen gemäß § 8 UbG vorzunehmen.

Dies hat den Vorteil, dass für jedes Land eine individuell passende Regelung gefunden werden kann und die Ärzte – im Verbund mit der Verordnungsermächtigung des Abs. 2 (vgl. die ähnliche Regelung des § 27 Epidemiegesetz 1950) – in den Verantwortungszusammenhang unter der Leitung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gestellt sind (vgl. Kopetzki, RdM 2014/126, Editorial). Dazu ist es ausreichend, eine Weisungsbefugnis des Landeshauptmanns vorzusehen (von dem sie auch zur in § 8 Abs. 1 genannten Untersuchung und Bescheinigung ermächtigt werden). Der Landeshauptmann ist im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung an die Weisungen des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz als oberstes Organ gebunden (Art. 103 Abs. 1 B-VG). Dieses Weisungsrecht umfasst auch Anordnungen, wie das weisungsgebundene Organ seine (gesetzlich ausdrücklich eingeräumten) Kompetenzen auszuüben hat (vgl. z. B. zur Erlassung bzw. Aufhebung einer Verordnung VfSlg. 10.510/1985). Siehe dazu auch die Erläuterungen zu § 2 Abs. 2.

Ursprünglich war im Rahmen der Reformüberlegungen daran gedacht, auch Notärzte als Ärzte im Sinn des § 8 Abs. 1 UbG vorzusehen. Aufgrund der Einwände, insbesondere von Seiten der Ärzteschaft, die Notärzte hätten nicht zwingend eine psychiatrische Ausbildung und stünden dann zudem – weil ebenfalls nicht in ausreichender Zahl vorhanden – nicht mehr rasch genug in medizinischen Notfallsituationen zur Verfügung, wurde von diesem Vorhaben Abstand genommen.

Ein wichtiges Ziel der Reform ist es, stärkeres Augenmerk auf einen qualitätsvollen Umgang der Ärzte und Sicherheitsorgane mit den Betroffenen sowie auf eine ausreichende Vernetzung der relevanten Akteure untereinander zu legen (siehe Allgemeiner Teil der Erläuterungen). Dabei gilt es, den Grundsatz der Subsidiarität der Unterbringung gegenüber gelinderen Mitteln mit Leben zu füllen. Nicht immer führt der Weg deshalb in die Psychiatrie, weil es zu wenige Unterstützungsangebote gibt, teils fehlt auch das Wissen über andere Versorgungsmöglichkeiten und das Bewusstsein, diese bevorzugt in Betracht zu ziehen (siehe IRKS, Studie, 70 f). Daher wird vorgeschlagen, in Fortentwicklung des geltenden § 9 Abs. 3 zweiter Satz UbG („mit psychiatrischen Einrichtungen außerhalb der psychiatrischen Abteilung zusammenarbeiten“; vgl. dazu Kopetzki, Grundriss des Unterbringungsrechts³ [2012] Rz 149) näher auszuführen, wie die Abklärung, ob Alternativen zur Unterbringung bestehen, vorgenommen werden kann. In Abs. 3 Z 1-3 wird beispielhaft angeführt, welche Maßnahmen hier ergriffen werden können. Durch den Passus „soweit zweckmäßig und verhältnismäßig“ wird klargestellt, dass die jeweilige Abklärungsmaßnahme erstens geeignet sein muss, andere Behandlungs- oder Betreuungsformen aufzuzeigen, und sie zweitens die betroffene Person nicht ungebührlich belasten darf, was etwa bei sehr zeitraubenden oder von der betroffenen Person abgelehnten Erhebungen der Fall ist. Ein Gespräch mit der betroffenen Person und anwesenden Angehörigen oder nahestehenden Personen wird immer zweck- und verhältnismäßig sein, ebenso der Versuch der Kontaktaufnahme mit einer Organisation, von der die betroffene Person betreut wird. Wenn die Organisation oder nicht anwesende Angehörige oder nahestehende Personen telefonisch nicht erreichbar sind, werden weitere Versuche, mit diesen in Kontakt zu treten, regelmäßig unverhältnismäßig sein. Ist bekannt, dass vor Ort kein Krisendienst im Sinn der Z 3 zur Verfügung steht, erübrigen sich entsprechende Abklärungsmaßnahmen; ein kurzer Hinweis in der Bescheinigung ist aber notwendig, damit dem Erfordernis der „Nachweislichkeit“ Genüge getan wird.

Z 1: Im Gesetzwerdungsprozess haben psychiatrieerfahrene Menschen darauf hingewiesen, dass es grundsätzlich wichtig ist, mit der betroffenen Person in jeder Phase der Unterbringung ins Gespräch zu kommen. Aus Zeitmangel liegt der Schwerpunkt der ärztlichen Tätigkeit offenbar in der Erfüllung der formalrechtlichen Anforderungen an die Verbringung der betroffenen Person in die psychiatrische Abteilung; die Kommunikation mit ihr dürfte dabei – so auch ein Ergebnis der Studie des IRKS (55) – des Öfteren zu kurz kommen. Im Einklang mit § 55 ÄrzteG 1998 soll daher zunächst festgehalten werden, dass der Arzt bei der Untersuchung nach § 8 UbG das Gespräch mit der betroffenen Person zu suchen hat. Dieses wird in aller Regel nicht unzweckmäßig oder unverhältnismäßig sein. Ausnahmen sind bei völliger Unansprechbarkeit denkbar.

Anwesende Angehörige der betroffenen Person und ihr sonst nahestehende Personen, wie z. B. ein Nachbar oder guter Freund, können dem Arzt vielleicht über Alternativen Auskunft geben und sollen daher kontaktiert werden. Im Gespräch mit der betroffenen Person sollte ihr die Möglichkeit gegeben werden, alle unterstützenden Personen zu nennen, die zur Frage der Alternativenabklärung hilfreich sein könnten. Auch kann sie in diesem Gespräch auf das Vorliegen eines Behandlungsplans hinweisen (siehe Erläuterungen zu § 32b UbG des Entwurfs).

Z 2: Die betroffene Person, Angehörige oder ihr sonst nahestehende Personen können auch Informationen über aktuell für die betroffene Person tätige Ärzte oder Betreuungsdienste (z. B. Verein LOK – Leben ohne Krankenhaus) geben. In weiterer Folge sollte das Gespräch mit diesen (in der Regel wohl telefonisch) gesucht werden, bevor eine Unterbringung veranlasst wird, weil sie Ideen, wie die Krise auf andere Weise beseitigt werden kann, einbringen können.

Z 3: Sollte ein Krisendienst, wie z. B. in Wien der „Psychosoziale Dienst“, zur Verfügung stehen, könnte dieser ebenfalls (wiederum telefonisch befragt) zur Abklärung von Alternativen hilfreich sein. Dass der Krisendienst von der öffentlichen Hand gefördert sein muss, soll zur Sicherstellung einer gewissen fachlichen Qualität und zu seiner näheren Kennzeichnung beitragen. Es kann sich um einen psychiatrischen, aber auch um einen nicht-ärztlichen Krisendienst, z. B. bereitgestellt durch Psychologen, handeln. Wenn durch die Einbeziehung des Krisendienstes Wartezeiten entstehen, die den Leidenszustand des Patienten verschlimmern, kann sie unzweckmäßig bzw. unverhältnismäßig sein.

Wenn durch diese oder vergleichbare Interventionen eine Alternative zur Unterbringung gefunden wird, ist die Amtshandlung der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes beendet. Festzuhalten ist, dass eine zwangsweise Verbringung der betroffenen Person durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zum behandelnden Arzt, zu einem Betreuungsstützpunkt oder zum Standort des Krisendienstes nicht zulässig ist. Die betroffene Person muss diese Personen bzw. Stellen also freiwillig aufsuchen.

Die Informationsweitergabe von den zuweisenden Ärzten an die psychiatrische Abteilung ist nach den Ergebnissen der das Reformvorhaben vorbereitenden Arbeitsgruppe verbesserungsbedürftig. Dies belegt auch die Studie des IRKS (29, 38, 40, 48); danach seien die ärztlichen Bescheinigungen „nicht selten nur rudimentär ausgefüllt und teils schwer lesbar, wichtige Informationen fehlen“. In Abs. 4 ist daher nunmehr vorgesehen, dass der Arzt in der Bescheinigung seine Kontaktdaten anführen muss. Das soll dem Arzt in der psychiatrischen Abteilung die Rücksprache mit dem einweisenden Arzt ermöglichen oder erleichtern und verhindern, dass relevante Informationen verloren gehen und Betroffene, die sich nach der Aufnahme in die psychiatrische Abteilung rasch beruhigt haben, nicht untergebracht werden können, weil hierfür keine Gründe ersichtlich sind. Es bleibt dem Arzt überlassen, in welcher Form er seine Kontaktdaten zur Verfügung stellt (Name oder Dienstnummer), so lange seine Erreichbarkeit sichergestellt ist. Seine Telefonnummer muss er nur angeben, wenn er als bei der Landespolizeidirektion angestellter Arzt über ein Diensttelefon verfügt. Auf Honorarbasis tätige Ärzte müssen nicht ihre privaten Telefonnummern preisgeben; sie sind freilich über die Landesleitzentrale der zuständigen Landespolizeidirektion kontaktierbar. Zudem wird vorgeschlagen, in § 8 Abs. 4 UbG des Entwurfs deutlich zu machen, dass die einweisenden Ärzte erstens die Gründe für die Annahme einer psychischen Krankheit angeben, zweitens eine Gefährdungsabschätzung abgeben und drittens ausführen müssen, weshalb es keine Alternative zur Unterbringung gibt. Auch hierdurch soll der Informationsfluss zwischen den zuweisenden Ärzten und den psychiatrischen Abteilungen verbessert werden.

Der geltende § 9 Abs. 3 erster Satz UbG soll sich nur noch an die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes richten, weil diese – und nicht der einweisende Arzt – Zwangsgewalt anwenden dürfen (siehe § 9 Abs. 3 zweiter Satz UbG des Entwurfs) und zur Gefahrenabwehr verpflichtet sind (vgl. § 21 Abs. 1 SPG).

Zu § 9 UbG:

Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind sich ihrer Schlüsselrolle im UbG bewusst und üben diese heute besser geschult als noch vor einigen Jahren aus. Manche Aufgabenzuschreibungen erleben sie aber als überfordernd; einerseits, weil ihnen mitunter medizinische Fragestellungen zugewiesen werden, andererseits, weil sie teilweise in rechtlichen Graubereichen tätig werden müssen (IRKS, Studie, 41-44).

In Abs. 1 soll daher zunächst klargestellt werden, dass die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ausschließlich zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen des § 3 Z 1 UbG gegeben sind: Es genügt also, dass sie bei einer Person annehmen, dass diese sich oder andere ernstlich und erheblich an Leib oder Leben gefährdet, und dass sie konkrete Anhaltspunkte dafür sehen, dass dies auf das Vorliegen einer psychischen Krankheit zurückzuführen ist. Ob andere Mittel als die Unterbringung ausreichen, diese Gefahr abzuwenden (§ 3 Z 2 UbG), ist nicht von der Polizei zu beurteilen, sondern vom beigezogenen Arzt (bzw. bleibt bei Vorführungen nach § 9 Abs. 2 UbG des Entwurfs den Ärzten der psychiatrischen Abteilung vorbehalten). Selbstverständlich ist die Polizei aber nur dann berufen, die Verbringung in eine psychiatrische Abteilung (und keine andere) vorzunehmen, wenn die betroffene Person diese nicht freiwillig aufsucht. Dies gilt auch, wenn ein Patient nach der Behandlung in einer „somatischen“ Abteilung in die psychiatrische Abteilung zurückkehren soll: eine polizeiliche Verbringung ist nur dann zulässig, wenn sie gegen den Willen des Patienten erfolgen muss (siehe unten Z 4).

Abs. 2 entspricht dem geltenden § 9 Abs. 1 zweiter und dritter Satz UbG. Die Aufgliederung des geltenden § 9 Abs. 1 UbG in zwei Absätze dient der Verdeutlichung der verschiedenen Verantwortlichkeiten: Nach Abs. 1 ist es Aufgabe der Polizei, zu entscheiden, ob ein Arzt nach § 8 UbG beigezogen wird. Abs. 2 macht deutlich, dass die Polizei an die Entscheidung dieses Arztes gebunden ist. Eine zwangsweise Verbringung direkt in eine „somatische“ Abteilung soll weiterhin nicht vorgesehen werden, weil es dort an psychiatrisch geschulten Fachärzten fehlt, die die – grundrechtlich geforderten – Aufnahmeuntersuchungen durchzuführen in der Lage sind. Notfallmedizinische Notwendigkeiten können aber die direkte Überführung in eine nicht-psychiatrische Abteilung im Rahmen übergesetzlicher Rechtfertigungsgründe legitimieren. Die Entscheidung darüber, ob der Patient direkt etwa in eine chirurgische Abteilung zu bringen ist, wird niemals eine der Polizei, sondern stets des Notarztes bzw. des Rettungsdienstes sein können.

Nach geltendem Recht können die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei Gefahr im Verzug die betroffene Person auch ohne Untersuchung und Bescheinigung des Arztes nach § 8 UbG in eine psychiatrische Abteilung bringen. Diese Option bleibt bestehen und ist – inhaltlich unverändert – in Abs. 3 Z 5 verortet.

Z 1: Der Mangel an Ärzten, die die Bescheinigung nach § 8 UbG ausstellen können, führt dazu, dass die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vermehrt Vorführungen unter Berufung auf Gefahr im Verzug durchführen (IRKS, Studie, 43). Die dieser Praxis zugrundeliegende Einschätzung der Polizei, dass längeres Warten oder die Inkaufnahme weiter Fahrtstrecken für die Betroffenen unzumutbar ist, soll nunmehr einer gesetzlichen Regelung zugeführt werden. Bei Beurteilung der Zumutbarkeit ist stets auf die konkrete Situation der betroffenen Person abzustellen. Befindet sich diese in unmittelbarer Nähe einer psychiatrischen Abteilung und ist der Amtsarzt räumlich so weit entfernt, dass die Fahrt zu ihm z. B. über zwei Stunden dauern würde, so kann die Verbringung der betroffenen Person zu diesem Arzt unzumutbar sein. Mitunter kann auch die Wartezeit von zwei Stunden zu Hause für eine betroffene Person unzumutbar sein, wenn sie es – etwa im Fall einer Selbstgefährdung – als sehr belastend erlebt, dass sie sich nicht mehr frei in ihrer Wohnung bewegen (und etwa allein auf die Toilette gehen) kann. Unzumutbar kann auch die Vorführung zu einem Arzt in dessen – im ländlichen Raum gelegene – Ordination sein, wenn dieser gerade ordiniert, nicht zum Ort der Amtshandlung kommen kann und der Betroffene damit rechnen muss, den dort wartenden Patienten bekannt zu sein. Dass die unmittelbare Vorführung in die psychiatrische Abteilung Ressourcen auf Seiten der einweisungsbefugten Ärzte sowie auf Seiten der Sicherheitsbehörden spart, darf jedoch bei der Zumutbarkeitsprüfung keine Rolle spielen und soll auch nicht zum Regelfall werden.

Z 2: Ein Facharzt im Sinn des § 2 Abs. 2 Z 5 und 6 UbG des Entwurfs, also verkürzt ausgedrückt ein Facharzt für Psychiatrie bzw. Kinder- und Jugendpsychiatrie, kann im Rahmen seiner Behandlung des Patienten in seiner Ordination zur Einschätzung gelangen, dass dieser sich oder andere ernstlich und erheblich im Sinn des § 3 Z 1 gefährdet und eine Unterbringung dringend angezeigt ist. Sucht der Patient die psychiatrische Abteilung nicht freiwillig auf, so ist es nach geltendem Recht notwendig, dass auch in diesem Fall ein Arzt im Sinn des § 8 Abs. 1 UbG das Vorliegen der Voraussetzungen der Unterbringung bescheinigen muss. Dies führt mitunter dazu, dass dieser Arzt, der kein Facharzt im Sinn des § 2 Abs. 2 Z 5 und 6 UbG des Entwurfs sein muss und den Patienten nicht annähernd so gut kennt wie der behandelnde Facharzt, anderer Meinung als dieser ist, die Bescheinigung nach § 8 UbG nicht ausstellt und die Unterbringung des Patienten damit blockiert. Dazu kommt, dass diese Patienten eine weitere – unter Umständen zeitaufwändige – Untersuchung über sich ergehen lassen müssen, obgleich sie ohnedies in ärztlicher Behandlung sind. Die vorgeschlagene Regelung soll das besondere Wissen der behandelnden Ärzte über deren Patienten nützen. Damit sie zum Tragen kommt, muss das Behandlungsverhältnis aufrecht sein; im Hinblick auf § 49 Abs. 2 ÄrzteG 1998 kann eine telefonische Kontaktaufnahme des Arztes mit einem Patienten kein Behandlungsverhältnis begründen.

Ob der behandelnde Facharzt die Situation richtig eingeschätzt hat, soll letztlich im Zug der Untersuchung nach § 10 UbG auf der psychiatrischen Abteilung verifiziert werden. Dass der behandelnde Facharzt nur seinerseits die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes beiziehen kann, diese jedoch umgekehrt ihn nicht, ist deswegen wichtig, weil es der Beurteilung des behandelnden Arztes überlassen sein muss, ob er die Voraussetzungen des § 54 Abs. 2 Z 4 Ärztegesetz 1998 für die Durchbrechung seiner Verschwiegenheitspflicht als gegeben erachtet. Durch eigeninitiatives polizeiliches Aufsuchen des Arztes wäre das für die Behandlung unabdingbare Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patienten gefährdet. Nur wenn der Arzt die Beiziehung der Polizei und die damit verbundene Preisgabe von Geheimnissen „nach Art und Inhalt zum Schutz höherwertiger Interessen der öffentlichen Gesundheitspflege“ für unbedingt erforderlich erachtet, soll er selbst dieses Vertrauensverhältnis in Frage stellen dürfen. Bis dato kann er bei Annahme eines Gefahrenszenarios die Polizei bloß verständigen (was freilich auch schon einen Bruch des Vertrauensverhältnisses bedeuten kann), nunmehr ist ihm eine gewisse „Filterfunktion“ im Vorfeld einer Unterbringung zugeordnet. Eine Bescheinigung im Sinn des § 8 Abs. 4 UbG des Entwurfs stellt der Facharzt in diesem Fall aber nicht aus. Vorgesehen ist nur, dass er der Polizei mündlich erörtert, weshalb er das Vorliegen der Voraussetzungen der Unterbringung für gegeben erachtet. Die Entscheidung bleibt hier der Polizei überlassen. Nimmt sie übereinstimmend mit dem Facharzt an, dass die Unterbringungsvoraussetzungen gegeben sind (wobei sich ihre eigene Einschätzung wiederum auf die Voraussetzungen des § 3 Z 1 UbG beschränken muss), so wird sie in ihrem Bericht nach § 9 Abs. 4 UbG des Entwurfs deutlich machen, dass die fachärztliche Beurteilung wesentlich in ihre Entscheidung Eingang gefunden hat. Hält sie die Expertise des Facharztes nicht für überzeugend, so muss sie einen Arzt im Sinn des § 8 Abs. 1 UbG beiziehen.

Z 3: Die meisten psychiatrischen Abteilungen können von untergebrachten Patienten eigenmächtig verlassen werden, weil sie offen geführt werden. Üblicherweise verständigt der Abteilungsleiter in einem solchen Fall die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, die versuchen, den untergebrachten Patienten wieder zurückzubringen. Wie in diesem Fall vorzugehen ist, wird im geltenden UbG nicht geregelt. Nach der Rechtsprechung soll die Unterbringung (offenbar ad infinitum) aufrecht bleiben; sie leitet aus der in §§ 8 und 9 UbG normierten Ermächtigung zur zwangsweisen (erstmaligen) Verbringung in die psychiatrische Abteilung kraft Größenschlusses die Ermächtigung zur Rückführung in die psychiatrische Abteilung ab (VwGH 28.1.1994, 93/11/0035, RdM 1004/16). Dies hat in der Praxis mitunter dazu geführt, dass Patienten, bei denen sich der Gesundheitszustand seit der Entweichung so verbessert hat, dass die Unterbringungsvoraussetzungen nicht mehr vorlagen und sie etwa wieder ihrer Arbeit nachgehen konnten, von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes von ihrem Arbeitsplatz weg in die psychiatrische Abteilung gebracht wurden. Dies entspricht nicht der Intention des Gesetzes.

Z 4: Auch der Umgang mit einem untergebrachten Patienten, der einer somatischen Behandlung bedarf, ist gesetzlich ungeregelt und wird sehr unterschiedlich gehandhabt. Manche Patienten werden zur Durchführung einer somatischen Behandlung in eine andere Abteilung derselben Krankenanstalt oder in eine andere Krankenanstalt überführt und danach, oftmals noch im Zustand der Narkose, auf die psychiatrische Abteilung zurückgebracht, weil unklar ist, wie lange die Unterbringung aufrecht bleibt und ob die §§ 8 und 9 UbG für die Rückführung anwendbar sind. Eine möglicher Weise notwendige Intensivversorgung dieser Patienten kann auf der psychiatrischen Abteilung aber nicht gewährleistet werden.

Z 3 und 4 regeln nun, wie die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes in diesen beiden Fällen vorzugehen haben. Im Fall des eigenmächtigen Fernbleibens eines Patienten von der psychiatrischen Abteilung können die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes die betroffene Person ohne Untersuchung und Bescheinigung eines Arztes gemäß § 8 UbG in die psychiatrische Abteilung zurückbringen, wenn das Entweichen nicht länger als sieben Tage zurückliegt und der Abteilungsleiter die Voraussetzungen des § 3 weiterhin für gegeben erachtet. Bei länger zurückliegender Abwesenheit von der Abteilung liegt es nicht mehr so nahe, dass die Unterbringungsvoraussetzungen nach wie vor gegeben sind, sodass auf die „Kontrollfunktion“ des § 8 UbG nicht verzichtet werden kann (siehe die Erläuterungen zu § 8 UbG des Entwurfs). Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben, wenn sie den Patienten sieben Tage nach dessen Verschwinden aus der Abteilung vorfinden, wieder einen Arzt gemäß § 8 Abs. 1 UbG beizuziehen, um das Vorliegen der Voraussetzungen des § 3 UbG abklären zu lassen, wenn es Anzeichen gibt, dass dies erforderlich ist. Diese Situation ist nicht vergleichbar mit dem aus einem Strafvollzug Entwichenen, der unbefristet wieder einzubringen ist, weil dort der Haftgrund weiterbesteht (§ 106 StVG). Die siebentägige Frist orientiert sich an der Pflicht des behandelnden Arztes in der psychiatrischen Abteilung, grundsätzlich mindestens wöchentlich das Vorliegen der Unterbringungsvoraussetzungen zu dokumentieren (siehe § 32 UbG bzw. § 32 Abs. 2 UbG des Entwurfs).

Gleiches soll auch dann gelten, wenn ein untergebrachter Patient außerhalb der psychiatrischen Abteilung behandelt werden musste und der Abteilungsleiter nach wie vor der Meinung ist, dass die Voraussetzungen des § 3 UbG vorliegen. Diesfalls ist der Patient von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes nach der Behandlung wieder zurückzubringen, wenn er sich gegen die Verbringung in die psychiatrische Abteilung verwehrt (was sich vorab in der Verständigung der vorführenden Dienststelle nach § 39d Abs. 2 Z 2 UbG niederschlägt). War der Patient nicht länger als sieben Tage von der Abteilung abwesend, kann – wie bei eigenmächtigem Fernbleiben des Patienten – auf die Untersuchung und Bescheinigung nach § 8 verzichtet werden. Bei längerer Absenz dagegen kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die Unterbringungsvoraussetzungen weiterhin gegeben sind und soll die „Kontrollfunktion“ des § 8 UbG zum Tragen kommen. Außerdem wird dem Leiter der psychiatrischen Abteilung eine unmittelbare Beobachtung der Entwicklung der psychischen Krankheit kaum möglich sein. Auch wäre eine unbefristete – vom Erfordernis der ärztlichen Bescheinigung nach § 8 UbG losgelöste – „Wiedereinbringung“ in die psychiatrische Abteilung verfassungsrechtlich nicht unproblematisch.

Z 3 und 4 stehen in engem Zusammenhang mit § 32 Abs. 3 UbG des Entwurfs: Der Abteilungsleiter hat demnach die Unterbringung aufzuheben, wenn der Patient eigenmächtig länger als 24 Stunden der psychiatrischen Abteilung fernbleibt oder länger als 24 Stunden außerhalb der psychiatrischen Abteilung behandelt wird. Innerhalb des Zeitraumes von 24 Stunden wird sich in der Regel der gesundheitliche Zustand des Patienten nicht geändert haben, sodass hier die Annahme besonders naheliegt, dass die Unterbringungsvoraussetzungen weiterhin gegeben sind. Sie liegt so nahe, dass die schon § 9 Abs. 3 Z 3 und 4 UbG des Entwurfs zugrundeliegende Überlegung zugespitzt werden kann: Wird der Patient innerhalb von 24 Stunden nach (wahrscheinlichem) Verlassen der Abteilung von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes zurückgebracht, so muss auch keine erneute Aufnahmeuntersuchung nach § 10 UbG erfolgen. Sind mehr als 24 Stunden vergangen, so kann zwar allenfalls die ärztliche Untersuchung und Bescheinigung nach § 8 UbG unterbleiben, einer Aufnahmeuntersuchung des Abteilungsleiters bedarf es aber.

Abs. 4 beschreibt, wie die Polizei im Zuge ihrer Amtshandlungen vorzugehen hat. Dabei wird der Regelungsgehalt des geltenden § 9 Abs. 3 UbG weitgehend übernommen. Lediglich von einer Verpflichtung der Polizei, „mit psychiatrischen Einrichtungen außerhalb einer psychiatrischen Abteilung zusammenzuarbeiten“, wie dies in § 9 Abs. 3 zweiter Satz UbG in der geltenden Fassung vorgesehen ist, wird Abstand genommen, weil diese Konsultation der Abklärung von Alternativen zur Unterbringung dient (Kopetzki, Grundriss des Unterbringungsrechts³ [2012] Rz 149) und dies allein Aufgabe der einweisenden Ärzte bzw. der psychiatrischen Abteilung ist. Zusätzlich ist aber vorgesehen, dass die psychiatrische Abteilung bereits vorab von der Vorführung informiert wird, damit sie sich auf die vielleicht bevorstehende Aufnahme einstellen kann. Auch dies ist eine Regelung, die die Kooperation zwischen den beteiligten Berufsgruppen verbessern soll; wo das bereits jetzt so praktiziert wird, soll dies die Arbeit der psychiatrischen Abteilung sehr erleichtern (siehe IRKS, Studie, 45).

Schon nach geltendem Recht dürfen die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Vorführung nötigenfalls mit unmittelbarer Zwangsgewalt durchsetzen, dies ergibt sich aus § 50 Abs. 1 SPG. Da die Mitwirkung der Polizei an Unterbringungen nunmehr abschließend im UbG geregelt werden soll (siehe den Allgemeinen Teil der Erläuterungen), ist die hierauf bezogene Zwangsbefugnis auch durch dieses Gesetz (in § 9 Abs. 4 letzter Satz) vorzusehen.

Abs. 5 übernimmt weitgehend den Inhalt der geltenden § 46 Abs. 3 letzter Satz und § 47 Abs. 1 erster Satz SPG. Ergänzend ist vorgesehen, dass auf Wunsch des Vorgeführten sein gewählter Vertreter, ein bestimmter Angehöriger, sein gesetzlicher Vertreter oder eine von ihm namhaft gemachte andere Person (die später als Vertrauensperson im Sinn des § 16a UbG des Entwurfs eingesetzt werden kann) von der Vorführung zu verständigen ist. Die Verständigungspflicht unterscheidet sich von jener des Abteilungsleiters (§ 6 Abs. 4 und § 10 Abs. 2 UbG des Entwurfs). Während in der Situation der Vorführung in erster Linie der betroffenen Person offensichtlich nahestehende Angehörige zu verständigen sind, um sie über den Grund für deren plötzliche Abwesenheit zu informieren, sollen nach der Unterbringung vor allem jene Personen verständigt werden, die gerade für diesen Fall als Vertreter bzw. Unterstützer eingesetzt wurden.

Nach dem geltenden § 9 Abs. 1 erster Satz UbG haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes „dem Abteilungsleiter die Bescheinigung nach § 8 sowie den Bericht über die Amtshandlung nach § 9 dieses Bundesgesetzes oder nach § 46 SPG zur Aufnahme in die Krankengeschichte zu übermitteln“. Was Inhalt des Berichts über die Amtshandlung sein soll, ist nicht gesetzlich vorgegeben. Abs. 6 soll diese Lücke – wiederum im Interesse der Vermeidung von Informationsverlusten – schließen. Zunächst ist eine laienhafte Einschätzung des Vorliegens einer psychischen Krankheit vorzunehmen. Wichtig ist, dass dann näher ausgeführt wird, weshalb eine daraus resultierende ernstliche und erhebliche Selbst- oder Fremdgefährdung angenommen wird. Dafür können auch länger zurückliegende Umstände angeführt werden, die – wenn auch nicht im Zusammenhang mit Unterbringungen gespeichert (vgl. § 39f UbG des Entwurfs) – polizeibekannt und für die Gefährdungseinschätzung wesentlich sind (z. B. Verurteilungen wegen Gewaltdelikten). Die Sicherheitsorgane können – z. B. weil ihnen schon mehrere Vorfälle bekannt geworden sind – auch eine ihrer Ansicht nach bestehende besondere Gefährlichkeit zum Ausdruck bringen. Im Fall der Fremdgefährdung haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes den Abteilungsleiter von der Erlassung eines Betretungs- und Annäherungsverbotes oder einer Einstweiligen Verfügung nach den §§ 382b, 382c oder 382d EO zu verständigen, weil der Abteilungsleiter dann wiederum gemäß § 39c Abs. 4 UbG des Entwurfs die vorführende Sicherheitsdienststelle verständigen muss, falls die betroffene Person nicht untergebracht wird. Zu den Gründen hierfür siehe die Erläuterungen bei § 39c.

Zu § 10 UbG:

In Abs. 1 soll nunmehr klargestellt werden, dass der Abteilungsleiter (im Sinn des § 2 Abs. 3 Z 4: also auch sein Vertreter) eine Person, bei der er das Vorliegen der Unterbringungsvoraussetzungen annimmt, in die Anstaltspflege aufzunehmen hat. Abs. 1 steht damit im Einklang mit den krankenanstaltenrechtlichen Vorgaben; nach den §§ 15, 16 Abs. 1 lit. b und 22 Abs. 2 und 4 KAKuG gelten solche Personen nämlich als unabweisbare Anstaltsbedürftige und müssen daher von öffentlichen Krankenanstalten aufgenommen werden (siehe Füszl in Aigner/Kletečka/Kletečka-Pulker/Memmer, Handbuch Medizinrecht Kap. IV.1.32).

Im Rahmen der Abklärung, ob die betroffene Person in anderer Weise als durch Unterbringung ausreichend medizinisch behandelt oder betreut werden kann, hat der Abteilungsleiter auch jene Erhebungen durchzuführen, die dem einweisenden Arzt nach § 8 Abs. 3 UbG des Entwurfs obliegen; darauf wird in Abs. 1 ausdrücklich hingewiesen. Der Abteilungsleiter hat also insbesondere ein Gespräch mit der betroffenen Person, mit anwesenden Angehörigen und sonst nahestehenden Personen sowie mit von der betroffenen Person namhaft gemachten Personen zu führen, weiters festzustellen, ob die betroffene Person gegenwärtig behandelt oder betreut wird, ein Gespräch mit dem behandelnden Arzt oder dem betreuenden Dienst zu führen und schließlich einen Krisendienst zu befragen. Diese Erhebungen obliegen dem Abteilungsleiter freilich nur insoweit, als dies „zweckmäßig“ und „verhältnismäßig“ ist (siehe dazu die Erläuterungen zu § 8 Abs. 3 UbG des Entwurfs). Die dazu gehörige Datenschutzbestimmung findet sich in § 39c Abs. 1 UbG des Entwurfs.

Nach dem geltenden § 10 Abs. 2 UbG hat der Abteilungsleiter stets den Patientenanwalt, Angehörige nur, wenn der Patient nicht widerspricht, und den gewählten Vertreter nur auf Verlangen des Patienten zu verständigen. Vorgeschlagen wird, das System etwas zu vereinfachen. In Abs. 2 ist – wie auch in § 6 Abs. 4 UbG des Entwurfs – vorgesehen, dass der Abteilungsleiter von der Unterbringung eines Patienten unverzüglich nicht nur den Patientenanwalt, sondern auch den gewählten Vertreter und die Vertrauensperson des Patienten zu verständigen hat; dies wiederum mit dem Kalkül, dass wohl jene Personen, die vom Patienten als Vertreter bzw. Unterstützer in Unterbringungssachen eingesetzt wurden, stets auch von der Unterbringung erfahren sollen. Angesichts der besonderen Sensibilität dieser Daten sollen andere Personen, auch Angehörige, nur dann von der Unterbringung zu verständigen sein, wenn der Patient nicht widerspricht; über das Widerspruchsrecht ist er verlässlich zu belehren. Um einen Widerspruch rechtswirksam erheben zu können, muss man nicht entscheidungsfähig sein. Es genügt, dass man seinen entgegenstehenden Willen zu erkennen geben kann; dafür ist nur ein „natürlicher Wille“ erforderlich (dazu Barth, „Zu erkennen Geben“ und „natürlicher" Wille“, ÖJZ 2019/16). Diese Verständigung muss nicht unverzüglich erfolgen, sondern kann zu einem Zeitpunkt vorgenommen werden, in dem der Patient damit nicht mehr überfordert ist. Auch hier soll nur dem Patientenanwalt und dem gewählten Vertreter eine maschinschriftliche Ausfertigung des ärztlichen Zeugnisses zukommen, weil nur sie Vertretungsbefugnisse im Unterbringungsverfahren haben. Vgl. die Erläuterungen zu § 6 Abs. 4 UbG des Entwurfs.

In Abs. 3 werden nur begriffliche Anpassungen vorgenommen.

Nach Abs. 4 ist das Ergebnis der Untersuchung bei Aufnahme des Patienten in die psychiatrische Abteilung in der Krankengeschichte, wird er nicht aufgenommen, „auf sonst geeignete Weise“ (in der Regel in der Ambulanzkarte; siehe IRKS, Studie, 55) zu dokumentieren. Mit dieser bereits jetzt mehrheitlich geübten Praxis (laut IRKS, Studie, 52, geben 82 % der angefragten Fachärzte an, die Nicht-Aufnahmen systematisch zu dokumentieren) soll man in der psychiatrischen Abteilung bei erneuten Vorführungen eines Patienten an dort bisher über ihn gewonnene Erkenntnisse anknüpfen können. Siehe die Erläuterungen zu § 6 Abs. 2 UbG des Entwurfs.

§ 10 Abs. 4 UbG in der geltenden Fassung kann entfallen, weil sich die Legaldefinition von „Facharzt“ nunmehr in § 2 Abs. 2 Z 5 (bzw. Z 6) UbG des Entwurfs findet.

Wird die betroffene Person nicht aufgenommen, so hat sich der Abteilungsleiter nach Abs. 5 um eine angemessene soziale und psychiatrische Betreuung des Patienten zu bemühen, soweit er eine solche für erforderlich hält. Damit soll erreicht werden, dass betreuungsbedürftige Menschen – auch wenn sie nicht unterzubringen oder freiwillig in die psychiatrische Abteilung aufzunehmen sind – möglichst nicht unversorgt bleiben. Die Datenschutzbestimmung findet sich in § 39c Abs. 3 UbG des Entwurfs. Auch hat der Anstaltsleiter bestimmte Personen zu verständigen, die der betroffenen Person bei der Bewältigung des Alltags behilflich sein können. Siehe näher die Erläuterungen zu § 32b Abs. 1 UbG des Entwurfs.

Zu den §§ 11 bis 13 UbG:

Die Änderungen in den §§ 11 bis 13 UbG des Entwurfs sind rein sprachlicher Natur; § 13 Abs. 3 UbG kann entfallen, weil die Begriffsbestimmung von „Patientenanwalt“ in § 2 Abs. 2 UbG des Entwurfs enthalten ist.

Zu § 14 UbG:

Bereits de lege lata wird angenommen, dass der Patientenanwalt den Patienten nicht nur dem Unterbringungsgericht, sondern auch anderen Rechtsschutzeinrichtungen gegenüber (z. B. Volksanwaltschaft oder Gerichtshöfe öffentlichen Rechts) vertreten kann (siehe Kopetzki, Grundriss des Unterbringungsrechts³ [2012] Rz 484). Dies soll nun in Abs. 2 klargestellt werden. Die Verwaltungsgerichte und der Verwaltungsgerichtshof sind eigens erwähnt. „Andere Behörden“ können z. B. die Volksanwaltschaft, eine „OPCAT-Kommission“ oder die Datenschutzbehörde sein. Von der Vertretungsbefugnis des Patientenanwalts ist auch die Beschwerdeeinbringung erfasst. Zur Vertretung vor dem Verfassungsgerichtshof (etwa in Normenkontrollverfahren) ist der Patientenanwalt dagegen nicht berufen.

Obwohl der geltende § 14 Abs. 1 UbG („Der Verein wird mit der Aufnahme eines ohne Verlangen untergebrachten Patienten kraft Gesetzes dessen Vertreter“) eventuell Anderes nahelegt, endet die Vertretungsbefugnis des Patientenanwalts nach herrschender Meinung weder mit der Aufhebung der Unterbringung noch durch den Tod des Patienten (siehe – auch zur Entwicklung der Rechtsprechung – Kopetzki, Grundriss des Unterbringungsrechts³ [2012] Rz 469 f). Abs. 3 hält nun ausdrücklich fest, dass die Vertretungsbefugnis des Patientenanwalts in diesen Fällen aufrecht bleibt, freilich eingeschränkt auf Vertretungshandlungen, die sich auf Sachverhalte während der Unterbringung beziehen (womit die Vertretung in Verfahren nach § 38a UbG angesprochen ist).

Abs. 4 entspricht dem geltenden § 14 Abs. 1 letzter Satz UbG.

Abs. 5: Der Kreis der Personen, denen der Abteilungsleiter auf Verlangen des Patienten Auskunft über den Patientenanwalt zu geben hat, soll – im Einklang mit den §§ 6 Abs. 4 und 10 Abs. 2 UbG des Entwurfs – um den gesetzlichen Vertreter sowie die Vertrauensperson erweitert werden; allein Angehörigen ein Auskunftsrecht zu gewähren, greift zu kurz, da manche Patienten keine Angehörigen haben oder zu diesen keinen Kontakt wünschen.

Das Gespräch zwischen Patientenanwalt und auf Verlangen untergebrachtem Patienten soll vertraulich erfolgen. Auch nach geltendem Recht wird dies gelebte Praxis sein, nunmehr soll es die gesetzlich vorgeschriebene Regel sein (was in den Abs. 5 und 6 seinen Niederschlag findet).

Zu § 15 UbG:

In Abs. 1 wird festgelegt, dass der Patientenanwalt den Patienten über beabsichtigte Vertretungshandlungen und sonstige wichtige Angelegenheiten oder Maßnahmen zu unterrichten und den Wünschen des Patienten zu entsprechen hat, soweit ihm dies zumutbar und – dies ist neu – das Wohl des Patienten hierdurch nicht erheblich gefährdet ist. Dass die Information bzw. Umsetzung des Wunsches dem Wohl des Patienten offenbar abträglich ist, reicht nicht aus. Es muss ihm vielmehr ein erheblicher Schaden drohen. Damit wird der Gleichklang mit § 241 Abs. 1 ABGB hergestellt. Eine unbedingte Pflicht zur Befolgung der Wünsche des Patienten soll dem Patientenanwalt mit Blick auf die möglichen Folgen für den Patienten (z. B. beim Wunsch, keinen Überprüfungsantrag nach § 33 UbG zu stellen) nicht auferlegt werden.

Auch in Abs. 2 soll die Vertrauensperson als auskunftsberechtigt deklariert werden. „Vertreter“ kann Patientenanwalt, gewählter Vertreter (§ 16) und gesetzlicher Vertreter sein (§ 2 Abs. 2 Z 12 UbG des Entwurfs).

Zu § 16 UbG:

Bis dato heißt es in § 16 Abs. 1 UbG bloß, dass der Patient auch „selbst einen Vertreter wählen“ kann. Aus dem Nebensatz geht hervor, dass es sich dabei um eine Bevollmächtigung handelt. Vorgeschlagen wird, in Abs. 1 ausdrücklich klarzustellen, dass ein gewählter Vertreter in Unterbringungssachen auch mittels Vorsorgevollmacht und im Rahmen einer gewählten Erwachsenenvertretung bevollmächtigt werden kann. Die in den §§ 260 ff. und 264 ff. ABGB sowie in § 140h NO vorgesehenen Errichtungsvoraussetzungen müssen erfüllt sein. Der gewählte Vertreter hat das Gericht (§ 12 UbG) von der Bevollmächtigung und der Beendigung des Vollmachtsverhältnisses in Unterbringungssachen zu verständigen.

In Abs. 2 ist vorgesehen, dass die Vertretungsbefugnis des Patientenanwalts auch für diejenigen Patienten bestehen bleiben soll, die einen Vertreter gewählt haben. Damit soll erreicht werden, dass der besondere Rechtsschutz des auf die Vertretung in Unterbringungsangelegenheiten spezialisierten Patientenanwalts allen ohne ihr Verlangen Untergebrachten erhalten bleibt (vgl. § 8 Abs. 2 HeimAufG, wonach der Bewohnervertreter trotz Bevollmächtigung eines Vertreters vertretungsbefugt bleibt).

Ein Vorsorgebevollmächtigter und gewählter Erwachsenenvertreter mit einschlägigem Wirkungsbereich werden vielfach als „gesetzlicher Vertreter“ im Sinn des § 2 Abs. 2 Z 10 UbG des Entwurfs mit Vertretungs- und Informationsbefugnissen in Unterbringungssachen ausgestattet sein. Es ist dennoch gerechtfertigt, ihnen auch die Sonderstellung eines gewählten Vertreters einzuräumen, weil ihnen einige zusätzliche Rechte zukommen (z. B. das Recht auf eine maschinenschriftliche Ausfertigung des ärztlichen Zeugnisses nach § 6 Abs. 4 und § 10 Abs. 2 UbG des Entwurfs).

In Abs. 3 wird bloß eine begriffliche Anpassung vorgenommen.

Zu § 16a UbG:

In Abs. 1 wird das Recht des Patienten, eine Vertrauensperson zu benennen, die sie bei der Wahrnehmung ihrer Rechte in Unterbringungsangelegenheiten unterstützen soll, festgeschrieben. Nicht nur Angehörige kommen als Vertrauenspersonen in Fragen, sondern z. B. auch Freunde oder Nachbarn. Informationen erhält die Vertrauensperson zunächst vom Patienten selbst. Bedarf sie zur Unterstützung des Patienten der Auskunft durch das Behandlungspersonal, muss der Patient dieses von seiner Verschwiegenheitspflicht entbinden (was seine diesbezügliche Entscheidungsfähigkeit voraussetzt).

Abs. 2 verpflichtet den Abteilungsleiter, den Patienten über das Recht, eine Vertrauensperson namhaft zu machen, möglichst frühzeitig – also im Zuge der Aufnahme (siehe § 10 Abs. 2 UbG des Entwurfs) – aufzuklären.

Zu §§ 18 UbG:

Die Änderung ist sprachlicher Natur.

Zu § 19 UbG:

Die Erstanhörung durch das Gericht sowie die mündliche Verhandlung werden von den Patienten oftmals als intransparent und überfordernd erlebt (siehe IRKS, Studie, 101 f). Vorgeschlagen wird daher, dass nach Abs. 2 nicht nur der Patientenanwalt und ein sonstiger Vertreter des Patienten, sondern auch die Vertrauensperson der Erstanhörung beigezogen werden. Der Patient wird sich auch bzw. gerade durch ihre Anwesenheit gestärkt fühlen, dem Gericht seine Meinung kundzutun. Sie kann außerdem wertvolle „Übersetzungshilfe“ leisten. Empfehlenswert wäre, den Patienten bei dieser Gelegenheit zu fragen, ob die Anwesenheit der Vertrauensperson auch bei der mündlichen Verhandlung erwünscht ist (siehe § 22 Abs. 2 UbG des Entwurfs).

Eine Ladung der sonstigen Vertreter und der Vertrauensperson wird vielfach an faktischen Hürden scheitern. Da die Erstanhörung innerhalb von vier Tagen ab Kenntnis der Unterbringung durchzuführen ist, lässt sich eine Ladung von Personen, die – anders als der Patientenanwalt – nicht hauptberuflich auf die Vertretung von Patienten in psychiatrischen Abteilungen ausgerichtet und für das Gericht nicht im kurzen Weg erreichbar sind, nicht bewerkstelligen. Es ist daher weiterhin darauf abzustellen, dass diese Personen in der Anstalt anwesend sind. Der Patientenanwalt kann den Patienten – sobald der Termin für die Erstanhörung feststeht – freilich dabei unterstützen, dass ein sonstiger Vertreter oder die Vertrauensperson vor Ort ist.

Das Gericht kann der Erstanhörung als Sachverständigen einen Facharzt im Sinn des § 2 Abs. 2 Z 5 UbG des Entwurfs beiziehen. In Abs. 3 zweiter Satz wird – die ohnedies gängige Praxis festschreibend – normiert, dass der Patient, seine Vertreter (nicht die Vertrauensperson, weil sie nicht vertretungsbefugt ist) und der Abteilungsleiter im Rahmen der Erstanhörung Fragen stellen können (regelmäßig wohl an das Gericht und den Sachverständigen).

Ansonsten finden sich in § 19 UbG des Entwurfs nur begriffliche Anpassungen.

Zu § 20 UbG:

Die Änderung ist redaktioneller Natur.

Zu § 21 UbG:

Nach geltendem Recht hat das Unterbringungsgericht die Erstanhörung im Sinn des § 118 AußStrG durchzuführen, wenn es das Wohl des Patienten erfordert, ihm zur Besorgung sonstiger dringender Angelegenheiten einen einstweiligen Erwachsenenvertreter zu bestellen; das Pflegschaftsgericht kann dann in seinem Verfahren von der Anhörung Abstand nehmen. Abgesehen davon, dass es sich bei § 21 UbG weitgehend um „totes“ Recht handeln dürfte, begegnen dieser Bestimmung nunmehr – seit Inkrafttreten des 2. ErwSchG – grundsätzliche Bedenken: Erstens geht die gerichtliche Erwachsenenvertretung nunmehr drei anderen Vertretungsformen nach, die nicht vom Pflegschaftsgericht zur Verfügung gestellt werden können. Zweitens soll – gerade auch, um die Frage der Alternativen abzuklären – vor der Erstanhörung der sog. „Clearingbericht“ des Erwachsenenschutzvereins eingeholt werden. Drittens erhält der persönliche Eindruck des Entscheidungsorgans im Rahmen der Erstanhörung durch das 2. ErwSchG noch größere Bedeutung, weil eine mündliche Verhandlung nicht mehr obligatorisch ist.

Sollten tatsächlich „sonstige“ (also nicht auf die Unterbringung bezogene) dringende Angelegenheiten zu besorgen sein, wäre also unverzüglich das Pflegschaftsgericht zu verständigen, das nach § 120 Abs. 2 AußStrG einen einstweiligen Erwachsenenvertreter zu bestellen hat (dies nur dann vor Abklärung durch den Erwachsenenschutzverein und Durchführung der Erstanhörung, wenn der betroffenen Person sonst ein erheblicher und unwiederbringlicher Nachteil droht).

Zu den § 22 bis 24 UbG:

Überwiegend werden hier sprachliche Verbesserungen vorgenommen.

Zu § 22 UbG:

In Abs. 1 soll ausdrücklich festgehalten werden, dass der Sachverständige die Krankengeschichte des Patienten einzusehen hat (was in aller Regel geschieht, aber offenbar nicht durchwegs geübte Praxis ist).

Auf Verlangen des Patienten hat das Gericht nicht nur seinen Vertreter, sondern auch seine Vertrauensperson zu laden; diese hat zwar keine Vertretungsbefugnisse, kann dem Patienten aber hilfreich sein, der Verhandlung zu folgen und das Gutachten zu verstehen (Abs. 2). Auf diese Weise sollen Patienten, die derzeit vom Geschehen in der Verhandlung mitunter überfordert sind (siehe IRKS, Studie, 101 f) eine gewisse Unterstützung erfahren (siehe auch die Erläuterungen zu § 19 Abs. 2 UbG des Entwurfs).

Nach Abs. 3 ist neu vorgesehen, dass dem Patienten das Gutachten stets zu übermitteln ist. Dies soll aus Gründen der Achtung der Patientenautonomie selbst dann gelten, wenn die Lektüre des Gutachtens den Patienten belastet. Nach Möglichkeit sollte bei der Formulierung des Gutachtens ins Kalkül gezogen werden, dass der Patient dieses einsehen wird.

Zu § 23 UbG:

Dem Patienten im Sinn des Abs. 1 nahestehende Personen können Angehörige oder sonst nahestehende Personen sein (vgl. § 8 Abs. 3 Z 1 UbG des Entwurfs).

Zu § 25 UbG:

Der Grundsatz der Öffentlichkeit steht in einem Spannungsverhältnis zu den sonst bestehenden Verschwiegenheitspflichten in Unterbringungsangelegenheiten (siehe § 24 letzter Satz UbG und die §§ 39a ff UbG des Entwurfs). Weder aus Art. 5 Abs. 4 EMRK noch aus Art. 6 PersFrG ergibt sich, dass Volksöffentlichkeit bestehen muss. Ein „civil right“ im Sinn des Art. 6 EMRK liegt ebenfalls nicht vor. Art. 90 B-VG wiederum sieht für Verfahren in Zivilsachen vor ordentlichen Gerichten, also auch in Unterbringungsverfahren, zwar die Volksöffentlichkeit vor, ermöglicht aber einen Gesetzesvorbehalt (siehe zu alldem Kopetzki, Unterbringungsrecht I [1996] 347 f). Abs. 1 führt die gesetzliche Ausnahme aus. Dabei soll ein Gleichklang mit den Erwachsenenschutzverfahren erzielt werden (siehe § 140 AußStrG). Die Gefahr einer „Geheimjustiz“ wird durch die verpflichtende Beigabe eines unabhängigen Vertreters (in erster Linie des Patientenanwalts) sowie die Möglichkeit der betroffenen Person, die Anwesenheit ihrer Vertrauensperson bei der Verhandlung zu erwirken, abgewendet. Außerdem ist auf ihren Antrag oder auf Antrag ihres Vertreters Volksöffentlichkeit herzustellen.

Abs. 3 ist im Hinblick auf den Entfall des § 21 UbG aufzuheben.

Zu den §§ 26 bis 31 UbG:

In den §§ 26 bis 31 UbG des Entwurfs werden ganz überwiegend begriffliche Anpassungen vorgenommen.

Zu § 28 UbG:

In Abs. 1 soll im Hinblick auf die weitgehenden Möglichkeit, auch Angehörige als gewählten Vertreter einzusetzen, das Rekursrecht aller Verwandten in auf- und absteigender Linie, des Ehegatten und des Lebensgefährten des Patienten (mit denen sich der Patient nicht unbedingt verbunden fühlen muss) entfallen. Dem Abteilungsleiter kommt kein Rekursrecht zu, da das Gericht die Unterbringung für zulässig erklärt hat und damit seinem Rechtsstandpunkt gefolgt ist (fehlende „Beschwer“).

Zu § 32 UbG:

In der Arbeitsgruppe zur Reform des UbG wurde die Sinnhaftigkeit einer „bedingten Entlassung aus der Unterbringung“ diskutiert. Deren Einführung wurde letztlich aber nicht befürwortet. Bereits nach geltendem Recht darf ein Patient nur dann untergebracht werden, wenn ein „gelinderes Mittel“, also eine ambulante Betreuung, nicht ausreicht, die von ihm ausgehende Gefahr abzuwenden. Die „compliance“, diese Hilfe in Anspruch zu nehmen, gilt es im Zuge eines guten Entlassungsmanagements mit dem Patienten zu erarbeiten, wobei dabei – durchaus im Einklang mit dem geltenden Recht – in Aussicht genommen werden kann, dass eine erneute Unterbringung naheliegt, wenn sich der Patient der ambulanten Betreuung entzieht. Insofern kann die Aufhebung der Unterbringung auch nach geltendem Recht gewissermaßen „unter der Auflage“ erfolgen, dass sich der Patient weiterhin in Behandlung begibt. Fehlt es am Verständnis beim Patienten, dass die ambulante Betreuung sinnvoll ist, führt auch die Aussicht, wieder untergebracht zu werden, kaum zu einer besseren Betreuungskontinuität.

Diese Einschätzung deckt sich mit den Ergebnissen der Befragung im Rahmen der Studie des Instituts für Rechts- und Kriminalsoziologie: Auch die befragten Ärzte, Richter und Patientenanwälte bezweifelten, dass dieses Instrument geeignet wäre, Patienten in einem ambulanten Behandlungs- oder Betreuungssetting zu halten (IRKS, Studie, 120 f). Es wird daher nicht vorgeschlagen, die Entlassung aus der Unterbringung formalrechtlich an Bedingungen knüpfen zu können und auf diese Weise einen – neuen – rechtlich nicht einfach auflösbaren „Schwebezustand“ (keine Unterbringung, aber doch eine kontrollbedürftige Einschränkung im Lebensvollzug des Patienten) vorzusehen.

In Abs. 3 werden zwei Situationen, die im UbG bisher nicht erwähnt waren, einer Regelung zugeführt: das eigenmächtige Fernbleiben des Patienten von der psychiatrischen Abteilung und seine Behandlung außerhalb der psychiatrischen Abteilung. Vorgeschlagen wird, dass der Abteilungsleiter in beiden Fällen die Unterbringung aufzuheben hat, wenn sich der Patient länger als 24 Stunden nicht auf der psychiatrischen Abteilung befindet.

Zu den Gründen für die Frist von 24 Stunden:

Patienten, die zwar untergebracht sind, sich jedoch auf die Entlassung aus der psychiatrischen Abteilung vorbereiten, bekommen öfters „Ausgang“ bewilligt und dürfen dann der psychiatrischen Abteilung fernbleiben. In der Regel müssen sie innerhalb der nächsten 24 Stunden wieder zurückkehren. Für die Frage, ob eine Unterbringung trotz Abwesenheit des Patienten von der Abteilung aufrecht bleibt, soll an diese faktische Übung angeknüpft werden. Die in § 32 Abs. 2 UbG des Entwurfs für die Dokumentation des Vorliegens der Unterbringungsvoraussetzungen grundsätzlich vorgesehene, von Rappert in ÖZPR 2016/11 vorgeschlagene und im Rahmen der Arbeiten am Entwurf auch ursprünglich ins Auge gefasste Wochenfrist erscheint dagegen zu lang:

Erstens kann sich die gesundheitliche Situation bei Patienten sehr schnell ändern (auch verbessern); dies ist für den Leiter der psychiatrischen Abteilung beim im Sinn der Z 1 entwichenen Patienten völlig unüberblickbar. Auch im Fall des außerhalb der psychiatrischen Abteilung zu behandelnden Patienten nach Z 2 müsste der Abteilungsleiter der psychiatrischen Abteilung den Patienten weiterhin visitieren, um verlässlich beurteilen zu können, ob die Unterbringungsvoraussetzungen nach wie vor gegeben sind. Dies ist praktisch – jedenfalls bei weiter voneinander entfernt liegenden Krankenhäusern – nicht zu bewerkstelligen. Auch die Kontaktaufnahme durch einen Konsiliarpsychiater ist aufwändig zu organisieren und in der Praxis kaum durchführbar.

Zweitens würde der Fortbestand der Unterbringung eines in der psychiatrischen Abteilung länger als 24 Stunden abwesenden Patienten die Gerichte vor unüberwindbare Probleme bei Einhaltung des Fristenregimes des UbG stellen. Kann der Patient innerhalb von 24 Stunden in die Abteilung zurückgebracht werden, so können die gerichtlichen Entscheidungsfristen (§ 20 UbG: vorläufige Entscheidung innerhalb von vier Tagen; § 26 Abs. 1 UbG: endgültige Entscheidung innerhalb von weiteren 14 Tagen) regelmäßig eingehalten werden. Ist dies ausnahmsweise nicht der Fall, so ist in Z 3 vorgesehen, dass der Abteilungsleiter die Unterbringung bereits vor Ablauf der 24-Stunden-Frist aufzuheben hat.

Die 24-Stunden-Frist beginnt im Fall der Z 1 ab Bekanntwerden des Umstands, dass der Patient den örtlichen Bereich der Abteilung eigenmächtig verlassen hat, im Fall der Z 2 ab Verlassen der Abteilung zu laufen. Die Aufhebung durch den Abteilungsleiter ist notwendig, weil der verwaltungsrechtliche Akt der Unterbringung nur durch einen contrarius actus und nicht durch eine faktische Handlung des Patienten beendet werden kann (Kopetzki, Grundriss des Unterbringungsrechts³ [2012] Rz 774 u 776).

Zu den Konsequenzen des Fristensystems:

Innerhalb dieses Zeitraumes von 24 Stunden kann der Patient von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes zurückgebracht werden bzw. freiwillig zurückkehren, ohne dass wieder das Aufnahmeprozedere des § 10 UbG erforderlich ist. Innerhalb dieses Zeitraumes wird sich in der Regel der gesundheitliche Zustand nicht wesentlich geändert haben, sodass davon ausgegangen werden kann, dass die Unterbringungsvoraussetzungen weiterhin gegeben sind.

Ist ein Patient länger als 24 Stunden von der psychiatrischen Abteilung abwesend und gibt der Abteilungsleiter bei der Verständigung der Sicherheitsdienststelle nach § 39d UbG des Entwurfs an, dass die Voraussetzungen des § 3 UbG weiterhin vorliegen, dann können die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes den Patienten gemäß § 9 Abs. 2 Z 3 UbG des Entwurfs innerhalb von sieben Tagen ohne Untersuchung und Bescheinigung im Sinn des § 8 UbG des Entwurfs wieder in die psychiatrische Abteilung bringen. Dort hat dann aber eine Aufnahmeuntersuchung stattzufinden. Wenn der Patient erst nach sieben Tagen aufgefunden wird, sind auch die Vorgaben der §§ 8 und 9 UbG des Entwurfs zu erfüllen.

Freiheitsbeschränkungen an einem Patienten, der länger als 24 Stunden in einer anderen Abteilung behandelt werden muss, sind nach dem HeimAufG zu beurteilen. Dem Patienten ist ab diesem Zeitpunkt zur Wahrung seiner Interessen der Bewohnervertreter und nicht der Patientenanwalt beigestellt. Zur Überprüfung der Zulässigkeit der Freiheitsbeschränkung ist nicht mehr das Unterbringungsgericht berufen, sondern das nach § 11 HeimAufG zuständige Gericht.

Bleibt ein mit seinem Verlangen untergebrachter Patient eigenmächtig der psychiatrischen Abteilung fern, wird das als Widerruf seines Verlangens zu deuten sein. Abs. 3 Z 1 ist daher auf ihn nicht anwendbar.

Zur Frage des gerichtlichen Vorgehens:

Nach der Rechtsprechung des OGH (RIS-Justiz RS0130143) muss sich der Patient im Zeitpunkt der Entscheidung nach § 26 Abs. 1 UbG faktisch in der Anstaltsunterbringung befinden. Entweicht ein Patient und ist es nicht möglich, ihn bis zur gerichtlichen Entscheidung zurückzuholen, so hat eine solche endgültig zu unterbleiben. Es ist mit Beschluss auszusprechen, dass die Entscheidung nach § 26 Abs. 1 UbG zu entfallen hat. Bei einer verspäteten Rückführung ist eine Entscheidung nach § 26 Abs. 1 UbG nicht mehr zu fällen, sondern ein neues Verfahren mit einer Erstanhörung durchzuführen (7 Ob 27/15v).

An diese Rechtsprechung anknüpfend ist in Z 3 vorgesehen, dass in den Fällen der Z 1 und 2, in denen eine rechtzeitige Rückführung bis zur gerichtlichen Entscheidung nach den §§ 20 (Erstanhörung) und 26 Abs. 1 UbG (mündliche Verhandlung) nicht möglich ist, der Abteilungsleiter die Unterbringung aufzuheben hat, auch wenn die 24-Stunden-Frist noch nicht abgelaufen ist. Dabei kommt es darauf an, wann das Gericht die Erstanhörung bzw. die mündliche Verhandlung anberaumt. Verwaltungsökonomischen Überlegungen folgend muss das Gericht die Fristen des § 19 Abs. 1 UbG (4 Tage) bzw. des § 20 Abs. 1 UbG (14 Tage) nicht ausschöpfen, sondern darf an seinen in der Abteilung üblichen Erstanhörungs- bzw. Verhandlungstagen festhalten. Da die Unterbringung durch den Abteilungsleiter zu beenden ist, ist ein Beschluss des Gerichts nach § 20 oder § 26 UbG nicht notwendig.

Zu § 32a UbG:

Die Änderung ist redaktioneller Natur.

Zu § 32b UbG:

Diese neue Bestimmung soll einem der wichtigsten Ziele der Reform, nämlich der Klarheit und Verbesserung der Kommunikation zwischen den am Unterbringungsgeschehen Beteiligten, hier zwischen Patient und Abteilungsleiter, dienen. In vielen psychiatrischen Abteilungen wird jetzt schon ein umfassendes Entlassungsgespräch geführt, das von den handelnden Personen als hilfreich erlebt wird (IRKS, Studie, 133-141). Daran knüpft § 32b Abs. 1 UbG des Entwurfs an. Während aktuell im Entlassungsgespräch vor allem Fragen der Nachbetreuung im Vordergrund stehen dürften (IRKS, Studie, 140; siehe in diesem Sinn nun ausdrücklich Abs. 1 zweiter Satz), wird nunmehr in Abs. 1 erster Satz ergänzend dazu vorgeschlagen, den Patienten im Gespräch auch die Möglichkeit zu geben, ihren Aufenthalt in der psychiatrischen Abteilung zu reflektieren. Dies birgt erstens die Chance in sich, dass die grundsätzlich zunächst unerwünschte Situation der Unterbringung vielleicht im Nachhinein positiv bewertet wird. Wenn der Patient mit dem Abteilungsleiter und jenen Personen, die er zu dem Gespräch hinzuzieht, überlegt, was für ihn hilfreich und was vielleicht nicht so hilfreich war, ist das zweitens auch ein wichtiges Feedback für den Abteilungsleiter und kann für die Zukunft bedeutsam sein, sollte der Patient noch einmal untergebracht werden müssen.

Wenn der Patient das möchte, soll ihm der Abteilungsleiter die Gelegenheit geben, die Ergebnisse der im gemeinsamen Gespräch angestellten Überlegungen auch festzuhalten. Dieses – in Deutschland entwickelte und in Österreich von manchen psychiatrischen Abteilungen schon erprobte (IRKS, Studie, 141) – Instrument kann dem Patienten und v.a. den Mitarbeitern der psychiatrischen Abteilung im Fall einer weiteren Aufnahme des Patienten eine wichtige Orientierungshilfe sein. In Abs. 2 ist von dem „Behandlungsplan“ die Rede. Der in Deutschland gebräuchliche Begriff der „Behandlungsvereinbarung“ soll nicht verwendet werden, weil erstens der Eindruck vermieden werden sollte, der Patient müsste die volle Entscheidungsfähigkeit besitzen, um eine Vereinbarung treffen zu können. Zweitens soll dieser Plan den behandelnden Ärzten eben eine Orientierungshilfe bei einer allenfalls nötigen weiteren Unterbringung sein; eine unmittelbare Verbindlichkeit im Sinn einer verbindlichen Patientenverfügung entfaltet er dagegen nicht. Auch deshalb erscheint der Terminus „Plan“ geeigneter als jener der „Vereinbarung“, die im Sinn von „Vertrag“ (miss)verstanden werden könnte.

Festgehalten werden kann etwa, welches Medikament in welcher Dosierung während der stationären Versorgung hilfreich war und welches Medikament als belastend und nicht nutzbringend erlebt wurde. Auch kann dokumentiert werden, welche Interventionen unter welchen Rahmenbedingungen deeskalierend wirkten. Angaben zur ambulanten (Vor-)Behandlung bei niedergelassenen Ärzten sowie Regelungen zur Aufnahmesituation und zur pflegerischen Bezugsperson können aufgenommen werden. Auch Kontakt- und Besuchswünsche (wer soll/darf zu Besuch kommen, wer nicht? Wer soll bei einer überraschenden Einweisung benachrichtigt werden?) können festgehalten werden.

Der Behandlungsplan soll das Miteinander zwischen dem Arzt und dem Patienten stärken und gewährleisten, dass die Bedürfnisse der Patienten, die natürlich sehr unterschiedlich sind, individuell wahrgenommen und besprochen werden. Er stellt Informationen für eine allfällige weitere Unterbringung bzw. Aufnahme in derselben psychiatrischen Abteilung zur Verfügung. Wenn der Patient ihn anderen psychiatrischen Abteilungen oder dem nachbetreuenden oder behandelnden niedergelassenen Facharzt vorlegt, kann er auch diesen als Richtlinie dienen (daher ist dem Patienten auch eine Kopie des Plans auszuhändigen).

Zur Absicherung der Nachsorge hat der Abteilungsleiter (analog zu § 10 Abs. 5 UbG des Entwurfs) außerdem den gesetzlichen Vertreter und einen Angehörigen, der mit der betroffenen Person im gemeinsamen Haushalt lebt oder für ihn sorgt (sofern kein solcher bekannt ist, einen Angehörigen aus dem Kreis der Kinder, Ehegatten, eingetragenen Partner und Eltern) zu verständigen. Dies gilt freilich nur dann, wenn der Patient dieser Verständigung nicht widerspricht. Über diese Möglichkeit ist er vom Abteilungsleiter zu belehren. Ergänzend ist vorgesehen, dass auf Wunsch des Patienten ein anderer Angehöriger oder eine Vertrauensperson zu verständigen ist.

Zu den §§ 33 bis 34a UbG:

In den §§ 33 bis 34a UbG des Entwurfs wurden zum einen begriffliche und redaktionelle Anpassungen vorgenommen („Patient“ statt „Kranker“, neue Rechtschreibung). Zum anderen soll dem Abteilungsleiter ein Antragsrecht auf gerichtliche Überprüfung der Beschränkungen eingeräumt werden. Er hat nach richtigem Verständnis seiner Stellung und seiner Aufgaben ebenso wie der Patientenanwalt ausschließlich die Interessen des Patienten zu verfolgen, die – so der OGH ausdrücklich (1 Ob 518/93; vgl. auch 6 Ob 568/92) – „einerseits auf die wirksame ärztliche Behandlung und andererseits auf die bestmögliche Wahrung der persönlichen Freiheit gerichtet sind“. Auch sein Interesse an Rechtssicherheit sollte daher Berücksichtigung durch Verankerung eines Antragsrechts finden.

Von den in den §§ 33 bis 34a UbG des Entwurfs geregelten Maßnahmen ist „der Vertreter“ des Patienten zu verständigen, also – im Sinn des § 2 Abs. 2 Z 12 UbG des Entwurfs – dessen Patientenanwalt, dessen gewählter Vertreter und dessen gesetzlicher Vertreter, damit sie den Patienten bei Wahrung seiner Rechte vertreten können. Die Vertrauensperson ist nicht zur Vertretung des Patienten berufen, sollte aber regelmäßig – als Bestandteil der in den §§ 33 bis 34a UbG des Entwurfs vorgesehenen strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung – im Vorfeld bzw. zur Vermeidung einer solchen Maßnahme beigezogen werden. Die Form ihrer Einbeziehung wird sehr von den Umständen des Einzelfalls abhängen und soll daher weniger formalisiert als bei medizinischen Behandlungen (vgl. § 35 Abs. 3 UbG des Entwurfs) vorgegeben werden.

Zu § 34 UbG:

Vorgeschlagen wird, im Gesetzestext klarzustellen, dass nicht nur die „fernmündliche“ – also telefonische – Kommunikation erfasst ist, sondern auch jene mit SMS, E-Mail oder WhatsApp u.s.w. (so schon Kopetzki, Grundriss des Unterbringungsrechts³ [2012] Rz 562 und 567/1). Die Kommunikation im persönlichen Gespräch in der psychiatrischen Abteilung – etwa zwischen Patienten, die in derselben Abteilung betreut werden – ist von § 34 UbG des Entwurfs nicht erfasst; solche Einschränkungen sind nach § 34a UbG des Entwurfs zu beurteilen.

Die geltende Rechtslage zum Recht des Patienten, Besuche zu empfangen, bleibt unverändert bestehen. Bei Besuchen von Vertrauenspersonen werden angesichts ihrer besonderen Bedeutung für den Patienten besonders strenge Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit von Restriktionen zu stellen sein. Besuche können aber wohl unterbunden werden, wenn die Vertrauensperson z. B. durch Alkohol beeinträchtigt ist.

Zu § 34a UbG:

Wie auch Beschränkungen nach §§ 33 und 34 UbG sollen auch Beschränkungen sonstiger Rechte nach § 34a UbG in der Krankengeschichte zu dokumentieren und dem Patienten sowie seinem Vertreter mitzuteilen sein. Die – auch aufgrund anderer (gesetzlicher) Grundlagen anzunehmende (Kopetzki, Grundriss des Unterbringungsrechts³ [2012] Rz 577/15) – Dokumentationspflicht soll die Zulässigkeitsprüfung durch das Gericht erleichtern. Sie muss nicht unbedingt durch den behandelnden Arzt erfüllt werden, weil Beschränkungen auch von anderen Berufsgruppen vorgenommen werden können. Daher wird auch vom Erfordernis der ärztlichen Anordnung abgesehen. Die Verständigungspflicht, die ebenso bereits aus dem geltenden Recht (§ 1 Abs. 1 UbG; siehe Kopetzki, Grundriss des Unterbringungsrechts³ [2012] Rz 577/15) ableitbar sein soll, ermöglicht dem Vertreter des Patienten, seine Antragsrechte auszuüben.

Zu den §§ 35 bis 37a UbG:

Die §§ 35 bis 37a UbG des Entwurfs regeln die Fragen der Einwilligung, Zustimmung oder Genehmigung bei medizinischen Behandlungen an untergebrachten Personen abschließend und gehen im Anwendungsbereich des UbG den §§ 252 bis 254 ABGB vor (so schon zur bisherigen Rechtslage Kopetzki, Grundriss des Unterbringungsrechts³ [2012] Rz 582 a.E.). Regelungsgegenstand ist die medizinische Behandlung im Verständnis des § 252 Abs. 1 zweiter Satz ABGB: „Eine medizinische Behandlung ist eine von einem Arzt oder auf seine Anordnung hin vorgenommene diagnostische, therapeutische, rehabilitative, krankheitsvorbeugende oder geburtshilfliche Maßnahme an der volljährigen Person.“ Dies wird auch durch die Überschrift vor § 35 UbG des Entwurfs („Medizinische Behandlung“) deutlich gemacht. Geburtshilfliche Maßnahmen etwa werden freilich (ausgenommen Fälle „dislozierter“ Behandlung nach § 37a UbG des Entwurfs) kaum in Betracht kommen. Mangels einer § 252 Abs. 1 letzter Satz ABGB vergleichbaren Anordnung sind medizinische Maßnahmen anderer gesetzlich geregelter Gesundheitsberufe nicht erfasst. Die §§ 35 bis 37a UbG sind daher auf medizinische Maßnahmen anderer gesetzlich geregelter Gesundheitsberufe – soweit sie nicht auf ärztliche Anordnung hin erfolgen – nicht anzuwenden; für sie gelten die Bestimmungen des ABGB (und mitunter zusätzlich verwaltungsrechtliche Vorschriften).

Zu § 35 UbG:

Abs. 1 bleibt inhaltlich unverändert.

In Abs. 2 soll – ebenso wie in § 253 Abs. 2 ABGB – klargestellt werden, dass „der Grund und die Bedeutung der Behandlung“ dem Patienten nur zu erläutern sind, „soweit dies möglich ist“. Dies ist insbesondere dann nicht der Fall, wenn der Patient im Koma liegt oder sonst völlig unansprechbar ist (so auch ErläutRV 1461 BlgNR 25. GP 31). Daneben kann die Erläuterung wie nach bisheriger Rechtslage insoweit unterbleiben, als diese für das Wohl des Patienten abträglich wäre.

Nach dem geltenden § 35 Abs. 2 UbG sind dem entscheidungsunfähigen Patienten „der Grund und die Bedeutung der Behandlung“ zu erläutern. Eine über diese Erläuterung hinausgehende Unterstützung zur Erlangung der Entscheidungsfähigkeit ist in den geltenden §§ 35 ff. UbG nicht vorgesehen, wird aber vor dem Hintergrund der UN-Behindertenrechtskonvention als notwendig erachtet (so ErläutRV 1461 BlgNR 25. GP 3 und 30 ff.) und dürfte zudem ohnedies – im Sinn eines „bedürfnisorientierten Behandlungsdialogs“ – der gelebten Praxis entsprechen (Jelem in Koppensteiner/Zierl [Hrsg], Praxisleitfaden Unterbringungsrecht [2012] 56). Vorgeschlagen wird daher, § 252 Abs. 2 ABGB auch im Geltungsbereich des UbG zur Anwendung zu bringen (indem die Bestimmung als Abs. 3 übernommen wird).

In Anbetracht der besonderen Bedingungen, die im Rahmen der Unterbringung herrschen, ist es angezeigt, gesetzlich dafür Vorsorge zu treffen, dass der Patient und sein Vertreter verlässlich und natürlich möglichst im Vorhinein von der Vornahme einer medizinischen Behandlung erfahren (das dt. BVerfG nennt dies das Erfordernis der „Ankündigung“ der Behandlung; vgl. 2 BvR 882/09 Rz 63). Grundsätzlich läge es nahe, eine §§ 33 Abs. 3 erster Satz und 34 Abs. 2 zweiter Satz UbG entsprechende gesetzliche Regelung (besondere Anordnung durch den behandelnden Arzt, Dokumentation in der Krankengeschichte und unverzügliche Mitteilung an Patienten und dessen Vertreter) vorzusehen. Sie erscheint aber bei der medizinischen Behandlung nicht von Nöten, weil die in § 35 Abs. 2 UbG vorgesehene und in § 36 Abs. 2 UbG vorausgesetzte Aufklärung des Patienten bzw. seines gesetzlichen Vertreters die Verständigung des Patienten und seines Vertreters von der Behandlung einschließt. Dass die Behandlung vom Arzt anzuordnen und in der Krankengeschichte zu dokumentieren ist, ergibt sich wiederum aus allgemeinen medizinrechtlichen Vorschriften (siehe insbesondere § 10 Abs. 1 KAKuG; §§ 49 und 51 ÄrzteG 1998; §§ 5 und 14 GuKG).

Zu § 36 UbG:

Abs. 1 entspricht (abgesehen von begrifflichen Anpassungen) dem geltenden § 36 Abs. 1 UbG. Der entscheidungsfähige Patient darf nach § 36 Abs. 1 erster Halbsatz UbG, auch wenn er untergebracht ist, nicht gegen seinen Willen behandelt werden. Dies wurde bisher schon so verstanden, dass die medizinische Behandlung seiner zumindest konkludenten Einwilligung bedarf (Kopetzki, Grundriss des Unterbringungsrechts³ [2012] Rz 640; Engel, Unterbringungsrecht, in Resch/Wallner [Hrsg], Handbuch Medizinrecht² [2015] Rz 107). Das soll nun deutlicher aus dem Gesetz hervorgehen. Am Ergebnis soll sich nichts ändern: Gibt der entscheidungsfähige Patient keine Erklärung ab (auch nicht konkludent, also – im Sinn des § 863 Abs. 1 ABGB – stillschweigend durch solche Handlungen, „welche mit Überlegung aller Umstände keinen vernünftigen Grund, daran zu zweifeln, übrig lassen“, dass er in die Behandlung einwilligt), so muss diese – ebenso wie im Anwendungsbereich der §§ 252 bis 254 ABGB – unterbleiben. Ein rein passives „Über-sich-Ergehen-Lassen“ der Behandlung ist für die Annahme einer schlüssigen Einwilligung nicht ausreichend (LG Linz 15 R 115/16m).

Abs. 2 erster Satz entspricht inhaltlich ebenso vollständig dem geltenden § 36 Abs. 2 UbG. Im zweiten Satz ist eine Kontrolle durch das Unterbringungsgericht vorgesehen, wenn der Patient zu erkennen gibt, dass er die Behandlung ablehnt, der gesetzliche Vertreter der medizinischen Behandlung des nicht entscheidungsfähigen Patienten nicht zustimmt und dadurch dem Willen des Patienten nicht entspricht (siehe dazu näher Barth/Marlovits in Barth/Ganner (Hrsg), Handbuch des Erwachsenenschutzrechts (2019)3, 266-268) oder eine besondere Heilbehandlung vorgenommen werden soll.

Besondere Heilbehandlungen bedürfen stets der Zulässigerklärung durch das Unterbringungsgericht, weil die staatlichen Schutzpflichten bei untergebrachten Patienten gesteigert sind (siehe dazu die Erläuterungen zu § 36a UbG des Entwurfs) und solch schwerwiegende Behandlungen unabhängig davon, ob der Patient einen Widerspruch zu erkennen gibt oder nicht, einer gerichtlichen Kontrolle unterliegen sollen.

Erklärt das Gericht die Behandlung für zulässig, so kann sie trotz Ablehnung des entscheidungsunfähigen Patienten (bei Vorliegen der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters) bzw. trotz verweigerter Zustimmung des gesetzlichen Vertreters durchgeführt werden. Diese Entscheidung des Unterbringungsgerichts ersetzt die in § 254 Abs. 1 ABGB vorgesehene Genehmigung der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters bzw. die nach § 254 Abs. 2 ABGB nötige Ersetzung seiner Zustimmung durch das Pflegschaftsgericht. Das Unterbringungsgericht soll zwar über die Zulässigkeit der medizinischen Behandlung entscheiden, weil es – allgemein für den Rechtsschutz der untergebrachten Patienten zuständig – diesen rascher und wohl auch fachkundiger den Patienten zur Verfügung stellen kann. Der gesetzliche Vertreter unterliegt aber weiterhin der Kontrolle des Pflegschaftsgerichts: Wenn also die Verweigerung der Zustimmung durch den gesetzlichen Vertreter Anlass gibt, an dessen Eignung zu zweifeln, so ist das Pflegschaftsgericht zu verständigen, das dann im Sinn des § 254 Abs. 2 ABGB einen anderen Vertreter bestellen kann.

In Abs. 3 soll deutlicher als im geltenden Recht klargestellt werden, welche speziellen Rahmenbedingungen gelten, wenn ein behandlungsbedürftiger Patient keinen gesetzlichen Vertreter hat. Dabei soll zunächst – ganz im Sinn der herrschenden Meinung (Kopetzki, Grundriss des Unterbringungsrechts [2012]³ Rz 649; Engel, Unterbringungsrecht, in Resch/Wallner [Hrsg], Handbuch Medizinrecht [2015]² Rz 111; Wintersberger, Die vorbeugende Maßnahme gem § 21 Abs. 1 StGB [2018] 138 f) – festgehalten werden, dass „einfache“ Behandlungen (Behandlungen, die gewöhnlich nicht mit einer schweren oder nachhaltigen Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Persönlichkeit verbunden sind) am entscheidungsunfähigen Patienten konsenslos, also ohne seine Einwilligung und ohne Zustimmung eines Vertreters, durchgeführt werden dürfen. Zur Rechtfertigung kann auf die ErläutRV 1461 BlgNR 25. GP 90 f verwiesen werden, die immer noch Gültigkeit haben: „Dass einfache Heilbehandlungen nach Maßgabe des § 35 UbG auch ohne Zustimmung eines Vorsorgebevollmächtigten oder Erwachsenenvertreters zulässig sind, wenn ein solcher Vertreter noch nicht eingesetzt ist, ist wohl damit zu rechtfertigen, dass eine übereilte Bestellung eines Erwachsenenvertreters vermieden werden soll (vgl. Kopetzki, Unterbringungsrecht II 843 f) und die rasche Durchführung der Behandlung regelmäßig Voraussetzung dafür ist, dass die Freiheitsbeschränkung alsbald wieder aufgehoben werden kann. Dem würde es nicht gerecht, wenn man zunächst nur „Gefahr im Verzug“-Behandlungen vornimmt und mit allem anderen zuwartet, bis ein Erwachsenenvertreter bestellt ist.“ Dies soll nicht nur für „psychiatrische“ Behandlungen gelten, sondern für medizinische Behandlungen aller Art. So soll dem trotz entsprechender Erläuterung und Unterstützung in der Meinungsbildung entscheidungsunfähigen zuckerkranken Patienten, der keinen gesetzlichen Vertreter hat, eine Insulininjektion verabreicht werden können. Wenn der Patient aber zu erkennen gibt, dass er die Behandlung ablehnt, hat das Unterbringungsgericht im Vorhinein über die Zulässigkeit der Behandlung zu entscheiden. Besondere Heilbehandlungen bedürfen wiederum stets der Zulässigerklärung durch das Unterbringungsgericht.

Konsenslos durchgeführte medizinische Behandlungen sind unverzüglich dem Patientenanwalt und dem gewählten Vertreter (einen gesetzlichen Vertreter gibt es ja nicht) mitzuteilen, damit diese – wenn nötig – den in §§ 36 Abs. 3 letzter Satz sowie 36a UbG des Entwurfs eingerichteten gerichtlichen Rechtsschutz zur Geltung bringen können (für eine Verständigungspflicht bereits nach geltendem Recht Kopetzki, Grundriss des Unterbringungsrechts³ [2012] Rz 653).

Die in den Abs. 2 und 3 grundgelegte gerichtliche Kontrolle hat vor Durchführung der medizinischen Behandlung zu erfolgen, es sei denn, die damit verbundene Verzögerung geht im Sinn des § 37 UbG mit einer Gefährdung des Lebens, einer schweren Schädigung der Gesundheit oder starken Schmerzen einher. Ist die Behandlung nach der „Gefahr im Verzug“-Situation bereits beendet, so ist eine nachträgliche Überprüfung durch das Gericht nach § 38a UbG möglich (vgl. Kopetzki, Grundriss des Unterbringungsrechts³ [2012] Rz 728).

Zu § 36a UbG:

Gegenüber Personen in Gewahrsamsverhältnissen sind staatliche Schutzpflichten erheblich gesteigert: Indem der Staat durch Verhängung einer Haft die weitgehende Kontrolle über die Lebensbedingungen des Betroffenen übernimmt, trifft ihn auch die grundlegende Verantwortung für dessen weiteres Schicksal und für die Herstellung faktischer Haftbedingungen, die einen grundrechtskonformen Vollzug des Freiheitsentzugs erst ermöglichen. Die gerichtliche Kontrollbefugnis muss daher auf alle medizinischen Behandlungen an untergebrachten Patienten ausgeweitet werden.

Auf Verlangen des Patienten, seines Vertreters oder des Abteilungsleiters hat das Unterbringungsgericht daher auch abseits der in § 36 Abs. 2 und 3 vorgesehenen Fälle und auch bei Behandlung von Entscheidungsfähigen unverzüglich über die Zulässigkeit einer medizinischen Behandlung zu entscheiden. Antragsrechte auf Überprüfung der Zulässigkeit der medizinischen Behandlung sind nach geltendem Recht nur dem Patienten und seinem Vertreter eingeräumt. Wie auch bei den anderen Beschränkungen (siehe die Erläuterungen zu den §§ 33 bis 34a UbG des Entwurfs) soll auch hier das Interesse des Abteilungsleiters an Rechtssicherheit durch Einräumung eines Antragsrechts berücksichtigt werden.

Das Gericht hat – wenn es nach § 36a UbG des Entwurfs angerufen wird – über die Zulässigkeit der Behandlung in all ihren rechtlichen Facetten zu entscheiden. Hierzu zählt insbesondere, ob die Behandlung unter Einbeziehung des in seiner Entscheidungsfähigkeit durch unterstützende Maßnahmen mobilisierten Patienten bzw. mit Zustimmung seines Vertreters erfolgte, sowie ob sie mit den Grundsätzen und Methoden der Wissenschaft im Einklang stand und verhältnismäßig war (vgl. Kopetzki, Grundriss des Unterbringungsrechts³ [2012] Rz 730). Auf diese Weise können auch Fragen der Wirksamkeit einer Patientenverfügung einer gerichtlichen Klarstellung zugeführt werden; da der Abteilungsleiter in diesem Verfahren (anders als im Erwachsenenschutzverfahren) Parteistellung hat, partizipiert er an dieser Aufklärung.

Ist die Behandlung bereits beendet, so kann das Gericht nach Maßgabe des § 38a UbG angerufen werden.

Zu § 37 UbG:

§ 37 entspricht (abgesehen von redaktionellen Anpassungen an die §§ 252 Abs. 4, 253 Abs. 3 und 254 Abs. 3 ABGB) dem geltenden § 37 UbG. Hinzuweisen ist darauf, dass § 37 UbG in der Fassung des Entwurfs den Patienten nicht bloß vor starken körperlichen Schmerzen, sondern auch vor schwerem seelischen Leid bewahren will; der Begriff „Schmerzen“ ist daher umfassend zu verstehen.

Zu § 37a UbG:

Die derzeit bestehende Rechtsunsicherheit, wie mit Personen umzugehen ist, die – untergebracht – einer somatischen Behandlung außerhalb der Psychiatrie bedürfen (z. B. nach Suizidversuch oder bei an Anorexie oder an Diabetes erkrankten Patienten), führt mitunter dazu, dass Patienten die erforderliche Behandlung nicht (in der gebotenen Raschheit) erhalten. Eine klare Regelung, ob bzw. wann mit der „Übersiedlung“ in eine somatische Abteilung das Ende der Unterbringung verbunden ist, erscheint daher nötig. Denkbar wäre, entweder vom Fortbestand der Unterbringung bis zum Abschluss der Behandlung und bis zur Rückkehr an die psychiatrische Abteilung auszugehen oder aber deren sofortiges Ende mit dem Verlassen dieser Abteilung vorzusehen.

Vorgeschlagen wird ein „Mittelweg“: Für den Zeitraum von längstens 24 Stunden soll bei Fortbestand der Unterbringungsvoraussetzungen die Unterbringung aufrecht bleiben; solch kurze Unterbrechungen des Aufenthalts in der psychiatrischen Abteilung sollen nicht zur Beendigung der Unterbringung führen müssen, weil dies unnötigen organisatorischen Aufwand mit sich brächte und für diesen Zeitraum die psychiatrische Weiterbehandlung des Patienten unter der (wenn auch gelockerten) Aufsicht der psychiatrischen Abteilung sowie die Wahrung des strikten Fristenregimes durch das Unterbringungsgericht noch gewährleistet werden können. Dauert die Behandlung außerhalb der psychiatrischen Abteilung aber länger als 24 Stunden an, so ist die Unterbringung aufzuheben. Für die medizinische Behandlung gelten dann die §§ 252 ff. ABGB. Die Rückführung in die psychiatrische Abteilung soll freilich – so ein Polizeieinsatz erforderlich ist – ausnahmsweise ohne ärztliche Untersuchung und Bescheinigung erfolgen können. Siehe näher die Erläuterungen zu den §§ 9 (Abs. 3 Z 4) und 32 (Abs. 3 Z 2) UbG des Entwurfs.

Die Gefahr einer „Instrumentalisierung“ des UbG, um Menschen in somatischen Abteilungen nach Maßgabe des § 33 UbG „zwangsbehandeln“ zu können, dürfte angesichts des knappen Zeitraums des Fortbestands der Unterbringung außerhalb der psychiatrischen Abteilung kaum gegeben sein. Außerdem lassen auch die §§ 4 ff. HeimAufG behandlungsbegleitende Bewegungseinschränkungen in (nicht-psychiatrischen) Krankenanstalten zu, wenn der Beschränkungsbedarf seine Wurzeln in der psychischen Störung hat (so Kopetzki, Einleitung und Abbruch der medizinischen Behandlung bei einwilligungsunfähigen Patienten, iFamZ 7/2007, 197, FN 6; siehe näher Barth in FS Kopetzki [2019] 33 f). Vor allem aber kommt eine Unterbringung (wie auch sonst) nur dann in Frage, wenn sowohl der Abteilungsleiter als auch das Unterbringungsgericht die Voraussetzungen des § 3 UbG für gegeben erachten; ist dies schon vor Ablauf der 24-Stunden-Frist nicht mehr der Fall, so ist sie nach § 37 in Verbindung mit § 32 Abs. 1 UbG des Entwurfs sofort aufzuheben.

Zu § 38 UbG:

§ 38 Abs. 1 UbG des Entwurfs entspricht (abgesehen von begrifflichen Anpassungen) dem geltenden § 38 Abs. 1 UbG. Ein Verfahren über die Genehmigung einer besonderen Heilbehandlung gibt es nach diesem Entwurf nicht mehr, das Gericht hat vielmehr stets über die Zulässigkeit der medizinischen Behandlung zu entscheiden.

§ 38 Abs. 2 erster und zweiter Satz UbG gehen in § 38 Abs. 2 UbG des Entwurfs auf. Neu ist, dass das Gericht stets eine Niederschrift über die Tagsatzung zu beurkunden hat.

§ 38 Abs. 3 UbG des Entwurfs entspricht dem geltenden § 38 Abs. 2 letzter Satz UbG.

Zu § 38a UbG:

Abs. 1 enthält einerseits begriffliche Anpassungen, andererseits aber auch inhaltliche Änderungen: So wird erstens vorgeschlagen, dass eine nachträgliche Überprüfung der Zulässigkeit der Unterbringung auch dann möglich sein soll, wenn die Unterbringung nach der Entscheidung des Gerichts nach § 20 Abs. 1 UbG (also der Zulässigerklärung im Rahmen der Erstanhörung) beendet wurde. Damit soll eine „Rechtsschutzlücke“ für den Zeitraum der Unterbringung von der Erstanhörung bis zur Beendigung der Unterbringung vermieden werden. Die noch im Rahmen der Ub-HeimAufG-Novelle 2010 (ErläutRV 601 BlgNR 24. GP 19) gehegte Hoffnung, Probleme der nachträglichen Sachverhaltsklärung würden sich – auch durch Anwendung von Zweifelsregeln – in Grenzen halten, hat sich leider nicht bewahrheitet (vgl. Kopetzki, Grundriss des Unterbringungsrechts³ [2012] Rz 412/5). Zweitens soll daher für diese nachträgliche Entscheidung eine Frist von drei Jahren vorgesehen werden. Drittens soll nun klargestellt werden, dass das Gericht auf Antrag des Vertreters des Patienten (und dazu zählt auch der Patientenanwalt; siehe § 14 Abs. 3 erster Satz UbG des Entwurfs) auch dann nachträglich über die Zulässigkeit der Unterbringung, der Beschränkung der Bewegungsfreiheit, der Einschränkung des Verkehrs mit der Außenwelt oder der Beschränkung eines sonstigen Rechts oder der medizinischen Behandlung zu entscheiden hat, wenn der Patient während der Unterbringung oder innerhalb eines Monats nach deren Aufhebung verstorben ist. Damit soll die auf Art. 2 EMRK (RIS-Justiz RS0075885 [T3]) sowie systematische Erwägungen (RIS-Justiz RS0075885 [T7]) gestützte Rechtsprechung des OGH ihren gesetzlichen Niederschlag finden.

Abs. 2 enthält eine begriffliche Anpassung.

Zu § 39 UbG:

In § 39 ist – auch in Umsetzung des datenschutzrechtlichen Einsichtsrechts (Art. 23 DSGVO) – vorgesehen, dass der Patient stets seine Krankengeschichte einsehen darf, auch dann, wenn das seinem Wohl abträglich ist. Der mögliche Nachteil, der ihm dadurch droht, geht seinem berechtigten Informationsinteresse nach.

Zu den §§ 39a bis 39f UbG:

Die Kommunikation und Kooperation zwischen den verschiedenen Stellen, die mit psychisch kranken Personen mit Selbst- und Fremdgefährdungspotential zu tun haben, wird von diesen selbst überwiegend als verbesserungswürdig erachtet (vgl. IRKS, Studie, 146 ff). Dies hat auch mit der Unsicherheit über die Rechtmäßigkeit der Datenweitergabe zu tun (IRKS, Studie, 156). Es ist eines der wesentlichen Ziele dieser Reform, hier mehr Rechtssicherheit zu schaffen (siehe Allgemeiner Teil der Erläuterungen).

Da im Rahmen der Unterbringung durchwegs auch Gesundheitsdaten, also personenbezogene Daten, die sich auf die körperliche oder geistige Gesundheit einer natürlichen Person beziehen und aus denen Informationen über deren Gesundheitszustand hervorgehen (siehe Art. 4 Z 15 DSGVO), verarbeitet werden, muss einer der Erlaubnistatbestände des Art. 9 Abs. 2 DSGVO erfüllt sein. Im gegenständlichen Zusammenhang kommt in erster Linie Art. 9 Abs. 2 lit. g DSGVO in Betracht. Danach muss die Verarbeitung

-       „auf der Grundlage des Unionsrechts oder des Rechts eines Mitgliedstaats,

-       das in angemessenem Verhältnis zu dem verfolgten Ziel steht,

-       den Wesensgehalt des Rechts auf Datenschutz wahrt und

-       angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Grundrechte und Interessen der betroffenen Person vorsieht,

-       aus Gründen eines erheblichen öffentlichen Interesses erforderlich“ sein.

In den §§ 39a bis 39f UbG des Entwurfs sollen diesen Vorgaben entsprechende gesetzliche Grundlagen geschaffen werden. Die „Sicherstellung und Überwachung der Gesundheit“ und die „Prävention oder Kontrolle ansteckender Krankheiten und anderer schwerwiegender Gesundheitsgefahren“ kann – so Erwägungsgrund 52 zur DSGVO – ein solches erhebliches öffentliches Interesse darstellen. Dabei soll die Verhältnismäßigkeit zur Erreichung dieses Ziels hergestellt und umso mehr die vollständige „Aushebelung“ des Schutzes der Daten (vgl. Diregger, Handbuch Datenschutzrecht [2018] 335) vermieden werden, indem

-       Berufsgruppe für Berufsgruppe (im Folgenden mit „a.“ gekennzeichnet) festgelegt wird,

-       welche Daten (im Folgenden „b.“)

-       zu welchen Zwecken (im Folgenden „c.“) verarbeitet werden dürfen.

Allgemein ist festzuhalten, dass die Verarbeitung die Offenlegung miteinschließt (vgl. Art. 4 Z 2 DSGVO).

Sollen Betreuungsstellen oder ähnliche Einrichtungen Daten über den Patienten übermittelt bekommen (§ 8 Abs. 3 Z 2, § 10 Abs. 4, § 32b Abs. 1, § 39c Abs. 3 und § 41g Abs. 2 UbG des Entwurfs), ist (zusätzlich) vorgesehen, dass dies nur mit Einwilligung des Patienten erfolgen darf (Art. 9 Abs. 2 lit. a DSGVO). Die „Einwilligung“ muss den Vorgaben des Art. 4 Z 11 DSGVO entsprechen, also „freiwillig“, „für den bestimmten Fall“, „in informierter Weise“, „unmissverständlich“ und „in Form einer Erklärung oder einer sonstigen eindeutigen bestätigenden Handlung“ erfolgen, „mit der die betroffene Person zu verstehen gibt, dass sie mit der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten einverstanden ist“. Verfügt der Patient insoweit nicht über die erforderliche Entscheidungsfähigkeit, so kann der gesetzliche Vertreter die Zustimmung erteilen.

Vom Erfordernis der Einwilligung des Patienten (bzw. ersatzweisen Zustimmung des gesetzlichen Vertreters) zur Datenoffenlegung an Betreuungsstellen soll lediglich im ersten Stadium der Einweisungsabklärung abgesehen werden, weil sich hier der Patient vielfach in einer Krise befindet (und daher oftmals nicht über die erforderliche Entscheidungsfähigkeit verfügen wird), ein gesetzlicher Vertreter selten zugegen sein wird und die Suche nach Alternativen zur Unterbringung faktisch nicht verunmöglicht werden soll.

Zu § 39a UbG:

Ein Arzt hat nach § 8 Abs. 3 UbG des Entwurfs zur Abklärung, ob die betroffene Person in anderer Weise als durch Unterbringung ausreichend medizinisch behandelt oder betreut werden kann, insbesondere ein Gespräch mit der betroffenen Person, mit anwesenden Angehörigen und sonst nahestehenden Personen sowie mit von der betroffenen Person namhaft gemachten Personen zu führen (Z 1), weiters zu erheben, ob die betroffene Person gegenwärtig behandelt oder betreut wird und mit deren Einwilligung mit dem behandelnden Arzt oder dem betreuenden Dienst zu sprechen (Z 2) und einen mit öffentlichen Mitteln geförderten Krisendienst beizuziehen (Z 3). Abs. 1 ermächtigt den einweisenden Arzt (a.) all diesen Personen und Stellen die zur Abklärung, ob die betroffene Person in anderer Weise als durch Unterbringung ausreichend medizinisch behandelt oder betreut werden kann, erforderlichen (c.) Informationen über die Krankheit der betroffenen Person und ihren Betreuungsbedarf (b.) zu übermitteln. Umfasst sind auch Personendaten zur Identität des Patienten. Beim Betreuungsbedarf geht es um Daten, die Aufschluss darüber geben können, wie die derzeit vom Betroffenen ausgehende Gefahr anders als durch die Unterbringung abgewendet werden könnte.

Art. 9 Abs. 4 DSGVO ermöglicht zusätzliche Bedingungen bzw. Beschränkungen für die Verarbeitung von Gesundheitsdaten. In diesem Sinn ist in Abs. 2 vorgesehen, dass der behandelnde Arzt, der betreuende Dienst und der Krisendienst (a.) die Informationen über die Krankheit der betroffenen Person und ihren Betreuungsbedarf (b.) nur zur Abklärung, ob die Betreuung übernommen werden kann, sowie zur Betreuung der betroffenen Person (c.) verarbeiten dürfen und diese, wenn sie die Betreuung nicht übernehmen oder beenden, unverzüglich löschen müssen. Wenn eine Aufnahme des Patienten in die Betreuung erfolgt, gelten für die Zeit der Betreuung die allgemeinen Löschungsverpflichtungen der DSGVO (siehe Art. 17).

Die in § 8 Abs. 3 Z 1 UbG des Entwurfs genannten Personen sind von Abs. 2 nicht erfasst, weil ihnen diese Informationen nur mündlich erteilt werden und damit einer Datenverarbeitung nicht zugänglich sind (siehe Feiler/Forgó, EU-DSGVO [2017] 4).

Zu § 39b UbG:

Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind nach § 9 Abs. 6 UbG des Entwurfs verpflichtet, in einem Bericht über die Amtshandlung die Gründe, die zur Annahme des Vorliegens einer psychischen Krankheit sowie einer damit im Zusammenhang stehenden Gefährdung geführt haben, bei Gefährdung anderer den Umstand, dass ein Betretungs- und Annäherungsverbot oder eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b, 382c oder 382d EO erlassen wurde, und die Sicherheitsbehörde sowie die Sicherheitsdienststelle, der die Amtshandlung zuzurechnen ist, anzuführen. Die Sicherheitsdienststelle, der die Amtshandlung nach § 9 UbG des Entwurfs zuzurechnen ist (a.), hat nach Abs. 1 diesen Bericht sowie die ärztliche Bescheinigung nach § 8 UbG des Entwurfs (b.) unverzüglich dem Abteilungsleiter zur Aufnahme in die Krankengeschichte zu übermitteln. Dies soll (c.) – wie schon im geltenden § 39b Abs. 1 UbG (vgl. Kopetzki, Datenflüsse nach der UbG-Novelle 1997, RdM 1997, 165) – erstens dem Abteilungsleiter wichtige Grundlagen für seine Entscheidung, ob der Patient unterzubringen ist, sowie für die weitere Behandlung liefern und zweitens eine Filterfunktion ermöglichen, da die Daten nur dann an das Gericht weitergeleitet werden, wenn die betroffene Person tatsächlich untergebracht wird.

Der Bericht sowie die Bescheinigung (b.) dürfen nach Abs. 2 von der Sicherheitsbehörde, der die Amtshandlung nach § 9 UbG zuzurechnen ist (a.), weiters für (c.) ein den Patienten betreffendes gerichtliches Unterbringungs- oder Erwachsenenschutzverfahren, ein gerichtliches Strafverfahren im Zusammenhang mit der Amtshandlung nach § 9 UbG sowie für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit der Amtshandlung verarbeitet werden. Die Information darf auch an das ein Erwachsenenschutzverfahren für den Patienten führende Gericht gehen, weil dies für die Beurteilung, ob der Erwachsenenvertreter zum Wohl der betroffenen Person tätig ist, relevant sein kann. Beim Strafverfahren wird es sich in der Regel um ein solches gegen den Patienten, aber – beim Vorwurf eines Fehlverhaltens der Sicherheitsorgane – auch um ein Strafverfahren gegen diese handeln. Soweit die Überprüfung der Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit der Amtshandlung angesprochen ist, liegt eine Zweckbegrenzungsnorm vor. Die Ermächtigung zur Datenverarbeitung muss sich aus anderen gesetzlichen Grundlagen ergeben, z. B. dem Dienstrecht.

Nach geltendem Recht (§ 39b Abs. 2 UbG) hat die Sicherheitsbehörde die Mitteilung des Gerichts, dass die Unterbringung nach § 20 Abs. 1 UbG für zulässig erklärt worden ist, an jene Behörden weiterzuleiten, die bezüglich des Betroffenen zur Prüfung der Verlässlichkeit für den Bereich des Waffen-, Schieß-, Munitions- und Sprengmittelwesens zuständig sind. Zu den Hintergründen siehe ErläutRV 457 BlgNR XX. GP 76: „Das Wissen um die Gefährlichkeit von Menschen ist für die Bewältigung der Aufgaben im Bereich des Waffen-, Schieß-, Munitions- und Sprengmittelwesens unabdingbar. Um den Sicherheitsbehörden dieses spezifische Wissen um die Gefährlichkeit eines Menschen – soweit erforderlich – zugänglich zu machen, sieht der Entwurf eine Verständigungspflicht der Unterbringungsgerichte gegenüber der Sicherheitsbehörde in allen jenen Fällen vor, in denen das Gericht im Rahmen seiner Entscheidung über die vorläufige Zulässigkeit einer Unterbringung zur Auffassung gelangt, daß ernstliche und erhebliche Selbst- und/oder Fremdgefährdung tatsächlich vorliegt, nachdem der Betroffene über Intervention der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes in die Anstalt gebracht worden war. Da das Unterbringungsgesetz bis dahin die Untersuchung und Begutachtung durch zwei Fachärzte sowie die Anhörung des Kranken durch das Gericht unter Beiziehung des Abteilungsleiters und des Patientenanwalts als Vertreter des Betroffenen vorsieht, kann die Frage, ob ein Mensch tatsächlich gefährlich ist oder nicht, im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts gemäß § 20 Abs. 1 Unterbringungsgesetz wesentlich verläßlicher als im Zuge von Amtshandlungen gemäß den §§ 8 und 9 Unterbringungsgesetz oder § 46 Sicherheitspolizeigesetz beurteilt werden. Die Sicherheitsbehörden dürfen ihr Wissen um die Unterbringung des Betroffenen nur für die Vollziehung jener Gesetze verwenden, die eine Verläßlichkeitsprüfung im Bereich des Waffen-, Schieß-, Munitions- und Sprengmittelwesens vorsehen. Für die Bewältigung der übrigen – weniger sensiblen – sicherheitsbehördlichen Aufgaben erscheint es ausreichend, die Information der Sicherheitsbehörden über ein das Leben und die Gesundheit eines Dritten gefährdendes Verhalten sicherzustellen, ohne daß damit ein Hinweis auf den Verdacht des Vorliegens einer psychischen Erkrankung verbunden sein müßte. Diese sollen weiterhin nach den einschlägigen Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes möglich bleiben. Die Verwendung und Verwertung ausschließlich auf das tatsächliche Verhalten des Betroffenen bezogener Wahrnehmungen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes birgt die Gefahr einer Stigmatisierung oder Diskriminierung auf Grund der psychischen Erkrankung nicht in sich, so daß diesbezüglich besondere Schutznormen entbehrlich sind. In diesem Umfang sollen daher auch die von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes anläßlich von Amtshandlungen nach den §§ 8 und 9 des Unterbringungsgesetzes sowie nach § 46 Sicherheitspolizeigesetz gemachten Wahrnehmungen im Interesse der allgemeinen sicherheitsbehördlichen Gefahrenabwehr verwertbar bleiben.“

An diesem Grundgedanken soll in Abs. 3 weiterhin festgehalten werden. Allerdings ist festzustellen, dass es auch noch andere Bereiche gibt, in denen von einem psychisch kranken Menschen, der sich oder andere ernstlich und erheblich gefährdet, besondere Gefahren für die Allgemeinheit ausgehen können, weil sie Möglichkeiten erlangen, eine größere Anzahl von Menschen zu gefährden, und wo es daher wichtig ist, dass die zuständige Behörde das Wissen um eine Unterbringung in ihre Eignungs- bzw. Verlässlichkeitsprüfung einfließen lassen kann. Vorgeschlagen wird, dass die Sicherheitsdienststelle, der die Amtshandlung nach § 9 UbG zuzurechnen ist (a.), Informationen über den Verdacht des Vorliegens einer psychischen Krankheit der betroffenen Person und einer damit im Zusammenhang stehenden ernstlichen und erheblichen Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit anderer (b.) nicht nur den für das Waffen-, Schieß-, Munitions- und Sprengmittelwesen zuständigen Behörden, sondern auch jenen, die für das Luftfahrt- und Eisenbahnwesen zuständig sind, übermitteln darf, wenn (c.) die Information über ein das Leben und die Gesundheit anderer gefährdendes Verhalten ohne den Hinweis auf den Verdacht des Vorliegens einer psychischen Krankheit zur Prüfung der Eignung bzw. Verlässlichkeit der betroffenen Person nicht ausreicht und sie vom Gericht die Mitteilung erhalten haben, dass die Unterbringung nach § 20 Abs. 1 UbG für zulässig erklärt worden ist. In der Arbeitsgruppe wurde zum Teil auch gefordert, solche Meldungen auch an die Führerscheinbehörde zuzulassen. Es ist aber festzustellen, dass es zweifellos relativ leicht möglich ist, auch ohne Führerschein in den Besitz eines Kraftfahrzeuges zu kommen und damit Menschen zu gefährden. Der in der Mitteilung an die Führerscheinbehörde gelegene Eingriff in die Datenschutzrechte der betroffenen Personen, der unstrittig weitreichende Folgen für diese haben kann (insbesondere, wenn sie die Lenkerberechtigung im beruflichen Zusammenhang benötigen), wäre daher unverhältnismäßig und soll nicht vorgeschlagen werden.

§ 39b Abs. 3 UbG des Entwurfs sieht also (wie der geltende § 39b Abs. 2 UbG) einen doppelten Filter vor: Erst wenn sowohl der Abteilungsleiter als auch das Unterbringungsgericht das Vorliegen der Unterbringungsvoraussetzungen annehmen, darf die Information über den Umstand einer psychischen Krankheit und eine daraus resultierende Gefährdung übermittelt werden (zur Wichtigkeit des doppelten Filters siehe Kopetzki, RdM 1997, 164 f).

Nicht die Aufzeichnungen oder Bescheinigungen als solche sind zu übermitteln, sondern nur deren Substrat, das an der Zuverlässigkeit zweifeln lässt. Die Informationen dürfen auf die psychische Krankheit oder die Unterbringung hindeutende Merkmale enthalten, wenn dies zur Prüfung der Eignung, Verlässlichkeit bzw. Verkehrszuverlässigkeit erforderlich ist. Durch den Hinweis auf den Verdacht des Vorliegens einer psychischen Krankheit unterscheidet sich diese Mitteilung von Informationen bloß über das Verhalten des Betroffenen (ohne Hinweis auf eine Amtshandlung nach den §§ 8 und 9 UbG oder nach § 46 SPG) nach den Bestimmungen des SPG.

Die für die Verlässlichkeitsprüfung für den Bereich der Zivilluftfahrt (§ 32 Luftfahrgesetz) zuständige Oberbehörde ist der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie (§  140 Abs. 1 Luftfahrtgesetz; nunmehr die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie), für den Bereich der Militärluftfahrt ist die Bundesministerin für Landesverteidigung zuständige Behörde. Die für die Eignungsprüfung im Eisenbahnwesen (§§ 129 ff. Eisenbahngesetz 1957) zuständige Oberbehörde ist nach § 130 Eisenbahngesetz 1977 der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie (nunmehr: Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie).

Zu § 39c UbG:

Der Abteilungsleiter hat – wie auch der einweisende Arzt – bei der Aufnahmeuntersuchung u.a. abzuklären, ob die betroffene Person in anderer Weise als durch Unterbringung ausreichend medizinisch behandelt oder betreut werden kann. Für die hierfür nötigen Datenflüsse bietet Abs. 1 in Verbindung mit § 39a UbG des Entwurfs die nötige Rechtsgrundlage. Wie auch der einweisende Arzt darf der Abteilungsleiter in dieser Phase der akuten Krise Daten an Angehörige und Betreuungsstellen auch ohne Einwilligung des Patienten oder Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters offenlegen (anders als bei der Abklärung nach Abs. 3).

Wird eine Person ohne Verlangen in eine psychiatrische Abteilung aufgenommen, so hat der Abteilungsleiter (a.) hievon nach § 17 UbG unverzüglich das Gericht zu verständigen. Nach Abs. 2 hat der Abteilungsleiter dieser Verständigung die ärztliche Bescheinigung nach § 8 UbG, den Bericht der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes über die Amtshandlung nach § 9 Abs. 6 UbG, eine maschinschriftliche Ausfertigung des ärztlichen Zeugnisses (§ 10 Abs. 1 UbG) sowie allenfalls ein gemäß § 10 Abs. 3 UbG erstelltes zweites ärztliches Zeugnis in maschinschriftlicher Ausfertigung anzuschließen bzw. diese Unterlagen nachzureichen (b.). Zweck dieses Datenflusses ist (c.), erstens die Einleitung des gerichtlichen Unterbringungsverfahrens sicherzustellen und zweitens dem Gericht die bis dato vorhandenen Unterlagen zur Beurteilung der Unterbringungsvoraussetzungen zur Verfügung zu stellen. Daher hat eine Weiterleitung der Daten an das Gericht ebenso wie die Meldung an sich zu entfallen, wenn die betroffene Person nicht untergebracht wird (Kopetzki, RdM 1997, 166).

Wenn die betroffene Person nicht aufgenommen oder die Unterbringung aufgehoben wird, hat sich der Abteilungsleiter nach § 10 Abs. 5 bzw. § 32b Abs. 1 UbG des Entwurfs um eine angemessene soziale und psychiatrische Betreuung derselben zu bemühen, soweit er eine solche für erforderlich hält. Dazu kann er nach Abs. 3 mit ihrer schriftlichen Einwilligung (a.) Angehörige und/oder Einrichtungen, die sie betreuen können, die zur Beurteilung der Betreuungsübernahme erforderlichen (c.) Informationen über ihren Betreuungsbedarf (b.) erteilen. Im Einklang mit Art. 9 Abs. 4 DSGVO ist weiters vorgesehen, dass diese Einrichtungen (a.) die Informationen über die Krankheit der betroffenen Person und ihren Betreuungsbedarf (b.) nur zur Abklärung, ob die Betreuung übernommen werden kann, sowie zur Betreuung der betroffenen Person (c.) verarbeiten dürfen und diese, wenn sie die Betreuung nicht übernehmen oder beenden, unverzüglich löschen müssen. Vgl. dazu die Erläuterungen zu § 39a Abs. 2 UbG des Entwurfs.

Der Abteilungsleiter (a.), dem nach § 9 Abs. 6 UbG ein Betretungs- und Annäherungsverbot oder eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b, 382c und 382d EO mitgeteilt wurde, hat die vorführende Sicherheitsdienststelle nach Abs. 4 von dem Umstand, dass die betroffene Person nicht untergebracht wird (b.), unverzüglich zu verständigen. Auf diese Weise wird die Sicherheitsbehörde besser in die Lage versetzt, die Einhaltung des erlassenen Verbotes durch den (nicht untergebrachten) Gefährder zu überwachen (c.).

Nach Abs. 5 hat der Abteilungsleiter (a.) die vorführende Sicherheitsdienststelle überdies von dem Umstand, dass die betroffene Person nicht untergebracht wird (b.), unverzüglich zu verständigen, wenn er annimmt, dass die betroffene Person das Leben oder die Gesundheit anderer gegenwärtig ernstlich und erheblich gefährdet (c.); dies hat er in der Verständigung darzulegen. Nach § 22 Abs. 2 SPG haben Sicherheitsbehörden gefährlichen Angriffen auf Leben, Gesundheit, Freiheit, Sittlichkeit, Vermögen oder Umwelt vorzubeugen, sofern solche Angriffe wahrscheinlich sind. Hat die Sicherheitsbehörde Grund zur Annahme, dass ein gefährlicher Angriff gegen Leben, Gesundheit, Freiheit oder Vermögen bevorsteht, so hat sie die betroffenen Menschen hievon nach Möglichkeit in Kenntnis zu setzen (§ 22 Abs. 4 SPG). Außerdem kann sie eine sogenannte „sicherheitspolizeiliche Fallkonferenz“ einberufen (§ 22 Abs. 2 SPG). Daher soll der Abteilungsleiter die Sicherheitsdienststelle verständigen, wenn zwar die Voraussetzungen der Unterbringung nicht vorliegen (z. B. mangels Vorliegens einer psychischen Krankheit oder weil kein Zusammenhang zwischen Krankheit und Gefahr besteht), er aber Grund zur Annahme hat, dass von der betroffenen Person eine solche Gefahr ausgehen könnte (z. B. wenn sie – zuvor gegen ihre Angehörigen gewalttätig gewesen – in ihre Familie zurückkehrt). Das Kriterium der „gegenwärtigen Gefährdung“ stellt eine Verschärfung im Vergleich zur „ernstlichen“ Gefährdung im Sinn des § 3 Z 1 UbG dar.

Der Hinweis in Abs. 6, wonach § 80 Abs. 1 StPO unberührt bleibt, dient nur der Klarstellung. Erstattet der Abteilungsleiter Anzeige gegen den Patienten, so darf er die hierfür nötigen Informationen an die Polizei bzw. Staatsanwaltschaft weitergeben, ohne dass die Voraussetzungen der Abs. 4 und 5 gegeben sein müssen.

Festzuhalten ist, dass die in Art. 148a B-VG und § 11 Abs. 3 VolksanwG vorgesehenen Auskunftspflichten des Abteilungsleiters durch § 39c UbG des Entwurfs unberührt bleiben.

Zu § 39d UbG:

Der Abteilungsleiter (a.) hat nach Abs. 1 von der Aufhebung der Unterbringung (b.) unverzüglich das Gericht, den Vertreter des Patienten und dessen Vertrauensperson zu verständigen. Die Bestimmung entspricht im Wesentlichen dem geltenden § 32 zweiter Satz UbG und will sicherstellen, dass das Gericht, die Patientenanwaltschaft, der gewählte Vertreter und die Vertrauensperson die für ihre Tätigkeit für den Patienten wichtige Information über die Aufhebung der Unterbringung erhalten (c.).

Der Abteilungsleiter (a.) hat nach Abs. 2 von der Aufhebung der Unterbringung (b.) überdies unverzüglich die vorführende Sicherheitsdienststelle zu verständigen, wenn ihm nach § 9 Abs. 6 UbG des Entwurfs ein Betretungs- und Annäherungsverbot oder eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b, 382c und 382d EO mitgeteilt wurde oder er annimmt, dass die betroffene Person das Leben oder die Gesundheit anderer gegenwärtig ernstlich und erheblich gefährdet. Zum Zweck dieses Datenflusses, die Sicherheitsbehörde besser in die Lage zu versetzen, ihren Schutzauftrag zu erfüllen (c.), siehe die Erläuterungen zu § 39c Abs. 4 und 5 UbG des Entwurfs. Diesem Zweck dient auch die Verständigung der vorführenden Dienststelle von der Aufhebung der Unterbringung, wenn der Patient der Abteilung eigenmächtig ferngeblieben ist oder außerhalb der psychiatrischen Abteilung behandelt wird und der Abteilungsleiter annimmt, dass die Voraussetzungen des § 3 UbG weiterhin vorliegen. Hat der Patient die Station eigenmächtig verlassen, wird stets die Rückführung durch die Polizei notwendig sein. Im Fall der „dislozierten“ Behandlung des Patienten kann nach deren Abschluss eine Rückführung des Patienten in die psychiatrische Abteilung durchaus mit dessen Einverständnis erfolgen und daher ein Polizeieinsatz nicht notwendig sein. Zeigt sich der Patient aber mit der Verbringung in die psychiatrische Abteilung nicht einverstanden, so hat der Abteilungsleiter die vorführende Sicherheitsdienststelle von der Aufhebung der Unterbringung zu verständigen und gleichzeitig um Hilfestellung bei der Verbringung in die Abteilung zu ersuchen (siehe die Erläuterungen zu § 9).

Damit sich die Polizei ein besseres Bild von der Situation machen und die richtigen Maßnahmen treffen kann, hat der Abteilungsleiter nach Abs. 3 in der Verständigung darzulegen, weshalb er annimmt, dass die betroffene Person – im Fall der Aufhebung der Unterbringung wegen fehlender Unterbringungsvoraussetzungen – das Leben oder die Gesundheit anderer gegenwärtig und erheblich gefährdet bzw. – im Fall des Entweichens eines Patienten oder seiner „dislozierten“ Behandlung – die Unterbringungsvoraussetzungen nach wie vor gegeben sind.

Nimmt der Abteilungsleiter an, dass diese Voraussetzungen nicht mehr vorliegen, so hat er (a.) hievon (b.) nach Abs. 4 die vorführende Dienststelle zu verständigen; diese muss dann nicht mehr – im Fall der Aufhebung der Unterbringung wegen fehlender Unterbringungsvoraussetzungen – von einer besonderen Gefährlichkeit im Sinn des § 22 Abs. 2 SPG ausgehen bzw. – im Fall des Entweichens eines Patienten möglichst sofort, im Fall seiner „dislozierten“ Behandlung nach deren Abschluss – den Patienten in die Abteilung rückführen (c.).

Zu § 39e UbG:

Das Gericht hat nach Abs. 1 Einsicht in den Akt nach Maßgabe des § 219 Abs. 1 und 4 ZPO zu gewähren. Aus diesem reduzierten Verweis ergibt sich zweierlei:

Im Einklang mit der Aufgabe der Restriktionen in den bisherigen §§ 22 Abs. 3 und 39 UbG ist auch hier keine Einschränkung des Rechts des Patienten auf Akteneinsicht vorgesehen. Einsicht ist ihm also auch dann zu gewähren, wenn dies seinem Wohl abträglich ist (für eine analoge Anwendung der Beschränkungen der §§ 22 Abs. 3 und 39 UbG auf das Einsichtsrecht in den Gerichtsakt im geltenden Recht Kopetzki, Grundriss des Unterbringungsrechts³ [2012] Rz 318).

Dritten kann nur dann Akteneinsicht gewährt werden, wenn sie Leiter einer anerkannten wissenschaftlichen Einrichtung sind und die Einsicht zum Zweck der nicht personenbezogenen Auswertung für die Statistik, für wissenschaftliche Arbeiten oder für vergleichbare, im öffentlichen Interesse liegende Untersuchungen dient (weitere Vorgaben sind § 219 Abs. 4 ZPO zu entnehmen). Anderen Dritten kommt ein Akteneinsichtsrecht nicht zu, weder mit Zustimmung der Parteien noch bei Vorliegen eines rechtlichen Interesses. Insoweit ist § 219 Abs. 2 ZPO derogiert (dafür – schon de lege lata – Kopetzki, RdM 1997, 168).

Im Rahmen der Amtshilfe darf das Gericht nach Abs. 2 (a.) nur Auskünfte über den Gesundheitszustand des Patienten (b.) für ein den Patienten betreffendes gerichtliches Unterbringungs- oder Pflegschaftsverfahren, ein gerichtliches Strafverfahren im Zusammenhang mit der Amtshandlung nach § 9 sowie für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit der Amtshandlung erteilen. Pflegschaftsverfahren sind Verfahren, die zum Schutz von Personen geführt werden, die einen gesetzlichen Vertreter nach § 1034 ABGB haben bzw. erhalten sollen. Dass Auskünfte über den Gesundheitszustand dem (nunmehr zuständigen) Unterbringungsgericht bzw. dem Pflegschaftsgericht erteilt werden dürfen, muss daher stets dem Interesse des Patienten dienen (c.). In erster Linie ist an Pflegschaftsverfahren für Minderjährige zu denken, wenn ein Minderjähriger untergebracht ist oder war. Auch Erwachsenenschutzverfahren kommen in Betracht, wenn die Information für die Beurteilung, ob der Erwachsenenvertreter zum Wohl der betroffenen Person tätig ist, Relevanz hat. Zum Datenfluss im Zusammenhang mit Strafverfahren und der Überprüfung der Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit der Amtshandlung siehe die Erläuterungen zu § 39b Abs. 2 UbG des Entwurfs.

Nach Abs. 4 hat das Gericht von der Entscheidung, dass die Unterbringung nach § 20 Abs. 1 UbG zulässig ist, die im Bericht nach § 9 Abs. 6 UbG angeführte Sicherheitsbehörde zu verständigen, damit diese – bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen (siehe die Erläuterungen zu § 39b Abs. 3 UbG des Entwurfs) – die Verständigung der anderen Behörden vornehmen kann. Die Bestimmung entspricht dem geltenden § 39b Abs. 2 erster Satz UbG.

Nach Abs. 5 hat das Gericht Beschlüsse, mit denen es die Unterbringung, eine Bewegungseinschränkung, eine Einschränkung des Verkehrs mit der Außenwelt oder eine Beschränkung anderer Rechte für unzulässig erklärt, dem Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zu übermitteln. Die Gesamtschau dieser Gerichtsentscheidungen kann systematische Missstände offenlegen (z. B. unzureichende Schulung der Mitarbeiter), die ein Tätigwerden des Bundesministeriums notwendig machen (Stöger, Überlegungen zur Beleihung in Anstalt und Heim, in FS Kopetzki [2019] 689).

Zu § 39f UbG:

Abs. 1 entspricht dem geltenden § 39a Abs. 1 zweiter Satz UbG, Abs. 2 entspricht (abgesehen von einer begrifflichen Anpassung) dem geltenden § 39a Abs. 4 UbG. Nicht nur die einweisenden Ärzte (§ 8 Abs.1 UbG des Entwurfs) und die Sicherheitsbehörde, der die Amtshandlung nach § 9 UbG des Entwurfs zuzurechnen ist, sind an die Vorgaben der Abs. 1 und 2 gebunden, sondern auch die für das Waffen-, Schieß-, Munitions- und Sprengmittelwesen bzw. das Luftfahrt- und Eisenbahnwesen zuständigen Behörden (die nach § 39b Abs. 3 UbG des Entwurfs informiert wurden).

Die DSGVO regelt in den Art. 12 bis 23 die Betroffenenrechte unmittelbar. Daher können die §§ 39a Abs. 3 und 5 UbG entfallen.

Zu den §§ 41a bis 41f UbG:

Die §§ 41a ff tragen einer langjährigen Forderung der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie Rechnung und sehen in einem eigenen Abschnitt besondere Bestimmungen für die Unterbringung Minderjähriger vor; das Unterbringungsgesetz soll damit endgültig von einem Erwachsenenpsychiatriegesetz zu einem allgemeinen – auch die Bedürfnisse Minderjähriger berücksichtigenden – Gesetz werden: Zum überwiegenden Teil sind Ergänzungen zu den Bestimmungen für die Erwachsenen vorgesehen, die §§ 41d und 41e enthalten leges speciales.

Zu § 41a UbG:

Gerade bei Minderjährigen sollen die Alternativen zur Unterbringung besonders sorgfältig geprüft werden (vgl. Berger, Spezifische Probleme der Unterbringung Minderjähriger, in Barth [Hrsg], Die Unterbringungs- und Heimaufenthaltsnovelle 2010 [2010] 20). Vorgesehen ist daher in Abs. 1, dass der Arzt vor einer Einweisung in eine psychiatrische Abteilung zusätzlich zu den in § 8 Abs. 3 UbG des Entwurfs genannten Personen bzw. Stellen ein speziell für Minderjährige eingerichtetes Kriseninterventionsteam einzubeziehen hat, soweit dies „zweckmäßig und verhältnismäßig“ (siehe zu diesen Kriterien die Erläuterungen zu § 8 Abs. 3 UbG des Entwurfs) sowie ein solches regional vorhanden ist.

Aktuell soll es immer wieder vorkommen, dass Minderjährige auf der psychiatrischen Abteilung untergebracht werden, ohne dass die Kinder- und Jugendhilfe eingeschalten wird. Es sollte aber zu einem möglichst frühen Zeitpunkt abgeklärt werden, was der Jugendliche bzw. seine Familie braucht, damit die Entwicklung des Minderjährigen eine gute Richtung nehmen kann. Daher ist die Einbeziehung der Kinder- und Jugendhilfe schon durch den einweisenden Arzt vorgesehen, es sei denn, sie ist nicht zweckmäßig (z. B. weil der Minderjährige ohnedies in einer Wohngemeinschaft der Kinder- und Jugendhilfe lebt) oder nicht verhältnismäßig (weil etwa nicht der Eindruck besteht, dass die Krise des Minderjährigen seine Ursache in der Familie hat). Eine Kindeswohlgefährdung ist nicht Voraussetzung für die Einbeziehung des Kinder- und Jugendhilfeträgers.

Die Eltern sind – als „Angehörige“ – schon nach § 39a Abs. 3 Z 1 UbG des Entwurfs einzubeziehen (wiederum soweit dies zweckmäßig und verhältnismäßig ist) und müssen daher hier nicht eigens erwähnt werden.

Das Kriseninterventionsteam soll multiprofessionell zusammengesetzt sein, wie dies derzeit etwa vom Roten Kreuz oder von Psychosozialen Diensten bereitgestellt wird, wobei ein Psychiater nicht notwendiger Weise mitwirken muss. Durch die fachliche Intervention eines Krisenteams – sei dies in Familien, sei dies in Wohngemeinschaften – ist es möglich, dass sich die angespannte Situation verändert, eine Deeskalation eintritt und eine Alternative zur Unterbringung gefunden werden kann. Auch wenn letzteres nicht der Fall ist, verbreitert die vom Kriseninterventionsteam eingebrachte Expertise die Entscheidungsgrundlage des Arztes. Das Erfordernis der Förderung aus öffentlichen Mitteln soll der näheren Kennzeichnung des Kriseninterventionsteams und der Sicherstellung einer gewissen fachlichen Qualität dienen (siehe die Erläuterungen zu § 8 Abs. 3 Z 3 UbG des Entwurfs). Wenn trotz Verfügbarkeit ein Kriseninterventionsteam nicht beigezogen wurde, kann dies für die Frage der Verhältnismäßigkeit der Unterbringung und damit deren Zulässigkeit Auswirkungen haben.

In Abs. 2 sollen – ergänzend zu den Erhebungen nach § 10 Abs. 1 (in Verbindung mit § 8 Abs. 3) UbG des Entwurfs – zusätzliche qualitative Mindestkriterien für die Aufnahmeuntersuchung durch den Abteilungsleiter präzisiert werden. Das Ziel einer kinder- und jugendpsychiatrischen Untersuchung soll sein, das Kind oder den Jugendlichen mit seinen Problemen einschließlich seiner Familie und seines Lebensraumes systematisch kennenzulernen. Dazu wird eine ausführliche Erhebung des akuten Problemverhaltens und der Entwicklungsgeschichte des Kindes, von dessen familiärer Situation und von dessen soziales Umfeld sowie wichtiger aktueller und vergangener Lebensereignisse samt Sichtung der relevanten medizinischen Befunde notwendig sein. Dabei wird auch dem Abteilungsleiter die grundsätzliche Verpflichtung zur Beiziehung des Kinder- und Jugendhilfeträgers auferlegt.

Zu § 41b UbG:

Schon nach § 4 Abs. 1 erster Satz UbG des Entwurfs wird deutlich, dass eine nicht entscheidungsfähige Person nicht auf ihr Verlangen oder auf Verlangen ihres gesetzlichen Vertreters untergebracht werden kann. § 41b stellt diese Rechtslage nochmals eigens für Minderjährige dar.

Hier stehen der verfassungsrechtlichen Garantie der persönlichen Freiheit des Minderjährigen elterliche Sorgerechte gegenüber, die ihrerseits verfassungsrechtlich geschützt sind. Art. 8 EMRK gewährleistet das Recht auf Achtung des Familienlebens und spielt daher für die Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen Eltern und Kindern eine bedeutende Rolle (vgl. Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention [2016]291 f). Den Eltern ist hierbei v.a. das Recht eingeräumt, den Minderjährigen nach den eigenen Vorstellungen zu erziehen und über den Aufenthaltsort der Kinder zu entscheiden, unter Umständen auch unter Anwendung von die körperliche Bewegungsfreiheit der Kinder einschränkenden Maßnahmen (vgl. Kopetzki, Unterbringungsrecht I [1996] 271). Zwischen der Familienautonomie und dem Grundrecht des Minderjährigen auf persönliche Freiheit besteht somit ein Spannungsverhältnis, das durch eine Abwägung der Interessen des Kindes und der Eltern aufgelöst werden muss. Lösungsansatz ist hiebei, dass die elterlichen Gestaltungsbefugnisse schon an sich nicht Selbstzweck, sondern auf das Kindeswohl ausgerichtet sind (vgl. Barth, Zwangsmaßnahmen an Minderjährigen in sozialpädagogischen Einrichtungen, ÖJZ 2006/20).

Sind nun Eltern der Meinung, dass ihr Kind in einer psychiatrischen Abteilung behandelt werden muss, so können sie jenseits des UbG die Aufnahme des Kindes auf Basis eines zivilrechtlichen Krankenhausaufnahmevertrages, den sie in Vertretung des Kindes abschließen, erwirken (vgl. Ganner, Selbstbestimmung im Alter [2005] 363; Kopetzki, Grundriss des Unterbringungsrechts³ [2012] Rz 230 f.). Freiheitsentziehende Maßnahmen, sei dies in Form einer Anhaltung des Minderjährigen im geschlossenen psychiatrischen Bereich, sei dies als sonstige Beschränkung seiner Bewegungsfreiheit außerhalb geschlossener Bereiche in psychiatrischen Abteilungen, dürfen auch nach geltendem Recht nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 3 UbG vorgenommen werden. Auch bei einem entsprechenden Verlangen der Eltern darf daher der Abteilungsleiter den Minderjährigen nach § 6 Abs. 1 UbG nur dann aufnehmen, wenn er die Voraussetzungen des § 3 UbG für gegeben erachtet. Hintergrund dieser strengen Bindung an die Voraussetzungen des § 3 UbG ist, dass der verfassungsrechtliche Eingriffstatbestand für Freiheitsentziehungen nach dem UbG Art. 2 Abs. 1 Z 5 PersFrG ist: Danach darf einem Menschen die persönliche Freiheit nur dann entzogen werden, „wenn Grund zur Annahme besteht, dass er eine Gefahrenquelle für die Ausbreitung ansteckender Krankheiten sei oder wegen psychischer Erkrankung sich oder andere gefährde“. Nicht einschlägig ist dagegen Art. 2 Abs. 1 Z 6 PersFrG, wonach Freiheitsentziehungen „zum Zweck notwendiger Erziehungsmaßnahmen bei einem Minderjährigen“ vorgenommen werden können (zum besonderen Schicksal „alterstypischer“ Maßnahmen siehe § 41e UbG des Entwurfs). Psychiatrische Abteilungen sind auf die Behandlung auch von Minderjährigen ausgerichtet, die wegen ihrer psychischen Krankheit sich oder andere gefährden, und nicht auf die erzieherische Einwirkung auf psychisch nicht beeinträchtigte Jugendliche. Insofern sind hier der Familienautonomie und dem Sorgerecht der Eltern – auch faktische – Grenzen gesetzt. Sollen aber auch dann, wenn Eltern die Unterbringung ihres Kindes verlangen, die Voraussetzungen des § 3 UbG erfüllt sein, so lässt sich bei dieser Konstellation der schlechtere Rechtsschutz eines auf eigenes Verlangen Untergebrachten kaum rechtfertigen: Im Gegenteil, Eltern können mit der Situation, für ihre Kinder die Unterbringung zu verlangen, überfordert sein. Hier hat das Gesetz Vorsorge zu treffen: Es entspricht dem Kindeswohl, dass stets der Patientenanwalt ex lege zum Vertreter des untergebrachten Kindes wird und dass ein Gericht über das Vorliegen der Unterbringungsvoraussetzungen zu wachen hat.

Im Ergebnis lässt sich die in Abs. 1 verdeutlichte Rechtslage wie folgt darstellen:

Wenn eine entscheidungsfähige, minderjährige Person die Unterbringung verlangt, die Eltern aber dagegen sind, soll sie auf ihr Verlangen untergebracht werden können, wenn die Voraussetzungen des § 3 UbG vorliegen. Es kann nämlich manchmal notwendig sein, dem Minderjährigen (auch räumlichen) Schutz zu bieten, damit er ein Problem, wie z. B. sexuellen Missbrauch, ansprechen kann. Der umgekehrte Fall, dass der Minderjährige nicht untergebracht werden möchte, die Eltern das jedoch verlangen, kann – bei Vorliegen der Voraussetzungen – nur zu einer Unterbringung ohne Verlangen führen. Das Verlangen der Erziehungsberechtigten spielt dabei keine Rolle. Dies soll einerseits gewährleisten, dass Eltern sich nicht unter Druck gesetzt fühlen, die Unterbringung „zu verlangen“. Andererseits soll sichergestellt werden, dass auch eine minderjährige Person nicht gegen ihren Willen „auf Verlangen“ untergebracht werden kann. Die derzeitige Unterbringungspraxis entspricht weitgehend dieser Regelung: 78,5 % der Jugendlichen, die nach § 8 oder § 9 Abs. 1 UbG in die psychiatrische Abteilung gebracht werden, werden ohne ihr Verlangen untergebracht. 1 % von ihnen werden auf Verlangen untergebracht, 20,5 % werden ohne Unterbringung aufgenommen (Gesundheit Österreich GmbH, Analyse der Unterbringungen nach UbG in Österreich – Berichtsjahre 2014/2015 [2017] 48).

Auch wenn die Eltern also keine Entscheidungsrechte in Bezug auf die Unterbringung ihrer Kinder haben, so sind sie doch davon zu informieren. Nach Abs. 2 ist daher abweichend von der Regel des § 6 Abs. 4 UbG des Entwurfs vorgesehen, dass der Erziehungsberechtigte nicht nur bei fehlendem Widerspruch des Minderjährigen von dessen Unterbringung zu verständigen ist, sondern stets, weil er eben, solange sein Kind minderjährig ist, in seinem – auch grundrechtlich geschützten – Elternrecht berührt ist.

Zu § 41c UbG:

Auch nach Abs. 1 ist abweichend von § 10 Abs. 2 UbG des Entwurfs der Erziehungsberechtigte nicht nur bei fehlendem Widerspruch des Minderjährigen, sondern durchwegs von dessen Unterbringung zu verständigen. Siehe die Erläuterungen zu § 41b Abs. 2 UbG des Entwurfs.

Auf Verlangen des Minderjährigen oder seines Vertreters (Patientenanwalt, gewählter Vertreter oder Erziehungsberechtigter) hat nach Abs. 2 ein Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie (im Sinn des § 2 Abs. 2 Z 6 UbG des Entwurfs) den Minderjährigen zu untersuchen und ein zweites ärztliches Zeugnis über das Vorliegen der Unterbringungsvoraussetzungen zu erstellen. Es wird ausdrücklich klargestellt, dass die Voraussetzungen des § 10 Abs. 3 UbG des Entwurfs gegeben sein müssen; das Verlangen kann also nur solange gestellt werden, als noch keine Anhörung oder Aufhebung der Unterbringung erfolgt ist. Auch die Informationspflichten des Abteilungsleiters gelten hier.

Das Gericht hat nach Abs. 3 die Möglichkeit, die Kinder- und Jugendhilfe einzubeziehen, wenn dies erforderlich erscheint, um rechtzeitig (und schon im Hinblick auf die Entlassung aus der psychiatrischen Abteilung) einen allfälligen Unterstützungs- oder Betreuungsbedarf abzuklären. Zu diesem Zweck kann es – je nach den Erfordernissen des Einzelfalls und den Möglichkeiten der Kinder- und Jugendhilfe – einen informierten Vertreter der Kinder- und Jugendhilfe zur Erstanhörung oder zur mündlichen Verhandlung laden oder einen schriftlichen Bericht einholen. Die datenschutzrechtliche „Erdung“ erfährt Abs. 3 in § 41f Abs. 1 UbG des Entwurfs.

Das Gericht kann der Erstanhörung nach § 19 Abs. 3 UbG des Entwurfs als Sachverständigen einen Facharzt im Sinn des § 2 Abs. 2 Z 5 UbG des Entwurfs beiziehen. Wenn ein Minderjähriger untergebracht werden soll, soll dies „tunlichst“ – so Abs. 4 ausdrücklich – ein Facharzt im Sinn des § 2 Abs. 2 Z 6 UbG des Entwurfs (v.a. für Kinder- und Jugendpsychiatrie) sein.

Auf Verlangen des Minderjährigen, dessen Vertreters (Patientenanwalt, gewählter Vertreter oder Erziehungsberechtigter) oder des Abteilungsleiters hat das Gericht nach Abs. 5 als zweiten Sachverständigen „tunlichst“ einen Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie zu bestellen.

„Untunlich“ ist die Bestellung eines Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie insbesondere dann, wenn regional kein solcher in der Gerichtssachverständigenliste eingetragen ist. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Kinder- und Jugendpsychiatrie immer noch ein Mangelfach ist.

Zu § 41d UbG:

In § 41d soll der Rechtsbestand des § 173 ABGB in das UbG aufgenommen werden. Im Einklang mit § 173 Abs. 1 erster Satz erster Halbsatz und Abs. 2 ABGB ist daher in Abs. 1 vorgesehen, dass der entscheidungsfähige Minderjährige nur mit seiner Einwilligung behandelt werden darf und eine besondere Heilbehandlung zusätzlich der (schriftlichen) Zustimmung des Erziehungsberechtigten bedarf. Eine gesetzliche Vermutung des Vorliegens der Entscheidungsfähigkeit bei mündigen Minderjährigen (wie in § 173 Abs. 1 erster Satz zweiter Halbsatz ABGB vorgesehen) erscheint in Anbetracht der besonderen Tragweite medizinischer Behandlungen in psychiatrischen Abteilungen nicht angemessen.

Abs. 2 entspricht § 173 Abs. 1 zweiter Satz ABGB.

Abs. 3 entspricht § 36a UbG des Entwurfs. Nicht nur der Erziehungsberechtigte, auch der Patientenanwalt kann das gerichtliche Verfahren einleiten. Auch hier ist das Unterbringungsgericht Kontrollinstanz für die Zulässigkeit der medizinischen Behandlung. Der Erziehungsberechtigte unterliegt aber – wie auch sonst gesetzliche Vertreter (siehe die Erläuterungen zu § 36 UbG) – der Kontrolle des Pflegschaftsgerichts. Bei Gefährdung des Kindeswohls kann dieses ihm die Obsorge (diesbezüglich) entziehen.

Das Unterbringungsgericht hat nach Abs. 4 auch ohne Verlangen über die Zulässigkeit einer Behandlung zu entscheiden, wenn der Erziehungsberechtigte die Zustimmung zur Behandlung des nicht entscheidungsfähigen Minderjährigen verweigert und dadurch dessen Wohl gefährdet (was nicht stets bei Behandlungsablehnungen der Fall sein muss). Anders als nach § 36 Abs. 2 letzter Satz UbG des Entwurfs soll die Ablehnung einer Behandlung durch einen entscheidungsunfähigen Minderjährigen nicht zu einer gerichtlichen Entscheidung führen. Dem Willen eines entscheidungsunfähigen Minderjährigen wird weniger rechtliche Bedeutung beigemessen als jener eines Erwachsenen, weil er noch über einen geringeren Erfahrungshorizont als ein Erwachsener verfügt (daher kommt es auch auf die Diskrepanz der Behandlungsablehnung des Erziehungsberechtigten zum Kindeswohl und nicht – wie bei Erwachsenen – zum Willen des Minderjährigen an).

Eine gerichtliche Entscheidung ist – anders als nach § 213 Abs. 2 ABGB – auch dann nicht vorgesehen, wenn nicht die Eltern, sondern eine andere Person mit der Obsorge betraut ist. Das dort enthaltene Erfordernis, bei schwerwiegenden Behandlungen des entscheidungsunfähigen Minderjährigen ein ärztliches Zeugnis vorzulegen oder die gerichtliche Genehmigung der Zustimmung des Erziehungsberechtigten einzuholen, soll im Anwendungsbereich des UbG nicht Geltung haben. Der Minderjährige, der Erziehungsberechtigte oder der Patientenanwalt kann aber stets eine gerichtliche Überprüfung nach Abs. 3 initiieren.

Die in Abs. 4 vorgesehene gerichtliche Kontrolle hat vor Durchführung der medizinischen Behandlung zu erfolgen, es sei denn die damit verbundene Verzögerung geht mit einer Gefährdung des Lebens, einer schweren Schädigung der Gesundheit oder starken Schmerzen einher (siehe die Erläuterungen zu § 36 UbG des Entwurfs).

Angesichts des § 211 Abs. 1 ABGB wird ein Minderjähriger immer vertreten sein. Eine § 36 Abs. 3 vergleichbare Bestimmung erscheint daher hier entbehrlich.

Die in den §§ 35, 37 und 37a enthaltenen Regelungen über die Grundsätze der medizinischen Behandlung (Aufklärung des nicht entscheidungsfähigen Patienten, Verhältnismäßigkeit der Behandlung, Unterstützung des Patienten), Gefahr im Verzug und die sog. „dislozierte“ Behandlung gelten entsprechend (Abs. 5).

Zu § 41e UbG:

Es gibt Beschränkungen der körperlichen Bewegungsfreiheit, die mangels entsprechender Intensität keinen Freiheitsentzug im verfassungsrechtlichen Sinn darstellen und daher nicht in einem – den Maßstäben der Art. 5 Abs. 4 und Art. 6 PersFrG genügenden – gerichtlichen Verfahren überprüfbar sein müssen. „Alterstypische“ Beschränkungen an Minderjährigen stellen regelmäßig keinen solch intensiven Eingriff in die körperliche Bewegungsfreiheit dar, sodass hier grundsätzlich nicht von Freiheitsentzug im verfassungsrechtlichen Sinn auszugehen ist. Ausnahmen sind aber denkbar: Wenn der Aufenthalt des Minderjährigen gegen seinen Willen und jenen der Erziehungsberechtigten an einen anderen Ort verlegt wird, könnte zwar allenfalls immer noch eine alterstypische Maßnahme gegeben sein, die Schwelle zur Freiheitsentziehung wäre aber überschritten (siehe umfassend und mit weiteren Nachweisen Dokalik/Mokrejs-Weinhappel, Alterstypische Freiheitsbeschränkungen, iFamZ 2019, 107 f.). Nur wenn solche Maßnahmen im Rahmen der elterlichen Obsorge erfolgen (also mit Zustimmung der Eltern) würden sie auch bei Durchführung in einer staatlichen Institution keinen Eingriff in das Recht auf persönliche Freiheit bedeuten, weil die legitime Ausübung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte (hier: Erziehungsrecht gemäß Art. 8 EMRK) nicht zugleich als Grundrechtseingriff gedeutet werden könne (vgl. Kopetzki in Korinek/Holoubek, Art. 1 PersFrG Rz 12 und Art. 2 PersFrG Rz 74).

In Abs. 1 sollen daher nicht alle „alterstypischen“ Beschränkungen eine von den §§ 33 bis 34a UbG losgelöste Regelung erfahren, sondern (nur) jene Beschränkungen, „denen Minderjährige aufgrund ihres Alters in Krankenanstalten typischerweise unterworfen werden“. Gemeint sind damit krankenhaustypische Vorgaben, die die Behandlung der Minderjährigen ermöglichen sollen oder der Rücksichtnahme auf die anderen Patienten oder der Aufrechterhaltung des Krankenhausbetriebes dienen, und bei Kindern und Jugendlichen deshalb mitunter notwendig sind, weil sie aufgrund ihres Alters und Entwicklungsstandes nicht in der Lage sind zu verstehen, weshalb bestimmte Verhaltensweisen notwendig sind. Sie sind daher mit Beschränkungen konfrontiert, die – auch wenn sie die Bewegungsfreiheit begrenzen – keinen Freiheitsentzug im verfassungsrechtlichen Sinn darstellen, weil sie als krankenhaustypische Maßnahmen nicht die hierfür erforderliche Eingriffsintensität erreichen können und daher auf einfach-gesetzlicher Ebene eine besondere Behandlung erfahren dürfen.

Beispiele für solche krankenhaustypischen Beschränkungen Minderjähriger sind:

§ 33 UbG: Festhalten des Minderjährigen je nach Alter, Intensität und Dauer: Wenn ein Minderjähriger mit einer Hand zur Ruhigstellung während eines Eingriffs kurz festgehalten wird, wird das in der Regel eine Beschränkung im Sinn des Abs. 1 darstellen. Wenn hingegen zwei Erwachsene auf dem Minderjährigen knien, um ihn festzuhalten, wird § 33 UbG anwendbar sein.

§ 34 UbG: Einschränkungen des Schriftverkehrs können wohl nie krankenhaustypisch sein, Einschränkungen der Benützung von Mobiltelefonen dann, wenn sie z. B. während der Therapie und nach 21.00 Uhr gelten, ebenso Besuchszeitenregelungen.

§ 34a UbG: Das Verbot z. B. für Buben, in der Nacht das Mädchenzimmer aufzusuchen, Verbote, den OP-Saal oder das Ärztezimmer zu betreten oder im Winter nur mit T-Shirts bekleidet oder ohne Schuhe ins Freie zu gehen, werden in Krankenanstalten für Minderjährige aufgrund ihres Alters typischer Weise in Geltung stehen (dürfen).

Dass sich eine bestimmte Verhaltensnorm ausdrücklich in der Hausordnung wiederfindet, kann ein Indiz dafür sein, dass sie in Krankenanstalten typischer Weise notwendig ist. Anders wird der Fall liegen, wenn der Inhalt der konkreten Hausordnung verglichen mit anderen psychiatrischen Abteilungen sehr ungewöhnlich ist.

Die gegenwärtig in psychiatrischen Abteilungen allgemein üblichen Beschränkungen an Minderjährigen dürften nicht unter den Begriff der Unterbringung fallen und sind dann, wenn sie im Rahmen einer Unterbringung vorgenommen werden, keine Beschränkungen im Sinn der §§ 33 bis 34a UbG des Entwurfs.

Krankenhaustypische Beschränkungen an Minderjährigen sind nach Abs. 2 in der Krankengeschichte unter Angabe des Grundes zu dokumentieren. Wer zur Dokumentation verpflichtet ist, ergibt sich insbesondere aus dem ÄrzteG 1998, dem KAKuG und dem GuKG. Bei regelmäßig vorzunehmenden Beschränkungen (z. B. Minderjähriger hält sich nie an das Handyverbot ab 21.00 Uhr), muss nicht jede einzelne Beschränkung dokumentiert werden.

Abs. 2 will die Umgehung des Kontrollregimes der §§ 33 bis 34a UbG verhindern (vgl. § 3 Abs. 2 HeimAufG): Beschränkungen nach Abs. 1 sind daher dem Erziehungsberechtigten des Minderjährigen mitzuteilen. Dieser kann einen Antrag auf gerichtliche Überprüfung stellen. Überprüft werden kann (als Vorfrage im gerichtlichen Verfahren nach § 38 UbG des Entwurfs), ob der konkrete Eingriff ein solcher ist, dem Minderjährige aufgrund ihres Alters in Krankenanstalten typischer Weise unterworfen sind. Erziehungsberechtigter kann auch der Kinder- und Jugendhilfeträger sein; auch er soll diese Informationsrechte haben, wenn er die „volle Erziehung“ für das Kind hat. Er hat seinerseits die Eltern zu informieren.

Eine unverzügliche Verständigung des Erziehungsberechtigten, wie dies in den §§ 33 bis 34a UbG des Entwurfs vorgesehen ist, erscheint nicht nötig, weil die hier relevanten Eingriffe nicht so weitreichend sind. Außerdem können auf diese Weise mehrere Beschränkungen gleichzeitig mitgeteilt und so einer überbordenden Bürokratie und auch Überforderung der Erziehungsberechtigten vorgebeugt werden. Es ist anzunehmen, dass die Erziehungsberechtigten ihre Kinder regelmäßig, wenigstens alle drei Tage, besuchen, sodass diese Information auch an sie persönlich ergehen kann. Schließlich ermöglicht diese Frist auch, dass in der Regel der fallführende Arzt die Verständigung selbst vornehmen kann.

Der Patientenanwalt ist von krankenhaustypischen Beschränkungen Minderjähriger nicht zu verständigen. Dies liegt daran, dass eine Beschränkung im Sinn der §§ 33 bis 34a UbG eben nicht gegeben ist (auch § 7 Abs. 2 in Verbindung mit § 3 Abs. 1a HeimAufG sieht keine Verständigung des Bewohnervertreters von alterstypischen Beschränkungen an Minderjährigen vor). Zudem sind auch nach § 33 Abs. 3 UbG dem Patientenanwalt nur Beschränkungen der Bewegungsfreiheit auf einen Raum oder innerhalb eines Raumes zu melden. Da krankenhaustypische Beschränkungen diese Eingriffsintensität in aller Regel nicht erreichen werden, kann auch hier das weniger strenge Kontrollregime gelten. Durch Einsicht in die Krankengeschichte kann ein Patientenanwalt aber jederzeit von einer krankenhaustypischen Beschränkung an einem Minderjährigen Kenntnis erlangen und erforderlichenfalls einen Überprüfungsantrag stellen.

Zu § 41f UbG:

Der einweisende Arzt, der Abteilungsleiter und das Unterbringungsgericht sind nach Abs. 1 ermächtigt, im Zuge ihrer Abklärung der Unterbringungsvoraussetzungen und damit auch der Frage der Alternativen zur Unterbringung dem Erziehungsberechtigten und dem Kinder- und Jugendhilfeträger die für die Betreuung des Minderjährigen erforderlichen Informationen über die Krankheit des Minderjährigen und seinen Betreuungsbedarf zu erteilen. Für den Abteilungsleiter gilt dies auch im Rahmen der Abklärung der Betreuungsmöglichkeiten des Minderjährigen außerhalb der psychiatrischen Abteilung bei seiner Nichtaufnahme oder nach seiner Entlassung. Einer Einwilligung des Patienten (bzw. Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters) bedürfen der Arzt (§ 8 Abs. 1 UbG des Entwurfs) bzw. der Abteilungsleiter – anders als bei der Weitergabe von Informationen an Angehörige und Einrichtungen nach § 39c Abs. 3 UbG des Entwurfs – wegen der spezifischen rechtlichen Stellung des Erziehungsberechtigten bzw. des Kinder- und Jugendhilfeträgers nicht.

Für die Datenverarbeitung im Rahmen der Beiziehung des Kriseninterventionsteams durch den Arzt gilt § 39a UbG des Entwurfs.

Ist nach Ansicht des Abteilungsleiters bei Nicht-Aufnahme des Minderjährigen in die psychiatrische Abteilung (§ 10 Abs. 5 UbG des Entwurfs) bzw. seiner Entlassung aus dieser (§ 32b Abs. 1 UbG des Entwurfs) eine Fremdunterbringung des Minderjährigen notwendig, so soll die Kinder- und Jugendhilfe die Möglichkeit haben, vom Betreuungsbedarf des Minderjährigen zu erfahren und Vorschläge einzubringen. Dies soll durch Abs. 2 erreicht werden.

Nach Abs. 3 ist abweichend von § 32b Abs. 1 UbG des Entwurfs der Erziehungsberechtigte (als gesetzlicher Vertreter) nicht nur bei fehlendem Widerspruch des Minderjährigen, sondern stets von der Aufhebung der Unterbringung des Minderjährigen zu verständigen.

Zu § 41g UbG:

Mit Abs. 1 soll eine in einigen Bundesländern bereits bestehende, sehr effektive Praxis der Kooperation der Kinder- und Jugendpsychiatrien mit Schulen, Kindergärten und anderen Einrichtungen, die die Minderjährigen nach der Entlassung aus der psychiatrischen Abteilung wieder betreuen sollen, auf sichere rechtliche Grundlagen gestellt werden. Auf diese Weise soll es diesen Einrichtungen leichter gemacht werden, eine auf die Bedürfnisse der Minderjährigen angepasste Betreuung zur Verfügung zu stellen. Zu den Rahmenbedingungen kann auch die Diagnose der Erkrankung des Minderjährigen zählen, z. B. wenn Helfersysteme in der Schule eingeschalten werden sollen. Die Schule unterliegt ihrerseits einer Verschwiegenheitspflicht. Die Übermittlung des Arztbriefes wird in aller Regel nicht verhältnismäßig sein.

Der Datenaustausch zwischen psychiatrischer Abteilung und Schule, Kindergarten oder anderer Betreuungseinrichtung setzt nach Abs. 1 die Zustimmung des Erziehungsberechtigten oder – falls der Minderjährige entscheidungsfähig ist – dessen Einwilligung voraus. Die Bestimmung befindet sich damit im Einklang mit § 39c Abs. 3 UbG des Entwurfs.

Der Abteilungsleiter hat dem Gespräch im Sinn des § 32b UbG des Entwurfs auf Verlangen des Minderjährigen den Erziehungsberechtigten beizuziehen; dies ergibt sich aus Abs. 1 leg. cit. („auf sein Verlangen in Anwesenheit seines Vertreters“). Einer Spezialbestimmung bedarf es daher nicht.

Die in Abs. 1 genannten Einrichtungen dürfen diese Informationen nach Abs. 2 nur zur Betreuung der betroffenen Person verarbeiten und müssen diese, wenn sie die Betreuung beenden, unverzüglich löschen. Näheres dazu in den Erläuterungen zu § 39a Abs. 2 UbG des Entwurfs.

Zu Artikel 2 (Sicherheitspolizeigesetz – SPG):

Zu §§ 46, 47 Abs. 1 und § 94 Abs. 48 SPG:

Im Zuge der Novellierung des UbG sollen sämtliche Befugnisse der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Zusammenhang mit Unterbringungen abschließend im UbG (vgl. § 9 UbG) geregelt werden. Die (parallelen) Bestimmungen im SPG haben daher zu entfallen.

Zu Artikel 3 (Änderung des IPR-Gesetzes):

Zu Z 1 (§ 15):

A. Grundsätzliche Überlegungen

In seiner aktuellen Fassung enthält § 15 IPRG keinen Verweis auf die primär anwendbaren Kollisionsnormen des HESÜ. Dadurch kann fälschlicherweise der Eindruck entstehen, dass für den Bereich des Erwachsenenschutzes das Personalstatut den primären Anknüpfungspunkt darstellt. Daher soll in Abs. 1 klargestellt werden, dass in Angelegenheiten des Erwachsenenschutzes in erster Linie das HESÜ das anwendbare Recht bestimmt. Erst in zweiter Linie, wenn also das HESÜ nicht anwendbar ist, soll sich das maßgebliche Recht nach den Bestimmungen des IPRG richten.

Neben dieser anwenderfreundlichen Umgestaltung des § 15 IPRG soll eine Kollisionsnorm für die Vertretung von Gesetzes wegen eingeführt werden. Da diese Kollisionsnorm zur Vertretung Erwachsener von Gesetzes wegen – mangels internationaler Regelungen – einen wesentlich weiteren Anwendungsbereich als die Auffangregel für die gerichtliche Erwachsenenvertretung haben wird, soll die neue Regelung prominent in Abs. 2 verankert werden. Die Auffangregel des bisherigen § 15 Abs. 1 IPRG wird in den Abs. 3 verschoben.

Am Rande angemerkt sei, dass Art. 15 HESÜ die kollisionsrechtliche Anknüpfung sowohl im Fall der Vorsorgevollmacht als auch der gewählten Erwachsenenvertretung bestimmt (vgl etwa Uitz, iFamZ 2019, 134; Traar in Barth/Ganner, Handbuch des Erwachsenenschutzrechts3, 989).

B. Zur Neufassung des § 15 im Einzelnen

Zu Abs. 1:

Im Zuge der anwenderfreundlichen Neugestaltung des § 15 IPRG soll in Abs. 1 auf die seit Inkrafttreten des HESÜ in Österreich am 1.2.2014 maßgeblichen Kollisionsnormen dieses Übereinkommens hingewiesen werden. Erst wenn die Anwendung der Regelungen dieses internationalen Übereinkommens ausgeschlossen werden kann, sind die nachfolgenden Absätze des § 15 relevant. Schon der Blick in § 15 IPRG soll daher Aufschluss über die für den Bereich des Erwachsenenschutzes maßgeblichen nationalen und internationalen Kollisionsnormen geben. Mit dieser Klarstellung soll der Eindruck vermieden werden, die Anknüpfung erfolge bei der gerichtlichen Erwachsenenvertretung jedenfalls nach dem Personalstatut.

Zu Abs. 2:

Unter der Vertretung Erwachsener von Gesetzes wegen sollen sämtliche Vertretungsformen verstanden werden, die schon allein aufgrund gesetzlicher Vorschriften ohne behördliche Entscheidung (im Sinn einer Maßnahme nach dem HESÜ) und ohne eine vom Erwachsenen getroffene Wahl (gewählte Erwachsenenvertretung, Vorsorgevollmacht) mit oder ohne Registrierungserfordernis entstehen. Darunter sollen sowohl die gesetzliche Erwachsenenvertretung österreichischer Prägung (§ 268 ABGB) mit konstitutiver Eintragung in das ÖZVV als auch etwa die Vertretung von Gesetzes wegen nach Art. 374ff. schweizerisches ZGB fallen. Die Abkehr vom Personalstatut und das Abstellen auf das Statut des gewöhnlichen Aufenthalts wird beispielsweise dazu führen, dass einem türkischen oder serbischen Staatsangehörigen, dessen gewöhnlicher Aufenthalt seit Jahrzehnten in Österreich gelegen ist, die gesetzliche Erwachsenenvertretung im Sinne der §§ 268 ff. ABGB zur Verfügung steht und in das Österreichische Zentrale Vertretungsverzeichnis (ÖZVV) eingetragen werden kann. Damit wird auch erreicht, dass die Rechtsfürsorge für solche Erwachsene nicht etwa auf – insgesamt aufwändigere – gerichtliche Maßnahmen eingeschränkt ist.

In der Vorbereitung des Entwurfs wurde überlegt, ob der Begriff der „nächsten Angehörigen“ aus dem österreichischen Erwachsenenschutzrecht (vgl. § 268 Abs. 2 ABGB) auch in die neue Kollisionsnorm übernommen werden oder diese Regelung auf jegliche Form der gesetzlichen Vertretung Erwachsener abstellen soll. Der Entwurf sieht nun davon ab, die nächsten Angehörigen kollisionsrechtlich zu umschreiben. Zwar beziehen sich auch andere Rechtsordnungen auf solche Angehörige, doch könnten sie den Kreis der vertretungsberechtigten Personen weiter ziehen. Diese sollten ebenfalls von der neuen Kollisionsnorm erfasst sein, um eine Rechtslücke zu vermeiden.

Wenn eine in einer Erwachsenenvertreter-Verfügung bezeichnete Person, die im Rahmen der gesetzlichen Erwachsenenvertretung zu den „nächsten Angehörigen“ zählt (vgl. § 268 Abs. 2 ABGB), als gesetzlicher Erwachsenenvertreter eingetragen werden soll oder diese Vertretung bereits eingerichtet worden ist, soll auch darauf die neue Kollisionsnorm zur Anwendung kommen. Die Frage, welcher Personenkreis als Vertreter in Betracht kommt, ist letztlich nach den Voraussetzungen der jeweiligen Vertretung (etwa gesetzliche oder gerichtliche Erwachsenenvertretung) zu beurteilen, so dass es sich bei dieser bezeichneten Person auch kollisionsrechtlich nicht um einen gewählten Erwachsenenvertreter handelt. Kollisionsrechtlicher Anknüpfungspunkt ist schließlich jeweils die Vertretungsart.

Das anwendbare Recht soll aus Praktikabilitätsgründen an den gewöhnlichen Aufenthalt anknüpfen. So wird sichergestellt, dass das Recht einen „Ortsbezug“ hat, also jenes Recht anwendbar ist, das an dem Ort, an dem sich der Erwachsene für gewöhnlich aufhält und wo in der Regel Handlungen im Rahmen der gesetzlichen Vertretung zu setzen sind, gilt. Damit ist eine effektive, rasche und möglichst unkomplizierte Vertretung zum Schutz des Erwachsenen gewährleistet; eine umfangreiche und langwierige rechtliche Recherche bleibt erspart, es wird vielmehr den Gegebenheiten des Aufenthaltsortes Rechnung getragen. Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes ist nicht nur im modernen europäischen und internationalen IPR, sondern auch im österreichischen IPRG verankert (vgl § 9 Abs. 3, §§ 27b und 27d und weitere Bestimmungen des IPRG). Die Voraussetzungen, die Wirkungen und die Beendigung der Vertretung zum Schutz von Erwachsenen von Gesetzes wegen sollen in Zukunft nach einer auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Erwachsenen abstellenden Sonderkollisionsnorm zu beurteilen sein.

Die Formulierung des neuen Absatzes orientiert sich an der bisherigen Formulierung des § 15 Abs. 1 IPRG. Erfasst werden sollen die Voraussetzungen, die Wirkungen und die Beendigung der Vertretung eines Erwachsenen von Gesetzes wegen. Wenn aber im Rahmen der gesetzlichen Vertretung eines Erwachsenen behördliche Maßnahmen im Sinne des HESÜ getroffen werden (etwa wenn die Vertretung durch Gerichtsbeschluss beendet wird), sind darauf die Regelungen des HESÜ wiederum anwendbar. Sowohl die aktuelle Fassung des § 15 Abs. 1 IPRG als auch der künftige Abs. 2 weichen zwar ihrem Wortlaut nach von Art. 15 HESÜ, der auch den Umfang und den Bestand der Erwachsenenvertretung erwähnt, ab. Diese Begriffe sind jedoch inhaltlich bereits von den „Voraussetzungen“ und den „Wirkungen“ umfasst, weshalb sie nicht eigens aufgezählt werden müssen. Inhaltliche Diskrepanzen sind nicht beabsichtigt.

Unter „Voraussetzungen“ fällt auch die Frage, ob ein ausländischer Staatsangehöriger als gesetzlicher Erwachsenenvertreter eingetragen werden kann.

Die neue Kollisionsnorm soll nicht nur das Außenverhältnis, d.h. Rechtshandlungen des Vertreters gegenüber Dritten, regeln, sondern auch das Innenverhältnis, wie die Haftung des Vertreters gegenüber dem Erwachsenen, den dem Vertreter gebührenden Aufwandersatz oder die ihm zustehende Entschädigung und die materiell-rechtliche Rechnungslegung. Gewisse formale Schritte richten sich dann nach dem Ort der Ausübung (§ 15 Abs. 4 IPRG).

Da gerade auf dem Gebiet des Erwachsenenschutzes Regeln klar und leicht handhabbar sein sollen, soll das nach Abs. 2 anwendbare Recht durch eine Rechtswahl nicht geändert werden können.

Rück- und Weiterverweisungen im Sinn des § 5 IPRG sind zu berücksichtigen.

Für die Form der Entstehung und Beendigung der Vertretung von Gesetzes wegen (Registrierung einschließlich Aufklärung und Dokumentation, vgl. Traar in Barth/Ganner (Hrsg), Handbuch des Erwachsenenschutzrechts3, 957 ff.) gilt § 8 IPRG, wonach die Form einer Rechtshandlung nach demselben Recht zu beurteilen ist wie die Rechtshandlung selbst; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Staates, in dem die Rechtshandlung vorgenommen wird.

Das anwendbare Recht soll auch bei Umzug des Erwachsenen in einen anderen Staat gleich bleiben, das Statut soll daher unwandelbar sein. Dies gilt für den Bestand der Erwachsenenvertretung ebenso wie für ihre Wirkungen und ihre Beendigung. Dadurch wird sichergestellt, dass die Vertretung von Gesetzes wegen auch bei Änderung des gewöhnlichen Aufenthalts in ihrer bisherigen Form bestehen bleibt. Ist eine gesetzliche Erwachsenenvertretung nach österreichischem Recht eingetragen worden und verlegt eine Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt ins Ausland, so kann der eingetragene Erwachsenenvertreter auch danach noch Vertretungshandlungen in Österreich vornehmen. Für die Vertretung von Gesetzes wegen nach ausländischem Recht gilt umgekehrt, dass eine in der Schweiz entstandene gesetzliche Vertretung auch bei gewöhnlichem Aufenthalt in Österreich nach schweizerischem Recht zu beurteilen ist. Durch diese Weiterwirkung wird für die notwendige Rechtssicherheit auch bei Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts gesorgt. Die notwendige Anpassung an die örtlichen Gegebenheiten ermöglicht § 15 Abs. 4 IPRG.

Zu Abs. 3:

In Abs. 3 soll der Inhalt des aktuellen § 15 Abs. 1 IPRG untergebracht werden, der – wie oben dargestellt – in seinem Anwendungsbereich sehr eingeschränkt ist, weil es sich lediglich um die vom HESÜ nicht abgedeckte „Restmenge“ an Maßnahmen der gerichtlichen Erwachsenenvertretung handelt. Diese betreffen österreichische Staatsangehörige, die in einem HESÜ-Drittstaat aufhältig sind. Dass es sich hier um Maßnahmen im Sinne des HESÜ und eben nicht um Vertretungshandlungen im Rahmen der gesetzlichen Erwachsenenvertretung handelt, soll dadurch verdeutlicht werden, dass die Wendung „gerichtliche oder behördliche“ vor „Maßnahmen“ eingefügt wird.

Zu Abs. 4:

Die Bedingungen der Ausübung der gesetzlichen Erwachsenenvertretung sowie der Durchführung einer behördlichen Maßnahme der gerichtlichen Erwachsenenvertretung sollen nach dem Ortsrecht geprüft werden (vgl. Art. 14 und Art. 15 Abs. 3 HESÜ; Lagarde-Bericht Rn 93, 106/107). Während man bei Rechtshandlungen, die der Verwirklichung von Maßnahmen dienen, von „Durchführung“ sprechen kann, ist dieser Begriff auf gleichartige Aktionen zur Verwirklichung gesetzlicher Vertretungslagen nicht passend. In diesem Zusammenhang wird daher der Begriff „Ausübung“ verwendet, ohne dass die Art der ausführenden Aktionen grundsätzlich verschieden ist. Der bisherige § 15 Abs. 2 wurde somit auf die Ausübung der gesetzlichen Erwachsenenvertretung erweitert. Wird ein Erwachsenenvertreter in einem anderen Land tätig, so kann das Recht dieses Staates besondere Regeln für die Ausübung der Vertretungsmacht zum Schutz eines Erwachsenen vorsehen. § 15 Abs. 2 IPRG in der aktuellen Fassung ist Artikel 14 HESÜ nachgebildet, der weiter als Art. 15 Abs. 3 HESÜ („Der Art und Weise der Ausübung…“ [der Vorsorgevollmacht]) zu verstehen ist und auch auf allfällige Genehmigungserfordernisse im Recht eines anderen Vertragsstaats abstellt (Lagarde-Bericht Rn 94; Traar in Barth/Ganner (Hrsg), Handbuch des Erwachsenenschutzrechts3, 1002f; MüKoBGB/Lipp, ErwSÜ Art. 14 Rz 6). Ein österreichischer Erwachsenenvertreter muss daher etwa bei Verkauf eines deutschen Grundstücks oder Auflösung einer deutschen Wohnung die nach deutschem Recht erforderlichen (pflegschaftsgerichtlichen) Genehmigungen einholen. Ebenso müssen Verbote für bestimmte Vertretungshandlungen im ausländischen Recht beachtet werden (vgl. MüKoBGB/Lipp, ErwSÜ Art. 14 Rz 7 und 10).

Zu Z 2 (§ 26)

Nach § 26 Abs. 1 IPRG sind die Voraussetzungen einer Adoption sowohl nach dem Personalstatut des oder der Annehmenden als auch nach jenem des Wahlkindes zu beurteilen. Ist das Kind nicht entscheidungsfähig, so ist sein Personalstatut nur hinsichtlich der Zustimmungrechte maßgeblich. In der Fassung vor 31.7.2018 (BGBl. I Nr. 58/2004) wurde das Wort „eigenberechtigt“ im Sinne von „volljährig“ verwendet (vgl. RV 471 Blg XXII. GP, 34). Unter „nicht eigenberechtigten“ Personen waren daher Minderjährige zu verstehen. Mit dem Erwachsenenschutz-Anpassungsgesetz-Justiz (BGBl. I Nr. 58/2018) wurde das Wort „eigenberechtigt“ durch das Wort „entscheidungsfähig“ ersetzt. Gemäß § 24 Abs. 2 ABGB (BGBl. I Nr. 59/2017) ist entscheidungsfähig, wer die Bedeutung und die Folgen seines Handelns im jeweiligen Zusammenhang verstehen, seinen Willen danach bestimmen und sich entsprechend verhalten kann. Dies wird im Zweifel bei Volljährigen vermutet. Die Entscheidungsfähigkeit knüpft jedoch nicht an die Volljährigkeit an, auch Minderjährige können nach den Umständen des Einzelfalls entscheidungsfähig sein. Nach § 192 Abs. 2 ABGB wird in Angelegenheiten der Annahme an Kindesstatt das Vorliegen der Entscheidungsfähigkeit im Zweifel schon bei mündigen Minderjährigen vermutet. Für die Frage der Adoptierbarkeit müsste geprüft werden, ob ein Kind nicht entscheidungsfähig ist, weil dann sein Personalstatut nur hinsichtlich bestimmter Zustimmungsrechte, nicht aber für die Prüfung der Voraussetzungen der Adoption von Relevanz ist. Der zweite Satz des Abs. 1 bezweckt aber gerade die Erleichterung der Adoption minderjähriger Kinder. Eine Prüfung der Voraussetzungen nach dem Personalstatut des Wahlkindes soll nur im Fall von Erwachsenenadoptionen erfolgen müssen. Der geänderte Wortlaut könnte nun dazu führen, dass die Adoption eines Minderjährigen, der für entscheidungsfähig befunden wird, dadurch verhindert wird, dass die Voraussetzungen für eine Adoption nach seinem Personalstatut nicht erfüllt sind. Das entspricht aber nicht dem Regelungszweck. Daher ist der Begriff „entscheidungsfähig“ durch die Altersgrenze des vollendeten 18. Lebensjahres zu ersetzen. Die Anwendung der Bestimmung wird durch die Aufnahme einer klaren Altersgrenze sowie des Zeitpunktes, in dem diese Voraussetzung vorzuliegen hat (Zeitpunkt des Schlusses des Adoptionsvertrags), präziser und einfacher in der Anwendung. So stellt sich auch nicht mehr die Frage, welches Recht zur Prüfung der Entscheidungsfähigkeit heranzuziehen ist.

Zu Z 3 (§ 50)

Die neue Kollisionsregel zur gesetzlichen Erwachsenenvertretung soll nicht nur für nach Inkrafttreten der Bestimmung entstandene gesetzliche Vertretungsverhältnisse gelten, sondern auch für nach nationalem oder ausländischem Recht zu diesem Zeitpunkt bereits bestehende. Dabei soll allerdings vermieden werden, dass auf eine nationale Rechtsordnung verwiesen wird, die keine Regelungen für die gesetzliche Erwachsenenvertretung kennt. Dies gilt sowohl für die Wirksamkeit als auch die Wirkungen und die Beendigung einer gesetzlichen Erwachsenenvertretung.

Zu Artikel 4 (Änderung des Außerstreitgesetzes)

In § 131b, der bislang auf § 131a Abs. 3 verweist, wird der Verweis auf § 131a Abs. 1 Z 2 berichtigt, wodurch ein Redaktionsversehen beseitigt wird.

Zu Artikel 5 (Änderung der Jurisdiktionsnorm)

§ 109b verweist hinsichtlich der Zuständigkeit für die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Entscheidungen zum Schutz eines Erwachsenen (§ 131a Z 1 AußStrG) und ausländischer Maßnahmen zum Schutz eines Erwachsenen (§ 131a Z 2 AußStrG) auf das in § 109 JN bezeichnete Bezirksgericht (in der Regel Bezirksgericht am gewöhnlichen Aufenthalt der schutzberechtigten Person). Dabei wurde bis dato die Zuständigkeit für die Vollstreckung ausländischer Maßnahmen zum Schutz eines Erwachsenen gemäß § 131g AußStrG nicht explizit genannt. Dies soll durch ausdrückliche Nennung der Vollstreckung nun klargestellt werden.