Entwurf

Bundesgesetz, mit dem das Wohnungseigentumsgesetz 2002 geändert wird (WEG-Novelle 2022 – WEG-Nov 2022)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes 2002

Das Wohnungseigentumsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 70/2002, zuletzt geändert durch die Grundbuchs-Novelle 2020, BGBl. I Nr. 81/2020, wird wie folgt geändert:

1. § 16 Abs. 2 und 3 lauten:

„(2) Der Wohnungseigentümer ist zu Änderungen (einschließlich Widmungsänderungen) an seinem Wohnungseigentumsobjekt auf seine Kosten berechtigt. Die Änderungen bedürfen der Zustimmung aller anderen Wohnungseigentümer, sofern die Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Wohnungseigentümer möglich ist. Unter den folgenden Voraussetzungen darf eine Zustimmung nicht verweigert und kann eine nicht erteilte Zustimmung gerichtlich ersetzt werden:

           1. Die Änderung darf weder eine Schädigung des Hauses noch eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer, besonders auch keine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses, noch eine Gefahr für die Sicherheit von Personen, des Hauses oder von anderen Sachen zur Folge haben.

           2. Werden für eine solche Änderung auch allgemeine Teile der Liegenschaft in Anspruch genommen, so muss die Änderung überdies entweder der Übung des Verkehrs entsprechen oder einem wichtigen Interesse des Wohnungseigentümers dienen. Für die Einbeziehung oder den Einbau einer Wasserentnahmestelle oder eines Klosetts in das Innere des Wohnungseigentumsobjekts, die Errichtung von Strom-, Gas-, Wasser- oder Fernsprechleitungen, Beheizungsanlagen und ähnlichen Einrichtungen darf aus diesem Grund die Zustimmung jedenfalls nicht verweigert werden; das Gleiche gilt für die Anbringung einer Vorrichtung zum Langsamladen eines elektrisch betriebenen Fahrzeugs sowie von nach dem Stand der Technik notwendigen Einrichtungen für den Rundfunkempfang und den Empfang digitaler Dienstleistungen, sofern der Anschluss an eine bestehende Einrichtung nicht möglich oder nicht zumutbar ist.

           3. Werden für eine solche Änderung auch Wohnungseigentums- oder Zubehörobjekte anderer Wohnungseigentümer in Anspruch genommen, so muss überdies der betroffene Wohnungseigentümer der Änderung nur zustimmen, wenn sie keine wesentliche und dauernde Beeinträchtigung seines Wohnungseigentums zur Folge hat und sie ihm bei billiger Abwägung aller Interessen zumutbar ist. Der Wohnungseigentümer, der die Änderung durchführt, hat den beeinträchtigten Wohnungseigentümer angemessen zu entschädigen.

(3) Ist eine behördliche Bewilligung für Änderungen erforderlich, die die anderen Wohnungseigentümer nach Abs. 2 dulden müssen, so dürfen diese eine für die Erlangung der Bewilligung allenfalls erforderliche Mitwirkung nicht verweigern.“

2. Dem § 16 werden folgende Abs. 4 bis 8 angefügt:

„(4) Abs. 2 Z 1 und Abs. 3 gelten sinngemäß auch für Änderungen im Bestand räumlich unmittelbar aneinandergrenzender Wohnungseigentumsobjekte sowie für die Übertragung von Zubehörobjekten.

(5) In den Fällen der behindertengerechten Ausgestaltung eines Wohnungseigentumsobjekts oder von allgemeinen Teilen der Liegenschaft, der Anbringung einer Vorrichtung zum Langsamladen eines elektrisch betriebenen Fahrzeugs, der Anbringung einer Photovoltaikanlage an einem als Reihenhaus oder Einzelgebäude errichteten Wohnungseigentumsobjekt, der Anbringung von sich in das Erscheinungsbild des Hauses harmonisch einfügenden Vorrichtungen zur Beschattung eines Wohnungseigentumsobjekts sowie des Einbaus von einbruchsicheren Türen gilt die Zustimmung eines Wohnungseigentümers als erteilt, wenn er von der geplanten Änderung durch Übersendung auf die in § 24 Abs. 5 bestimmte Weise verständigt wird und der Änderung nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zugang der Verständigung widerspricht. In der Verständigung muss die geplante Änderung klar und verständlich beschrieben und müssen die Rechtsfolgen des Unterbleibens eines Widerspruchs genannt werden. Eine wesentliche und dauernde Beeinträchtigung seines Wohnungseigentums- oder Zubehörobjekts muss ein Wohnungseigentümer allerdings auch dann nicht dulden, wenn er einen Widerspruch unterlassen hat.

(6) Hat eine Änderung, für die auch allgemeine Teile der Liegenschaft in Anspruch genommen wurden (Abs. 2 Z 2), im Weiteren höhere Kosten für die Erhaltung dieser allgemeinen Teile zur Folge, so hat der Wohnungseigentümer die durch seine Änderung verursachten Mehrkosten zu tragen.

(7) Der Wohnungseigentümer hat das Wohnungseigentumsobjekt und die dafür bestimmten Einrichtungen, insbesondere die Strom-, Gas- und Wasserleitungen sowie die Beheizungs- und sanitären Anlagen, auf seine Kosten so zu warten und in Stand zu halten, dass den anderen Wohnungseigentümern kein Nachteil erwächst. Er hat ferner das Betreten und die Benützung des Wohnungseigentumsobjekts zu gestatten, soweit dies zur Erhaltung der allgemeinen Teile der Liegenschaft und der Behebung ernster Schäden des Hauses erforderlich ist; für die vermögensrechtlichen Nachteile, die er dadurch erleidet, ist er von der Eigentümergemeinschaft angemessen zu entschädigen.

(8) Ein Wohnungseigentümer, der in seiner Garage oder an seinem Abstellplatz für ein Kraftfahrzeug eine einzelne Vorrichtung zum Laden eines elektrisch betriebenen Fahrzeugs angebracht hat, muss deren Nutzung nach Inbetriebnahme einer gemeinsamen Elektro-Ladeanlage unterlassen, wenn die Eigentümergemeinschaft dies auf Grundlage eines darüber gefassten Beschlusses von ihm verlangt und die elektrische Versorgung der Liegenschaft durch eine Beteiligung an der gemeinsamen Anlage besser genützt werden kann als durch die weitere Nutzung der Einzelladestation; diese Unterlassungspflicht tritt aber frühestens fünf Jahre nach Errichtung der Einzelladestation ein.“

3. In § 20 Abs. 1, § 22 Abs. 2, § 28 Abs. 1, § 29 Abs. 1 und § 32 Abs. 4 wird nach der Wortfolge „Mehrheit der Wohnungseigentümer“ jeweils der Klammerausdruck „(§ 24 Abs. 4)“ eingefügt.

4. Dem § 20 Abs. 4 wird folgender Satz angefügt:

„Wenn für solche Arbeiten eine Kreditfinanzierung in Aussicht genommen ist, kann der Verwalter den Wohnungseigentümern die unmittelbare Zahlung des auf ihren Miteigentumsanteil entfallenden Teils der an sich erforderlichen Kreditsumme ermöglichen. Macht ein Wohnungseigentümer von dieser Möglichkeit Gebrauch, so sind die Aufwendungen für die – dadurch vermindert notwendige – Kreditfinanzierung ausschließlich von den anderen Wohnungseigentümern zu tragen.“

5. § 20 Abs. 7 und 8 lauten:

„(7) Der Verwalter hat auf Verlangen jedem Wohnungseigentümer Auskunft über den Inhalt des Verwaltungsvertrags, besonders über die Entgeltvereinbarungen und den Umfang der vereinbarten Leistungen, und im Fall einer schriftlichen Willensbildung (§ 24 Abs. 1) über das Stimmverhalten der anderen Wohnungseigentümer zu geben.

(8) Weiters hat der Verwalter jedem Wohnungseigentümer, der dies zur Verständigung der anderen Wohnungseigentümer im Zusammenhang mit der Ausübung von Rechten und Gestaltungsmöglichkeiten, die sich aus dem Wohnungseigentum ergeben, von ihm verlangt, Auskunft über die Namen und die Zustellanschriften der anderen Wohnungseigentümer zu geben; E-Mail-Adressen dürfen nur mit Zustimmung des betreffenden Wohnungseigentümers mitgeteilt werden. Der Wohnungseigentümer darf die mitgeteilten Daten ausschließlich für die genannten Verständigungszwecke verwenden. Ein Wohnungseigentümer kann dem Verwalter die Weitergabe seiner Zustellanschrift nur dann untersagen, wenn er ihm gleichzeitig eine andere inländische Anschrift oder eine E-Mail-Adresse bekannt gibt, über die er verständigt und die an andere Wohnungseigentümer weitergegeben werden kann.“

6. Dem § 20 werden folgende Abs. 9 und 10 angefügt:

„(9) Die dem Verwalter als Machthaber nach dem 22. Hauptstück des Zweiten Teils des ABGB auferlegten Verbindlichkeiten können weder aufgehoben noch beschränkt werden.

(10) Wenn der Verwalter seine Pflichten grob verletzt, kann die Eigentümergemeinschaft – neben allfälligen Schadenersatzansprüchen – auch eine Herabsetzung des mit dem Verwalter vereinbarten Entgelts nach Maßgabe der mit dem Pflichtverstoß einhergehenden Minderung des Nutzens aus der Verwaltertätigkeit verlangen.“

7. § 24 Abs. 4 lautet:

„(4) Für die Mehrheit der Stimmen der Wohnungseigentümer ist entweder die Mehrheit aller Miteigentumsanteile oder die Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, ebenfalls berechnet nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile, erforderlich. Im zweitgenannten Fall muss die Mehrheit überdies zumindest ein Drittel aller Miteigentumsanteile erreichen. Bei Stimmengleichheit kann jeder Wohnungseigentümer die nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Entscheidung des Gerichts beantragen. Wer den Wohnungseigentümern einen Vorschlag für einen Beschluss zur Abstimmung unterbreitet, hat darin über die gesetzlichen Regelungen über die Stimmenmehrheit zu informieren und darauf hinzuweisen, dass demnach ein auch mehrheitliches Unterbleiben der Stimmabgabe eine wirksame Beschlussfassung nicht jedenfalls verhindert.“

8. In § 25 wird nach Abs. 2 folgender Abs. 2a eingefügt:

„(2a) Der Verwalter kann Wohnungseigentümern die Möglichkeit zur Teilnahme an der Eigentümerversammlung im Wege elektronischer Kommunikation, etwa durch eine Videokonferenzverbindung, einräumen.“

9. In § 25 Abs. 3 und in § 30 Abs. 2 erster Satz wird jeweils die Wortfolge „Mehrheit der Miteigentumsanteile“ durch die Wortfolge „Mehrheit der Stimmen (§ 24 Abs. 4)“ ersetzt.

10. In § 30 Abs. 2 lautet der dritte Satz:

„Der Stimmenmehrheit eines einzelnen Wohnungseigentümers (§ 24 Abs. 4) ist es gleichzuhalten, wenn mehrere Personen, die miteinander durch ein familiäres oder wirtschaftliches Naheverhältnis verbunden sind, über die Mehrheit der Stimmen im Sinn des § 24 Abs. 4 verfügen.“

11. § 31 Abs. 1 lautet:

„(1) Die Wohnungseigentümer haben eine angemessene Rücklage zur Vorsorge für künftige Aufwendungen (§ 32) zu bilden. Bei der Festlegung der Beiträge zur Bildung der Rücklage ist auf die voraussichtliche Entwicklung der Aufwendungen, darunter insbesondere auch auf künftige Aufwendungen zur thermischen Sanierung oder energietechnischen Verbesserung des Gebäudes, Bedacht zu nehmen. Die monatlichen Beiträge zur Rücklage dürfen insgesamt jenen Geldbetrag, der sich aus der Multiplikation der Nutzfläche aller Wohnungseigentumsobjekte mit dem nach § 15a Abs. 3 Z 4 MRG jeweils geltenden Geldbetrag ergibt, nur dann ausnahmsweise unterschreiten, wenn ein Gesamtbetrag in dieser Höhe – entweder wegen des besonderen Ausmaßes der bereits vorhandenen Rücklage oder wegen einer erst kurz zurückliegenden durchgreifenden Sanierung des Gebäudes – zur Bildung einer angemessenen Rücklage nicht erforderlich ist. Der Beitrag des einzelnen Wohnungseigentümers richtet sich nach § 32.“

12. In § 34 Abs. 1 erster Satz wird die Wortfolge „an die in § 24 Abs. 5 bestimmte Anschrift zu übermitteln“ durch die Wortfolge „auf die in § 24 Abs. 5 bestimmte Weise zu übersenden“ ersetzt.

13. § 52 Abs. 1 Z 2 lautet:

         „2. Zustimmung zu Änderungen (§ 16 Abs. 2 bis 5) und Duldung von Erhaltungsarbeiten einschließlich der Entschädigung eines dadurch beeinträchtigten Wohnungseigentümers (§ 16 Abs. 7);“

14. § 52 Abs. 1 Z 6 lautet:

         „6. Durchsetzung der Pflichten des Verwalters mit Ausnahme der Herabsetzung des Entgelts (§ 20 Abs. 1 bis 8, § 31 Abs. 3);“

15. Nach dem § 58f wird folgender § 58g samt Überschrift eingefügt:

„Übergangsbestimmung zur WEG-Novelle 2022

§ 58g. (1) § 16 Abs. 2 bis 8, § 20 Abs. 1, 4 und 7 bis 10, § 22 Abs. 2, § 24 Abs. 4, § 25 Abs. 2a und 3, § 28 Abs. 1, § 29 Abs. 1, § 30 Abs. 2, § 32 Abs. 4, § 34 Abs. 1 und § 52 Abs. 1 Z 2 und 6 jeweils in der Fassung der WEG-Novelle 2022, BGBl. I Nr. XXX/2020, treten mit 1. Jänner 2022 in Kraft.

(2) § 16 Abs. 8 in der Fassung der WEG-Novelle 2022, BGBl. I Nr. XXX/2020, ist auf Einzelladestationen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2021 errichtet werden.

(3) § 24 Abs. 4 in der Fassung der WEG-Novelle 2022, BGBl. I Nr. XXX/2020, ist auf Willensbildungsvorgänge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2021 eingeleitet werden.

(4) Wenn bei einer vor dem 1. Juli 2002 durchgeführten Festsetzung der Nutzwerte oder Jahresmietwerte für selbständige Geschäftsräume der Nutzwert oder Jahresmietwert mit dem Dreifachen der Nutzfläche oder höher festgesetzt wurde oder dabei für selbständige Geschäftsräume ein Regelnutzwert zugrunde gelegt wurde, der das Dreifache des für Wohnungen zugrunde gelegten Regelnutzwerts oder mehr betrug, kann jeder Wohnungseigentümer bis zum Ablauf des Jahres 2023 aus diesem Grund eine Neufestsetzung der Nutzwerte beantragen.

(5) Wenn eine Eigentümerversammlung gemäß § 25 Abs. 1 erster Satz spätestens im Zeitraum vom 1. März 2020 bis zum 30. Juni 2021 hätte durchgeführt werden müssen, der Verwalter jedoch wegen der COVID-19-Pandemie von deren Einberufung abgesehen hat, muss der Verwalter die Eigentümerversammlung bis spätestens 30. Juni 2022 durchführen. Fällt die Frist für die Durchführung einer Eigentümerversammlung in den Zeitraum vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2021, so verlängert sich diese Frist um ein Jahr.“