Entwurf

Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994, das Arbeitsverfassungsgesetz, das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz und die Bundesabgabenordnung geändert werden (Grace-Period - Gesetz)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

Änderung der Gewerbeordnung

Die Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 65/2020, wird wie folgt geändert:

1. In § 93 Abs. 1 wird das Wort „muß“ durch das Wort „kann“ ersetzt.

2. In § 339 Abs. 3 wird am Ende der Z 1 der Beistrich durch das Wort „und“ ersetzt und wird am Ende der Z 2 das Wort „und“ durch einen Punkt ersetzt und entfällt Z 3.

3. In § 365g entfällt beim Text des bisherigen Absatz 1 die Absatzbezeichnung und entfällt der bisherige Abs. 2.

4. In § 376 erhält die mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 95/2017 eingefügte Ziffer 68 die Ziffernbezeichnung „69.“ und die bisherige Ziffer 69 die Ziffernbezeichnung „70.“ und wird dem § 376 folgende Z 71 angefügt:

      „71. Für Gewerbeanmeldungen, die am Tag vor dem in § 382 Abs. 104 bestimmten Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes bei der Behörde eingelangt sind, sind § 339 Abs. 3 und § 365g in der Fassung dieses Bundesgesetzes anzuwenden, sofern die Gewerbeberechtigung im GISA noch nicht freigegeben worden ist und nicht bereits entweder der Behörde ein dem § 339 Abs. 3 Z 3 in der Fassung vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes entsprechender Firmenbuchauszug vorgelegt worden ist oder die Behörde gemäß § 365g Abs. 2 in der Fassung vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes einen Firmenbuchauszug zur Verfügung gestellt hat.“

5. Dem § 382 wird folgender Abs. 104 angefügt:

„(104) § 93 Abs. 1, § 339 Abs. 3 Z 1 und 2, § 365g und § 376 Z 69 bis 71 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/xxxx treten mit Ablauf des Tages der Kundmachung im Bundesgesetzblatt in Kraft, gleichzeitig treten § 339 Abs. 3 Z 3 und § 365g Abs. 2 außer Kraft.“

Artikel 2

Änderung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes

Das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG, BGBl. Nr. 450/1994, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 100/2018, wird wie folgt geändert:

1. Im 9. Abschnitt wird vor § 102 samt Überschrift folgender § 101a samt Überschrift eingefügt:

„Erleichterungen bei Betriebsübergaben

§ 101a. Im Fall einer Betriebsübergabe (Betriebsübertragung im Sinn des § 3 des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes, BGBl. Nr. 459/1993) gilt für die Dauer von zwei Jahren ab Übergabe:

           1. Werden Sicherheitsvertrauenspersonen bestellt, so entfällt die Mitteilung an das Arbeitsinspektorat nach § 10 Abs. 8.

           2. Der Arbeitsschutzausschuss ist abweichend von § 88 Abs. 5 erster Satz nur mindestens einmal innerhalb der zwei Jahre einzuberufen. Vorsitz, Einladung und Protokoll sind in diesem Zeitraum an keine Formerfordernisse gebunden, § 88 Abs. 4, Abs. 5 letzter Satz und Z 1 bis 3 sowie Abs. 7 und 8 kommen nicht zur Anwendung.“

2. Dem § 131 wird folgender Abs. 20 angefügt:

„(20) § 101a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/202x tritt mit xx. yy 202x in Kraft.“

Artikel 3

Änderung der Bundesabgabenordnung

Die Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 140/2021, wird wie folgt geändert:

1. § 148 Abs. 3a wird wie folgt geändert:

a) Die Einleitung lautet:

„Für ein Veranlagungsjahr bzw. – bei nicht zu veranlagenden Abgaben – für ein Kalenderjahr, für das entweder ein Bescheid gemäß § 153d gilt oder in dem eine Begleitung der Unternehmensübertragung (§§ 153h bis 153l) erfolgt, darf ein Prüfungsauftrag ohne Zustimmung des Abgabepflichtigen nur erteilt werden“

c) In Z 6 wird das Wort „sowie“ durch einen Beistrich ersetzt.

d) In Z 7 wird der Punkt durch einen Beistrich ersetzt.

e) Nach Z 7 werden folgende Z 8 und 9 angefügt:

         „8. wenn die Unternehmensübertragung nicht so wie gemäß § 153i Abs. 1 Z 2 angegeben erfolgt oder

           9. wenn die Begleitung der Unternehmensübertragung nicht bis zur Einreichung der letzten Abgabenerklärung, die das Kalenderjahr betrifft, in dem die Unternehmensübertragung abgeschlossen wurde, erfolgt.“

2. Nach § 153g wird folgende Unterabschnittsüberschrift eingefügt:

„2b. Begleitung einer Unternehmensübertragung“

3. Die §§ 153h bis 153l lauten samt Überschrift:

„Merkmale der Begleitung einer Unternehmensübertragung

§ 153h. Ein Unternehmer, der sein Unternehmen an einen Angehörigen übertragen möchte, kann einen Antrag auf Begleitung der Unternehmensübertragung stellen. Während der Begleitung der Unternehmensübertragung besteht eine erhöhte Offenlegungspflicht nach Maßgabe des § 153k Abs. 1 und ein laufender Kontakt zwischen dem übernehmenden Unternehmer und den Organen des Finanzamtes Österreich nach Maßgabe des § 153k Abs. 2. Das Finanzamt Österreich hat dem Unternehmer Auskünfte über bereits verwirklichte oder noch nicht verwirklichte Sachverhalte zu erteilen.

Antrag auf Begleitung einer Unternehmensübertragung

§ 153i. (1) Der Antrag auf Begleitung einer Unternehmensübertragung kann unter folgenden Voraussetzungen gestellt werden:

           1. Der Antragsteller ist eine natürliche Person und Unternehmer (§ 1 UGB), und zwar als

               a) Einzelunternehmer,

               b) persönlich haftender Gesellschafter einer Personengesellschaft,

                c) nicht persönlich haftender Gesellschafter einer Personengesellschaft, an der er entweder

                        – zu mindestens 50% am Vermögen der Gesellschaft beteiligt ist, oder

                        – zu mehr als 25% am Vermögen der Gesellschaft beteiligt ist und zusätzlich zur Geschäftsführung befugt ist,

               d) Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft, an der er entweder

                        – zu mindestens 50% am Vermögen der Gesellschaft beteiligt ist, oder

                        – zu mehr als 25% am Vermögen der Gesellschaft beteiligt ist und zusätzlich zur Geschäftsführung befugt ist.

           2. Der Antragsteller gibt an, innerhalb von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Antragstellung sein Unternehmen an eine oder mehrere Personen aus dem Kreis seiner Angehörigen (§ 25) übertragen zu wollen.

           3. Für die Erhebung der Umsatzsteuer des Unternehmers bzw. sämtlicher miteinzubeziehender Personen- oder Kapitalgesellschaften ist das Finanzamt Österreich zuständig.

           4. Über den Antragsteller ist keine rechtskräftige Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von mehr als 5 000 Euro wegen eines in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung vorsätzlich oder grob fahrlässig begangenen Finanzvergehens verhängt worden.

(2) Der Antrag ist im Verfahren FinanzOnline beim Finanzamt Österreich zu stellen. Er ist

           1. vom voraussichtlichen Erwerber sowie

           2. im Fall des Abs. 1 Z 1 lit. b oder c von allen gesetzlichen Vertretern der Personengesellschaft bzw.

           3. im Fall des Abs. 1 Z 1 lit. d von allen gesetzlichen Vertretern der Kapitalgesellschaft

im Verfahren FinanzOnline zu bestätigen. Die letzte Bestätigung bestimmt den Zeitpunkt der Antragstellung.

(3) Der Antragsteller und alle Bestätigenden haben im Verfahren FinanzOnline jeweils eine Zustimmung zur Offenbarung von der abgabenrechtlichen Geheimhaltung unterliegenden Informationen (§ 48a Abs. 4 lit. c), soweit dies für die Durchführung der Begleitung der Unternehmensübertragung erforderlich ist, abzugeben.

Wechsel in die Begleitung der Unternehmensübertragung

§ 153j. (1) Das Finanzamt Österreich hat das Vorliegen der Voraussetzungen des § 153i zu prüfen. Liegen die Voraussetzungen vor, ist eine Außenprüfung (§ 147) des Antragstellers sowie

            – im Fall des Abs. 1 Z 1 lit. b oder c der Personengesellschaft(en) bzw.

            – im Fall des Abs. 1 Z 1 lit. d der Kapitalgesellschaft(en)

durchzuführen. Diese Außenprüfung umfasst die letzten fünf Veranlagungsjahre vor der Antragstellung, wenn für diese bereits eine Abgabenerklärung abgegeben worden ist und nicht bereits eine Außenprüfung stattgefunden hat.

(2) Die Außenprüfung ist tunlichst innerhalb von drei Monaten ab dem Zeitpunkt der Antragstellung zu beginnen. Mit der Bekanntgabe des Prüfungsauftrags gegenüber dem Antragsteller gilt der Antrag (§ 153i) als erledigt.

(3) Die Außenprüfung umfasst alle in die Zuständigkeit des Finanzamtes Österreich fallenden abgabenrechtlichen Pflichten der Unternehmer, ausgenommen jene, die von der Lohnsteuerprüfung gemäß § 86 EStG 1988 umfasst sind. Die Außenprüfung darf auch von Organen des Finanzamtes für Großbetriebe im Auftrag des Finanzamtes Österreich durchgeführt werden.

(4) Die Außenprüfung ist tunlichst innerhalb von sechs Monaten ab dem Beginn der Prüfung abzuschließen.

Rechte und Pflichten während der Begleitung der Unternehmensübertragung

§ 153k. (1) Ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Beendigung der Begleitung der Unternehmensübertragung haben der Antragsteller, der Erwerber und die Organe der allenfalls betroffenen Personen- oder Kapitalgesellschaften unbeschadet anderer abgabenrechtlicher Offenlegungspflichten jene Umstände unaufgefordert vor Abgabe der Abgabenerklärungen offenzulegen, die für die abgabenrechtliche Würdigung der Unternehmensübertragung relevant sind und hinsichtlich derer ein ernsthaftes Risiko einer abweichenden Beurteilung durch das Finanzamt Österreich besteht, wenn sie nicht unwesentliche Auswirkungen auf das steuerliche Ergebnis haben können.

(2) Während der Begleitung der Unternehmensübertragung können zur Klärung abgabenrechtlicher Fragen Besprechungen zwischen Vertretern der betroffenen Unternehmer sowie Organen des Finanzamtes Österreich stattfinden. Über diese Besprechungen sind Niederschriften gemäß § 87 zu erstellen.

(3) Während der Begleitung der Unternehmensübertragung hat das Finanzamt Österreich dem Unternehmer Auskünfte über bereits verwirklichte oder noch nicht verwirklichte Sachverhalte zu erteilen.

Beendigung der Begleitung der Unternehmensübertragung

§ 153l. Die Begleitung der Unternehmensübertragung ist zu beenden,

           1. wenn der Übernehmende nach erfolgter Unternehmensübertragung einen entsprechenden Antrag stellt; das Finanzamt Österreich hat in diesem Fall die Begleitung der Unternehmensübertragung einzustellen, womit der Antrag als erledigt gilt;

           2. wenn der Vorgang der Unternehmensübertragung unterbrochen oder beendet wird;

           3. wenn über das zu übertragende Unternehmen ein Insolvenzverfahren eröffnet wird;

           4. wenn während der begleiteten Unternehmensübertragung über den Antragsteller oder den Übernehmenden rechtskräftig eine Strafe wegen eines vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Finanzvergehens verhängt wird;

           5. spätestens mit Abgabe der letzten Abgabenerklärung, die das Kalenderjahr betrifft, in dem die Unternehmensübertragung abgeschlossen wurde.“

4. In § 323 wird nach Abs. 71 folgender Abs. 72 angefügt:

„(72) § 148 Abs. 3a mit Ausnahme der Z 5, sowie die §§ 153h bis 153l, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/202x, treten mit 1. Jänner 2023 in Kraft. Die begleitende Unternehmensübertragung ist zu evaluieren. Spätestens am 31. Dezember 2026 ist ein Evaluationsbericht vorzulegen.“