14.40

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundespräsident! Kolleginnen und Kollegen, besonders die neuen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir saßen am Anfang der Sitzung hier sehr feierlich und mit Respekt vor dem Haus als Herzstück der Demokratie. Das beginnt schon zu erodieren, trotz der hier und dort formulierten guten Absichten. Ich möchte dennoch hoffen, ich bin optimistisch, dass alles besser werden kann, auch dieses öster­reichi­sche Parlament, das sich wie jede Institution Respekt verschaffen und ihn verteidigen und wiedererlangen muss, wenn es ihn einmal verloren hat.

Das Parlament der Republik, das sind wir, jeder Einzelne, jede Einzelne von uns. Wir Abgeordnete werden von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Parlaments­direk­tion bestens unterstützt. – Danke dafür. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.) Die Frage ist: Wozu verpflichtet uns dies? Was machen wir aus den Möglichkeiten, die uns gegeben werden? Wie machen wir unsere Arbeit, die mit besonderer Verantwortung verbunden ist?

Es ist freilich eine Ehre, hier vom Rednerpult aus reden zu können, und macht einen als Staatsbürgerin schon stolz, doch meiner Meinung nach kann sich wahrer Stolz nur einstellen, wenn wir mit dieser Aufgabe verantwortungsvoll umgehen. Da denke ich an unsere Vorbildwirkung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, die sich im Fern­sehen oder direkt von der Galerie aus ansehen, wie wir uns verhalten, und ich denke insbesondere an die Schülerinnen und Schüler, die wir immer begrüßen, wenn sie in den Saal kommen und sich hinsetzen, nur um uns vielleicht im nächsten Moment gleich wieder verbal an die Gurgel zu gehen.

Was für ein Vorbild geben wir ihnen gegenüber ab? Was nehmen sie von einem Besuch im Parlament mit nach Hause? Was lernen Schülerinnen und Schüler von uns? – Wenn ich an die letzten zwei Jahre denke, dann ist meine Wahrnehmung, dass wir uns in diesem Raum oft wie eine sehr schwierige Schulklasse benehmen. Es gibt nicht nur die Zuspätkommer, die Schwätzer, die Schwänzer, die Handyspieler, es gibt insbesondere die klar abgesteckten Klassengangs, die unerbittlich gegeneinander kämpfen. – Vorbildnote: Luft nach oben, würde ich sagen. (Heiterkeit der Abg. Meinl-Reisinger.)

Man gönnt den anderen keinen verdienten Erfolg; so wurde nicht nur in der letzten Legislaturperiode das Gros aller Anträge der Opposition vertagt oder abgelehnt. – Auch diesbezüglich kann es besser gehen. Ja, manchmal übernimmt eine Großpartei eine Idee der Opposition und bringt sie als eigene ein; irgendwann geht ein Antrag der Opposition vielleicht als eigener Oppositionsantrag durch! Was aber tut sich hier im Raum? – Wenn es wirklich einmal kontroversiell wird, dann gehen die Wogen hoch. Da gibt es dann Redebeiträge, da hätte mein Lehrer in der Schule einfach: Themen­verfehlung!, gesagt. Das ist dann eine pure Gegenattacke, völlig abseits des Tagesord­nungspunktes.

Andererseits ist man hier sehr schnell beim Duwort, wobei dieses parlamentarische Du oft distanzierter ist als ein respektvolles Sie. Diese nach außen hin kommunizierte Freundlichkeit ist oftmals kein Garant für einen gepflegten Umgang miteinander.

Vielleicht können wir die Freundlichkeit, die es hinter den Kulissen teilweise sehr wohl gibt, auch mehr in diesen Raum hineintragen, der anderen Klassengang einmal etwas zugestehen, also öfter einen Antrag unterstützen, wenn er Sinn macht, Sätze sagen – so etwas habe ich hier fast noch nie gehört – wie: Gar nicht so schlecht, der Vor­schlag!, oder: Da haben Sie recht, Herr Kollege!, oder sogar: In diesem Punkt habe ich mich geirrt! – Das wäre eine Debattenkultur, wie sie mein Kollege Scherak schon ange­sprochen hat. Da würde man ein Argument gelten lassen und sich dadurch öfter einem Konsens annähern können, aufeinander eingehen, aufeinander zugehen und dadurch ein Verhalten zeigen, von dem die Schülerinnen und Schüler, die uns zusehen, dann sehr wohl etwas lernen können und aufgrund dessen sich die erwachsenen Zuse­herinnen und Zuseher unseren Debatten möglicherweise interessierter zuwenden und zwischen uns vielleicht mehr Raum für Vertrauen entstehen kann.

Ich werde mich jedenfalls weiterhin dafür einsetzen und bin mir sicher, dass das viele von Ihnen, von euch auch tun werden – insbesondere die Neuen tun sich da vielleicht leichter. In diesem Sinne, im Sinne der gelebten Demokratie, des parlamentarischen Geistes: Never mind the crisis, go on working! Auf ein gutes Miteinander im Hohen Haus! (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Hofer.)

14.44

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schwarz. – Ich darf dich darauf aufmerksam machen, dass es nur mehr 3 Minuten Rest­redezeit gibt. (Abg. Gabriela Schwarz – auf dem Weg zum Rednerpult –: Dann werde ich mich kurz fassen!)