15.33

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kollegen, Kolleginnen! Liebe Damen und Herren! Ich komme zurück zu dem Zitat „Novomatic zahlt alle“, denn es geht hier auch um die Frage der Einflussnahme. (Anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Präsidentin Doris Bures: Ich würde ersuchen, dass man die Aufmerksamkeit wieder der Rednerin widmet. – Bitte, Frau Abgeordnete! Sie sind am Wort.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (fortsetzend): Ich komme zurück auf das Zitat „Novomatic zahlt alle“, denn schließlich geht es auch um die Frage der Einflussnahme auf die Politik für Gesetzeskauf und für den Erhalt von Glücksspielkonzessionen. Dazu braucht es Einfluss auf die jeweiligen Regierungsparteien.

Den Einfluss der Novomatic auf die letzte Regierung will ich an einem Beispiel aufzei­gen: In einer Entscheidung erklärte der Oberste Gerichtshof, dass die von Novomatic in Wien aufgestellten Spielautomaten gegen das Glücksspielgesetz verstießen. Das hat zur Folge, dass der Spieleinsatz zivilrechtlich zurückgefordert werden kann. Geht man davon aus, dass diese Entscheidung für alle Spielautomaten gilt, die bis En­de 2014 aufgestellt wurden, betrifft das einen Betrag in Milliardenhöhe. Diese OGH-Entscheidung wurde im Mai 2017 gefällt, und man kann sich jetzt fragen, warum diese nicht bekannter ist und alle Menschen klagen, die damals ihr Geld verloren haben – wohl weil mancher der Novomatic die Mauer macht, darunter der türkise Ex-Finanzmi­nister Hartwig Löger.

Mein Kollege Sepp Schellhorn hat im September 2018 schon eine Anfrage einge­bracht, deren Beantwortung uns damals sehr auffällig erschien. Wir haben sie noch näher betrachtet und kamen darauf, dass Hartwig Löger faktenwidrig antwortete: Er wi­dersprach nämlich dem Wortlaut der OGH-Entscheidung, er widersprach den Expertin­nen und Experten und der Rechtsansicht seines eigenen Hauses. Man könnte jetzt glauben, das geschah aus Unwissenheit oder persönlicher Eigenwilligkeit, die Antwort des Ministers auf die Anfrage deckt sich aber in der Argumentation und manchmal so­gar im Wording mit einer Presseaussendung der Novomatic, die damals schon länger publiziert war. (Abg. Meinl-Reisinger: Aha!)

Was waren die Argumente der Novomatic und des türkisen Finanzministers? – Ers­tens: Bei dem Urteil handle es sich um eine Einzelfallentscheidung. – Falsch, sagen der OGH und die Verwaltungsgerichtsbarkeit, das ist eine gesicherte, ständige Recht­sprechung.

Zweites Argument von Löger und Novomatic: Judikatur und Rechtsansichten sind im kleinen Glücksspiel immer inhomogen gewesen. – Falsch: ständige Rechtsprechung.

Drittes Argument von Löger und Novomatic: Der Betrieb der Automaten sei bewilligt gewesen. – Völlig falsch: Der OGH stellt vielmehr wortwörtlich in seiner Entscheidung fest, dass eine behördliche Bewilligung nicht vorlag.

Was sind die Folgen dieser Antwort? – Die Novomatic wird durch diese Antwort vor Klagen, wie gesagt in Milliardenhöhe, bestmöglich geschützt. Und das Unfassbare: Die Novomatic hat sich seit der Anfragebeantwortung durch Hartwig Löger in den lau­fenden Prozessen wiederum auf diese gestützt. Wortwörtlich schreibt sie zum Beispiel: Diese Antwort von Minister Hartwig Löger entspricht unserem Vorbringen. Sohin vertritt die für das Glücksspiel zuständige Aufsichtsbehörde die Auffassung, dass wir auch nach der alten Rechtslage verwaltungsbehördlich genehmigtes Glücksspiel betrieben haben. – Zitatende. (Abg. Meinl-Reisinger: Das ist ein Skandal!)

Es war also alles legal, niemand kann klagen. Dass die Verfahrenspartei Novomatic so etwas behauptet, ist klar, aber warum tut das der Finanzminister? (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Krainer.)

Das Finanzministerium hätte laut Gesetz auch andere Pflichten: Sowohl Steuererhe­bung als auch Spielerschutz liegen in der Kompetenz und Verantwortung des Finanz­ministeriums. Wir wissen von zahlreichen Spielerberichten, dass die effektive Kontrolle faktisch inexistent ist. Wir haben von den von der Casag nur beobachteten, aber nicht gestoppten Verlusten eines Spielers in Höhe von 633 000 Euro gehört.

Wir NEOS halten es für wichtig, den Konflikt zwischen den fiskalischen Interessen des Finanzministeriums am Glücksspiel und der Einrichtung einer Spielerschutzstelle beim selben Ministerium dadurch zu lösen, dass man die Zuständigkeit für den Spielerschutz ins Gesundheitsministerium verlagert. Daher bringe ich folgenden Entschließungsan­trag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Minis­terielle Kompetenzentrennung im Bereich des Glücksspiels“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, schnellstmöglich eine Regierungsvorlage vor­zulegen, die im Bereich des Glücksspiels eine ministerielle Kompetenzentrennung der Steuereinhebung und der Spielerschutzstelle vorsieht. Dabei soll die derzeit im BMF angesiedelte Spielerschutzstelle künftig im Verantwortungsbereich des BMASGK an­gesiedelt werden.“

*****

Es bleibt die Frage: Wie lässt sich das Verhalten des türkisen Finanzministers Löger erklären? Dieser Frage und anderen wollen wir im Untersuchungsausschuss nachge­hen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.37

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Loacker, Krisper, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Ministerielle Kompetenzentrennung im Bereich des Glücksspiels

eingebracht im Zuge der Debatte in der 5. Sitzung des Nationalrats über die Causa Ca­sinos Austria - TOP 1

Der Bund profitiert einerseits über Steuereinnahmen vom Glücksspiel, ist aber anderer­seits für den Schutz der Spieler_innen vor Sucht zuständig. Sowohl Steuererhebung als auch Spielerschutz liegen in der Kompetenz und daher Verantwortung des BMF. Der Konflikt zwischen den fiskalischen Interessen des BMF am Glücksspiel und der Einrichtung einer Spielerschutzstelle bei selbigem Ministerium ist offenkundig. Diesbe­zügliche Fragen ("Reformbedarf und Umgang mit Expertenberichten im Glücksspiel­recht", 3879/J XXVI. GP) wurden vom BMF unklar beantwortet (3781/AB XXVI. GP). Bemerkenswert dabei ist aber, dass das BMF die zweigleisige Kompetenzlage nicht explizit verteidigt hat. Daraus lässt sich schließen, dass auch das BMF Veränderungs­bedarf sieht.

Der Interessenskonflikt innerhalb des BMF lässt sich am sinnvollsten und auch schlüs­sigsten dadurch lösen, dass die Zuständigkeit für Spielerschutz im Verantwortungsbe­reich des BMASGK angesiedelt wird.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, schnellstmöglich eine Regierungsvorlage vor­zulegen, die im Bereich des Glücksspiels eine ministerielle Kompetenzentrennung der Steuereinhebung und der Spielerschutzstelle vorsieht. Dabei soll die derzeit im BMF angesiedelte Spielerschutzstelle künftig im Verantwortungsbereich des BMASGK an­gesiedelt werden."

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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Philip Kucher. – Bitte, Herr Abgeordneter.