10.30

Abgeordnete Mag. Dr. Juliane Bogner-Strauß (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Gestern endete die Kampagne Orange the World gegen Gewalt an Frau­en. 16 Tage lang wurde weltweit darauf aufmerksam gemacht, dass noch viel zu viele Frauen und Mädchen von Gewalt betroffen sind und dass wir gemeinsam etwas dage­gen tun müssen. Vor allem müssen wir, und das haben auch meine Vorrednerinnen schon erwähnt, dieses Thema endlich aus der Tabuzone holen.

Österreich hat sich heuer zum dritten Mal beteiligt, und ich möchte mich ganz herzlich bei allen OrganisatorInnen bedanken. UN Women Austria, Soroptimist International Austria, das Ban Ki-moon Centre for Global Citizens und He for She Graz haben da großartige Arbeit geleistet. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Kucher.)

In der Kampagne ging es heuer darum, in Österreich Opferschutzgruppen sichtbar zu machen. In ganz Österreich wurden 130 Gebäude beleuchtet, davon 60 Krankenhäu­ser. Der Opferschutz ist zentral, und die Institutionalisierung der Opferschutzgruppen war ein wichtiger Schritt in Österreich.

Für viele von Gewalt betroffene Frauen und Mädchen sind Gesundheitseinrichtungen die erste Anlaufstelle. Ich möchte hier den Opferschutzreport erwähnen, der zeigt, dass in Wien 27 Prozent aller von Gewalt betroffenen Frauen und Mädchen zuerst in eine Gesundheitseinrichtung gehen. Dort erfahren sie Unterstützung von Fachpersonal, das sensibilisiert ist, das geschult ist, von Fachpersonal, das weiß, wohin es schauen muss, und die Opfer erhalten eine großartige medizinische und therapeutische Be­handlung. Es geht aber vor allem auch darum, eine Spurensicherung sicherzustellen, damit die Opfer dann vor Gericht und bei einer Anklage eine Verurteilung erreichen können. Ich möchte mich auch ganz herzlich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Opferschutzgruppen für ihre wertvolle Arbeit bedanken. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)

Wir haben es bereits gehört, die Zahlen sprechen Bände: In Österreich ist jede fünfte Frau beziehungsweise jedes fünfte Mädchen von Gewalt betroffen. Wenn man die europäischen Zahlen anschaut, so muss man feststellen, dass sogar jede dritte Frau betroffen ist. Das heißt, wir müssen einfach mehr tun, um diese Frauen und Mädchen aus der Gewaltspirale herauszuholen.

2018 gab es 41 Frauenmorde, 2019 zählen wir bis vorgestern 34. Was mich wirklich sehr betroffen macht, ist, dass ein Frauenmord in den Medien oft nur mehr eine kleine Randnotiz ist und oft auch nicht als Frauenmord, sondern als Familiendrama darge­stellt wird. Es ist daher Aufgabe der Politik, Rahmenbedingungen zu schaffen, dass Frauen, wenn sie von einer Gewaltspirale betroffen sind, aus dieser Gewaltspirale he­rausfinden. Noch besser wäre es, wenn Frauen und Mädchen überhaupt nicht mehr von Gewalt betroffen wären.

Wir haben in der letzten Regierungsperiode viel getan: Wir haben ein Gewaltschutzpa­ket geschnürt, wir haben den Ausbau der Beratungsstellen betreffend sexuelle Gewalt auf Schiene gebracht und wir haben eine Screeninggruppe eingerichtet, die beleuchtet hat, wo die Morde stattfinden und warum sie stattfinden. Daraus können wir Schlüsse ziehen und in weiterer Folge Rahmenbedingungen schaffen und gute und zukunfts­trächtige, ganz, ganz wichtige – sage ich jetzt einmal; für alle wichtige, für die Gesell­schaft wichtige, für die Frauen und Mädchen, die davon betroffen sind, wichtige – Ini­tiativen setzen, damit weniger Frauen und Mädchen von Gewalt betroffen sind.

Wir haben es schon gehört, und ich bitte Sie alle darum: Lassen Sie uns hinschauen und nicht wegschauen!

Vorgestern gab es wieder eine Randnotiz in der Zeitung, dass eine Frau nach fünf Jahren endlich der Gewalt ihres Mannes entkommen ist. – Wie kann es sein, dass fünf Jahre lang niemand bemerkt, dass diese Frau von Gewalt betroffen ist? Keine Nach­barin und kein Nachbar hat hingesehen? – Ich finde, das darf es nicht geben, da braucht es einfach mehr Zivilcourage. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ich möchte Sie daher bitten: Machen wir es gemeinsam – wir gemeinsam hier im Par­lament, über die Parteigrenzen hinweg –, machen wir Österreich zu einem besseren und sicheren Platz für Frauen und Mädchen, damit sie nicht von Gewalt betroffen sind! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

10.36

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Hei­nisch-Hosek. – Bitte.