14.37

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Also die Performance, die die ÖVP hier heute an den Tag gelegt hat, das muss ich sagen, stellt jeden Barbapapa in den Schatten, bei den Verbiegungen, die Sie da hingelegt haben, um diesen Sinneswandel, der Ihnen jetzt nach ein paar Monaten, nach dem Ende dieser Koalition eingefallen ist, irgendwie zu rechtfertigen. Also ärger geht es nicht mehr; aber es ist auch ein gewisses Charakterbild der ÖVP, das hier heute zum Vorschein gekommen ist (Beifall bei der FPÖ) – heute so und morgen an­ders. (Zwischenruf des Abg. Zarits. – Abg. Wöginger: Du kannst über alles reden, aber nicht über Charakter! Charakter brauchst du nicht anzusprechen!) Die Inhalte sind austauschbar, die Positionen sind Ihnen wichtig, und das ist auch der Grund dafür, warum der Wöginger seine heurigen Weihnachten mit der Grünen Sigi Maurer im Inn­viertel verbringen wird. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ist ja genau die gleiche cha­mäleonartige Wandelbarkeit, die Sie in anderen Fragen auch an den Tag legen.

Das, was Sie hier mitbeschließen, ist ein Fußtritt für den Rechtsstaat, das ist ein Fuß­tritt für die Beamten im BFA und das ist ein Fußtritt für die Gerichtsbarkeit, die darüber entschieden hat, sodass am Ende ein rechtskräftig negatives Urteil steht. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei den Grünen: Seit wann ist ein Beschluss im Parlament ein Fuß­tritt? – Abg. Stögmüller: Unglaublich! – Ruf bei den Grünen: Seid wachsam!) Ich weiß nicht, wofür machen diese Leute die ganze Arbeit? Wofür machen die das? Ich ver­setze mich jetzt in die Position eines Beamten im BFA, der das geprüft hat – kostet im Übrigen auch gar nicht wenig (Zwischenruf bei der ÖVP) –, ich versetze mich in die Position eines Richters, der dann auch in den Instanzen entsprechend die Urteile spricht. Wofür machen die das alles (Zwischenruf des Abg. Stögmüller), wenn Sie dann hergehen und sagen, es ist eh alles nichts wert, wir sind jetzt anders gelaunt, wir vergessen das Ganze wieder, wir wechseln unsere Position?!

Dann sage ich Ihnen von der ÖVP eines: Da ist es gescheiter, wir ersparen uns das Ganze. Dann seien Sie ehrlich, dann sagen Sie: Wissen Sie was, gehen wir her und verzichten wir auf diesen ganzen Tarnanstrich namens Asyl (Ruf bei der ÖVP: Geh bitte!) – denn etwas anderes ist es für Sie ja eh nicht! Dann reden wir über die Zuwan­derung, um die es Ihnen eigentlich geht – Ihnen (in Richtung ÖVP) aus wirtschaftlichen Gründen und Ihnen (in Richtung SPÖ, Grüne und NEOS) aus ideologischen Gründen! Unterm Strich ist beides gleich schlecht für dieses Land.

Sie wissen gar nicht, was Sie den Österreicherinnen und Österreichern antun. Sie wis­sen gar nicht, was Sie am Kerbholz haben im Hinblick auf die kommenden Genera­tionen, von denen ich möchte, dass sie zu diesem Land noch sagen können, es ist ihr Österreich und nicht, dass sie selber zu Fremden im eigenen Land werden. Sie leisten einen Beitrag nach dem anderen dazu. (Beifall bei der FPÖ.)

Dann kommen Sie daher mit der Integration: Die sind ja alle so gut integriert und des­halb dürfen wir sie nicht abschieben! – Sind Sie auch bereit, den Umkehrschluss zu vollziehen: Wir schieben dann diejenigen ab, die einen positiven Asylbescheid haben, weil sie nicht integriert sind? – Davon gibt es tatsächlich viele! Es gibt sehr viele, die einen rechtskräftig positiven Asylbescheid haben, die aber überhaupt nicht integriert sind und die nicht einmal daran denken, auch nur einen Schritt in Richtung Integration zu setzen (Zwischenruf der Abg. Yildirim), sondern die sich in ihrer Community recht wohlfühlen. Schieben wir die dann ab, weil sie das Integrationskriterium nicht erfül­len? – Dann wären wir so konsequent und könnten wieder über die Dinge reden, weil dann, glaube ich, hätten wir eine Bilanz, die unterm Strich für die Österreicher etwas Positives bringt. Das wollen Sie dann aber auch wieder nicht, so konsequent sind Sie nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie wissen ganz genau, dass diese 700 oder 800 nicht 700 oder 800 bleiben werden. Das können Sie gleich mit zwei oder drei oder vier multiplizieren – je nachdem, wie groß die Familie ist. (Zwischenruf des Abg. Sieber.) Das ist ja klar: weil Sie mit diesen Lehrverhältnissen einen Beitrag dazu leisten, dass der Artikel 8 der Menschenrechts­konvention – ist gleich die Verfestigung – zuschlägt. Dann bekommen Sie diesen Lehr­ling nicht mehr aus dem Land, und wir haben uns gleichzeitig das eingetreten, was wir gar nicht haben wollen, nämlich auch noch den Familiennachzug von all diesen Leu­ten. (Ruf bei den Grünen: Menschenrechte!) Dann reden wir nicht mehr von 800, dann reden wir von 2 400, von 3 200 oder wie viele das auch immer sein werden.

Das geht auf Ihre Kappe vonseiten der ÖVP. Von dort (in Richtung SPÖ) habe ich mir nichts anderes erwartet, aber betreffend eine Partei, die sich hinstellt und sagt, sie macht einen Mitte-Rechts-Kurs – und dann kommt sie auf solche Gedanken? –, muss man wirklich sagen, das ist abenteuerlich. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Deutschen beißen sich schon in den Hintern wegen dieses von Ihnen forcierten und propagierten Drei-plus-zwei-Modells, weil sie genau wissen, dass dann die Verfes­tigung eingetreten ist und dass sie keinen von denen mehr aus dem Land hinausbe­kommen.

Es wird uns gehen wie bei der Homoehe – genau das gleiche Modell! (Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.) – Ja, genau das gleiche Modell! (Zwischenruf der Abg. Toma­selli.) Zuerst hat man gesagt, diese Verpartnerung machen wir jetzt, damit wir die An­sprüche bei den beiden Lebenspartnern, wenn einer im Spital ist und so weiter, etwas absichern, und da kommt garantiert nichts nach, das ist kein Problem! (Abg. Meinl-Reisinger: Jetzt haben wir den Schlamassel! – Abg. Ribo tippt sich mit der Hand an die Stirn.)

Dann zieht die Zeit ins Land, und jetzt stehen wir da, dass wir schon über Adoptions­rechte und über die normale Verehelichung reden, einfach deshalb, weil Sie die Tür geöffnet haben und damit das in Gang gesetzt haben, was wir Ihnen immer prophezeit haben. (Abg. Meinl-Reisinger: Ja, und die Republik steht immer noch!) Genau so wird es hier sein, ich prophezeie Ihnen das. (Beifall bei der FPÖ.) Zuerst das, dann kriegen Sie sie nicht mehr hinaus, dann die Lehrlinge, dann die Schüler, dann die Studenten – genau so wird es werden! (Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Da rede ich ja noch gar nicht von dem, was notwendig wäre – jetzt bin ich beim In­nenminister –, jetzt reden wir nur von denen, die da sind und die einen rechtskräftig ne­gativen Bescheid haben. Ist eh wurscht, das zählt ja alles nichts mehr, weil wir lustig sind. Wir beschließen – egal, was die Gerichte beschließen, vollkommen egal! –, sie bleiben trotzdem da. Da haben wir ja ganz darauf vergessen, dass Asyl insgesamt Schutz auf Zeit ist. Ich hätte meinen Schwerpunkt so gesetzt, einmal zu überprüfen, ob diejenigen, die jetzt drei Jahre im Land sind, überhaupt noch einen Fluchtgrund haben. Haben sich die Bedingungen in ihrem Land nicht schon so weit geändert, dass wir auch bei denen, die einen rechtskräftigen Asylstatus haben, beginnen sollten, über Rückführungen nachzudenken und diese Leute wieder dorthin zu bringen, wo sie her­kommen? Asyl ist nämlich Schutz auf Zeit und nichts anderes. (Beifall bei der FPÖ.) Von dem Gedanken haben Sie sich ja sowieso schon verabschiedet. Das ist ja das nächste große Problem.

Ich sage Ihnen, Herr Innenminister, auch Folgendes: Auch Ihre Rolle bei diesem Schü­ler, bei diesem Wunderkind aus Langenlois, das jetzt nicht abgeschoben wird, wird noch zu untersuchen sein. Bei dem gibt man nach. Ein paar NGOs machen ein Thea­ter, ein paar Zeitungen berichten darüber – und schon geht der Rechtsstaat in die Knie. Gute Nacht, Österreich, kann man da nur sagen!

Für mich ist das, was Sie und der Bundespräsident da gemacht haben, eine amtsmiss­bräuchliche Vorgangsweise, und wir werden den Dingen auf den Grund gehen. Für Sie und auch für den Bundespräsidenten gilt das Legalitätsprinzip. Der Bundespräsident wird ja wohl noch in der Lage sein, auch Gesetze anzuerkennen, die er vielleicht selber unterschrieben hat. Ich meine, das wird ja wohl nicht zu viel verlangt sein! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich kann Ihnen, Herr Innenminister, nur eines sagen: Auch ich habe diese Anrufe aus der Präsidentschaftskanzlei, von dem einen oder anderen Kardinal bekommen. (Abg. Schellhorn: ... den Kardinal!)

In diesem Land brät jeder seine Extrawurst. Jeder weiß lauter gute Gründe, warum ge­nau dieser eine so schützenswert ist und nicht abgeschoben werden soll. In Summe kommt halt ziemlich etwas zusammen – und das Schlimmste, was zusammenkommt, ist, dass der Rechtsstaat in Wahrheit ausgedient hat.

Das ist die typisch österreichische Lösung, die Sie zum Akt der Humanität erklären. – Das ist ein völliger Unfug, weil sich Humanität nicht über Gefühlsduselei interpretiert, sondern über einen vernünftigen und rationalen Zustand, und der artikuliert sich in den Gesetzen eines Staates, die auch Sie einzuhalten haben. (Beifall bei der FPÖ.)

So gesehen ist das, was Sie hier machen, eine Schande für den Rechtsstaat (Ruf bei der ÖVP: Hallo!) und ehrlich gesagt ein Verbrechen an den kommenden Generationen, das Sie hier begehen.

Noch etwas gebe ich Ihnen zu bedenken – und schreiben Sie sich das ins Stamm­buch! –: Wenn wir über Asyl reden, dann reden wir nicht von massenhaften Fluchtbe­wegungen – das haben die Linken daraus gemacht! –, wenn wir von Asyl reden, dann reden wir von individueller Verfolgung, von Personen, die als Individuum, individuell be­droht sind und verfolgt werden, dann reden wir von Julian Assange und dann reden wir von Edward Snowden. Das ist Asyl. Alles andere ist Flucht nach der Genfer Konven­tion. Das ist etwas anderes. Auch das ist miteinander vermanscht worden und auch diesbezüglich wird es kein gutes Ende nehmen, wenn man so weitertut.

Seien Sie vonseiten der ÖVP also ehrlich: Sagen Sie, was wollen! Stellen Sie sich hier­her und sagen Sie: Halten wir uns gar nicht lange auf mit dem Anspruch, hier sozusa­gen ein Asylsystem aufrechterhalten zu wollen!, denn eines ist klar – das werden Ih­nen, Herr Nehammer, da schaue ich Sie an (Abg. Nehammer: Aber wir können beim Du bleiben!), auch alle Beamten, die vielleicht bald unter Ihrem Kommando im In­nenministerium dienen werden, dann erklären –: Ein Asylsystem ohne konsequente Rückführungspolitik und ohne konsequente Rückführungen hat diesen Namen nicht verdient. Dann können Sie es gleich bleiben lassen, das ist die billigere Variante. (Zwi­schenruf des Abg. Sobotka.)

Kapitulieren Sie und hängen Sie statt der rot-weiß-roten Fahne die weiße Fahne an die Staatsgrenze! Die entspricht Ihrer Mentalität. (Beifall bei der FPÖ.)

14.47

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Nurten Yıl­maz. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.