20.44

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident! Werte Kollegin­nen und Kollegen! Worum geht es in diesem Antrag? Die SPÖ schlägt hier drei Dinge vor. Der erste Punkt ist – das wurde auch schon genannt –, 1 700 Euro brutto komplett steuerfrei zu stellen. Der zweite Punkt ist, dass man die Einführung des Sozialversiche­rungsbonus für die kleineren Einkommen von 2021 auf 2020 vorverlegt. Der dritte Punkt, den die SPÖ hier auch fordert, ist, dass bei Einkommen über 1 Million Euro die derzeit bestehende Befristung des Spitzensteuersatzes von 55 Prozent aufgehoben wird, dass die Frist sozusagen verlängert wird und unbefristet weitergeht.

Das kann man natürlich alles diskutieren. Im Rahmen der ersten Lesung gibt es jetzt nicht wahnsinnig viel Zeit dazu, aber hier in aller Kürze unsere erste Kritik, unsere ers­ten Punkte zu diesem Antrag: Bei Gesetzen geht es ja immer um die Wirkung. Des­wegen muss man sich auch die unerwünschten Wirkungen anschauen, die solche Ge­setze eventuell haben. Da komme ich dann zu den 1 700 Euro steuerfrei.

Was ist positiv? – Positiv, und das wurde auch von den Kollegen von der SPÖ ange­sprochen, ist der Konsumeffekt. Das kann man natürlich machen, das würde auch durchaus etwas bringen, aber wenn das wirklich so wichtig gewesen wäre, hätte man das schon seit zehn Jahren machen können, indem man einfach die kalte Progression abschafft. Das wissen Sie alle, das haben Sie auch alle gefordert, aber bis jetzt noch nie eingehalten.

Generell ist es halt so: Wenn wir uns das ganze Thema anschauen, dann glauben wir auch, dass es eine Steuerreform braucht, und zwar eine ökosoziale Steuerreform. Die­se haben wir auch im Wahlkampf mehrmals vorgestellt und präsentiert. Da geht es uns auch um einen Punkt, nämlich dass der Faktor Arbeit massiv entlastet gehört. Wenn wir uns dann auch noch die Lohnsteuer in diesem Zusammenhang anschauen, dann wissen wir auch, dass es in Österreich schon 2,5 Millionen Personen gibt, die steuer­befreit sind; das heißt, die zahlen gar keine Lohnsteuer. Das ist ein gutes Drittel der potenziell Lohnsteuerpflichtigen.

Auf der anderen Seite sind es in Österreich 25 Prozent der Arbeitsnehmerinnen und Arbeitnehmer, die gut drei Viertel der Lohnsteuer, nämlich 77 Prozent, zahlen. Auch das muss man beachten, wenn man solche Dinge einfordert.

Nun zu den wirklich negativen Auswirkungen dieses Gesetzes – wir haben das auch schon im Ausschuss besprochen; ich verstehe ehrlich gesagt nicht, warum die SPÖ diesen Punkt nicht aufgreift –: Das ist ja ein negativer Erwerbsanreiz, den Sie mit die­sen Aktivitäten schaffen – das gilt ja auch für den Sozialversicherungsbonus –, was da­zu führt, dass Teilzeitarbeit einfach attraktiver gemacht wird.

Lassen Sie mich dafür einfach ein Beispiel bringen: Wenn jetzt zum Beispiel eine Frau Teilzeit arbeitet, zu 50 Prozent arbeitet und, angenommen, 1 000 Euro brutto verdient, dann bedeutet das im Augenblick 848 Euro netto, die ausgezahlt werden. Sollte sich diese Frau jetzt entscheiden, dass sie auf 100 Prozent aufstockt, also 2 000 Euro brut­to verdient, dann ergibt das 1 482 Euro netto, das heißt, die zweiten 50 Prozent sind 215 Euro weniger wert als die ersten 50 Prozent.

Warum ist das so? – Weil da quasi die Sozialversicherungsbeiträge zuschlagen und die Steuer zu greifen anfängt. Das ist aus unserer Sicht nicht gut, weil Sie damit viele Menschen – und wir wissen, dass das vor allem Frauen sind – in der Teilzeit halten und damit auch ganz, ganz oft – und das ist leider auch der Fall – in die Altersarmut führen.

Noch kurz zum dritten Punkt, zum Spitzensteuersatz von 55 Prozent: Wenn man sich das von der Budgetseite her anschaut, dann sind diese Einzahlungen vernachlässig­bar. Es hat aber durchaus eine unerwünschte Nebenwirkung: Wir wissen alle, Erfolg steht und fällt mit den Menschen; wenn es jetzt darum geht, dass sich kreative, gut ausgebildete Innovatoren entscheiden, wo sie arbeiten wollen – und wir alle wissen, dass sich diese entscheiden können und es egal ist, wo sie hingehen, ob sie jetzt in Österreich bleiben oder ins Silicon Valley ziehen –, dann hat es natürlich einen ganz großen Einfluss, welchen Spitzensteuersatz sie zahlen. Ja, es ist nicht budgetrelevant und deswegen aber durchaus ein Zeichen, wenn man diese 55 Prozent eben weiter­laufen lässt. Es ist ein Standortfaktor, es ist ein Wirtschaftsfaktor.

Wir können Details natürlich gerne im Ausschuss besprechen. Das hier ist eine erste Lesung, das heißt, es gibt noch Zeit, nachzuschärfen. – So kurz so viel fürs Erste zu diesem Antrag. – Danke sehr. (Beifall bei den NEOS.)

20.48

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Maximilian Ler­cher. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.