21.32

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir erinnern uns alle an den 17. Mai dieses Jahres, ab 18 Uhr, innerhalb von relativ kurzer Zeit hat fast jede und jeder von uns ein kurzes Video ge­sehen, das offenbar im Sommer 2017 aufgenommen wurde.

Ich glaube auch, es erinnern sich alle an ein paar Schlüsselmomente: „Novomatic zahlt alle“ und will dafür Lizenzen als Gegenleistung. Wir erinnern uns alle an: Glock, Glock, Glock!, den Waffenproduzenten, der auch Gegenleistungen für Spenden will. Wir erin­nern uns an die Milliardäre und Milliardärinnen, wie Horten, die aus Idealismus an Par­teien spenden. Sie erwarten sich dafür halt auch Gegenleistungen in Form von: keine Erbschaftssteuer, keine Schenkungssteuer, keine Vermögensteuern und möglichst überhaupt keine Steuern. Wir erinnern uns, dass die Reform von Bankenaufsicht, Fi­nanzmarktaufsicht und OeNB ein Thema war. Wir erinnern uns alle an „zack, zack, zack“, daran, dass Zeitungen gekauft werden und unliebsame Redakteure – „zack, zack, zack“ – weggeräumt werden und dafür neue hereinkommen und gepusht werden sollen. – Das war die Theorie, das war im Sommer 2017.

Dann kam der 18. Dezember 2017, da wurde eine neue Bundesregierung vorgestellt. Eine neue Bundesregierung wurde angelobt und hat hier ihre Regierungserklärung ab­gegeben – und dann sind viele Sachen passiert, die wahnsinnig an dieses Video erin­nern.

Die Novomatic hat, wie wir in der Zwischenzeit erfahren haben, an einen FPÖ-nahen Verein mehrere Hunderttausend Euro gespendet. Dieser Verein hat mit diesem Geld zwei Jahre lang genau gar nichts gemacht. Jetzt hat es irgendeine Pro-forma-Veran­staltung gegeben.

ÖVP-Finanzminister Löger hat dem ÖVP-Urgestein Raiffeisenbanker Rothensteiner, der Aufsichtsratschef der Casinos war und noch immer ist, gesagt, die FPÖ hat einen Hintergrunddeal mit der Novomatic oder umgekehrt, in dem es um die Vorstandsbe­stellung bei den Casinos gegangen ist.

Die rechte Hand von ÖVP-Finanzminister Löger hat im Finanzministerium geheime Un­terlagen, in denen es um Lizenzvergaben, in denen es um Glücksspiel gegangen ist, fotografiert und an die Novomatic, einen Glücksspielkonzern, geschickt. Wenige Stun­den später hatte ÖVP-Finanzminister Löger einen Termin dort. Er behauptet, man habe nur über das Wetter gesprochen. Wir wissen in der Zwischenzeit, sie haben wohl eher über das Wetten, über das Glücksspiel, über Hintergrunddeals, über neue Lizen­zen gesprochen.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von ÖVP-Finanzminister Löger und von FPÖ-Staatssekretär Fuchs haben sich mit Beamten des Hauses getroffen und haben Punk­tationen gemacht, wie man das Glücksspielgesetz zugunsten eines Anbieters, nämlich der Novomatic, verändern kann.

Das ist das, was wir in der Zwischenzeit wissen. Wir wissen, dass Herr Schmid – die rechte Hand; ein Bekannter von Ihnen, Herr Kurz, er ist Ihnen sicher nicht ganz unbe­kannt – innerhalb von 24 Stunden Öbag-Chef und damit Chef der Casinos, also der Verwalter der Casinos-Beteiligungen, wurde. Der ÖVPler wurde also Öbag-Chef und Herr Sidlo wurde Finanzchef bei den Casinos.

Alles, was in dem Video als theoretisches blaues Spiel vorkam, hat sich in der Realität offensichtlich als türkis-blauer Wettlauf entpuppt, wer der Novomatic mit einer Gesetz­gebung, die sie gerne hätte, dienlicher sein kann.

Wir haben alles Mögliche gesehen. Ich weiß jetzt ehrlich gesagt nicht, ob Glock an die ÖVP oder an die FPÖ gespendet hat (Ruf bei der ÖVP: ... die SPÖ nicht?!), das weiß ich nicht, das wissen Sie am besten. Das, was wir aber schon gesehen haben, ist, dass die Ehefrau von Glock plötzlich Aufsichtsrätin in der Austro Control wurde.

Im Video heißt es zwar, dass Heidi Horten der FPÖ spendet – das weiß ich nicht –, aber ich weiß, dass sie einen Dauerauftrag in der Höhe von, ich glaube, 49 000 Euro im Monat für die ÖVP eingerichtet hat. Das werden Sie sicher besser wissen als ich. Wenn es auch nur ein bisschen mehr gewesen wäre, hätte man das dem Rech­nungshof und der Öffentlichkeit sofort melden müssen. Der Betrag von 49 000 Euro ist sicherlich nur sehr zufällig so gewählt worden. Ich glaube das nicht, ich glaube, das war eine offensichtliche Umgehung von Transparenzbestimmungen. Das kommt alles auch im Video vor.

Wir haben gesehen, wie FMA und OeNB in einer Art und Weise reformiert wurden, die eher an Ungarn erinnert; an die Art und Weise, wie man dort undemokratisch vorgeht, wie man per Gesetz Personen, die unliebsam sind, von ihren Funktionen abberufen wollte, wie dort Personen hingesetzt worden sind. Ich glaube, es gibt auch in der ÖVP niemanden mehr, der der Meinung ist, dass die Personalentscheidungen in der OeNB die richtigen und die besten waren. (Zwischenruf des Abg. Ottenschläger.)

In der OeNB gibt es acht Aufsichtsräte. Was schätzen Sie: Wie viele von diesen acht Aufsichtsräten sind entweder Beschuldigte oder Beteiligte in der Casinos-Affäre? – Ge­nau die Hälfte, vier von acht. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Wir sehen, dass sich das, was wir im Ibizavideo als blaue Theorie gesehen haben, in der Realität als blau-türkise Verwicklungen offenbart hat. Dort, wo wir den Eindruck ha­ben, dass es in der Theorie offensichtlich darum gegangen ist, wie sich eine ver­meintlich ukrainische Oligarchin Politik kauft, sehen wir in der Realität: Nein, Austrooli­garchen aus dem Glücksspielgewerbe, aus dem Waffengewerbe, aus dem Bauge­werbe konnten sich hier offensichtlich Politik kaufen. Das ist das, worum es in diesem Untersuchungsausschuss geht. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Krisper und Meinl-Reisinger.)

Es geht im Wesentlichen um drei Fragen: Die erste ist: Wie käuflich sind ÖVP und FPÖ, wie käuflich ist die Politik von Strache und Kurz gewesen? (Abg. Stefan: ... der SPÖ aus! Habt ihr nichts zu verbergen?!)

Die zweite Frage ist: Was müssen wir an den Parteiengesetzen verändern? Eines haben wir schon getan, Großspenden sind jetzt verboten worden. Was müssen wir tun, um da eine Immunisierung des Systems zu erreichen? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Stefan.)

Die dritte Frage, die wir beantworten wollen oder die der Untersuchungsausschuss be­antworten soll, ist: Wie verhindern wir ein nächstes Mal, also den Fall, dass in der Öf­fentlichkeit jedenfalls der mutmaßliche Eindruck entstehen muss, dass Politik käuflich ist? (Abg. Stefan: Wenn man nichts zu verbergen hat, warum macht man das so? We­gen der Objektivität wäre es!)

Deswegen machen wir das so. (Abg. Stefan: Ihr habt ja nichts zu verbergen! Ist da was zu verbergen? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Sie sind herzlich eingela­den, das zu machen. Dieser Untersuchungsauftrag gilt für alle Parteien und für alle Mitglieder des Untersuchungsausschusses. (Abg. Wöginger: Bissl schlecht formuliert ist er! – Abg. Stefan: Ist da was zu verbergen?) Ich freue mich auf die Zusammenar­beit, und ich gehe davon aus, dass, wie in der Vergangenheit auch, alle Mitglieder die­ses Untersuchungsausschusses am Untersuchungsgegenstand und an der Aufklärung mitarbeiten, damit wir den Sachverhalt ordentlich aufklären können. (Ruf bei der ÖVP: Wir freuen uns schon!)

Ich gehe davon aus, dass wir den Bericht des Geschäftsordnungsausschusses im Jän­ner hier im Plenum debattieren und dass der Untersuchungsausschuss dann mit seiner Arbeit beginnen kann. Es sollte eigentlich im Interesse aller Fraktionen sein, aufzu­klären, ob Politik wirklich käuflich war beziehungsweise käuflich ist. Der Verdacht ist da, die Staatsanwaltschaft ermittelt betreffend strafrechtliche Tatbestände, und unsere Aufgabe ist es, die politische Verantwortung festzustellen. Wir machen das und wir hof­fen, dass alle anderen Fraktionen ebenfalls mitarbeiten. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

21.41

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl. – Bitte, Herr Abgeordneter.