13.34

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Da­men und Herren der Regierung! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich war in den letz­ten drei, vier Tagen ein bisschen überrascht, als ich gehört habe, dass der Bundes­kanzler meinte, die wichtigste Aufgabe der Bundesregierung sei offensichtlich die Ab­schaffung der Hacklerregelung.

Ich habe auch nicht gewusst, dass das jetzt zur Chefsache gemacht wird, denn ich kann mich noch erinnern, dass bei der dritten Lesung dieses Gesetzes im September, die ÖVP hier mitgestimmt hat. Das war ein einstimmiger Beschluss. (Abg. Loacker: Das haben die nicht überlauert gehabt!) – Ich habe daher nicht geglaubt, dass ihr so schnell umfallt, liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP.

In Wirklichkeit braucht es uns aber nicht zu überraschen, denn wenn es darum geht, dass den Arbeitnehmern zugesetzt wird, wenn es darum geht, dass den Arbeitnehmern etwas weggenommen wird, dann steht die ÖVP ganz vorne, in der ersten Reihe, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der SPÖ.) Ob das der 12-Stunden-Tag war, ob das das Niederwalzen der Gebietskrankenkassen war, ob das das Wegnehmen und das Stehlen des evangelischen Feiertages war – es ist immer dasselbe: Wenn es da­rum geht, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter die Räder kommen, dann zeigt ihr ganz fleißig auf, und das ist fatal und nicht hinzunehmen.

Aber worum geht es? – Es geht einfach darum, dass Menschen dann, wenn sie so lange gearbeitet haben, so lange Beiträge gezahlt haben, nicht auch noch gestraft wer­den. Deshalb glaube ich, ist das ein so wichtiger Punkt für uns. Er ist existenziell wich­tig, liebe Freundinnen und Freunde. (Abg. Loacker: Das ist keine Gewerkschaftsta­gung, das sind nicht nur Freunde!)

Man bemerkt beziehungsweise bekommt mit, dass Kommissionen ins Rennen ge­schickt werden: Die Alterssicherungskommission – eh schön – sagt uns, dass das alles nicht geht, dass es viel zu teuer ist, dass das nicht funktioniert. Komischerweise sind das Damen und Herren, die jetzt ihren wohlgepolsterten Ruhestand verbringen (Abg. Meinl-Reisinger: Geh bitte, das ist eine von euch!), aber nicht mit 1 400 Euro Pension, sondern – da geht es um etwas anderes – ohne Abschläge und vielleicht auch mit 62 Jahren angetreten. Das ist nicht fair und darauf weisen wir hin.

Natürlich kostet die Hacklerregelung Geld, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, denn von nichts wird nichts, aber wenn man sich das Regierungsprogramm anschaut, dann sieht man, dass das Geld eh mit vollen Händen ausgegeben wird: Die Senkung der KÖSt – ist heute schon x-mal angesprochen worden –, also 1,5 Milliarden Euro pro Jahr, alle Jahre wieder, wird den großen Unternehmen – 4 000 Betroffene – in den Rachen ge­schmissen, die KMUs steigen leer aus. Das ist das 50-Fache der Hacklerregelung. Die Spekulationssteuer – 400 Millionen Euro – wird abgeschafft, das ist das 13-Fache der Hacklerregelung. (Abg. Loacker: Das ist doch nicht notwendig!)

Im vergangenen Jahr haben Sie mit der Absenkung der Mehrwertsteuer auf Nächti­gungen im Vorbeigehen schnell 120 Millionen Euro für den Tourismus locker gemacht – pro Jahr 120 Millionen Euro. Das heißt, da ist immer Geld da, aber wenn es um die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geht, dann ist natürlich nichts vorhanden. (Beifall bei der SPÖ.)

Was wirklich zynisch ist, meine sehr geschätzten Damen und Herren der ÖVP, ist, dass die Schaumweinsteuer jetzt fallen soll. Das ist ungefähr derselbe Betrag wie die Hacklerregelung, ungefähr 25 Millionen Euro. (Abg. Meinl-Reisinger: Geh bitte, doch nie im Leben!) Es ist einfach zynisch! (Abg. Loacker: Das Bildungssystem hat versagt, weil ihr ...!) In Wirklichkeit habt ihr keinen Genierer: Schaumweintrinker auf steuerfrei zu setzen und auf die Arbeitnehmer hinzutreten. Das werdet ihr aber noch zu spüren bekommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe ja geglaubt, wenn Kollege Strasser jetzt herauskommt (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und SPÖ), wird er ein bisschen erklären, wie es mit den neuen Privilegien der Großbauern ausschaut. Dazu haben wir kein Wort von Ihnen gehört. Es ist wirklich interessant: Das fiktive Ausgedinge wird angerechnet, die Ab­schaffung des Solizuschlages wird stattfinden, die Ausweitung der Bemessungsgrund­lage zum Nulltarif kommt und Jungbauern werden in Zukunft die Pensionsbeiträge bis zum 27. Lebensjahr mitfinanziert bekommen. Und das alles, liebe Kolleginnen und Kol­legen, bei einer Pension der Bauern (Zwischenruf des Abg. Strasser), die zu 80 Pro­zent eh schon durch die Steuer finanziert wird, weil sich das hinten und vorne nicht ausgeht.

Das gehört sich einfach nicht, dass in Zeiten, wo auf Arbeitnehmer hingehaut wird, auf der anderen Seite im stillen Kämmerlein etwas ausgemacht wird und wieder neue Pri­vilegien geschaffen werden.

Es wird eine Nagelprobe geben, Herr Bundesminister für Soziales, wenn es darum geht – und wo wir genau hinschauen müssen –, ob ihr als Grüne den Steigbügelhalter für die Abschaffung der Hacklerregelung macht. Ich glaube, ihr habt da eine sehr, sehr große Verantwortung. Natürlich musstet ihr euch schon bei den Verhandlungen – aber da bin ich gar nicht böse – ein bisschen elastisch zeigen, ein bisschen verbiegen, sonst würdet ihr heute nicht auf der Regierungsbank sitzen, aber ich bin felsenfest davon überzeugt und ich vertraue darauf, dass ihr das soziale Gewissen nicht an der Garde­robe abgegeben habt.

Darum eine wirkliche Bitte und ein Ersuchen an die Grünen: Macht bei der Ab­schaffung der Hacklerregelung nicht den Steigbügelhalter für die ÖVP, liebe Freundin­nen und Freunde! Bitte, lasst mir die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht im Stich! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haubner: Keine Sorge!)

13.40

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Kollege Loacker zu Wort gemeldet. – Sie kennen die Bestimmungen der Geschäftsord­nung dazu. Bitte, Herr Abgeordneter.