17.45

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Frau Präsidentin! Werte Mitglie­der der Bundesregierung! Hohes Haus! Ich möchte am Anfang auch dem Herrn Vize­kanzler und allen neuen Ministerinnen und Ministern der Bundesregierung ganz herz­lich zu ihrer Ernennung gratulieren. Ich freue mich schon sehr auf die Zusammenarbeit, und als Budget- und Finanzsprecherin möchte ich auch gleich auf den ersten Punkt ein­gehen.

Wir haben ja gestern im Budgetausschuss zumindest kurz das Budgetprovisorium be­sprochen; das ist eben die Weiterführung des Bundesfinanzgesetzes 2019, bis wir dann im April dieses Jahres in diesem Parlament ein neues Budget beschließen wer­den. Es ist mir wichtig, dazu zu sagen, dass das Budget eben vom Parlament be­schlossen wird und nicht von der Bundesregierung. Wir wissen natürlich, dass wir hier eine schwarz-grüne Mehrheit, eine türkis-grüne Mehrheit haben, aber ich hoffe doch, dass Sie den Parlamentarismus ernster nehmen als einige Ihrer Vorgängerregierungen.

Deswegen haben wir auch vorab ganz grundsätzliche Überlegungen zum Budget und auch zum Regierungsprogramm angestellt, und ich muss schon sagen, wenn man sich das jetzt aus der Budget- und der Finanzsicht durchliest, dann ist es einfach nicht der große Wurf geworden. Es gibt zwei große Themen, zwei strategische Ebenen, die aus meiner Sicht wirklich fehlen: Das sind auf der einen Ebene die fehlenden Strukturre­formen, es geht um die Pensionsreform, es geht um die Föderalismusreform, es geht auch um die Gesundheitsreform. Diese Dinge, die jetzt schon immens viel von unse­rem Budgettopf verbrauchen, werden in Zukunft immer teurer werden – und das nicht anzugehen ist einfach wieder eine verlorene Chance, und das schmerzt.

Was auf der anderen Seite fehlt – auch das ist heute schon ein paar Mal angesprochen worden –, das sind eben diese Gegenfinanzierungen. Viele Maßnahmen in diesem Programm sind natürlich sinnvoll, aber sie ohne Gegenfinanzierung darzustellen, das tut auch wieder aus der Sicht des Budget- und Finanzsprechers sehr weh. Wir finden es natürlich gut, dass ein ausgeglichener Haushalt angestrebt werden soll, aber – noch einmal – ohne Gegenfinanzierung wird es ganz schwierig.

Lassen Sie mich zwei, drei Beispiele dazu bringen! Es werden hier ganz konkret Aus­gaben für die Nahverkehrsmilliarde geplant, bundesweites Öffiticket, die Senkung der KÖSt. Noch einmal: Das sind Maßnahmen, die wir natürlich auch unterstützen, aber das muss gegenfinanziert werden. Es hier einfach nicht auszuschildern ist nicht redlich.

Was in diesem Zusammenhang auch fehlt und was die Unternehmerinnen und Unter­nehmer in diesem Land schmerzt, ist, dass man sich nicht über die Lohnnebenkosten unterhalten hat. Die Lohnnebenkosten zu senken ist schon immer eines der ganz wich­tigen und zentralen Versprechen der ÖVP gewesen, auch in diesem Wahlkampf, und es ist auch in diesem Programm wieder nichts davon zu finden.

Die nächste Geschichte ist die Tarifreform bei der Einkommensteuer. Es gibt hier die vorgesehenen Senkungen und die werden jetzt wieder als ein großer Akt und als große Hilfe zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land verkauft. Das, was Sie hier zurückgeben, haben sich die Bürgerinnen und Bürger selbst erarbeitet, und das schon seit vielen, vielen Jahren. Sie geben hier huldvoll zurück, aber wir alle wissen, worum es da geht: um die Abschaffung der kalten Progression. Sie geben den Men­schen Geld zurück, das ihnen zusteht, das sie sich selbst erwirtschaftet und erarbeitet haben. Das ist einfach keine nachhaltige Entlastung für die Menschen in diesem Land. Wenn Sie wirklich eine nachhaltige Entlastung für die Menschen planen wollen, dann müssen Sie endlich die kalte Progression abschaffen. Wir wissen auch, dass das, was in diesem Programm drinnen steht, nicht ausreichen wird. Es ist, glaube ich, eine Analyse über die Abschaffung der kalten Progression angedacht. Ich wüsste jedoch nicht, was es da noch zu analysieren gibt, wir besprechen dieses Thema, seit ich in diesem Hohen Haus bin, es wurde aber auch schon vorher besprochen, ich denke, es wäre an der Zeit, es einfach zu tun. (Beifall bei den NEOS.)

Ein letzter Punkt ist mir auch noch ganz wichtig: die ökologische Steuerreform. Diese ist jetzt für 2022 geplant, und das ist aus meiner Sicht eine vertane Chance. Ich glaube, dass Sie als grüne Fraktion genügend Wissen, genügend Expertise und jetzt auch noch mit all den Ministerien im Hintergrund genügend Ressourcen zur Verfügung haben, sodass es nicht zwei Jahre dauern kann, ein Konzept zu erstellen, das dann auch umgesetzt werden kann.

Ich glaube, Sie alle wissen es: Wir NEOS haben im Sommer ein Konzept für eine öko­logische Steuerreform präsentiert. (Zwischenruf der Abg. Maurer.) Wir haben es durch­rechnen lassen, es geht sich gut aus, es wurde international von Experten anerkannt, es haben sich viele, viele sehr kluge Menschen damit auseinandergesetzt – und dann erzählen Sie uns hier, Sie brauchen zwei Jahre, um etwas auf den Weg zu bringen.

Ganz im Ernst, liebe Grüne: Das ist eine Verzögerungstaktik, Sie halten uns hin. (Abg. Maurer: Nein, das ist seriöse Politik!) Wir glauben jedenfalls nicht, dass Sie so lange brauchen können. Ich glaube, es gibt ganz andere Gründe dafür, dass das nicht eher angegangen wird, und ich finde es durchaus auch gefährlich, dass man da so lange zuwartet. Ich glaube nicht, dass Sie sich damit etwas Gutes tun. (Abg. Maurer: Das tritt übrigens 2022 in Kraft!)

Dann noch ganz kurz zum Ministeriengesetz: Es ist natürlich so: Wie sich Grün und Türkis die Ressorts aufteilen, ist natürlich in erster Linie eine Sache von deren Abma­chung; das ist ganz klar. Ein paar Ideen sind jedoch schon ein wenig absurd, und das ist durchaus auch schade. Schade finden wir nach wie vor, dass der Verfassungsdienst sowie die Grund- und Freiheitsrechte vom Justizministerium ins Bundeskanzleramt wandern. (Abg. Maurer: Herr Jabloner sagt selber ...!)

In den vergangenen Tagen haben Sie immer wieder gesagt – auch Sie, Frau Kollegin Maurer –, dass Alma Zadić die Einhaltung unserer Verfassung überwachen wird. Mein Kollege Niki Scherak hat ganz richtig gesagt, sie hat die Kompetenzen ins Bundes­kanzleramt abgegeben. Und damit können wir nur darauf hoffen und natürlich auch damit rechnen, dass der Herr Bundespräsident und natürlich auch der Verfassungsge­richtshof dies wieder in ihrer Verantwortung haben werden, und die werden das auch sicher gut machen.

Was aus unserer Sicht regelrecht absurd ist, ist, dass die Post- und Telekomagenden ins Landwirtschaftsministerium wandern. Das bedeutet natürlich nichts anderes als mehr Macht und Einfluss der ÖVP. Natürlich würde das ins Infrastrukturministerium ge­hören, aber ja, gut, das war halt auf diesem Gebiet die Entscheidung. Vom Zivildienst, der auch ins Landwirtschaftsministerium wandert, möchte ich gar nicht erst reden. Da haben sich auch schon gestern im Budgetausschuss die Kollegen von der ÖVP richtig schwergetan, zu erklären, warum das sinnvoll ist. Sie sind aus meiner Sicht auch treff­lich an diesen Erklärungen gescheitert. (Abg. Michael Hammer: Stimmt nicht!)

Und zuletzt: Völlig unerklärlich ist für uns, dass Sie die unter Türkis-Blau eingeführten Generalsekretäre wieder einführen; die Übergangsregierung hat diese völlig unnötigen, ohne öffentliche Ausschreibung einsetzbaren, weisungsbefugten Supervorgesetzten ganz zu Recht abgeschafft. Es gibt keine vernünftige Erklärung dafür, warum es diese wieder geben soll. Die BVT-Affäre hat gezeigt, wie gefährlich das sein kann. Das hät­ten wir von den Grünen einfach nicht erwartet.

Wir bringen daher einen Abänderungsantrag ein, um zu verhindern, dass diese Ge­neralsekretäre wieder mit dieser Machtausstattung installiert werden. Ich verlese die­sen jetzt abschließend:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem eingangs bezeichneten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

Nach der Ziffer 3 wird folgende Ziffer 3a eingefügt:

„3a. In § 7 Abs. 11 entfällt der zweite Satz.“

*****

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den NEOS.)

17.53

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 111/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Dr. Alma Zadić, LLM, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 geändert wird (24 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem eingangs bezeichneten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

Nach der Ziffer 3 wird folgende Ziffer 3a eingefügt:

„3a. In § 7 Abs. 11 entfällt der zweite Satz.“

Begründung

Abschaffung der Generalsekretär_innen türkis-blauen Zuschnitts in den Ministerien

Im Zuge der Bundesministeriengesetz-Novelle 2017 wurde eine neue und übermäch­tige Verwaltungsebene zwischen Minister_innen und Sektionsleiter_innen eingezogen. Bis zu diesem Zeitpunkt konnten zwar Generalsekretär_innen bestellt werden, diese waren jedoch rein koordinierend tätig und verfügten über keinerlei Weisungsrecht oder formelle Vorgesetztenfunktion innerhalb der betreffenden Bundesministerien.

§ 7 Abs 11 BMG lautet seit der Novelle 2017 wie folgt: „Der Bundesminister kann unbe­schadet seiner bundesverfassungsrechtlich geregelten Verantwortlichkeit und unbe­schadet der ihm bundesverfassungsgesetzlich vorbehaltenen Geschäfte mit der zu­sammenfassenden Behandlung aller zum Wirkungsbereich des Bundesministeriums gehörenden Geschäfte einen Generalsekretär betrauen. Der Generalsekretär ist unbe­schadet seiner allfälligen sonstigen Funktionen der unmittelbare Vorgesetzte aller Sek­tionsleiter im Bundesministerium sowie Vorgesetzter aller dem Bundesministerium nach­geordneter Dienststellen.“

Die Skandale rund um die BVT Hausdurchsuchung zeigten, wie problematisch die um­fassende Macht, Weisungsbefugnis und Vorgesetztenfunktion sein können, die mit dem Amt des/der Generalsekretärs/Generalsekretärin einhergehen. Diese mit der BMG-Novelle 2017 geschaffene Position steht in einem extremen Spannungsverhältnis zur Ministerverantwortlichkeit. Dazu kommt, dass die Ämter der Generalsekretär_innen nicht ausgeschrieben werden müssen und für die Bestellung keine Qualifikationsanfor­derungen vorgesehen sind. Außerdem verursacht diese neue Zwischenebene erheb­liche Mehrkosten, weil die Generalsekretär_innen wieder eigene Generalsekretariate aufbauen.

Aufgrund der herausragenden Alleinstellung dieses Amtes und der damit einhergehen­den Missbrauchsanfälligkeit wird vorgeschlagen, in Bezug auf die Ausgestaltung dieser Position wieder jenen Rechtszustand herzustellen, wie er vor der BMG-Novelle 2017 herrschte. Im Sinne des klaren monokratischen Aufbaus der Bundesministerien sowie der generellen Ministerverantwortlichkeit gegenüber dem Parlament ist die Rücknahme der entsprechenden Bestimmungen notwendig. Den Generalsekretär_innen soll aus­drücklich kein Weisungsrecht und keine Vorgesetztenfunktion mehr zukommen. Die Generalsekretär_innen sollen nunmehr wieder ausschließlich koordinierende Aufgaben wahrnehmen dürfen.

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Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gabriel Obernosterer. – Bitte.