10.43

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Herren Minister! Liebe KollegInnen! Liebe Schüler und Schülerinnen auf der Ga­lerie! Liebe Menschen vor den Empfangsgeräten! Im Staatsgrundgesetz – Bundesmi­nister Faßmann hat das schon angesprochen – über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger von 1867 lesen wir in Artikel 17: „Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei.“ – Im Übrigen ist die Kunstfreiheit erst viel später dazugekommen.

Das Staatsgrundgesetz ist eine Folge der Revolution von 1848. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Die Studenten und nicht nur diese verlangten Pressefreiheit, eine Re­form des höheren Unterrichts mit Lehr- und Lernfreiheit und gleiche staatsbürgerliche Rechte für Angehörige aller Konfessionen. (Abg. Hafenecker: Da waren aber nicht die Grünen ...!) Revolutionen sind wohl nicht gewaltfrei, wie alle wissen. Sie, meine Damen und Herren von der FPÖ, sehen in dieser Revolution Ihren Ursprung (Abg. Meinl-Rei­singer – die Hand hebend –: Wir auch!), aber mit der Idee dieser Revolution haben Sie nichts mehr gemein, gar nichts mehr. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Baumgartner und Laimer.  Zwischenrufe bei der FPÖ.) Keine Freiheit, keine Gleich­heit, kein Liberalismus – das ist alles nicht mehr Ihres, was 1848 gefordert wurde.

Es wurde im Staatsgrundgesetz nicht nur die Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre normiert, es regelte auch die vollständige Gleichstellung und Emanzipation der Juden sowie die Gleichberechtigung der Nationalitäten – auch etwas, was die Damen und Herren der FPÖ mit ihrem ausländerfeindlichen Gerede bis heute nicht akzeptieren wollen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kickl: Ungeheuerlich! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Wenn es hier um die Proteste gegen einen Universitätslehrer geht, kann ich nur sagen: Wer wie er das NS-Verbotsgesetz 1947 im Rahmen des Präsidentschaftswahlkampfs von Frau Rosenkranz, Ihrer Nominierten, als Gesinnungsbestrafung bezeichnet, ak­zeptiert damit, dass die NSDAP wieder gegründet werden könnte. Wenn jemand in den rechtsextremen Medien „Zur Zeit“ und „Aula“ publiziert (Abg. Amesbauer: So ein Schmarrn!), wenn jemand in einer Festschrift des in zahlreichen Ländern verurteilten Holocaustleugners David Irving schreibt (weiterer Zwischenruf bei der FPÖ), wenn je­mand mit rechtsextremen Codes so spielt, dass er immer ganz knapp an der Grenze zum Verbotsgesetz vorbeischrammt – ich habe nur 5 Minuten, ich könnte jetzt noch Unzähliges aufzählen (Abg. Belakowitsch: Sagen Sie einmal was zur Universität!) –, dann kann ich, wenn dann eine universitäre Lehrveranstaltung, auch von jüdischen Hochschülerinnen und -schülern, gestört wird, nur sagen: leider fast zu spät, das hätte man alles schon viel früher machen müssen. (Beifall bei den Grünen sowie der Abge­ordneten Gabriela Schwarz und Niss. – Abg. Kickl: Ach so!)

Das Thema Höbelt an der Universität Wien hat sich Gott und Göttin sei Dank aber bald erledigt. Er geht in Pension, seine Nachfolge ist geregelt, und ich hoffe damit auch die Frage seiner Art der Darstellung und seine ideologisch rechtsextreme Position außer­halb des Hörsaals – das sage ich gerne dazu. (Abg. Amesbauer: Das ist eine Frech­heit! Eine Frechheit ist das!)

Es sind Ihre Ballbesucher, die am Freitag alles lahmlegen werden (Ruf bei der FPÖ: Was?!), die rechtsextremen Identitären, die den Unfrieden und die Gewalt bringen. (Abg. Kickl: Das ist unglaublich! – Ruf bei der FPÖ: Das ist ein Skandal! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Sie bringen die Identitären, den Unfrieden und die Gewalt. Sie boxen Rektoren nieder, wie meinen Kollegen Oliver Vitouch, und werden dafür strafrechtlich verurteilt. (Beifall bei den Grü­nen sowie des Abg. Laimer. – Abg. Amesbauer: Unerhört! – Ruf bei der FPÖ: Schan­de!)

Es sind nicht Ihre vielzitierten Linksextremen, es sind Ihre Parteigänger und nicht die Linken. Ihre Nationalratsabgeordneten wie der Abgeordnete - - (Anhaltende Zwischen­rufe bei der FPÖ.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich würde Sie bitten, die Rednerin ausreden zu lassen! (Neuerliche Zwischenrufe bei der FPÖ.) Sie können sich zu Wort melden! (Zwi­schenruf des Abg. Rauch.) Das entspricht keineswegs der Haltung des Hohen Hau­ses. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker. – Weiterer Ruf bei der FPÖ: Ja, das ist Ihr ...!)

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (fortsetzend): Ihre Nationalratsabgeordneten wie Roman Haider üben Druck auf Schuldirektoren aus, dass Vorträge über Rechtsextre­mismus unterbrochen werden müssen, nicht mehr abgehalten werden können. Der Kollege, der das macht, wird von Ihren Parteigängern überall denunziert und falsch be­schuldigt und kann seither kaum mehr Vorträge an Schulen, vor allen Dingen dort, wo Sie Ihren Einfluss geltend machen, halten. Das widerspricht allen Prinzipien, die 1848 – Freiheit, Gleichheit, Redefreiheit und Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre, in dem Fall in der Schule – propagiert wurden. (Beifall bei den Grünen und bei Ab­geordneten der SPÖ. – Abg. Hafenecker: Jetzt wissen wir, wer in Österreich Rektor werden kann! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Lassen Sie mich zum Schluss kommen! Bei allen Vorbehalten und aller Kritik – und ich bin für eine absolute Trennung von Kirche und Staat, aber dennoch –: Lieber Kopftuch, Kippa und Kreuz als Ihre Kappln von den schlagenden Verbindungen, die gehören ver­boten! (Anhaltender Beifall und Jubelrufe bei den Grünen sowie Beifall bei Abgeordne­ten der SPÖ. – Abg. Kickl: Na servas! – Rufe bei der FPÖ: Frechheit! Unglaublich!)

10.48

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Klubobfrau Meinl-Reisin­ger. – Bitte.