10.54

Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP): Es gab ja, wenn man den Reigen an Presse­aussendungen und Statements im Vorfeld verfolgt hat, irgendwie immer die Unterstel­lung, es fehle an klaren Bekenntnissen. Ich glaube, es gibt von unserer Seite genug klare Bekenntnisse. Das erste ist, dass wir sagen: „Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei.“ – Das steht im Staatsgrundgesetz. Dazu stehen wir und bekennen wir uns vollum­fänglich – der Minister, wir, die gesamte Volkspartei. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kickl: Dann setzen Sie es um! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Die logische Konsequenz daraus, dass wir das vollumfänglich unterstützen, ist auch, dass die Lehre von Herrn Professor Höbelt frei ist. Das ist vollkommen selbstverständ­lich. Das muss die logische Konsequenz sein. (Abg. Kickl: Je nachdem, wie sich die linke Horde ...!) Der Umkehrschluss ist natürlich nicht, dass wir jede These von ihm un­terstützen, jede Aussage und jede Publikation gut finden. (Zwischenruf der Abgeordne­ten Belakowitsch.) Freiheit ist halt immer auch mit Verantwortung verbunden (Zwi­schenrufe des Abg. Kickl), und das ist nicht immer angenehm, lustig oder etwas, über das man nicht reden muss – deswegen tun wir das auch heute.

Es geht im Kern um Meinungsfreiheit. Die Grenze von Meinungsfreiheit ist nicht ein Parteiprogramm, nicht die eigene Meinung, sondern es gibt rechtliche Grenzen und moralische Grenzen, die wir setzen müssen, aber keine ideologischen, weil jemandem etwas nicht passt.

Da kommen wir auch zur politischen Verantwortung. Spinnen wir das einmal weiter, wenn die Ideologie oder die eigene Meinung zur Grenze der Meinungsfreiheit wird! Möchten Sie einen Minister haben, der sagt: Der Professor passt mir nicht, der ent­spricht nicht meiner Ideologie, deswegen regiere ich in die Universität hinein und ver­biete dem, dass er unterrichtet!? Wollen wir in so einem Staat leben? – Ich glaube nicht. Ich habe vollstes Vertrauen – er hat es heute auch gesagt (Zwischenrufe der Ab­geordneten Amesbauer und Hafenecker) –, dass Herr Faßmann das sehr wohl auch so sieht (Abg. Kickl: Bei der Ombudsfrau hat er das so gemacht!), weswegen er na­türlich in dieser Frage unser größtes Vertrauen genießt. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Stögmüller.)

Meinungsfreiheit heißt aber – das sage ich auch Richtung ÖH –, dass man diesen Diskurs an Universitäten zulässt. Ich habe manchmal das Gefühl, dass da zwischen laut, unfreundlich und kämpferisch nicht unterschieden werden kann. Beim Fall Alice Schwarzer hat zum Beispiel die ÖH-Vorsitzende gesagt, ihr Verständnis von Mei­nungsfreiheit ist, dass sie dort hingeht, herumschreit und diese Vorlesung stört. Das ist nicht Meinungsfreiheit. Meinungsfreiheit heißt, dass man auch der anderen Meinung zuhören kann, ob das nun schön ist oder nicht, ob das links, rechts oder wie auch im­mer geartet ist, das ist vollkommen egal, denn es geht um viel mehr. (Beifall bei Abge­ordneten von ÖVP und FPÖ.)

Da bin ich bei Frau Meinl-Reisinger. Man muss da einfach ganz klar sagen: Wenn wir in einer offenen Gesellschaft leben wollen, wenn uns diese Werte wichtig sind, dann müssen wir uns einfach auch mit dem auseinandersetzen, auch wenn es nicht ange­nehm ist. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Amesbauer.)

Um die Frage der politischen Verantwortung noch zu konkretisieren: Abgesehen da­von, Herr Kickl, dass der ÖH-Beitrag nicht 200 oder 500 Euro beträgt, sondern tat­sächlich 20,20 Euro, glaube ich – ein großer Unterschied (Abg. Leichtfried: Der war halt schon länger nicht mehr auf der Uni!) –, sind noch ein paar Unfeinheiten bei Ihrer Analyse festzustellen, und zwar: Es gibt gar nicht das Recht beziehungsweise ist es nicht vorgesehen, dass ein Minister Entscheidungen über solche Sachen einer Univer­sität trifft. (Zwischenruf des Abg. Kickl.) Es geht darum, dass die Uni autonom ist. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Herr Kollege Taschner hat dafür auch ein Beispiel genannt. An der TU gab es ähnliche Vorkommnisse, wobei Räumlichkeiten besetzt wurden und der Unterricht gestört wur­de. Da hat Rektorin Seidler sehr gut reagiert und diese Situation auch geklärt. An die­ser Stelle ist auch die politische Verantwortung zu suchen, wenn es um den Fall Höbelt geht. (Beifall bei der ÖVP.) Rektor Engl, der Senat und die Führung der Universität müssen da reagieren. Das sollten sie meiner Meinung nach auch tun.

Was Kollegin Maurer betrifft, möchte ich auch noch ein Wort sagen. Ich glaube, mit einer Partei wie der Ihren, Herr Kickl, in der es diverse Jugendsünden gibt, die auch nicht unbedingt so angenehm sind, sollten Sie vorsichtig sein, wenn Sie hier stehen und darüber reden, dass jemand in seiner Jugend irgendwo ein paar Zettel herunterge­schmissen hat. Ich glaube, man sollte auch aufpassen, in welcher Art und Weise wir hier werten. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei FPÖ und Grünen. – Abg. Kickl: Das ist auch eine seltsame Interpretation der Meinungsfreiheit!)

Ich glaube, dass wir in dieser ganzen Debatte (Zwischenruf des Abg. Hafenecker– ich möchte auf diesen Punkt noch einmal zu sprechen kommen – nicht vergessen dür­fen, was Meinungsfreiheit in einer Demokratie bedeutet, was es in einer Schule bedeu­tet, was es in einer Universität bedeutet, nämlich alles. Unsere offene Gesellschaft funktioniert nur unter der Grundannahme, dass wir Institutionen vertrauen und dass wir ordentlich miteinander umgehen. Ich glaube, das sollten wir überall tun, im Hohen Haus und sonst überall. Es sollten nicht Parteien entscheiden (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hafenecker), welche Debatten in diesem Land geführt werden dürfen oder nicht. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

10.59

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Mag. Kuntzl. – Bitte.