12.07

Mitglied des Europäischen Parlaments Dr. Angelika Winzig (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! „Protecting the European way of life“ ist das neue Motto, das Arbeitsmotto der Europäischen Kommission, und dazu zählt natürlich auch, dass wir faire Wettbewerbsbedingungen für alle europäischen Un­ternehmen vorfinden.

Ich bin auch froh, dass dieses Thema heute gewählt wurde, denn es kann nicht sein, dass wir KMUs mit 25 Prozent Körperschaftsteuer – es werden ja hoffentlich bald 21 Prozent sein – belasten, während internationale Onlinekonzerne ihre Gewinne in Niedrigsteuerländern bis maximal 9 Prozent versteuern können.

Auch dank unserer Ratspräsidentschaft ist in dieses Thema überhaupt – zunächst auf österreichischer Ebene mit der Digitalsteuer, aber auch auf europäischer Ebene und auf OECD-Ebene – Bewegung gekommen. Auf Letzterer sollte ja bis Ende 2020, also Ende dieses Jahres, eine Einigung erzielt werden, denn in Wahrheit macht nur eine in­ternationale Digitalsteuer Sinn. Alles andere würde den Binnenmarkt noch mehr frag­mentieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Es liegen viele Vorschläge auf dem Tisch: Die Digitalsteuer, eine digitale Betriebsstätte werden diskutiert, die einheitliche Bemessungsgrundlage der Gewinnsteuern, aber auch einheitliche Doppelbesteuerungsabkommen sind in Diskussion. Was mir vor al­lem wichtig ist – und das hat auch Herr Schellhorn, glaube ich, schon angeschnitten –, das ist, dass bei der Umsetzung keine neuen Bürokratiemonster geschaffen werden.

Zurzeit stehen zwei Säulen im Mittelpunkt, einerseits die Zuordnung der Gewinne und andererseits die Mindestbesteuerung. Grundsätzlich muss man einmal zwischen Um­satzbesteuerung und Gewinnbesteuerung unterscheiden, und ich bin auch froh, dass die Mehrwertsteuerrichtlinie umgesetzt wurde, dass jetzt ab dem ersten Cent die Ein­fuhrumsatzsteuer eingehoben wird und dass das auch in Österreich ab 1.1.2021 pas­siert.

Sie wissen ja, wir haben auf europäischer Ebene ein Mehrwertsteuerproblem, nämlich dass uns durch Betrug bis zu 137 Milliarden Mehrwertsteuer verloren gehen, und die­ses Geld könnten wir sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene sehr gut gebrauchen.

Wer wird das bezahlen? Herr Kollege Krainer hat das schon in einer Presseaussen­dung dokumentiert: Natürlich wird die Digitalsteuer der Konsument bezahlen. Auch wenn ich kein großer Fan von Steuererhöhungen oder neuen Steuern bin, halte ich es für wichtig im Sinne der Gerechtigkeit für unsere Unternehmerinnen und Unternehmer und auch für unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wir werden uns dann auch die Preiselastizität der Nachfrage – ob sie hoch oder niedrig ist und ob die BürgerInnen wieder mehr zur Regionalität zurückgehen – anschauen.

Ich glaube, dass man das Rad nicht mehr zurückdrehen kann, weil der Internetkauf doch sehr viel Nutzen für unsere Bürgerinnen und Bürger bringt. Stichwort Nutzen: Was Nutzen bringt, das bleibt bestehen, und darum müssen wir eben auch mit Verän­derungen rechnen. Das Aussterben der Ortskerne und die Abwanderung in die Städte mit all den bekannten Folgen bedeutet, dass wir zusätzliche Steuereinnahmen brau­chen, um den ländlichen Raum weiterhin zu beleben.

Daher darf ich an Sie appellieren, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, dass wir uns gemeinsam für Steuergerechtigkeit für unsere europäischen Betriebe einsetzen, wie es sowohl im Regierungsprogramm festgehalten ist, aber auch in der Agenda unserer Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Das sichert die internationale Wettbe­werbsfähigkeit von und somit auch die Beschäftigung in Europa. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.11

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist nun das Mitglied des Europäischen Parlaments Andreas Schieder. – Bitte.