14.38

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Dr. Hofer! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie! Wir dis­kutieren, wie schon mehrmals gesagt worden ist, den Bericht des Behindertenanwalts. Es sind sehr viele Punkte, die er dargestellt hat und bei denen es notwendig ist, dass sie endlich einer Umsetzung zugeführt werden.

Wir wissen, dass Menschen mit Behinderungen dreimal so häufig arbeitslos sind wie jene ohne Behinderung. Ich glaube, da ist es dringend notwendig, wirklich einmal ein Arbeitsprogramm einzuführen. Ich weiß, das ist jetzt eine schwierige Situation, in der wir sind, weil Sie, Herr Bundesminister, die Arbeitsagenden nicht mehr bei sich im Haus haben. Das heißt, es sind zukünftig zwei Ministerien, die das regeln sollen. Das macht wahrscheinlich die Umsetzung nicht besonders einfach.

Was es weiters braucht, ist eine verstärkte Partizipation von Menschen mit Behinde­rungen an unserer allgemeinen Gesellschaft. Da muss, glaube ich, jeder Einzelne an sich selbst arbeiten, weil die Ausgrenzung oftmals bereits im Kindesalter beginnt. Oft­mals werden Kinder mit Behinderungen gar nicht geboren. Das sind schon Dinge – da muss man wirklich ehrlich sein –, bei denen in der Gesellschaft endlich ein Umdenken einsetzen muss. Das müssen wir wirklich schaffen, denn ich glaube, dass wir uns zu einer Gesellschaft entwickeln, die nur noch den perfekten Menschen sucht. Das soll es nicht sein, das darf es nicht sein.

Wir wissen: Jeder oder jede Einzelne von uns kann morgen einen schweren Unfall ha­ben und ein Mann oder eine Frau mit Behinderung sein. Niemand ist davor gefeit, und daher braucht es dieses Bewusstsein.

Neben diesen Sensibilisierungsansätzen, die alle betreffen sollen, braucht es auch Ver­besserungen auf dem Arbeitsmarkt, auch im Ausbildungsbereich. Ich bin wirklich kein Gegner von Sonderschulen, aber man muss genau schauen, ob es wirklich bei allen Kindern, die wir jetzt in den sogenannten Sonderschulen unterrichten, notwendig ist, oder ob es nicht auch viele gibt, die man durchaus in das Regelsystem integrieren kann und auch soll. Da muss man also wirklich genau hinschauen.

Man muss aber auch den Sonderförderbedarf bei den Kleinsten ausbauen, man muss am Arbeitsmarkt schauen, es braucht gezielte Förderungen für Menschen mit Behin­derungen, es braucht Barrierefreiheit, und es braucht etwas, das wir seit vielen Jahren einfordern: Es braucht das Vorbild des Bundes. Wir wissen, die Barrierefreiheit ist im Bund jetzt schön langsam umgesetzt; während ja Private das schon vor vielen Jahren haben umsetzen müssen, hat sich der Bund da wirklich nicht unbedingt mit Ruhm be­kleckert und hat seine eigenen Fristen immer wieder verlängert. Gerade da braucht es aber das Vorbild der öffentlichen Hand, von Bund und Ländern, die hier wirklich auch aufgefordert werden sollten – und die sich auch selbst einmal an der Nase nehmen sollten –, für Menschen mit Behinderungen viel mehr zu machen.

Ein ganz großer Punkt ist – das wurde auch schon mehrmals gesagt – das Taschen­geld in den Tagesstruktureinrichtungen. Ich glaube, eine Gesellschaft und der Grad der Entwicklung einer Gesellschaft misst sich schon auch daran, wie man mit den Schwächsten in dieser Gesellschaft umgeht. Das sind Menschen mit Behinderungen, Menschen, die sich überhaupt nicht selbst helfen können, die in Tagesstrukturen um ein Taschengeld arbeiten müssen. Ich denke, das ist eine Schande für unsere Gesell­schaft und das kann sich Österreich leisten, das muss sich Österreich leisten! Ich hoffe sehr, dass es da jetzt wirklich schrittweise Verbesserungen gibt, bis hin zur kompletten sozialrechtlichen Absicherung dieses Personenkreises.

Ein weiteres Thema, auf das ich noch zu sprechen kommen möchte: Wir haben aus den Medien erfahren, dass das Rehabilitationszentrum Weißer Hof in Klosterneuburg, das jährlich über 1 600 Patienten behandelt, geschlossen werden soll. Es ist ein Reha­bilitationszentrum mit 200 Betten, in dem hochprofessionell in einer Zusammenarbeit von Spezialisten – Ärzten, Physiotherapeuten, Sportlehrern, Psychologen und Thera­peuten – gearbeitet wird, in dem Menschen nach Arbeitsunfällen, aber auch nach Frei­zeitunfällen – je nach Platzkapazität – behandelt werden. Dieses Rehabilitationszen­trum soll 2026 nach Wien Meidling verlegt werden.

Allein wenn man sich die Umgebung rund um den Weißen Hof anschaut: Da gibt es Natur, da gibt es auch die Möglichkeit für Patienten, für Menschen, die dort zur Rehabi­litation sind, nach der Therapie gemeinsam mit ihrer Familie in sogenannte Therapie­wohnungen zu ziehen, um sich auf ein neues Leben als Mensch mit Behinderung ein­stellen zu können. All das soll jetzt geschlossen werden.

Man fragt sich dann schon: Warum ist das denn so? Warum soll ausgerechnet ein The­rapiezentrum mit Lage in Klosterneuburg geschlossen werden? – Die Frage stellt sich vor allem in Richtung ÖVP: Soll das verkauft werden, damit die AUVA genug Geld für die Pflegeversicherung hat? (Abg. Vogl: ... Beitragssenkung! – Zwischenruf des Abg. Leichtfried.) Und wo sind die Investoren? – Also wir werden uns ganz genau an­schauen, was Sie jetzt in diesem Bereich wirklich tun werden, denn ich denke, es ist eine Schande, wenn da wieder öffentliches Eigentum – in diesem Fall Eigentum der AUVA – an irgendwelche Investoren verscherbelt wird. Wir wissen, Grund und Boden in Klosterneuburg ist nicht nur extrem begehrt, sondern auch extrem hochpreisig. Wir wollen aber, dass es für die Patienten erhalten bleibt, daher stelle ich folgenden An­trag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhaltung des Weißen Hof/Klosterneuburg(NÖ) als Reha-Zentrum der AUVA“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der zuständige Bundesminister für Arbeit, So­ziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird ersucht, alle notwendigen Maßnah­men zu setzen, damit der Weiße Hof als Rehabilitationszentrum an seinem Standort Klosterneuburg erhalten bleibt.“

*****

Ich möchte ganz ehrlich all jenen, die dort arbeiten, auch dafür danken, dass sie unse­ren Nationalratspräsidenten Norbert Hofer wiederhergestellt haben, dass er heute so mobil ist, wie er es ist. Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Sieber.)

14.43

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Dr. Dagmar Belakowitsch, Mag. Gerhard Kaniak

und weiterer Abgeordneter

betreffend Erhaltung des Weißen Hof/Klosterneuburg(NÖ) als Reha-Zentrum der AUVA

eingebracht im Zuge der Debatte in der Sitzung des Nationalrates am Mittwoch, den 22. Jänner 2020 zu Top 3.) Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Bericht des Anwalts für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderung über die Tätigkeit im Jahr 2018, vorgelegt von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Ge­sundheit und Konsumentenschutz (III-69/26 d.B.)

Eine entsprechende Rehabilitation ist für jene Gruppe von Betroffenen, die durch einen Unfall oder eine Krankheit eine vorübergehende oder dauerhafte Beeinträchtigung (Be­hinderung) ihrer physischen oder psychischen Konstitution erleiden, die zentrale Maß­nahmen um eine möglichst umfassende Teilhabe am sozialen und beruflichen Leben zu erhalten bzw. wiederzuerlangen.

Behindertenanwalt Dr. Hansjörg Hofer listet in seinen Anregungen in seinem Bericht eine ganze Reihe von Maßnahmen zur Eingliederung bzw. Wiedereingliederung von Personen mit vorübergehenden oder dauerhaften Beeinträchtigungen(Behinderungen), d.h. Menschen mit besonderen Bedürfnissen auf, deren Voraussetzung eine entspre­chende medizinische Rehabilitation ist, wie sie im Rehabilitationszentrum Weißer Hof in ausgezeichneter Art und Weise angeboten werden.

Das Rehabilitationszentrum (RZ) Weißer Hof verfügt über 200 Betten und ist die füh­rende Einrichtung dieser Art in Österreich. Jährlich werden rund 1.600 Patientinnen und Patienten stationär aufgenommen. Es gibt keine ambulanten Behandlungen. Das Zentrum verfügt über hochprofessionelle Ärzte, Physiotherapeuten, Psychotherapeu­ten, Sportlehrer, Pflegeassistenten, Pflegefachassistenten, sowie Fachleute zur Her­stellung und Wartung von Prothesen und anderen Gesundheitsbehelfen. Das RZ ver­fügt über Übungswohnungen, die den Patienten und ihren Familien helfen, sich auf die neue Lebenssituation einzustellen. Die Patienten müssen oft monatelang im Bett lie­gen. Wenn sie dann wieder mobil sind und das Zimmer verlassen können, hilft die Na­tur in Klosterneuburg, um die weiteren Schritte zurück ins Leben zu machen.

Vorrangig werden Arbeitsunfallversehrte betreut. Je nach freien Kapazitäten auch Ver­letzte nach anderen Unfällen.

Das RZ ist eine Einrichtung der Allgemeinen Unfallversicherung (AUVA). Es ist nicht auf Gewinn ausgerichtet, sondern auf die bestmögliche Wiedereingliederung von Un­fallopfern in ihr gewohntes Leben.

Therapien

Im Rehabilitationszentrum werden über hundert (!) verschiedene Therapien angeboten. Noch am Tag Ihrer Aufnahme werden Sie untersucht. Danach wird für Sie ein spe­zielles Therapieprogramm zusammengestellt. Die Therapien werden Montag bis Sams­tag durchgeführt.

Die Therapien umfassen:

• Physiotherapie • Elektrotherapie • Balneotherapie • Ergotherapie • Arbeit in Therapie­werkstätten (Holz, Metall, Keramik, Technik, Garten) • Aquatherapie • Psychologische Beratung • Logopädie • Maltherapie • Musiktherapie

Soziale Unfallversicherung in Österreich

Die AUVA führt die soziale Unfallversicherung für 3,4 Millionen Erwerbstätige und rund 1,4 Millionen Schüler, Studierende und Kindergartenkinder durch.

Zu den gesetzlichen Aufgaben der AUVA gehören vor allem: ■ die Verhütung von Ar­beitsunfällen und Berufskrankheiten ■ die Vorsorge für Erste Hilfe ■ die Heilbehand­lung von Arbeitsunfallopfern ■ die Rehabilitation von Arbeitsunfallopfern ■ die finan­zielle Entschädigung von Arbeitsunfallopfern oder ihren Angehörigen ■ die Forschung nach den wirksamsten Methoden zur Erfüllung dieser Aufgaben.

Jetzt gibt es Pläne, das Rehabilitationszentrum Weißer Hof der Allgemeinen Unfallver­sicherungsanstalt (AUVA) nur noch bis 2026 in Klosterneuburg weiter zu betreiben. Dann soll der Standort danach in das UKH Wien-Meidling übersiedeln, wo die Pa­tienten diese intakte Natur vergeblich suchen und stattdessen nur auf Wohn- und Bü­robunker blicken. Dazu kommt, dass erst vor wenigen Monaten die Übersiedlung des Umweltbundesamtes von Wien nach Klosterneuburg beschlossen wurde – unter ande­rem mit der Begründung, den ländlichen Raum zu stärken. Nun soll Klosterneuburg ei­ne wichtige Einrichtung an die Bundeshauptstadt verlieren. Dies steht im krassen Ge­gensatz zur Stärkung des ländlichen Raums.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der zuständige Bundesminister für Arbeit, So­ziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird ersucht, alle notwendigen Maßnah­men zu setzen, damit der Weiße Hof als Rehabilitationszentrum an seinem Standort Klosterneuburg erhalten bleibt.“

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Herzlichen Dank.

Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun unsere Kollegin Kira Grünberg. – Bitte, Frau Abgeordnete.