18.20
Abgeordnete Mag. Faika El-Nagashi (Grüne): Parteipolitik ist es, Autorinnen mit Wissenschaftlerinnen, Anekdoten mit Wissenschaft zu verwechseln und nur diejenigen zu erzählen, die einem genehm sind. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Salzmann.)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte ZuseherInnen! Bildungspolitik ist Integrationspolitik. Das ist keine Zukunftsvision, das ist keine Forderung, das ist eine Realität. Schülerinnen und Schüler mit Migrationsbiografie, mit unterschiedlicher Herkunft, unterschiedlicher Hautfarbe, Religionszugehörigkeit, sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität sind eine Realität und keine Anomalie. Sie sind keine Anomalie in einem Bildungssystem, das entsprechend ausgestattet sein muss und das fähig sein muss, in dieser Diversität die Potenziale zu sehen und zu fördern, Schwächen abzuschwächen, zu unterstützen, die Stärken zu stärken.
Diese Diversität, die im Klassenzimmer existiert, muss ihre Entsprechung im Lehrerinnen- und Lehrerzimmer finden, sie muss im System eine Entsprechung finden. Eine Aufgabe ist es natürlich, diese Diversität bei den jungen Menschen so zu unterstützen, dass sie an eine Welt herangeführt werden können, die genauso divers, genauso komplex, genauso global ist wie die Realität und die Realitäten, die sie erleben. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)
Bildungspolitik ist Integrationspolitik, und Bildungseinrichtungen sind politische Orte – das ist klar. Sie sind politische Orte, und deswegen ist es umso heikler und umso sensibler, wenn sie parteipolitisch instrumentalisiert werden. Das darf nicht passieren. Das darf im System nicht passieren, aber das darf auch mit dem Thema Bildung nicht passieren. Bildungseinrichtungen sind politische Orte, und deswegen müssen selbstverständlich politische Themen dort Platz finden, und das tun sie auch. Dabei geht es um Gleichstellung, um Gleichberechtigung, um Demokratie, um Mitsprache, um Menschenrechte, um Frauenrechte, um Konfliktlösung. All das muss dort Platz finden können, und dabei sind die Schülerinnen und Schüler nicht das Problem, sie sind auch nicht passiv und sie sind auch nicht defizitär. Sie haben die Potenziale, die zur Entfaltung kommen können müssen.
Es gibt Zugänge, die sehr wohl anerkennen, dass eine Zusammenarbeit mit allen Partnern und Partnerinnen im Bildungssystem auch im System eine Veränderung bringen kann. Ich möchte kurz zwei dieser Zugänge erwähnen, weil ich glaube, dass sie beispielhaft sind.
Der eine ist das Programm Respekt gemeinsam stärker, das vor Kurzem in Wien an einigen Pilotschulen gestartet worden ist und das sich der Schule wirklich unter Einbeziehung aller Partnerinnen und Partner nähert. Das heißt, es braucht die Mitarbeit der DirektorInnen, es braucht die Mitarbeit und Zusammenarbeit mit den Lehrerinnen und Lehrern, mit den SchülerInnen und auch mit den Eltern. Ziel und Perspektive sind, in der Schule wirklich eine Respektkultur zu verankern.
Das heißt, es braucht eine langfristige Begleitung und es braucht eine Auseinandersetzung mit dem, was in der Schule stattfindet, eine Auseinandersetzung auch mit den Herausforderungen. Das bedeutet eine Auseinandersetzung mit Gewalt, mit Konflikten, mit Mobbing, mit Diskriminierung, mit Hass im Netz, mit all dem, was sich als Spiegelbild der Gesellschaft auch in den Schulklassen und auch im Bildungsbereich wiederfindet. Das bedeutet, aktiv gruppenbezogene Abwertungen anzugehen, die selbstverständlich auch in den Schulen stattfinden. Das bedeutet, Themen wie Sexismus, Rassismus, Diskriminierung, Antisemitismus, Nationalismus, Homo-, Bi- und Transphobie aktiv anzugehen und die Schülerinnen und Schüler, aber auch die LehrerInnen und die Eltern zu ermächtigen, demgegenüber aktiv zu werden und sich zu behaupten. Darin sind alle Beteiligten potenzielle PartnerInnen.
Das zweite Projekt, das ich kurz erwähnen möchte, ist der mehrsprachige Redewettbewerb Sag’s Multi!, der vom Verein Wirtschaft für Integration seit mehreren Jahren durchgeführt wird. Das ist ein Redewettbewerb, der nicht nur deswegen so beeindruckend ist, weil die Schülerinnen und Schüler, die daran teilnehmen, in mehreren Sprachen – in ihrer Erstsprache, in ihrer Zweitsprache, in der Familiensprache, in der erlernten Sprache und auf Deutsch – reden und sehr beeindruckend überlegen, wo sie in der Welt stehen und wie sich ihre Rolle in der Welt und in der Gesellschaft ausgestalten kann, sondern weil sie sich auch wirklich kritische und politische Fragen stellen. Das Thema des diesjährigen Wettbewerbs ist – und ich möchte es allen hier ans Herz legen, einer der Rederunden oder vielleicht der Abschlussrunde im Mai beizuwohnen –: Wer bin ich, wenn ich niemand sein muss?
Diese Möglichkeiten, diese Chancen und Potenziale in den Schülerinnen und Schülern, in den jungen Menschen zu sehen, die auch die Zukunft dieses Landes darstellen und nicht nur auf dieses Land begrenzt sind, sondern wirklich global denken und globale Realitäten erleben und abbilden, das ist unsere Verantwortung. Wenn wir eine respektvolle Schulkultur möchten, dann brauchen wir eine respektvolle politische Kultur. Ich hoffe, dass wir über Parteigrenzen hinweg in diesem Sinne zusammenarbeiten können. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und NEOS.)
18.26
Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Yannick Shetty. – Bitte.