19.12

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Die Debatte hat gezeigt, wie wichtig sie ist. Es ist nämlich wichtig, über das Bildungssystem in Österreich zu dis­kutieren und darüber zu reden, wie wir das Bildungssystem weiterbringen, weil wir ganz, ganz viele Baustellen haben.

Ich möchte auf einige Vorredner eingehen, insbesondere auf Vorredner der ÖVP, weil schon Bemerkungen gefallen sind, über die ich mich sehr wundern muss.

Frau Kollegin Salzmann hat darüber gesprochen, dass Frau Wiesinger Lösungen fin­den muss. – Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Es ist nicht die Aufgabe der Frau Wiesinger – und da kann man zu ihr stehen, wie man will –, Lösungen zu bringen, sondern das ist Aufgabe der Politik (Zwischenruf bei der ÖVP); und die Politik hat mit Schwarz und Rot in diesem Bereich in den letzten Jahrzehnten versagt, deswegen ist die Situation jetzt so, wie sie ist. (Beifall bei den NEOS.)

Die Frau Kollegin hat auch davon gesprochen, dass die Schule nicht krank sei. – Ja, ich gebe Ihnen recht, die Schule ist nicht krank, aber es ist wiederum die Politik, die kranke Politik zwischen Schwarz und Rot der letzten Jahrzehnte, die dazu geführt hat, dass wir massive Probleme im Schulsystem haben. Beispielsweise haben wir das Problem, dass 25 Prozent der Schülerinnen und Schüler nicht sinnerfassend lesen können. Das ist Ihre Verantwortung gewesen. Sich hierherzustellen und zu sagen: Al­les ist super, alles ist paletti!, ist wirklich zum Fremdschämen.

Kollegin Niss hat über das Regierungsprogramm gesprochen, hat darüber gesprochen, wie großartig das Regierungsprogramm in diesem Bereich ist, wie großartig da die nächsten Schritte vorgezeichnet sind. – Jetzt kann man darüber diskutieren, wohin die­ses Regierungsprogramm führen soll, aber gerade im Bildungsbereich ist dieses Re­gierungsprogramm vor allem eines, nämlich oberflächlich. Ich finde, das Regierungs­programm liest sich generell, aber insbesondere im Bildungsbereich eher wie ein Gro­schenroman als wie ein ambitioniertes Programm, das wir brauchen, um die Schule auf die nächsten Herausforderungen vorzubereiten.

Dann, Herr Minister, haben Sie von Evidenz gesprochen; es fehle Ihnen die Evidenz in den Aussagen der Frau Wiesinger. – Ich finde das wirklich sehr spannend, denn ich kann mich an diverse Expertenhearings erinnern, die wir zu den Pädagogikpaketen gehabt haben – Kollegin Hammerschmid kann sich sicher auch daran erinnern. Immer wieder haben wir ExpertInnen geholt, die genau diese Evidenz bringen sollten, und es war Ihnen und Ihrer Regierung einfach komplett egal, was die ExpertInnen gesagt ha­ben. Sie sind immer dagestanden und haben gesagt: Nein, es geht hier um die Par­teilinie, es geht um das, was im Regierungsprogramm steht, und eben nicht um die Evidenz! Und jetzt kommen Sie damit daher und sagen: Na ja, die große Evidenz bringt Frau Wiesinger nicht, deswegen müssen wir sie hinaushauen! – Ganz ehrlich, so geht es nicht! (Beifall bei den NEOS.)

Ich sage Ihnen eines ganz ehrlich: Frau Wiesinger und welche Rolle sie in Ihrem Mi­nisterium spielt, ist mir persönlich relativ egal; was mir aber nicht egal ist, ist die Zu­kunft der jungen Menschen. Es ist mir nicht egal, wenn es nach wie vor so ist, dass das Parteibuch darüber entscheidet, wer Direktor, wer Direktorin wird.

Wenn Sie sagen, im neuen System funktioniere das alles großartig und wir seien mit den Bildungsdirektionen jetzt unparteiisch, frage ich: Was ist denn mit den Bildungsdi­rektionen passiert? – Natürlich hat sich der Landeshauptmann überall zum Präsidenten gemacht! (Abg. Michael Hammer: In Oberösterreich nicht!) Das ist genau der Punkt gewesen, warum die Politik da weiterhin mitspricht, warum die Politik da nach wie vor ihre Füße in der Tür hat (Abg. Wöginger: Das sind sie nicht im Land!) und warum Entscheidungen (Abg. Sobotka: In Niederösterreich auch nicht!) natürlich noch überall so getroffen werden. Wir haben die Situation, dass ein Schulgebäude zwei gleiche Schultypen beheimatet und es einen roten und einen schwarzen Direktor gibt, aus dem einfachen Grund, dass Sie über Jahrzehnte dieses System nur dafür verwendet haben, dass Ihre Parteisoldaten da untergebracht werden – und das hat sich nicht geändert.

Was mir auch nicht egal ist, ist, dass Sie im Integrationswesen – Kollege Shetty hat es angesprochen – nur Scheindebatten geführt haben, in der letzten Regierungsperiode und auch jetzt noch. Es geht nur um Scheinlösungen. Es gibt keine umfassenden Inte­grationsmaßnahmen im Bildungsbereich, es passiert nichts. Es ist auch nicht egal, auch das wurde angesprochen, dass Sie, wenn Sie über den Chancenbonus reden, nach Gutdünken 100 Schulen auswählen wollen, anstatt ein Schulsystem grundlegend zu reformieren, grundlegend überall den jungen Menschen die besten Chancen zu ge­ben. Das kann einem nicht egal sein; es ist Ihnen leider egal.

Es ist nicht egal, wenn Sie Lehrer alleine lassen, aber Sie machen es. Wo bleibt das Unterstützungspersonal? Es wurde oft gefordert: von uns, von der SPÖ, früher auch von den Grünen immer. Es kommt nicht, es ist bisher nicht gekommen. Das kann ei­nem nicht egal sein.

Ich finde, es ist auch nicht egal, wenn Sie großartig I-Pad-Klassen ankündigen, indem Sie irgendwo in Singapur mit Herrn Bundeskanzler Kurz ein Foto machen und er sagt: Hey, jetzt kommen I-Pad-Klassen!, und es keine Strategie dafür gibt. Es gibt bis heute keine Digitalisierungsstrategie, keine Strategie dafür, wie wir mit diesen Herausforde­rungen umgehen wollen. Das kann einem nicht egal sein.

Und es kann einem auch nicht egal sein, wenn wir in diesem System nach wie vor in Klötzen arbeiten und nicht auf die Vielfältigkeit hinweisen, denn genau diese Vielfältig­keit im Schulsystem brauchen wir, um die Talente jedes Einzelnen zu fördern, um je­dem Einzelnen Chancen zu geben. Das hat Kollegin Maurer, wie ich finde, ganz gut angesprochen. Sie hat darüber gesprochen, dass sie in ihrem Leben sehr viel Glück gehabt hat: Glück, dass man in die richtige Schule kommt, Glück, dass man Lehrerin­nen und Lehrer hat, die einen unterstützen.

Das ist das Problem in unserem Schulsystem: dass es um Glück geht, dass es nicht ein Schulsystem der Chancen ist, sondern eines des Glücks. Wir NEOS stehen dafür, dass das endlich aufhört und dass jeder in diesem Schulsystem seine Chancen be­kommt. Ich bitte Sie inständig, jetzt endlich damit zu beginnen, das umzusetzen. (Bei­fall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.18