20.55
Abgeordneter Michael Schnedlitz (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Vorredner, eines kann ich Ihnen nun nicht ersparen: Es ist sehr spannend, Ihnen zuzuhören und zu hören, wie hier heute die Sozialdemokratie den Klassenkampf fast neu definiert. Während Sie früher noch wirklich und ehrlich für die Arbeiter und Arbeiterschaft und die Angestellten eingetreten sind, kommen Sie jetzt hierher und führen einen Klassenkampf Richtung Zweiklassenmedizin, und zwar einer Zweiklassenmedizin, bei der der Arbeiter und der Angestellte als Steuerzahler dafür bezahlen muss, dass die Unanständigen in unserem Land wirklich privilegiert behandelt werden, da sie eine Behandlung erhalten, die der Steuerzahler und der Anständige in unserem Land nicht bekommt. (Beifall bei der FPÖ.)
Sie kommen hier heraus und verteidigen allen Ernstes das Privileg, als Privatpatient behandelt zu werden. Auf der einen Seite haben Sie den braven, fleißigen Arbeiter, den sie angeblich vertreten, der mit ewig langen Wartezeiten benachteiligt ist, und auf der anderen Seite haben Sie eine Sonderbehandlung der Unanständigen in diesem Land, die dank Ihrer Argumentation beziehungsweise wenn es nach Ihnen geht ewig weiterhin als Dank dafür, dass sie bei uns in der Republik keinen wertvollen Beitrag geleistet haben, in der Gesellschaft bevorzugt werden.
Ich muss Ihnen schon sagen, wenn man da nachdenkt, wie so etwas passieren kann – damit nicht alles nur negativ ist –, kommt man vielleicht auf die Idee, dass so etwas passieren kann, weil Sie halt einfach keine klare Linie haben. Da muss ich als junger Abgeordneter Ihren jungen Abgeordneten schon sagen: Ich wüsste bei Ihnen im Klub auch nicht, welche Linie ich vertreten soll. Ist es eher die Linie von Rendi oder ist es eher die Linie von Wagner? – Langsam kennt man sich bei den verschiedenen Linien schon gar nicht mehr aus. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Loacker. – Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Loacker.)
Eines, sehr geehrte Damen und Herren, muss ich Ihnen aber zugutehalten (Zwischenruf des Abg. Keck): Sie nehmen zumindest irgendeine Haltung ein, während die Bundesregierung – Sie haben es vorhin gesagt –, Herr Sozialminister, bereits nach 14 Arbeitstagen den Leerlauf einlegt.
Wenn wir uns die Fakten und die Krankheitskosten der Häftlinge anschauen, dann merken wir, dass das explodiert ist. Das ist keine Erfindung einer freiheitlichen Kritik, das ist keine Erfindung einer Kritik der NEOS, das hat – das haben wir schon richtig gehört – der Rechnungshof bereits vor acht Jahren festgestellt. Wenn Sie nach acht Jahren noch immer hergehen und versuchen, das mit irgendwelchen Ausreden auf die lange Bank zu schieben, dann wird das in der Bevölkerung niemand mehr verstehen.
Ein weiteres Faktum hat Kollege Lausch richtig angesprochen. Das ist etwas, was Sie der Bevölkerung, Sie Ihrer Arbeiterschaft (in Richtung SPÖ), aber, werte Bundesregierung, auch Sie alle miteinander den Menschen in diesem Land erklären müssen, nämlich dass – so deutlich muss man es aussprechen – der Häftling als Täter eine bessere Behandlung erfährt als die Opfer, die von den Häftlingen teilweise wirklich Schlimmes erfahren haben. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)
Wenn ich von einer besseren Behandlung spreche, dann lassen Sie mich nur in aller Kürze zwei Beispiele herausgreifen, damit das wirklich griffig für Sie wird. Ich darf eine Schlagzeile zitieren, über die wir uns alle Gedanken machen müssten: „Sex-Täter vom Praterstern ist krank: Therapie kostet 24.000 €“ – eine Therapie für den Afghanen für eine seltene Blutkrankheit, die ein normal Versicherter in unserem Land nicht erhält.
Blicken wir kurz in die Justizanstalt Stein! Da gibt es Cialis für Häftlinge. Sehr geehrte Damen und Herren, für diejenigen unter Ihnen, die nicht wissen, was das ist: Das sind keine Pillen, die verhindern, dass es sexuelle Übergriffe in der Justizanstalt gibt. Das sind eher Pillen, die das Problem noch verschlimmern. Wenn wir auf Steuerzahlerkosten Potenzmittel für Häftlinge kaufen und Sie daran festhalten wollen oder das auf die lange Bank schieben wollen, dann hat dafür niemand mehr Verständnis.
Dieses Auf-die-lange-Bank-Schieben zieht sich ja heute wirklich schon symptomatisch durch die gesamte Sitzung. Am Morgen haben wir die Selbstaufgabe eines Bildungsministers erlebt, der für Bildung nicht zuständig ist, bis hin nun zu Ihnen, die Sie mit Ausreden darum ringen, zu erklären, dass Sie noch nicht lange im Amt sind, aber trotzdem nichts weiterbringen wollen und nicht handeln. (Abg. Leichtfried – auf das bereits rot leuchtende Lämpchen deutend –: Wegen der Redezeit wäre es!)
Was man schon sagen muss: Bei den Maßnahmen, die Sie jetzt zu setzen hätten, sehr geehrter Herr Minister, hätten Sie einen strategischen Vorteil, denn Sie haben als Koalitionspartner und Partner in dieser Frage nicht einen Blockierer – in der Person des Justizministers Moser – als Pendant, sondern Sie brauchen doch nur zu Ihrer Frau Kollegin Zadić zu gehen, wenn sie nicht gerade mit sich selbst beschäftigt ist (Ruf bei den Grünen: ... eine Frechheit! – Zwischenrufe der Abgeordneten Ernst-Dziedzic und Maurer), und das Problem in Angriff zu nehmen.
Wenn man aber beobachtet – und damit komme ich schon zum Schluss –, in welche Richtung die Maßnahmen von Ihnen und Ihren Kolleginnen gehen, dann offenbart sich auch einiges, wenn man heute die Zeitung aufschlägt, so zum Beispiel dass die Privilegien für die Unanständigen in diesem Land unter Ihrer Regierungsverantwortung nur noch weiter erhöht werden. Wenn Sie nämlich hergehen und den Häftlingen auf ihre Rücklagen, salopp formuliert auf ihre Spareinlagen, 3,11 Prozent Zinsen bezahlen, das heißt um 3,11 Prozent jährlich die Rücklagen anpassen, während der Normbürger in diesem Land, vom Lehrling bis zum Pensionisten, für sein Guthaben nichts mehr bekommt, dann ist das eine klare Aussage, in welche Richtung es geht. (Beifall bei der FPÖ.)
Sehr geehrte Bundesregierung, ich kann es Ihnen nicht ersparen, Ihr Programm auf den Punkt zu bringen: Sie blinken rechts und biegen links ab. – Gratulation an die Grünen: In diesem Fall ziehen nämlich Sie der ÖVP die Hosen aus. – Sie leben Klientelpolitik auf Kosten der Steuerzahler. Problemlösungen – Fehlanzeige. Sehr geehrte Damen und Herren, willkommen in der schwarz-grünen Regierung! Jetzt sind wir endlich angekommen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Leichtfried: Also das war bis jetzt die schlechteste Rede! – Gegenruf bei der FPÖ.)
21.01
Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Josef Moser. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.