21.50

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Liebe Kol­leginnen und Kollegen! Es gibt so einige Daten und Ereignisse im Leben, da weiß jeder noch ganz genau, was er getan hat oder was in der Situation passiert ist, als er das erfahren hat. Dazu gehören zum Beispiel der 11. September, der EU-Beitritt oder auch der Mauerfall. (Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Ich sage Ihnen, Ibiza wird genau so ein einschneidendes Erlebnis sein, jeder von uns wird sich in Jahren noch daran erinnern können, was wir gerade getan haben, was wir gerade gemacht haben, als dieser Riesenskandal öffentlich geworden ist. (Abg. Sche­rak: ... dürfen sie aber wegen ... nicht aufklären ...!) Jetzt stellen Sie sich vor, was die­ses einschneidende Erlebnis, das im gesellschaftlichen Gedächtnis bleiben wird, mit den jungen Menschen gemacht hat, mit einer ganzen Generation junger Menschen, die vor dem TV gesessen sind und deren Bild von der Politik einfach zerstört worden ist! (Abg. Deimek: Die Jugend setzt sich nicht mehr vors TV ... Netflix!) Deshalb, Herr Kol­lege Hafenecker, glaube ich nicht, dass Sie in der Position sind, sich hier herauszustel­len und sich derart aufzupudeln. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abg. Herr. – Abg. Lausch: Eine freie Rede gibt es schon noch, er darf sa­gen, was er will!)

Als junge Politikerin kann ich Ihnen sagen, es macht mich einfach traurig und wütend, dass Sie von der Freiheitlichen Partei es immer und immer wieder schaffen, die Politik komplett in Verruf zu bringen, weil wir alle hier herinnen dann schlussendlich den Kopf hinhalten müssen. Und ja, es nervt auch, dass Sie immer und immer wieder einen Kor­ruptionstumult veranstalten, wenn Sie in die Regierung kommen, und wir hier alle dann die Aufgabe haben, hinter Ihnen herzuräumen. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP. – Abg. Deimek: ... jede Kleinigkeit ...!)

Bemerkenswert finde ich im Übrigen auch, dass bei den Freiheitlichen offenbar nie Schluss ist. Sie sind nie fertig, denn was ist nach Ibiza gekommen? (Abg. Hafenecker: Die Grünen sind gekommen!) Wir alle konnten lernen, dass die FPÖ-Tascherlgreifer nicht einmal Halt vor ihrer eigenen Kassa machen – Stichwort Spesen. (Beifall bei den Grünen.)

Und ja, wie die FPÖ im Ibizavideo angekündigt hat, verstehen Sie Regierungsämter und Staatsbeteiligung offenbar als Selbstbedienungsladen. (Abg. Scherak: Das kön­nen wir wegen den Grünen jetzt nicht untersuchen! – Ruf bei den Grünen: Wieso kön­nen wir das nicht untersuchen?) Nichts anderes ist es, wenn man völlig unfähige Leute in den Vorstand einer Aktiengesellschaft hievt. Sie sind offenbar der Meinung, Sie ha­ben Anspruch auf leistungsloses Einkommen.

Jetzt komme ich noch einmal auf den Anfang zurück. Was denken Sie, was das mit jungen Menschen macht, wenn sie diese Inkompetenz, gepaart mit schlichter Gier, am Bildschirm sehen? Was? (Abg. Deimek: Noch einmal: Die schauen Netflix!)

Jetzt richte ich meinen Blick auf Sie, vor allem auf die Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ: Finden Sie, dass Ihre Reaktion vor dieser Kulisse heute angemessen ist? (Abg. Krainer: Hallo? – Weiterer Zwischenruf bei der SPÖ.) – Nein, das ist sie nicht. Ich würde mir wünschen, dass wir hier seriöse Politik machen und zur Seriosität gehört im Übrigen auch, dass alles, was Sie aufgezählt haben, Herr Matznetter, natürlich Un­tersuchungsgegenstand ist. Das soll hier auch einmal gesagt werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Mir und uns Grünen ist es so wichtig, weil wir der Meinung sind, der Untersuchungs­ausschuss kann doch bitte nicht zum Wettbewerb verkommen, wer sich am meisten und wie sehr empört oder wo gerade die Aufregung am größten ist. Am Ende müssen Lösungen stehen, wie wir Korruption und Postenschacher von Anfang an unterbinden, obwohl dann vielleicht wieder einmal so eine Partei wie die Freiheitlichen in die Re­gierung kommt. (Abg. Krainer: ... weiß jetzt ...!) Das ist die gemeinsame Aufgabe des Parlaments, und daran müssen sich alle messen lassen, nicht nur die Regierungspar­teien.

Die blauen Regierungszeiten gehören zu den dunklen Zeiten der Zweiten Republik, und diese Zeiten der inhumanen Politik, der Rechtsaushöhlung und der Korruption sind ja nicht einfach weg, nur weil die FPÖ über ihr eigenes Unvermögen und ihren Geiz gestolpert ist. (Abg. Deimek: Erzählen Sie uns etwas über Chorherr und seinen Kor­ruptions...!) Wenn wir wirklich ein neues Kapitel aufschlagen wollen, dann ist es die ge­meinsame Aufgabe, die Korruption aus der Politik zu fegen. (Abg. Leichtfried eine Tafel mit der Überschrift „Beweisthemen und inhaltliche Gliederung des Untersu­chungsgegenstands“ in die Höhe haltend, auf der Text in schwarzer und grüner Schrift zu lesen ist –: Ein Schild sagt mehr als 1 000 Worte! – Abg. Deimek: So was Simples! Gehen Sie zum Leichtfried! – Zwischenruf des Abg. Amesbauer.) Man darf sich dann aber bitte auch nicht auf Nebenschauplätzen aufhalten. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Krainer: Nebenschauplätze!)

Sie, Sie, Sie, Sie (mehrmals von links nach rechts ins Plenum zeigend) – niemand von uns saß in der Villa auf Ibiza, hat Wodka getrunken und eventuell andere Substanzen zu sich genommen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Amesbauer und Deimek.) – Ja, und ich empfinde es auch als unfair, denn was habe ich damit zu tun? Trotzdem ist es eine Aufgabe aller demokratischen Parteien dieses Hauses, wirklich alles zu unterneh­men, dass die Integrität wiederhergestellt wird. (Abg. Krainer: Durch Zudecken und Wegschauen – eine super Idee! – Zwischenruf des Abg. Scherak.)

Ich wünsche mir, dass trotz des ganzen Unmuts, der heute über die Entscheidung des Geschäftsordnungsausschusses entstanden ist, am Ende der Ausschuss genau daran arbeitet, dass wir diese Integrität wiederbekommen, und dass das auch wieder bei den Österreicherinnen und Österreichern ankommt. Wir Grüne, das kann ich Ihnen ver­sprechen, tun jedenfalls alles dafür. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Krainer: Zudecken und Wegschauen: Was ist das für ein Ansatz?)

21.56

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Dr. Helmut Brandstätter. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.