12.46

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Frau Ministerin! Bürgerbeteiligung, Partizipation, aber auch Meinungs- und Pressefrei­heit sowie meiner Meinung nach auch Rechtsstaatlichkeit sind ganz sicher nicht nur unumstrittene, sondern, wie wir wissen, hart erkämpfte Rechte in Europa, genauso wie sie demokratische Grundpfeiler sind, die es immer wieder zu verteidigen gilt, weil sie nicht selbstverständlich sind; insofern verstehe ich die Intention des Kollegen Drozda, den Antrag betreffend Assange einzubringen.

Sie wissen, am Montag war Prozessbeginn, und dieser sorgte international für Aufse­hen. Wieso? – Der Fall Assange wird von vielen Journalisten und Journalistinnen, Men­schenrechtsaktivisten und -aktivistinnen als ein möglicher Präzedenzfall gesehen, um Druck auf regierungskritische und investigative Journalisten auszuüben beziehungs­weise diese einzuschüchtern. Der Sonderberichterstatter über Folter der Vereinten Na­tionen Nils Melzer und die Parlamentarische Versammlung des Europarates sehen in diesem Zusammenhang ebenfalls die Presse- und Meinungsfreiheit in Gefahr.

Wir sagen deshalb: Angesichts der im laufenden Verfahren gegen Assange erhobenen Vorwürfe ist es auch uns wichtig, dass bestehende Rechtsschutzmechanismen auf na­tionaler wie internationaler Ebene gewährleistet werden, und bringen im Zuge dieser Debatte ebenso einen Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Dr. Reinhold Lopatka, Kolleginnen und Kol­legen betreffend „Achtung, Schutz und Gewährleistung der Presse- und Meinungsfrei­heit in Europa“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich weiterhin aktiv für die Sicherheit von in­vestigativen Journalistinnen und Journalisten, Menschenrechtsaktivistinnen und Men­schenrechtsaktivisten in Europa und weltweit einzusetzen.

Weiters wird die Bundesregierung ersucht, sich auf europäischer Ebene für die Umset­zung der Empfehlungen der parlamentarischen Versammlung des Europarats sowie des UN-Sonderberichterstatters über Folter im Zusammenhang mit dem Fall Julian As­sange einzusetzen.“

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Es wäre ein wichtiges Zeichen – tatsächlich, da gebe ich Ihnen recht –, wenn sich diesem Antrag möglichst viele hier anschließen würden. Ich bin der Meinung, ein An­trag ist dann weitreichender, wenn möglichst viele in einem Parlament sich diesem nicht nur anschließen, sondern wenn dieser Antrag tatsächlich auch von der Mehrheit getragen wird. In diesem Sinne appelliere ich an die NEOS, aber auch an die SPÖ, sich diesem Antrag der ÖVP und der Grünen anzuschließen. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

12.49

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Dr. Reinhold Lopatka

Kolleginnen und Kollegen

betreffend Achtung, Schutz und Gewährleistung der Presse- und Meinungsfreiheit in Europa

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 275/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Jörg Leichtfried, Mag. Ulrike Fischer, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, über die Durchführung von Europäischen Bürgerinitiativen (Europäi­sches-Bürgerinitiativen-Gesetz – EBIG), BGBl. I Nr. 12/2012, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 32/2018, geändert wird (43. d.B.)

Begründung

Neben der Bürgerbeteiligung sind auch Medien-, Informations- und Meinungsfreiheit tragende Säulen einer liberalen Demokratie. Unabhängige Medien, kritischer und in­vestigativer Journalismus, Menschenrechtsaktivistinnen und Menschenrechtsaktivisten spielen in diesem Zusammenhang als sogenannte „Vierte Gewalt“ im Staat eine zen­trale Rolle. Sie tragen nicht nur wesentlich zur politischen Meinungs- und Willensbil­dung der Bevölkerung bei; investigativer Journalismus und Menschenrechtsarbeit zei­gen demokratiegefährdendes Fehlverhalten auf und können so die dafür Verantwort­lichen zumindest indirekt zur Rechenschaft ziehen. Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechte, drei europäische Grundwerte, können nur gewahrt bleiben, wenn Regierungen offen, transparent und verantwortlich agieren.

In anderen Worten: Unabhängige Journalistinnen und Journalisten, Menschenrechts­aktivistinnen und Menschenrechtsaktivisten und investigative Plattformen sind ein grundlegendes demokratisches Korrektiv und tragen wesentlich dazu bei, dass unter anderem systematische oder schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen aufge­deckt werden. Journalistische Enthüllungsarbeit darf nicht strafrechtlich verfolgt wer­den. Im Gegenteil sie muss geschützt und gefördert werden. Regierungen trifft somit eine klare menschenrechtliche Pflicht, die Sicherheit von Journalistinnen und Journa­listen, Menschenrechtsaktivistinnen und Menschenrechtsaktivisten zu achten, schützen und zu gewährleisten, und mittels konkreter Maßnahmen zur effektiven Verbesserung des Arbeitsumfelds und der Sicherheit von Journalistinnen und Journalisten, Men­schenrechtsaktivistinnen und Menschenrechtsaktivisten beizutragen.

Der Fall Julian Assange wird von vielen Journalistinnen und Journalisten, Menschen­rechtsaktivistinnen und Menschenrechtsaktivisten als ein möglicher Präzedenzfall ge­sehen, um Druck auf regierungskritische und investigative Journalistinnen und Journa­listen auszuüben bzw. um diese einzuschüchtern. Der Sonderberichterstatter über Fol­ter der Vereinten Nationen, Nils Melzer, und die parlamentarische Versammlung des Europarates sehen in diesem Zusammenhang ebenfalls die Presse- und Meinungs­freiheit in Gefahr. Angesichts der erhobenen Vorwürfe im laufenden Verfahren gegen Assange ist es wichtig, dass bestehende Rechtsschutzmechanismen auf nationaler und internationaler Ebene gewährleistet werden.

Da europäische Grundwerte, wie Presse- und Meinungsfreiheit entschlossen zu vertei­digen sind, stellen die unterfertigenden Abgeordneten daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich weiterhin aktiv für die Sicherheit von in­vestigativen Journalistinnen und Journalisten, Menschenrechtsaktivistinnen und Men­schenrechtsaktivisten in Europa und weltweit einzusetzen.

Weiters wird die Bundesregierung ersucht, sich auf europäischer Ebene für die Um­setzung der Empfehlungen der parlamentarischen Versammlung des Europarats sowie des UN-Sonderberichterstatters über Folter im Zusammenhang mit dem Fall Julian As­sange einzusetzen.“

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