13.42

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Ministerin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte ZuseherInnen! Das Arbeitsinspektorat ist dafür zuständig, zu überprüfen, dass der ArbeitnehmerInnenschutz in den Betrieben auch tatsächlich eingehalten wird. Umso spannender ist der Bericht, weil er ein guter Gradmesser ist, nämlich einerseits dafür, inwieweit die Tätigkeit und die Arbeit des Arbeitsinspektorats tatsächlich wirkt, auf der anderen Seite aber auch dafür, vor welchen Herausforderungen wir in der Be­rufs- und Arbeitswelt hinsichtlich neuer Berufsrisken, neuer Gesundheitsrisken tatsäch­lich stehen.

Aufgrund dieser Ergebnisse lassen sich dann eben wunderbar entsprechende Schluss­folgerungen ziehen oder Forderungen an die Politik nach Maßnahmen stellen, die dann hoffentlich auch entsprechend umgesetzt und berücksichtigt werden.

Ein für mich interessantes Ergebnis ist tatsächlich, dass das berühmte Beraten vor strafen die Arbeitsweise des Arbeitsinspektorats eigentlich schon längst über weite Strecken bestimmt. Das zeigen auch die Zahlen: Die Beratungstätigkeit der Arbeits­inspektorate ist zum Beispiel von 2017 auf 2018 deutlich gestiegen, nämlich von in etwa 33 700 Beratungen auf über 38 000. Im gleichen Zeitraum ist die Zahl der Kon­trollen und interessanterweise auch der Strafanzeigen gesunken, nämlich von 1 282 im Jahr 2017 auf 934 im Jahr 2018. Entsprechend sind auch die Strafzahlungen gesun­ken: Das Volumen hat sich beinahe halbiert – von 2,7 Millionen Euro auf 1,5 Millionen Euro. Das heißt, offensichtlich wirkt Beraten vor strafen, wirkt die Beratung, denn ich gehe nicht davon aus, dass die ArbeitsinspektorInnen schlechter prüfen, schlechter kontrollieren als zuvor.

Erfreulich ist auch der – wenn auch nur geringfügige – Rückgang der Unfallrate insge­samt: Im Jahr 2018 gab es pro 10 000 Beschäftigten 283 Unfälle. Das ist nach wie vor zu viel, aber es zeigt auch eindeutig: ArbeitnehmerInnenschutz rettet Leben, Arbeitneh­merInnenschutz reduziert Unfallgefahren und Verletzungsgefahren deutlich, und Ar­beitnehmerInnenschutz hilft den Arbeitgebern dabei, ihren gesetzlichen Fürsorgepflich­ten nachzukommen.

Ein Punkt, der mir persönlich schon auch sehr wichtig ist, weil er meines Erachtens in der gesamten Diskussion noch zu wenig Beachtung findet: ArbeitnehmerInnenschutz sichert tatsächlich fairen Wettbewerb, weil ArbeitnehmerInnenschutz für alle gilt, weil er allgemeingültige Mindeststandards festlegt und ein Dumping, ein Unterlaufen von Schutzbestimmungen verhindert. Diesem Aspekt wird meiner Meinung nach bislang viel zu wenig Bedeutung zugemessen.

Was der Bericht auch zeigt, ist allerdings, dass es neue Herausforderungen gibt: Zu den alten Gesundheitsrisken am Arbeitsplatz kommen neue dazu. Berufsbilder ändern sich – ebenso auch Gesundheitsrisken. Einerseits steigt die Zahl psychischer Erkran­kungen aufgrund von Stress, Arbeitsdruck, längeren Arbeitszeiten; es steigt die Belas­tung und die Gesundheitsgefährdung durch krebserregende Stoffe. Der Bericht zeigt auch, dass der Personalstand in den Arbeitsinspektoraten tatsächlich seit Jahren annä­hernd gleich geblieben ist, und das bei steigenden Beschäftigtenzahlen und steigenden Zahlen von Betriebsstätten.

Es ist natürlich schon eine Frage, die wir uns stellen müssen, ob wir uns insbesondere dann, wenn wir Beraten vor strafen stärker ausbauen wollen – und Beraten ist natürlich deutlich ressourcenintensiver, gute Beratung braucht einfach mehr Personal –, nicht überlegen müssten, wie denn die Personalentwicklung in den Arbeitsinspektoraten so gestaltet werden kann, dass sie diesen Herausforderungen tatsächlich gerecht wird.

Ich möchte schon kurz auch zum Antrag der SPÖ Stellung beziehen, in dem gefordert wird, dass das Arbeitsinspektorat in den nächsten zwei Jahren von derzeit 303 auf 350 Personen aufgestockt wird. Im Jahr 2012 hatte das Arbeitsinspektorat 312 Mitar­beiterInnen, heute hat es 303. Im Jahr 2012 hatte das Arbeitsministerium einen sozial­demokratischen Minister, und seit damals ist es mit der Zahl der ArbeitsinspektorInnen trotz steigender Beschäftigung, trotz steigender Betriebszahlen in Wirklichkeit leider nicht unbedingt hinaufgegangen, sondern sie hat sich reduziert. Es ist schon die Frage, warum – bei steigenden Beschäftigtenzahlen – nicht damals bereits entsprechende Ini­tiativen von den damaligen sozialdemokratischen ArbeitsministerInnen gesetzt worden sind, darum kann ich diesem Antrag eine gewisse Form von – na ja – Scheinheiligkeit leider fast nicht absprechen. (Abg. Michael Hammer: Richtig!)

Das spricht aber natürlich nicht dagegen – das habe ich ja ganz klar betont –, dass wir uns die Sache mit den Beschäftigtenzahlen in den Arbeitsinspektoraten anschauen müssen, weil einerseits die Menschen, die dort arbeiten, eine Entlastung brauchen, weil es andererseits für die Beratungstätigkeit, wenn sie ausgebaut wird, auch entspre­chende Ressourcen, entsprechendes Engagement braucht. Wir werden uns das an­schauen, ich bin mir sicher, die Frau Ministerin wird sich auch um das Thema küm­mern, und wir werden im Ausschuss für Arbeit und Soziales darüber diskutieren.

Zuletzt noch: Die Expertise des Arbeitsinspektorats, die in den Berichten immer wieder auch klar zum Ausdruck kommt, muss gut genutzt werden. Entsprechend müssen das Arbeitsinspektorat, das Arbeitsrecht und natürlich auch das Arbeitsschutzrecht weiter­entwickelt werden, damit auch künftig durch das Arbeitsinspektorat für die Arbeitneh­merInnen, aber auch für die Betriebe ein realer Mehrwert entsteht, ein Mehrwert, der nicht nur Leben und Gesundheit schützt, sondern auch einen fairen Wettbewerb si­cherstellt. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.48