16.56

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident, ich freue mich auch, dass Sie heute die Geschäftsordnung soweit kennengelernt haben, dass bei der nächsten Abstimmung zur Herbeischaffung die Unverzüglichkeit dann unverzüglich ist. – Ich freue mich darauf.

Frau Bundesminister, schön, dass Sie hier bei uns sind! Sie sind ja eigentlich nicht für diesen Themenkomplex zuständig (Abg. Wöginger: Das habt ihr jetzt auch schon mit­gekriegt!) und die Mehrheit des Hauses wollte Sie auch nicht sehen – fassen Sie es nicht persönlich auf. Wir freuen uns, wenn Sie unserer Diskussion beiwohnen. (Beifall des Abg. Leichtfried. – Abg. Wöginger: Ah geh!) Ich habe dafür gestimmt, dass Sie hier sind. Das möchte ich Ihnen an dieser Stelle nur sagen; ich will nicht unhöflich ein. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Kommen wir nun aber zur Sache selbst! Zu den Kolleginnen und Kollegen von den NEOS: Ich meine, das ist ja kurz abgehandelt, denn wenn ich in die Reihen schaue, muss ich sagen, es ist kein Einziger hier, der ab dem Zeitpunkt, ab dem er eine Pen­sion beziehen wird, 45 Jahre gearbeitet haben wird. (Abg. Schellhorn: Hä? Hast du dich schon mal mit mir auseinandergesetzt?! – Weitere Rufe bei den NEOS: Hä? Hallo!) – Also gut, Sepp Schellhorn gestehen wir es zu, dass er sie vielleicht gearbeitet haben wird, der Rest wird das schon aufgrund der Akademikerquote nicht erreichen.

Daher kurz ein Appell an die Anständigkeit der Kolleginnen und Kollegen: Wer selber in seinem Leben eine hervorragende Ausbildung im Land bekommen hat, ein gutes Ge­halt bezieht (Zwischenruf des Abg. Scherak), sollte dann nicht Stimmung für Alters­armut machen. Menschen, die das Land aufgebaut haben, die 45 Jahre gearbeitet ha­ben, sollen abschlagsfrei in Pension gehen dürfen. Das ist gut. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schellhorn: Kannst du das ...? – Weitere Zwischenrufe bei den NEOS.)

Ich möchte aber nun noch auf einen ganz anderen wichtigen Aspekt eingehen. Wir haben heute sehr lang über eine medizinische Krise hinsichtlich der Bedrohung durch das Coronavirus gesprochen, und man muss sagen, die beste Antwort einer Gesell­schaft (Zwischenruf der Abg. Maurer) und einer Zivilisation darauf ist ein hervorragen­des Gesundheitssystem, das niederschwellig ist und kostenfrei sofort in Anspruch ge­nommen werden kann. Warum? – Weil man, wenn das kostenfrei ist, schon beim ers­ten Symptom rasch ärztliche Hilfe in Anspruch nimmt, damit die Therapie rascher greift, und dann sind die Heilungschancen höher, die Heilungsdauer ist kürzer und die Kosten im System sind geringer.

Dem stehen Strafsteuern oder Selbstbehalte fundamental entgegen. Wir haben einen richtigen Antrag dafür, dass die Selbstbehalte im Bereich ASVG nicht kommen sollen, aber ich vertrete auch eine Gruppe von 100 000 Selbstständigen, die Strafsteuern zah­len, wenn sie krank sind. Damit muss Schluss sein, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.) Seit 15 Jahren will ich die Abschaffung und seit 15 Jahren stimmt eine ÖVP-Mehrheit in der Wirtschaftskammer mit Nein.

Walter Ruck, Spitzenkandidat des ÖVP-Wirtschaftsbundes in Wien, möchte die Selbst­behalte den Kammermitglieder in Wien refundieren, anstatt diesen Unsinn abzuschaf­fen. (Abg. Loacker: A super Bürokratie! – Zwischenruf des Abg. Vogl.) – Ein Wahn­sinn, die Bürokratie! Da hat Kollege Loacker recht! Da geht man zum Arzt – am schlimmsten ist aber, wenn man die Reduktion haben will, da macht man einen Ge­sundheitsplan –, dann muss man noch einmal hin, dann muss man die Bescheinigung vorlegen und dann kriegt man vielleicht etwas rückerstattet. Das ist ja, als wenn je­mand die Bürokratie erfinden würde.

Schluss damit, meine Damen und Herren! Krankheit darf nicht bestraft werden! Wo wollen Sie denn hinkommen? Ich habe Ihnen schon oft genug im Wirtschaftsparlament gesagt: Sie wollen von einer Lenkungsabgabe reden; von einer Lenkungsabgabe, wenn Menschen freiwillig zum Arzt gehen, ohne krank zu sein, Medikamente nehmen, ohne welche zu brauchen. Die brauchen ja ärztliche Hilfe, aber mehr von einem Fach­arzt für Erwachsenenpsychiatrie. (Beifall bei der SPÖ.)

Deswegen sind wir dagegen, und ich bringe einen Entschließungsantrag ein. Ich hoffe, die Grünen stimmen diesmal mit. Das Anliegen wird nämlich von Sabine Jungwirth, der Vorsitzenden der Grünen Wirtschaft, seit 15 Jahren vehement verlangt: Abschaffung der Selbstbehalte im GSVG. – Ich wollte nur die Klubobfrau informieren, damit sie weiß, wie sie richtig stimmen kann.

Der Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung der Selbstbehalte für UnternehmerInnen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zur Beschlussfas­sung zu übermitteln, mit der die Selbstbehalte nach dem GSVG abgeschafft werden.“

*****

Das ist der Entschließungsantrag zu diesem Thema. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Präsident! Ohne in der Geschäftsordnung nachzuschauen: Brauchen Sie noch et­was? Nein? – Dann bedanke ich mich recht herzlich. Schaffen wir die Selbstbehalte ab! (Beifall bei der SPÖ.)

17.01

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Matznetter,

Genossinnen und Genossen

betreffend Abschaffung der Selbstbehalte für UnternehmerInnen

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 195/A der Abgeordneten Josef Muchitsch, Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine So­zialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-So­zialversicherungsgesetz und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden (50 d.B.)

Selbstbehalte, die kranke Menschen zusätzlich zu ihrer Krankheit auch noch finanziell belasten, sind unsozial und unsolidarisch. Gerade Klein- und KleinstunternehmerInnen, vor allem EinpersonenunternehmerInnen haben häufig mit finanziellen Problemen zu kämpfen. Sie sollten dann nicht noch zusätzlich mit Selbstbehalten beim Arztbesuch belastet werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zur Beschlussfas­sung zu übermitteln, mit der die Selbstbehalte nach dem GSVG abgeschafft werden.“

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