9.56

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Vor allem aber: liebe Österreicherinnen und Österreicher! Der Begriff Corona steht für uns alle, ob wir das wollen oder nicht, für Dinge wie Ungewissheit, Unsicherheit, Verzicht, Gefahr, Leid, Schmerz und Tod. Egal wo wir beschäftigt sind, egal wo in diesem wunderschönen Land Österreich wir leben, egal welches Alter wir haben, egal welches Geschlecht wir haben, er hat uns alle in der einen oder anderen Weise in seinen ganz, ganz negativen Bann gezogen.

Jetzt stehen wir vor einer riesengroßen Aufgabe. Diese Aufgabe heißt, diesen nega­tiven Bann zu durchbrechen, ihn abzustreifen. Dafür braucht es eine große ge­mein­same Kraftanstrengung. Wir müssen dafür sorgen, dass wir Corona ehebaldigst mit ganz anderen Dingen assoziieren, dass wir Corona mit Zuversicht, mit Vertrauen, mit Erfolg bei der Bewältigung einer großen Aufgabe, mit Zusammenhalt, mit Schutz und Hilfe und letztendlich, möchte ich sagen, mit einem Sieg des Optimismus, der Vernunft in Kombination mit einem unzerstörbaren Willen assoziieren. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist das große Gemeinsame. Das ist das große Gemeinsame, das jeder von uns in diesen Tagen in unserem Land, überall in der Bevölkerung spüren und erleben kann, egal wo man hinschaut. Das ist auch das Gemeinsame, das alle Parteien in diesem Hohen Haus, egal ob sie Regierungsparteien oder Oppositionsparteien sind, miteinan­der verbindet.

Vergessen wir nicht: Heute ist der erste Tag, an dem dieses Parlament tatsächliche Beschlüsse im Kampf gegen das Virus fasst. Wir haben gemeinsam – das wurde schon angesprochen – einen Weg gefunden, diese Sitzung binnen ganz, ganz kurzer Zeit zu ermöglichen, und wir haben uns gemeinsam darauf verständigt, den Prozess der Gesetzgebung auf ein absolutes zeitliches Minimum zu reduzieren, einfach des­halb, weil wir alle gemeinsam auch wissen, dass Zeit der entscheidende Faktor ist.

Zeit ist der entscheidende Faktor im Kampf um die Gesundheit und um das Leben der besonders gefährdeten Gruppe, der schon angesprochenen Eltern- und Großeltern­generation, die dieses Land aufgebaut hat. Zeit ist auch der entscheidende Faktor, wenn es darum geht, möglichst umfassend negative Folgen für die Arbeitnehmer, für die EPUs, für die Selbstständigen und für die Unternehmen – egal ob für die ganz kleinen oder die großen – abzuwehren.

All das ist Ausdruck dieses großen nationalen Schulterschlusses, den wir brauchen und zu dem auch wir als Freiheitliche Partei unseren Beitrag leisten. Wir werden daher dem Unterstützungspaket für die österreichische Wirtschaft im Ausmaß von 4 Milliar­den Euro zustimmen, und wir werden die vorliegenden Maßnahmen, die zu einer raschen Einbremsung der Neuinfektionen beitragen sollen, unterstützen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Corona ist für uns alle absolutes Neuland, für alle von uns gleichermaßen, in Österreich, in Europa und weltweit. Wenn man ein solches Neuland betritt oder wenn das Staatsschiff an der Küste eines solchen Neulandes strandet, dann kann niemand für sich in Anspruch nehmen, allein von vornherein den besten, den schnellsten und den sichersten Weg durch all die mög­lichen Gefahren und über all die möglichen Hindernisse, die sich auf diesem Weg ent­ge­genstellen können, zu wissen. Das für sich in Anspruch zu nehmen, das wäre ver­messen.

Was aber alle, die dieses Neuland ohne unnötige Verluste und ohne unnötiges Leid durchqueren wollen, für sich beanspruchen müssen, ist, einen Beitrag zur Findung des bestmöglichen Weges in die Entscheidungsfindung des gesamten Teams einzubrin­gen, sei es Wissen, seien es Erfahrungen, seien es Erfahrungen aus Vergleichen mit anderen Bereichen, seien es aber auch Gefühl, Intuition und manches Mal auch der Instinkt, den es zum Überleben braucht.

Genau das, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben wir Freiheitliche in den letzten Wochen getan, als wir zum Beispiel eine rasche und umfassende Schließung aller unserer Landesgrenzen als wirksame Schutzmaßnahme vorgeschlagen haben, weil es gute Gründe dafür gibt. Genauso gibt es aus unserer Sicht gute Gründe dafür, entschlossen ein ganzes Maßnahmenpaket auf den Weg zu bringen und nicht durch eine Taktik der stückweisen Vorgabe wertvolle Zeit zu verlieren. Vergessen wir nicht: Zeit ist der entscheidende Faktor.

Wir haben diese Vorschläge gemacht, auch wenn die Regierung manches anders sieht. Genau das, genau dieses Bemühen um den besten, um den sichersten, um den schnellsten und um den umfassendsten Weg, um die Gesundheit der Menschen, das Leben, die Wirtschaft und die Arbeitsplätze zu schützen, haben wir auch rund um das Zustandekommen dieses Pakets, das heute auf den Weg gebracht wird, an den Tag gelegt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind überzeugt davon, dass es nur fair ist, neben den großen Unternehmen, die jetzt von diesem Paket überproportional pro­fitieren werden, auch den kleinen und den Kleinstunternehmen, den EPUs, die volle Unterstützung zukommen zu lassen. Wir sind überzeugt davon, dass es gerecht ist, die wirtschaftlich Leidtragenden der Betretungsverbote mit einem Rechtsanspruch auf einen vollen Ausgleich ihres Schadens auszustatten. Das fehlt in diesem Paket. Wir sind überzeugt davon, dass es notwendig ist, nicht nur ein Drittel, sondern die gesamte Entgeltfortzahlung durch den Staat zu übernehmen. Wir sind überzeugt davon, dass es schon jetzt weit mehr als die 4 Milliarden Euro braucht, die heute auf den Weg gebracht werden, einfach deshalb, weil die Zeit als der bestimmende Faktor so sehr drängt und weil wir in anderen Krisenfällen – ich erwähne die Bankenkrise – gesehen haben, dass es möglich ist, innerhalb weniger Tage 100 Milliarden Euro auf den Weg zu bringen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um das und vieles mehr ringen wir Frei­heitliche. Wir tun das jetzt in Form von Anträgen, die auch im Rahmen dieser Debatte noch eingebracht werden, genauso wie wir zuvor um richtige Maßnahmen gerungen haben. Die Regierungsparteien werden heute jeden einzelnen dieser freiheitlichen Vor­schläge als falsch ablehnen, so wie sie unsere Maßnahmen in der Vergangenheit abgelehnt haben. Trotzdem werden wir unsererseits den anderen Weg, den sie vorge­schlagen haben, mitgehen und unterstützen (Beifall bei der FPÖ), einfach deshalb, weil wir in diesem großen Schulterschluss, den ich angesprochen habe, vorwärtskommen müssen, weil wir dieses düstere und gefährliche Coronaneuland durchqueren und hinter uns lassen müssen. Eine Rückzugsmöglichkeit gibt es leider nicht.

Im Leben gibt es nicht selten die Situation, dass es schwer oder eigentlich unmöglich ist, von vornherein zu sagen: Was ist richtig, was ist falsch? Was ist gut, und was ist besser? – Diese Erkenntnis gewinnt man erst, wenn man sieht, ob der eingeschlagene Weg den Zweck, den er erfüllen soll, auch tatsächlich erfüllen wird.

Ich wünsche uns allen, dass die heute beschlossenen Maßnahmen ausreichend sind und rasch genug dazu führen, die Gesundheit der gefährdeten Menschen zu schützen und das System der Wirtschaft und die Arbeitsplätze am Leben zu erhalten. Weil ich heute wieder von einer Auferstehung nach Ostern gehört habe: Nun, dazu müssten wir zuerst sterben, und das ist das, was ich nicht will. Wir wollen nicht sterben und tot sein, um wiederaufzuerstehen, sondern wir wollen leben und weiterleben. Das muss das Ziel unserer großen Kraftanstrengung sein. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Mir bleibt abschließend nur, den Wunsch zu formulieren, dass alle unsere Hoffnungen, die wir in dieses Paket hineinlegen, sich erfüllen mögen.

Ich möchte mich ganz ausdrücklich bei der österreichischen Bevölkerung bedanken, von der ich weiß, dass sie großes Verständnis für die notwendigen Maßnahmen hat, dass sie zu Verzicht und zu Opfern bereit ist. Wir sind ihr – umgekehrt – zu großer Dankbarkeit verpflichtet, denn die Österreicherinnen und Österreicher, egal ob sie sich jetzt in häusliche Quarantäne begeben oder ob sie als Polizistinnen und Polizisten, im Supermarkt oder sonst wo in diesen schwierigen Zeiten quasi die Stellung halten, sind die Heldinnen und Helden dieses Landes. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Schrangl: So sollte ein Vizekanzler sprechen, der Vertrauen hat in die österreichische Bevölkerung!)

10.07

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Klubobfrau Sigrid Maurer. – Bitte.