12.41

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Herr Präsident! Geschätzter Herr Finanzmi­nister! Herr Vizekanzler! Frau Minister! Herr Minister Anschober! Wenn ich hier herau­ßen stehe, dann kann ich Ihnen sagen: Als Unternehmer – und ich spreche, glaube ich, für wahnsinnig viele Unternehmer in diesem Land – geht es mir nicht gut. Es geht den Unternehmerinnen und Unternehmern nicht gut. Sie schlafen schlecht, so wie ich.

Wir müssen aber nach vorne schauen und Möglichkeiten finden, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu halten. Die Mitarbeiter im Betrieb zu halten, Möglichkeiten zu finden, die­se wohl schwersten Wochen, vielleicht auch Monate zu durchtauchen, um am Ende als Mensch, aber auch als Unternehmer wirtschaftlich zu überleben, das ist eine große He­rausforderung für uns alle. (Beifall bei den NEOS.)

Angesichts unzähliger Anrufe und Mails von Unternehmern gehe ich davon aus, dass es wahnsinnig viele sind, die sich am Abgrund sehen. Herr Minister, wir stehen zusam­men, das haben wir immer gesagt. Wir haben auch gesagt: Es braucht einen Schul­terschluss, wenn es um die Bekämpfung von Corona geht. Das ist überhaupt keine Frage, das heißt aber nicht, dass wir in der Ausrichtung der wirtschaftlichen Hilfen ei­ner Meinung sein müssen. Jedenfalls darf und muss da ein Diskurs geführt werden. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

Fakt ist, Herr Minister, dass wir alle in einem Boot sitzen. Alle, die wir hier herinnen sind, aber auch alle anderen Österreicherinnen und Österreicher sind im selben Boot. Lassen Sie mich daher die großen Fragen einmal strukturieren! Es gibt vier große Punkte.

Erstens: Wir müssen die aktuellen Maßnahmen richtig verstehen und interpretieren können.

Zweitens: Wir müssen die aktuellen Maßnahmen so umsetzen, dass sie weder büro­kratisch sind noch mittelfristig zu giftigen Fallen für die Unternehmerschaft, für die Wirt­schaft werden. Wir brauchen hier maximale Sicherheit und minimale Bürokratie.

Drittens: Wir müssen uns darüber Gedanken machen, wer eines Tages die Zeche be­zahlen wird. Wer zahlt die Zeche für die Hilfen, die wir jetzt bereitstellen?

Und viertens: Wir haben in den letzten Tagen viel über Salamischeiben gehört, und das nicht nur von der Taktik her. Wie groß ist aber die Salami eigentlich? Das wissen wir noch überhaupt nicht. Das ist eine der wichtigen Fragen, auf die die Wirtschaft be­ziehungsweise die Unternehmer eine Antwort brauchen, um Planbarkeit zu haben.

Zum ersten Punkt, richtig verstehen und interpretieren: Da taucht bei mir schon einmal die Kurzarbeit auf. Da gibt es noch viele offene Fragen. Eine davon ist die des Kran­kenstandes, und das schreckt wahrscheinlich viele Unternehmerinnen und Unterneh­mer davon ab, ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit zu schicken. Das ist ja ganz anders als beispielsweise zur Zeit der Tschernobylkatastrophe. Bei diesem Virus kann es durch­aus sein, dass 50 Prozent meiner 32 Mitarbeiter in Salzburg krank werden, in Kranken­stand gehen, dann bleiben diese 50 Prozent der kranken Mitarbeiter zu 100 Prozent beim Arbeitgeber über. Das ist eine große Herausforderung. Ich finde, wir müssen es schaffen, diese Hürde zu überwinden, nämlich den Krankenstand auch im Falle einer viralen Erkrankung, in Zeiten einer solchen Krise so zu regeln, dass die Menschen in Kurzarbeit bleiben können.

Wie wird die Kurzarbeit vom AMS refundiert? Für eine kurze Phase oder vielleicht zwei, drei Monate? Das ist auch eine der großen Fragen. Es geht da nämlich um die Liquidität. Unsere Anschober-Kurve gleicht jener des Matterhorns und ist in den nächs­ten Wochen nicht abflachend. Das ist eine der großen Herausforderungen, der wir uns auch stellen müssen, Herr Vizekanzler, und da müssen wir möglichst schnell liquide Mittel bereitstellen. So wie wir im Bereich Gesundheit völlig zu Recht soziale Distan­zierung fordern, so brauchen wir für die Unternehmerschaft schnelle Finanzierung. Das ist eines der obersten Gebote.

Was die Wirtschaftsförderung betrifft, muss ich sagen: Bei der Wirtschaftskammer Wien gibt es einen Notfallfonds, lieber Karlheinz (in Richtung Abg. Kopf), und ich hoffe da auf Einsicht der Wirtschaftskammer Wien. Es gibt nämlich grundsätzliche Regelun­gen, wonach man mindestens zwei Jahre lang die Grundumlage bezahlt haben muss, um überhaupt da hineinzukommen. – Das ist absurd! Wir sprechen ja immer wieder von einem Land der Gründerinnen und Gründer, und ich muss sagen, das ist kein Den­ken im Sinne der Gründerinnen und Gründer. Bitte hebt das auf! Das ist eine richtig scharfe Maßnahme, dass man diese nicht unter den Rettungsschirm lässt. (Beifall bei den NEOS.)

Der zweite Punkt: Wir müssen Maßnahmen so setzen, dass sie weder bürokratisch sind noch mittelfristig zu giftigen Fallen werden. Welche Perspektive gibt es zum Bei­spiel nach dieser dreimonatigen Kurzarbeit? Was haben wir für eine Perspektive? Ist es die ganze sogenannte Salami oder sind es nur Scheiben? – Wir Unternehmer brau­chen da Zuversicht, aber auch genaue und ernsthafte Planbarkeit. Legen wir es auf den Tisch, wie es geplant ist! Ein Tourismusunternehmen kann nicht von heute auf morgen wieder von eins auf hundert starten, es braucht eine langfristige Phase dazu. Ein Friseur wird wahrscheinlich am nächsten Tag gleich wieder ein volles Geschäft ha­ben, aber im Tourismus ist das anders.

Ich bitte Sie daher: Schicken Sie uns nicht im Kreis, sondern schauen Sie mit den Un­ternehmerinnen und Unternehmern nach vorne und betrachten Sie dieses bürokrati­sche Handling als obsolet! Schnelle Hilfe! Meine Vorredender haben es bereits gesagt: Das mit der Wirtschaftskammer ist ein Witz! (Beifall bei NEOS, SPÖ und FPÖ.) Seien Sie mir nicht böse, aber die Arbeitnehmer schicken Sie ja auch nicht zur Arbeiterkam­mer, da macht das das AMS. Bei uns könnte das das Finanzministerium machen. Die große Frage ist: Warum können das nicht die Finanzämter in den Regionen machen? – Sie haben alle Daten, wissen über alles Bescheid. Oder gibt es da ein Problem bei den Finanzämtern, das uns nicht bewusst ist, das Sie uns verschwiegen haben?

Die große Bitte ist, uns nicht im Kreis zu schicken. Es sind jetzt sechs Institutionen be­teiligt – die Wirtschaftskammer, das AMS, die Kontrollbank, das Wirtschaftsministe­rium. Das ist zu viel! Da dauert es zu lange, um die Liquidität zu erhalten. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

Wir müssen uns aber auch darüber Gedanken machen, wie es danach weitergeht. Die­se Zeche muss nämlich irgendjemand bezahlen, und die Gefahr besteht, dass diese große Krise die Investitionen für die nächsten Generationen fressen wird. Die Stim­mung ist nämlich schon entsprechend, es wird schon von Verstaatlichung und Vermö­gensteuer geredet, all das steht im Raum. Ich sage Ihnen aber: Man soll nicht jenen, die den bitter benötigten Aufschwung stemmen müssen, nämlich uns Unternehmern, die Mittel entziehen, damit wir diesen Aufschwung auch stemmen können. Das ist eine der essenziellen Fragen.

Darum frage ich Sie, Herr Finanzminister: Haben Sie ein Team von Experten, das be­reits über den Tag danach nachdenkt? Wer sind diese Experten? Ist Ihnen bewusst, dass diese große Krise auch eine Spaltung der Gesellschaft hervorrufen kann? Es ist wirklich bedenklich, wenn wir jetzt nicht daran denken, was am Tag eins nach dieser Krise sein wird. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dann muss ich Ihnen auch noch sagen: Wir müssen uns fit machen. Es ist auch dahin gehend eine große Herausforderung: Wie schaffen wir eine wirtschaftliche Resilienz? – Eine wirtschaftliche Resilienz können wir nur schaffen, auch aus dieser großen Krise heraus, wenn wir für die Zukunft den Faktor Arbeit entlasten. Nur so können wir die re­gionalen Kreisläufe erhalten. Ansonsten werden wir wieder im Sinne der Globalisierung alles nach außen schiffen, in den Osten, in den Fernen Osten, es aber nicht mehr auf diesem Kontinent bearbeiten können. Das ist eine der großen Herausforderungen, wenn der Faktor Arbeit zu hoch belastet ist.

Zum Schluss komme ich noch auf die Salami und ihre Größe zu sprechen: Minister An­schober spricht bereits von Monaten der Krise. Ich gestehe völlig zu, dass es keine Prognose geben kann, aber wir müssen für zwei Monate, für fünf Monate oder sogar für 18 Monate mit großen bis unwägbaren Problemen rechnen. Wie gehen Sie als Fi­nanzminister damit um? Wie gehen die Unternehmer damit um? Das sind Szenarios und Prognosen, die wir brauchen. Wenn Sie welche haben, dann sagen Sie es uns! Sagen Sie uns, wie sie das bewerkstelligen können!

In dieser Frage ist auch ganz wichtig: Was tun wir in Europa? Da ist die Frage, Frau Minister Schramböck: Was tun Sie, was tut Frau Minister Edtstadler in dieser Hinsicht in Brüssel, um die KMUs zu stärken? 98 Prozent der Unternehmen in Österreich sind Klein- und Mittelbetriebe, die jetzt alle wackeln. Es wackelt nicht nur der Tourismus. Auf den Tourismus möchte ich jetzt gar nicht speziell eingehen – das haben meiner Vorredner wie Fuchs und Krainer schon getan –, aber ich gebe Ihnen noch ein Bei­spiel: Sie haben einen Exportfonds von 2 Milliarden Euro für jene, die exportieren, be­reitgestellt.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!

Abgeordneter Josef Schellhorn (fortsetzend): Ja, Herr Präsident. – Dieser Export­fonds ist für exportierende Betriebe gedacht. Der Tourismus ist ein Exportgut. Auch da haben Sie vergessen, ihn miteinzubeziehen. Niemand wurde gefragt – und das ist mein Schlusswort –, wie er das in seinem Betrieb hinbekommt. Die Unternehmer ha­ben es einfach getan.

Das muss ich jetzt schon auch einmal sagen: Auch die Unternehmerinnen und Unter­nehmer sind gewillt, gemeinschaftlich zu denken. Dieses Bashing, das ich gestern wie­der von Herrn Katzian erlebt habe, verstehe ich in einer Welt der Sozialpartnerschaft einfach nicht, wenn es heißt, gemeinsam Lösungen zu suchen.

Es soll niemand fragen müssen, wie er Hilfe bekommt. Die Regierung soll es einfach tun. Das ist mein Anliegen an Sie: Tun Sie es möglichst schnell, und behalten Sie die­se Anschober-Kurve für die Unternehmer im Auge! Das ist nämlich im Moment ein Mat­terhorn. Wir brauchen da drei Monate Liquiditätsstützung, und das sofort, ab morgen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)

12.52

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ober­nosterer. – Bitte.