16.27

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen Bundesminister, sehr geehrter Herr Bundesminister! Die getroffenen Maßnahmen des COVID-19-Gesetzes haben bereits jetzt die Gesellschaft in ungeahnter Weise verän­dert. Unvorstellbare Einschränkungen der Grund- und Freiheitsrechte wurden verord­net, Grundsätze der Verfassung wie die Gewaltenteilung wurden weitgehend außer Kraft gesetzt. Es ist daher unbedingt notwendig, dass die Verantwortlichen, denen jetzt so weitgehende Befugnisse übertragen wurden, ihre Tätigkeit mit größtmöglichem Au­genmaß ausüben.

In einem anderen Zusammenhang wurde von der Eleganz – so hat es, glaube ich, ge­heißen – der Verfassung gesprochen. Ein ganz wesentlicher Punkt in der Verfassung ist, dass es immer ausgleichende Macht gibt. Es wurde einmal diskutiert, welche Rolle eigentlich der Bundespräsident hat. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass der Bun­despräsident, die Legislative und die Exekutive in einer Balance, in einem Dreieck der Macht stehen sollen. Es ist daher unglaublich wichtig, dass wir als Parlament hier diese Kontrolle jetzt, in einer Zeit, in der die Macht weitgehend in Form von Verordnungen an die Regierung delegiert wird, ausüben. Das ist ein ganz wesentlicher Grundsatz.

Wir wissen aus der Vergangenheit, dass übertragene politische oder wirtschaftliche Macht gerne auf Dauer verlängert wird. Ein typisches Beispiel sind die Maßnahmen, die 2008 im Zuge der Finanzkrise gesetzt wurden. Was da an die EZB übertragen wur­de, ist bis heute in Geltung, obwohl es eigentlich nur ganz kurzfristig gedacht war. Zwölf Jahre später sind diese Maßnahmen nach wie vor in Geltung. Es ist also ein ganz wesentlicher Punkt, dass man darauf achtet, dass klar ist, dass die ganz außer­gewöhnlichen Maßnahmen, zu denen man in einer Notsituation greift, wie wir das jetzt tun, ein Ende haben, wenn die Notlage vorbei ist. (Beifall bei der FPÖ und bei Abge­ordneten der NEOS.)

Entscheidend ist daher, dass alle diese Maßnahmen befristet sind und automatisch zu einem bestimmten Zeitpunkt außer Kraft treten. Das ist jetzt Gott sei Dank auch in den Gesetzentwürfen, die wir heute beschließen, so vorgesehen.

Ich erkenne auch die Anstrengungen der Regierung im Justizbereich, die unternom­men werden, um auf die besondere Situation zu reagieren, an. Wir haben es ja gehört, die Justiz, die Gerichte sind weitgehend heruntergefahren. Es ist natürlich auch im rechtsberatenden Bereich und so weiter sehr wenig los. Es ist daher eine sehr heikle Frage, wie mit dieser Situation umzugehen ist. Da ist es vor allem wichtig, zu schauen, wie Fristen jetzt weiterlaufen. Ich bin daher froh, dass man sich damit auseinanderge­setzt hat – wir haben das auch gefordert.

Verfahrensrechtliche Fristen werden jetzt bis 30. April 2020 unterbrochen, andere Fristen werden bis 30.4.2020 gehemmt. Ich sage das bewusst so betont, weil da ein Unterschied besteht und es nach unserem Verständnis besser gewesen wäre, alle Fristen bis 30.4.2020 zu unterbrechen. – Ich versuche, das kurz zu erklären.

Unterbrechen bedeutet, dass eine Frist – in diesem Fall am 30.4. – wieder neu zu lau­fen beginnt, also eine völlig klare Regelung; Hemmung heißt nur, dass die Frist jetzt unterbrochen ist. Das heißt, sie hat bereits eine bestimmte Laufzeit gehabt, jetzt ist sie unterbrochen und läuft am 30. April wieder weiter. Das heißt, Sie müssen genau im Blick haben, wie viele Tage der Frist zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes – also höchstwahrscheinlich heute – bereits abgelaufen sind und wie viele Tage Sie dann noch haben. Das ist ganz schön kompliziert, noch dazu ist es nicht ganz sicher, ob nicht die Fristenhemmung über den 30.4. hinaus noch einmal erstreckt werden muss; das heißt, es wird dann eine noch größere Verunsicherung geben.

Wir haben uns mit dieser Meinung nicht durchgesetzt. Ich hoffe daher, dass die Ge­richte es auch entsprechend würdigen werden, dass es da, wenn dann die Maßnah­men beendet sind beziehungsweise diese Hemmung beendet ist, Unsicherheit gibt und vielleicht auch so manche Frist ein bisschen übersehen wird. Es ist mir wichtig, heute darauf hinzuweisen, damit wir uns im Klaren darüber sind, was da auf uns zukommt.

Ein besonders heikler Punkt ist jedenfalls die Verordnungsermächtigung – das ist ge­nau das, was ich vorhin mit dem Aushebeln der Gewaltenteilung gemeint habe. Das heißt, wir geben Rechte oder Kompetenzen, die eigentlich dem Parlament zustehen, an Minister, an die Exekutive weiter, und diese Verordnungsermächtigungen gehen sehr weit. Es werden wirklich Dinge, die bei aufrechter Gewaltenteilung unbedingt bei der Legislative zu liegen hätten, in diesem Fall auch an die Justizministerin übertragen. Jetzt kann zum Beispiel die Geschäftsverteilung von Gerichten geändert werden – ein ganz heikler Punkt, weil man ja willkürlich zuweisen könnte, welcher Richter zuständig ist –, es können Haftverhandlungen ausgesetzt werden – also Dinge, die unter norma­len Umständen vor dem Europäischen Gerichtshof jedenfalls nicht halten würden.

Ich muss jetzt leider zum Schluss kommen, weil wir nur eine beschränkte Redezeit ha­ben, und ich glaube, letztlich wollen auch alle wieder nach Hause gehen – und sie sol­len das auch: Wir haben ja gehört, am wichtigsten ist es, zu Hause zu bleiben.

Wesentlich ist aber auch, dass es für die Wirtschaft, und zwar sowohl für die Arbeitneh­mer als auch für die Arbeitgeber, Sicherheit, Klarheit und Einfachheit gibt. Wir haben daher dafür plädiert, dass das Epidemiegesetz angewendet wird, weil das ganz klare Regelungen, nämlich einen Rechtsanspruch auf Entschädigung und einen Rechtsan­spruch auf Vergütung von Verdienstentgang, gewährleistet hätte. Die jetzigen Maßnah­men tun das nicht: Man muss Anträge stellen und Förderstellen müssen das geneh­migen und ausgeben. Es ist aus unserer Sicht nicht die beste Lösung, aber wir sind zu­versichtlich, dass diese Maßnahmen greifen. Wir werden diese Maßnahmen auch opti­mistisch mittragen, und ich bin davon überzeugt, dass alle Institutionen ihr Bestes tun, um die negativen Folgen der Krise möglichst gering zu halten.

In diesem Sinne werden wir unsere Aufgabe als Kontrolle verantwortungsvoll erfüllen und damit unseren Teil zum nationalen Schulterschluss leisten. (Beifall bei der FPÖ, bei Abgeordneten der NEOS sowie der Abg. Götze.)

16.33

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Markus Koza zu Wort. – Bitte.