17.34

Abgeordneter Mag. Felix Eypeltauer (NEOS): Herr Präsident! Hohes Haus! Ge­schätzte Frau Justizministerin! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Das Mietrechtsgesetz ist in zahlreichen Punkten enorm lebensfremd und starr und wird oft sehr abstrakt disku­tiert, auch hier im Haus. Es wird aber jetzt für viele von der abstrakten Norm zum ganz konkreten Problem – für alle nämlich, bei denen jetzt Mietverträge auslaufen und für die es momentan schwierig bis unmöglich ist, eine neue Wohnung zu finden geschwei­ge denn zu beziehen.

Das Problem ist der § 29 Abs. 3 MRG. Selbst wenn beide Seiten wollen, gibt es nach Mietrechtsgesetz derzeit keine rechtssichere Möglichkeit, zu sagen: Gut, wir verlängern um ein paar Monate! Vielmehr ist es so: Entweder man schließt einen neuen befris­teten Mietvertrag ab, dann mit einer Mindestdauer von drei Jahren, oder eben einen un­befristeten Mietvertrag – oder man räumt die Wohnung. Da gibt es noch die Möglichkeit, mit Räumungsaufschub ein paar Wochen herauszuschinden, aber das kann ja wohl nicht der Anspruch sein. Zahlreiche Mietverträge laufen also dieser Tage aus, und das droht für viele zum existenziellen Problem zu werden. (Beifall der Abg. Meinl-Reisinger.)

Derzeit eine neue Wohnung zu finden, ist schlicht und ergreifend unmöglich, derzeit eine neue Wohnung zu beziehen, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Finden Sie jetzt ein­mal einen Maler oder kaufen Sie selber Farbe, finden Sie einen Umzugsdienst (Abg. Meinl-Reisinger: Einen Makler!), finden Sie einen Makler, machen Sie Wohnungsbe­sichtigungen! – Das ist derzeit schlicht und ergreifend nicht möglich. Jetzt herzugehen und zu sagen: Na gut, dann lade ich mir ein paar Freunde ein, die mir beim Umziehen helfen!, ist vielleicht in Zeiten des Social Distancing auch nicht unbedingt intelligent.

Wir müssen also, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Möglichkeit schaffen, bestehende aber jetzt auslaufende Mietverträge einvernehmlich zwischen Mieter und Vermieter um ein paar Monate – unser Vorschlag ist maximal bis Ende des Jahres – zu verlängern. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Martin Graf.)

Das bedeutet, wenn ein Mieter jetzt beantragt: Lieber Vermieter, ich brauche ein paar Monate mehr, ich habe keine Wohnung!, muss der Vermieter sagen können: Gut, so machen wir das, wir verlängern ein paar Monate! Das ist eine praktische Lösung, das ist eine lebensnahe Lösung, die dringend notwendig ist.

Ich bringe deshalb folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Felix Eypeltauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einver­nehmliche Verlängerung von Mietvertragsfristen als Notmaßnahme in der Corona-Krise“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ein Gesetz vorzulegen, mit welchem es ermöglicht wird, Mietverhältnisse, die dem Voll- oder Teilanwendungsbe­reich des MRG unterliegen und vor 31.12.2020 ablaufen, sei es aufgrund von Zeit­ablauf oder bereits erfolgter Kündigung, auf Antrag des Mieters und mit Zustimmung des Vermieters einmalig auf spätestens 31.12.2020 zu verlängern.“

*****

Wir brauchen im Interesse aller eine rasche, einfache und unbürokratische Lösung, an­sonsten droht uns die Situation, dass Menschen auf der Straße stehen und keinen Mietvertrag, keine Wohnung haben. Das können wir nicht wollen. Bitte – den Regie­rungsfraktionen ins Stammbuch geschrieben – lösen Sie dieses Problem! (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Matznetter. – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

17.36

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Felix Eypeltauer, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Einvernehmliche Verlängerung von Mietvertragsfristen als Notmaßnahme in der Corona-Krise

eingebracht im Zuge der Debatte in der 19. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 397/A der Abgeordneten August Wöginger, Sigrid Maurer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz 2003, das Bundesgesetz über besondere Förderungen von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU-Förderungsgesetz), das Arbeitslosen­versicherungsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsmarkt­servicegesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Gleichbehandlungsgesetz, das Ar­beitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Gebührengesetz 1957, das Tabaksteuergesetz 1995, die Bundesabgabenordnung, das Zivildienstgesetz 1986, das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, das Verfassungsge­richtshofgesetz 1953, das Bundes-Verfassungsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, die Exekutionsordnung, die Insolvenzordnung, die Strafprozess­ordnung 1975, das Finanzstrafgesetz, das COVID-19-Maßnahmengesetz, das Zustell­gesetz, das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz, das Beamten-Dienstrechtsge­setz 1979, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Heeresdisziplinargesetz 2014, das Epidemiegesetz 1950, das Ärztegesetz 1998, das Sanitätergesetz, das Gesund­heits- und Krankenpflegegesetz, das MTD-Gesetz, das Bundesgesetz über Kranken­anstalten und Kuranstalten, das Medizinproduktegesetz, das Apothekengesetz, das Gesundheitstelematikgesetz 2012, das Suchtmittelgesetz, das Allgemeine Sozialversi­cherungsgesetz und das Pflegefondsgesetz geändert sowie ein Bundesgesetz über die Festlegung von Fristen für Eignungs-, Aufnahme- und Auswahlverfahren an Universitä­ten, Pädagogischen Hochschulen, Einrichtungen zur Durchführung von Fachhochschul-Studiengängen, Fachhochschulen und Privatuniversitäten für das Studienjahr 2020/21, ein Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 im Verwaltungsverfah­ren, im Verfahren der Verwaltungsgerichte sowie im Verfahren des Verwaltungsge­richtshofes und des Verfassungsgerichtshofes, ein Bundesgesetz betreffend Begleit­maßnahmen zu COVID-19 in der Justiz, ein Bundesgesetz betreffend besondere Maßnahmen im Gesellschaftsrecht aufgrund von COVID-19 (Gesellschaftsrechtliches COVID-19-Gesetz – COVID-19-GesG) und ein Bundesgesetz über die Errichtung eines Härtefallfonds (Härtefallfondsgesetz) erlassen werden (2. COVID-19-Gesetz) (112 d.B.) – TOP 2

Das Mietrechtsgesetz ist in zahlreichen Punkten enorm lebensfern und unflexibel. In Krisensituationen rächt sich die jahrzehntelange Untätigkeit des Gesetzgebers – zulas­ten von Mieter_innen und Vermieter_innen. Ein solcher Problempunkt ist § 29 MRG, der für alle von der abstrakten Norm zum konkreten Problem wird, deren befristete Mietverträge nun auslaufen.

Bei Ablauf eines befristet abgeschlossenen Mietvertrages im Voll- und Teilanwen­dungsbereich des MRG haben Vermieter_innen und Mieter_innen derzeit folgende vier Möglichkeiten:

1.         Der/Die Mieter_in zieht fristgerecht aus der Wohnung aus und übergibt die Wohnung an den/die Vermieter_in.

2.         Es wird noch vor dem Ende des Mietvertrags ein neuer, schriftlicher Mietvertrag mit einer Mindestdauer von drei Jahren oder ohne Befristung abgeschlossen und der/die Mieter_in verbleibt in der Wohnung.

3.         Weder Vermieter_in noch Mieter_in äußern sich zum Ablauf des Mietverhältnis­ses. Der/Die Mieter_in zahlt weiterhin seine/ihre Miete und der/die Vermieter_in unterlässt es das Mietobjekt gerichtlich räumen zu lassen. Das Mietverhältnis wird somit de lege lata (§ 29 Abs 3 MRG) konkludent auf weitere drei Jahre verlängert. Bei einer abermaligen konkludenten Vertragsverlängerung würde das Vertragsverhältnis gemäß § 29 Abs 3 MRG seine Befristung verlieren.

4.         Mieter_in und Vermieter_in einigen sich schriftlich oder mündlich auf einen Räu­mungsaufschub, um dem/der Mieter_in den Zeitraum bis zum Einzug in die neue Wohnung überbrücken zu lassen. Diesfalls besteht allerdings die Rechts­unsicherheit, ob ungewollt ein neues, aber ungültig und somit gar nicht befris­tetes Mietverhältnis zustande kommt.

Selbst wenn beide Seiten wollen, gibt es also nach Mietrechtsgesetz keine rechts­sichere Möglichkeit, einen noch bestehenden, aber auslaufenden Mietvertrag um ein paar Monate zu verlängern.

Dies droht für viele zu einem existentiellen Problem zu werden, denn in der momen­tanen Situation einer Pandemie durch das Virus SARS-CoV-2 ("Coronavirus") und der drastischen, notwendigen Maßnahmen zu deren Eindämmung ist es kaum möglich, ei­ne Wohnung zu finden geschweige denn einen Umzug und Neubezug durchzuführen.

Im Interesse von sowohl Mieter_innen als auch Vermieter_innen bedarf es also der Möglichkeit, bestehende aber nun auslaufende Mietverhältnisse ungeachtet des § 29 Abs 3 MRG, gleich, ob wegen Ablauf der Befristung oder der Kündigungsfrist, einmalig zu verlängern. Da die Dauer der Epidemie, die notwendige Dauer der Maßnahmen zur Eindämmung und ihre Nachwirkungen nicht absehbar sind, sollte es ermöglicht wer­den, Mietverhältnisse bis zum Jahresende zu verlängern.

Andernfalls ist davon auszugehen, dass viele Mieter_innen nach Ende eines Mietver­hältnisses schlicht nicht ausziehen. Auf unterschiedlichen Plattformen und Foren wird bereits zu diesem Schritt geraten. Entgegenkommende Vermieter_innen wiederum ris­kieren das ex-lege-Entstehen eines dreijährig befristeten oder gar unbefristeten Miet­verhältnisses, weshalb Vermieter_innen im Fall des Verbleibens von Mieter_innen in den Wohnungen Räumungsklagen einbringen werden. Um sowohl Mietern_innen als auch Vermietern_innen in dieser außerordentlichen Situation zu helfen, Rechtssicher­heit zu schaffen und unnötigen Prozessen bei überlasteten Gerichten entgegenzuwir­ken, ist hier raschestmöglich eine lebensnahe Lösung zu finden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ein Gesetz vorzulegen, mit welchem es ermöglicht wird, Mietverhältnisse, die dem Voll- oder Teilanwendungsbe­reich des MRG unterliegen und vor 31.12.2020 ablaufen, sei es aufgrund von Zeitab­lauf oder bereits erfolgter Kündigung, auf Antrag des Mieters und mit Zustimmung des Vermieters einmalig auf spätestens 31.12.2020 zu verlängern."

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und ordnungsgemäß eingebracht, er steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Mag. Hannes Amesbauer. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.