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Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Rudolf Anschober: Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir werden zu einer guten Abfolge kommen und werden das gut hinkriegen.

Ich wollte beim Tagesordnungspunkt davor kurz auf die Gesamtsituation eingehen, weil ich es wichtig finde, das, was an gesetzlichen Vorschlägen hier zur Abstimmung steht, auch ein bisschen in den Gesamtkontext einzufügen.

Wie stehen wir derzeit da, was ist die Gesamtsituation? – Seit der Beschlussfassung von Paket 1 und 2 ist ja vieles in Bewegung gekommen, und die Dynamik ist leider nicht erfreulich. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen hat vorgestern gemeint, das sei mittlerweile die schwerste Krise weltweit seit dem Zweiten Weltkrieg. Das ist von der Dimension her, glaube ich, ein sehr, sehr klares Wort, und die Zahlen sind auch sehr klar und eindeutig: Wir sind mittlerweile bei über einer Million Erkrankter weltweit, wir haben mittlerweile über 50 000 Todesfälle weltweit. Die Fakten geben ihm also absolut recht.

Europa ist derzeit im Epizentrum dieser Entwicklung, wiewohl auch die Entwicklungen in den USA dramatisch sind, ebenso im Iran zum Beispiel, in Indien, aber auch in Afrika. Ich mache mir sehr, sehr große Sorgen, wie die weitere Entwicklung in all jenen Ländern sein wird, die ein nicht so stabiles Gesundheitssystem haben wie wir.

In Europa sind vor allem Italien, Frankreich und Spanien jene Länder, die eine sehr, sehr dramatische Entwicklung erleben. Ich lese mir in der Früh immer die Blogs der Mediziner, der Ärzte und Ärztinnen aus diesen Ländern durch, die auf Twitter kom­muniziert werden. Wenn Sie diese Beschreibungen zum Beispiel gestern von einer Medizinerin aus dem Elsass, die dort in einem Spital arbeitet, lesen, dann bekommen Sie vor Augen geführt, was es bedeuten würde, wenn auch wir derartige Zustände kriegen würden und wir diese nicht vermeiden könnten. Es ist schon dramatisch, wenn Menschen, wenn Ärztinnen und Ärzte darüber entscheiden müssen: Wer hat noch Zugang zu einer Intensivstation? Wer wird betreut? Wer wird gepflegt? Wer aber wird abgewiesen? Wer muss zu Hause bleiben und erhält keine medizinische Betreuung mehr?

So eine Situation zu vermeiden, das ist das, wofür wir uns engagieren und kämpfen müssen. Das ist das Zentrum unseres Tuns und Handelns: dass wir derartige Ver­hältnisse in unseren Spitälern vermeiden, dass wir dafür sorgen, dass es ausreichende Betreuungskapazitäten für jede erkrankte Person in diesem Land gibt. Dafür kämpfen wir, und dazu sollen auch diese Regelungen, die heute zur Diskussion stehen, einen wesentlichen Beitrag leisten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Aus meiner Sicht ist in diese schwersten Krisensituation seit vielen Jahrzehnten jetzt einfach nicht der Zeitpunkt für Parteipolitik, für parteipolitische Auseinandersetzung, sondern jetzt ist der Zeitpunkt des Zusam­men­halts, des Miteinanders, des Gemeinsam-an-Lösungen-Arbeitens. (Beifall bei Grü­nen und ÖVP.)

Die gute Nachricht in dieser Situation in Österreich ist: Ja, die Maßnahmen beginnen zu wirken. Ja, wir sehen in diesem Tunnel ein erstes Licht, ein positives Signal. Die Zahlen haben sich verändert. Wir waren vor drei Wochen bei rund 40 Prozent Tages­zuwachs, was die Erkrankungsfälle, die Neuerkrankungen betrifft – 40 Prozent! Stellen Sie sich vor, wo wir innerhalb von ganz kurzer Zeit gelandet wären, wenn wir das nicht hätten ändern können: Wir wären in der Situation, in der Italien, Frankreich und Spanien sich befinden!

Uns ist es mit diesen Maßnahmen gelungen, die Zahl der Neuerkrankungsfälle deutlich zu reduzieren. Wir sind in dieser Woche seit mehreren Tagen im einstelligen Bereich, wir sind heute sogar bei 4 Prozent. Das zeigt, die Maßnahmen wirken, der Weg ist ein richtiger. Und mein Appell an Sie alle, an euch alle, an die Menschen, die in diesem Land wohnen, ist, diesen Weg wirklich konsequent gemeinsam weiterzugehen, damit wir das erreichen, was wir erreichen wollen: dass unsere Kapazitäten in den Spitälern nicht überlastet werden, dass nicht Tausende Menschen in diesem Land sterben wie in unseren Nachbarländern, dass wir das, was wir tun können, was in unserer Möglichkeit steht, beitragen und leisten, damit wir diese Krise halbwegs gut gemeinsam über­stehen.

Heute überschreiten wir im Übrigen – da komme ich auch zum Positiven – die Grenze von rund 100 000 Tests in Österreich. 100 000 Tests, damit sind wir auch mit deut­schen Bundesländern vergleichbar. Wir haben die Zahlen deutlich, deutlich, deutlich weiterentwickeln können, und wir werden in ein bis zwei Wochen auch breitflächig mit den Antikörpertests in Österreich starten können. Die Mengen sind bestellt und wir können mit der Ausrollung beginnen.

Ich bin sehr froh darüber, dass wir – danke für die diversen Vorschläge, die in dem Zusammenhang gemacht wurden, auch an den Minister, der das initiiert und auch umgesetzt hat – erstmals auch eine wissenschaftliche Randomanalyse bekommen werden als eine wesentliche wissenschaftliche Entscheidungsgrundlage, um den Sach­verhalt noch besser, präziser bewerten und beurteilen zu können.

Und ich bin sehr, sehr froh, dass wir die Situation, die tatsächlich bei PflegerInnen und in manchen Spitälern vorherrscht, nämlich dass es zu wenig Schutzkleidung gibt, in diesen Tagen deutlich verbessern können. Wir werden alleine an diesem Wochenende 1,9 Millionen OP-Masken an die Bundesländer ausliefern. Wir werden an diesem Wochenende große Mengen an Schutzhandschuhen, an Desinfektionsmitteln aus­liefern, also all das, was im medizinischen und im pflegerischen Bereich dringend gebraucht wird. Das ist ein wichtiger Schritt. Wir haben große Bestellungen draußen, und diese gehen jetzt nach und nach ein.

Ich muss mich bei allen bedanken, die mitmachen, bei allen, die ihren Beitrag leisten, und vor allem auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Spitälern in Österreich, die sich großartig auf diese schwierige Situation vorbereitet haben und ihr Menschenmöglichstes tun. Wir stehen derzeit bei den Intensivstationen und bei den Beatmungsgeräten bei einem Leerstand von fast 50 Prozent. Das heißt, die Spitäler haben sich hervorragend vorbereitet, Reserven geschaffen für diese Situation, für diese Akutsituation. Da sind wir gut aufgestellt, und die Prognose sagt uns, das wird auch in den nächsten Tagen, zumindest in der nächsten Woche, so sein. Wir erhalten jeweils für eine Woche eine Prognose, damit wir uns auf Akutsituationen, falls sich die Situation zuspitzen würde, einstellen und noch besser vorbereiten können.

Was ist mir in meinem Zuständigkeitsbereich an diesen Gesetzesvorschlägen und Gesetzentwürfen besonders wichtig? – Einerseits wird eine Verlängerung der Auf­recht­erhaltung von Maßnahmen, die einfach notwendig sind, durchgeführt; diese waren sehr kurz dimensioniert. Das ist gut und notwendig; ich bedanke mich dafür.

Besonders hervorheben möchte ich aber auch, dass wir eine Unfallversiche­rungs­regelung für das Homeoffice realisieren konnten. Das ist ohnedies generell notwendig, aber es braucht jetzt akut eine Lösung, damit die vielen, die unserem Ruf folgen und von zu Hause aus arbeiten, tatsächlich auch den Schutz haben, den sie verdienen, nämlich einen Versicherungsschutz, einen Unfallschutz. Das ist gut so. Nach der Krise brauchen wir dann eine generelle Regelung, denn das ist ein modernes System und verlangt, dass wir auch von zu Hause aus gleichberechtigt arbeiten können.

Ganz wichtig sind auch die Änderungen des Allgemeinen Pensionsgesetzes, die Teil dieses Pakets sind, damit die Zuverdienstgrenzen nicht bei jenen gelten, die wir ganz dringend brauchen, zum Beispiel bei den Ärztinnen und Ärzten, die bereits pensioniert sind, die wir aber im Spitalsbereich weiter brauchen werden, falls es sich in der Akut­situation zuspitzt.

Ich möchte noch einen Punkt herausgreifen, der mir als Sozialminister besonders wichtig ist. Wir wissen, dass wir alle großes Interesse daran haben, dass wir Kinder aus der Armutsfalle herausholen. Das ist ein zentrales Thema für die Bundesregierung und, wie ich weiß, für alle Parteien in diesem Haus. Wir wissen, dass jene, die arm sind, die in einer schwachen Einkommenssituation, in schwierigen Verhältnissen leben, von dieser Krise besonders betroffen sind, und deswegen bin ich froh, dass im Antrag auch eine Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes beinhaltet ist, um Kindern in dieser schwierigen Situation zu helfen. 30 Millionen Euro werden dafür dotiert.

Wir werden heute auch noch gemeinsam über Fragen des besseren Schutzes von Risikogruppen diskutieren. Darauf freue ich mich, denn auch das ist notwendig und erforderlich.

Ich kann Ihnen auch sagen – und ich komme zum Schlusssatz –, dass wir im Augen­blick eine umfassende Verbesserung des Schutzes unserer Pflegeheime, unserer Altenheime realisieren, denn auch dort leben viele der Schwächsten, die, die am mas­sivsten von dieser Gesundheitsbedrohung betroffen sein können.

Von meiner Seite vielen Dank dafür, wenn wir heute den Zusammenhalt über die Par­teipolitik stellen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

14.00

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Bundesminister für Finan­zen Gernot Blümel. – Bitte.