16.24

Abgeordneter Yannick Shetty (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Und vor allem: Liebe Zuse­herinnen und Zuseher! Es wurde heute schon oft gesagt: Wir befinden uns nicht nur in einer herausfordernden Situation, sondern wir bewegen uns immer mehr auf den Höhepunkt dieser Krise zu. Es gibt wirklich viele Berufsgruppen – das ist auch heute hier am Rednerpult schon öfters gesagt worden –, die gerade in dieser schwierigen Zeit einen besonders wertvollen Beitrag für das Funktionieren unserer Gesellschaft leisten, schon alleine dadurch, dass sie Tag für Tag in die Arbeit gehen und ihren Dienst verrichten.

Hervorheben möchte ich heute die Zivildiener, die abseits von Krisenzeiten gerne vernachlässigt werden, die aber besonders im Gesundheitsbereich gerade jetzt einen essenziellen Beitrag leisten und helfen, wo auch immer sie gebraucht werden. Ich möchte noch einmal in Erinnerung rufen, was die Arbeitsrealität von Zivildienern ist. Die sieht nämlich so aus: Reguläre Zivildiener arbeiten in bis zu 60-Stunden-Wochen für ein Monatseinkommen von 346 Euro, das ist ein Stundenlohn von circa 1,40 Euro. Sie wissen, dass wir als Liberale diese Ausbeutung in Form eines Zwangsdienstes kritisch sehen. Es ist uns aber auch klar, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt ist, diese Grundsatzdiskussion zu führen. Es ist aber sehr wohl der richtige Zeitpunkt, der angemessene Zeitpunkt, um Zivildienern, die in dieser schwierigen Zeit den Dienst an ihrem Land verrichten, ein wenig Wertschätzung und vor allem eine faire Behandlung zuteilwerden zu lassen.

Ich möchte noch einmal kurz in Erinnerung rufen: Es gibt zurzeit zwei Arten von Zivil­dienern, nämlich diejenigen, die sich freiwillig zu einem außerordentlichen Zivildienst gemeldet haben, und jene, deren regulärer Dienst mit 31. März zu Ende gegangen wäre und die jetzt zusätzlich zu ihren neun Monaten, die sie schon abgeleistet haben, für weitere drei Monate zwangsverpflichtet werden. Während die freiwilligen außer­ordentlichen Zivildiener ihren Einkommensentgang in einer Höhe von mindestens 1 500 Euro netto entschädigt bekommen, beträgt der Einkommensunterschied für die­jenigen, die zwangsverlängert werden, um die 1 000 Euro netto für genau die gleiche Tätigkeit. Dabei befinden sich diejenigen mit automatisch verlängertem Zivil­dienst, die jetzt gerade die neun Monate absolviert haben, häufig ebenfalls in auf­rechten Dienst­verhältnissen oder haben fixe Jobzusagen beziehungsweise erleiden jedenfalls einen Einkommensentgang.

Es ist also ziemlich zynisch, wenn die zuständige Ministerin Köstinger in einem Inter­view vergangenen Sonntag sagt, dass es unterschiedliche Lebenssituationen bei den Zivildienern gibt und sie deswegen auch unterschiedlich behandelt werden. Ja, viele absolvieren ihren Zivildienst direkt nach der Matura, und ja, viele wohnen noch daheim. Die meisten wohnen jedoch deswegen daheim, weil sie sich von diesem Hungerlohn keine Wohnung leisten können. Außerdem gibt es auch viele Zivildiener, die den Zivildienst nicht sofort nach der Matura machen, die also schon im Berufsleben stehen, vielleicht Kinder haben und aufgrund des Zivildienstes einen massiven Einkom­mens­entgang erleiden. Wir wollen, dass jene, die einen massiven Einkommensentgang haben, zumindest so wie die freiwilligen außerordentlichen Zivildiener entschädigt werden.

Deswegen bringe ich heute einen Entschließungsantrag ein, der ein Minimum darstellt und dem hier wirklich alle im Sinne eines Kompromissvorschlags zustimmen müssen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kompensation des nachgewiesenen Einkommensentgangs verlängerter Zivildiener entsprechend dem von freiwilligen Zivildienern“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regio­nen und Tourismus, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, die vorsieht, den nachgewiesenen Einkommensentgang von automatisch verlän­gerten Zivildienern nach § 21 Abs. 1 ZDG entsprechend dem von außerordentlichen (freiwilligen) Zivildienern zu kompensieren und somit einer Ungleichbehandlung von verlängerten Zivildienern gegenüber freiwilligen Zivildienern vorzubeugen.“

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Bitte stimmen Sie diesem Entschließungsantrag zu!

Ein weiteres Thema ist nicht nur für Zivildiener, sondern für alle Menschen im Gesund­heitsbereich essenziell, nämlich die Ausstattung mit notwendigen Schutzausrüstungen. Im Ö1-„Morgenjournal“ wurde heute berichtet, dass zum Beispiel Rettungssanitäter – das muss man sich einmal vorstellen und vor Augen führen! – die Anweisung bekom­men, maximal zweimal pro Tag ihre Schutzausrüstung zu wechseln. Jetzt stelle man sich das einmal vor: Die fahren zu einem Patienten, bei dem der Verdacht auf Corona besteht. Der ist tatsächlich positiv. Sie führen dort die Abstriche durch, ihre Schutz­ausrüstung wird kontaminiert. Dann müssen sie mit dieser Schutzausrüstung zum nächsten Patienten fahren, der auch ein Verdachtsfall ist, aber eigentlich negativ ist, und der durch diese kontaminierte Schutzausrüstung infiziert wird. Das ist fahrlässig und das muss man abstellen.

Deswegen bringen wir auch dazu einen Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Zügige Be­reitstellung von Corona-Schutzbekleidung im Gesundheits- und Pflegebereich“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Versorgung der Gesundheits- und Pflege­berufe mit Schutzbekleidung sicherzustellen. Für die Phase der Unterversorgung von Schutzbekleidung soll ein Belieferungsstrategie erarbeitet werden, die ein prioritäre Belieferung der Corona-Hotspots im Gesundheits- und Pflegebereich vorsieht.“

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Uns ist natürlich auch klar, dass wir selbst mit dem allergrößten Einsatz der Menschen im Gesundheitsbereich allein das Virus nicht besiegen werden. Ich möchte daher noch ein weiteres aktuelles Thema aufgreifen, und zwar den Umgang mit den Elga-Patien­tendaten. Uns ist vollkommen bewusst, dass eine besondere Zeit, eine besondere Situ­ation auch besondere Maßnahmen erfordert. Erst kürzlich wurde zum Beispiel be­schlossen, eine genaue Definition der Risikogruppen vorzunehmen, und zwar basie­rend auf den Elga-Medikationsdaten. Die Identifikation der Risikogruppen soll bis zum Wochenende abgeschlossen sein. Wir halten es für unbedingt notwendig, neben den genannten Elga-Daten Wissenschaft und Forschung verpflichtend in diesen Prozess miteinzubeziehen. So würde es gelingen, die Risikogruppen deutlich enger einzu­grenzen. Vereinfacht gesagt: Es ist kontraproduktiv, wenn das Gesundheits­minis­terium jetzt an Bürgermeister Mitteilungen verschickt, wer in ihrer Gemeinde zur Risiko­gruppe gehört. Viel sinnvoller ist doch, das Angebot zum Beispiel der Berliner Charité anzu­nehmen, uns bei der Identifizierung von Risikogruppen zu unterstützen.

Daher bringe ich einen dritten Entschließungsantrag ein, und zwar:

Entschließungsantrag  

der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einbindung der Wissenschaft in die Definition der Corona-Risikogruppen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Pflege, Gesundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, die Einbindung der Wissenschaft und Forschung in die Definition der Corona-Risikogruppen während der gesamten Phase der Pandemie sicherzustellen. Durch diese Maßnahme soll beim pseudonymisierten Matching von Sozialver­siche­rungsdaten mit COVID19-Daten eine genauere Definition der Corona-Risiko­gruppen gewährleistet sein.“

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Jetzt abschließend noch ganz kurz zu diesem Schulterschluss, der hier schon mehr­fach bemüht wurde: Wir standen immer zu diesem Schulterschluss. Ich käme und komme nicht auf die Idee, zu sagen, dass alle Maßnahmen, die von ÖVP und Grünen präsentiert werden, grundsätzlich schlecht sind. Im Gegenteil! Wir trugen ja als Parla­ment fast alle diese Maßnahmen einstimmig mit.

Umgekehrt finde ich es höchst befremdlich, dass in der vergangenen Sitzung fast alle Anträge von SPÖ, FPÖ und NEOS von den Regierungsparteien abgelehnt wurden. Unter anderem die heute von mir eingebrachten Anträge sind wichtig. Bitte tragen Sie diese im Sinne eines Schulterschlusses mit! – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

16.31

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Kompensation des nachgewiesenen Einkommensentgangs verlängerter Zivildiener entsprechend dem von freiwilligen Zivildienern

eingebracht im Zuge der Debatte in der 22. Sitzung des Nationalrats über den Antrag 402/A – TOP 2

Zur besseren Bewältigung der Corona-Pandemie in Österreich werden zurzeit alle Zivildiener, deren Zivildienst Ende März ausläuft, automatisch für weitere drei Monate zu einem "außerordentlichen Zivildienst" nach § 21 Abs. 1 ZDG verpflichtet. Sie werden dort eingesetzt, wo dringend zusätzliche Unterstützung zur Eindämmung des Corona-Virus benötigt wird, z.B. im Pflegebereich oder Rettungsdienst und verrichten somit einen essentiellen Dienst für die Gesellschaft in Krisenzeiten. Laut Medien­be­richterstattung sind derzeit ca. 1500 Zivildiener von der automatischen Verlängerung des Zivildienstes betroffen, deren Zivildienst Ende März ausgelaufen wäre - ob auch jene betroffen sind, deren Zivildienst Ende April bzw. Mai auslaufen wird, bleibt je nach Verlauf der Pandemie abzuwarten. Neben den automatisch verlängerten ca. 1500 Zivildienern haben sich ca. 2000 ehemalige Zivildiener freiwillig zu einem erneuten, außerordentlichen Zivildienst gemeldet.

Während die freiwilligen Zivildiener zusätzlich zur regulären Grundvergütung von Zivil­dienern von EUR 346,70 und einem Zuschlag von EUR 189,90 auch eine Pauschal­ent­schädigung von EUR 1292,74 erhalten, die etwaige Einkommensentgänge kompen­sieren soll, erhalten die automatisch weiterverpflichteten Zivildiener weiterhin nur ihre reguläre Grundvergütung von EUR 346,70 samt Zuschlag von EUR 189,90. Viele der automatisch verlängerten Zivildiener befinden sich jedoch ebenfalls in einem auf-rech­ten Dienstverhältnis oder haben Jobzusagen, Zusagen zu Praktika etc. und erlei­den daher genauso nachgewiesene Einkommensverluste wie freiwillige Zivildiener. Maß­nahmen, wie die automatische Verlängerung des Zivildienstes, sind angesichts der Notwendigkeit zur Bewältigung außergewöhnlicher Notsituationen wie der Corona-Pandemie gerechtfertigt, jedoch absolut ungerechtfertigt ist die Ungleichbehandlung zwischen dem nachgewiesenen Einkommensentgang von freiwilligen und verlängerten Zivildienern.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regio­nen und Tourismus, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, die vorsieht, den nachgewiesenen Einkommensentgang von automatisch verlän­gerten Zivildienern nach § 21 Abs. 1 ZDG entsprechend dem von außerordentlichen (freiwilligen) Zivildienern zu kompensieren und somit einer Ungleichbehandlung von verlängerten Zivildienern gegenüber freiwilligen Zivildienern vorzubeugen."

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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Zügige Bereitstellung von Corona-Schutzbekleidung im Gesundheits- und Pflegebereich

eingebracht im Zuge der Debatte in der 22. Sitzung des Nationalrats über den Antrag 402/A – TOP 2

Die Vertretungen der Gesundheits-/Pflegeberufe und die Medien berichten nach wie vor, dass die entsprechende Corona-Schutzbekleidung für sämtliche Beschäftigte im Gesundheits- und Pflegebereich nicht sichergestellt ist. Bis dato liegt auch kein konkreter Plan vor, wie eine ausreichende Versorgung mit Schutzbekleidung gewähr­leistet werden soll. Bei den genannten Berufen handelt es ich um neuralgische Punkte in der Corona-Versorgung. Einerseits müssen diese Berufe von einer Infektion ge­schützt werden, anderseits müssen nicht-coronainfizierte Patient_innen vor einer Infi­zierung geschützt werden, um eine Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen. In der Phase der Unterversorgung muss zumindest eine Belieferungsstrategie erar­beitet werden, die eine prioritäre Belieferung der gefährdetsten Einrichtungen vorsieht.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Versorgung der Gesundheits- und Pflege­berufe mit Schutzbekleidung sicherzustellen. Für die Phase der Unterversorgung von Schutzbekleidung soll ein Belieferungsstrategie erarbeitet werden, die ein prioritäte Belieferung der Corona-Hotspots im Gesundheits- und Pflegebereich vorsieht."

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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Einbindung der Wissenschaft in die Definition der Corona-Risikogruppen

eingebracht im Zuge der Debatte in der 22. Sitzung des Nationalrats über den Antrag 402/A – TOP 2

Der Gesundheitsminister verkündete am 2.4.2020 in einer Pressekonferenz, dass auf Basis von ELGA-Medikationsdaten Corona-Risikogruppen definiert werden sollen. Dabei nannte er ältere Menschen in den Pflegeheimen und Pensionistenheimen. Die zweite Gruppe sind Personen, die eine "massiv reduzierte Immunabwehr haben", etwa nach einer schweren Krebserkrankung, nach einer schweren Operation oder einem schweren Diabetes. Die Definition soll bis zum Wochenende erfolgen. Im nächsten Schritt sollen die Risikogruppen stärker eingegrenzt werden. Da nun die Sozialver­sicherung angekündigt hat, für Forschungszwecke Teile ihrer Daten (u.a. ELGA-Daten und Heilmitteldaten) pseudonymisiert für das Matching mit den COVID19-Daten zur Verfügung zu stellen, ist es sinnvoll, die Wissenschaft und Forschung verpflichtend in die Risikogruppen-Definition einzubinden. Dadurch lassen sich die Risikogruppen deutlich enger eingrenzen, um Betroffene gezielter informieren zu können.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Soziales, Pflege, Gesundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, die Einbindung der Wissenschaft und Forschung in die Definition der Corona-Risikogruppen während der gesamten Phase der Pandemie sicherzustellen. Durch diese Maßnahme soll beim pseudonymisierten Matching von Sozialver­siche­rungsdaten mit COVID19-Daten eine genauere Definition der Corona-Risikogruppen gewährleistet sein."

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Die Entschließungsanträge sind ausreichend unter­stützt, ordnungsgemäß eingebracht und stehen mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Hermann Weratschnig. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.