10.26

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Ge­schätzte Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Meinl-Reisinger, Sie haben gesagt, Ihnen ist heute Früh etwas sauer aufgestoßen. – Mir ist dieser Titel sauer aufgestoßen: „Wer nichts weiß, muss alles glauben. Transparenz und Information jetzt, Herr Bundeskanzler!“ Ich sage Ihnen eines, Frau Kollegin: Dieser Titel ist völlig unangebracht und auch völlig falsch. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.)

Was meinen Sie damit? – Meinen Sie die ständige Information der Bevölkerung von­seiten der gesamten Bundesregierung, die eigentlich tägliche Information? (Abg. Meinl-Reisinger: Meinen Sie diese Inszenierung?) Meinen Sie die wöchentlichen Video­konferenzen von Bundeskanzler und Vizekanzler mit den Oppositionsparteiobleuten? Meinen Sie die unzähligen Präsidialkonferenzen, die wir hier im Hohen Haus abhalten? (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Was meinen Sie mit diesem Titel? – Ich sage Ihnen eines: Die Situation ist zu ernst, um einen solchen Titel zu wählen. Das sage ich Ihnen ganz entschieden! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Meinl-Reisinger: Also jetzt reicht es! – Weitere Zwischenrufe bei den NEOS.)

Das ist es. Es hätte Ihnen auch ein Satz dahin gehend über die Lippen kommen kön­nen (Abg. Meinl-Reisinger: ... Recht auf Information!), dass wir in Österreich inter­national gesehen in dieser Angelegenheit Gott sei Dank die beste Entwicklung haben, die wir haben können. Wir haben leider 491 Tote aufgrund dieser Coronasituation, aber die Zahlen sind eindeutig und sprechen eine ganz klare Sprache. Ich nehme Abstand davon, irgendwelche Vergleiche mit Italien, mit Großbritannien oder mit dem von Ihnen viel gepriesenen Frankreich zu ziehen – ich nehme Abstand davon; Herr Macron hat Mitte März noch Wahlen abhalten lassen –, ich nehme nur Belgien, ein Land, das etwas größer ist als Österreich, zum Vergleich: Dort gibt es 6 000 Tote aufgrund der Coronakrise – wir haben Gott sei Dank nicht einmal 500 Tote. – Diese Zahlen hätten Sie auch erwähnen können, Frau Kollegin Meinl-Reisinger! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Der Dank gilt in erster Linie der österreichischen Bevölkerung – das ist ganz klar –, aber auch der Bundesregierung; auch dafür, dass diese Maßnahmen rasch gesetzt wurden und dass sie letzten Endes auch unverzüglich zur Anwendung gekommen sind. Die Österreicherinnen und Österreicher haben durch ihre Vorbildwirkung – ich möchte das wirklich betonen – dafür gesorgt, dass Gott sei Dank weniger Menschen sterben mussten, als das in anderen Ländern der Fall ist. Das ist doch die Realität. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Jetzt, weil wir wenige Tote haben, wird diskutiert, wieso nicht wieder alles aufgesperrt wird. – Nach welcher Logik, meine Damen und Herren, leben Sie? (Abg. Loacker: Jeder wird ...!) Wir haben diese Maßnahmen bewusst gesetzt, und ich sage es noch einmal: Die Bevölkerung hat das dankenswerterweise mitgetragen, und nur dadurch war es möglich, zu erreichen, dass die Zahlen diese Sprache sprechen.

Jetzt geht es um die schrittweise Öffnung. Ich höre das ja auch in gewissen ländlichen Gebieten, im Social-Media-Bereich: Mein Gott na, was sind denn 500 Tote?! Wieso ist denn nicht schon wieder alles offen – von der Schule angefangen über die Wirtshäuser bis hin zu den Kirchen? – Wir können nur schrittweise öffnen, meine Damen und Herren, weil wir die Zahlen genau beobachten müssen, und das zeigen auch die Erfah­rungswerte aus jenen Ländern, die schon vor uns in diese Krisensituation gekommen sind. (Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.) Das wird behutsam und unter Bedachtnahme durchgeführt, weil wir nicht in die Situation kommen wollen, meine Damen und Herren, dass die Todeszahlen steigen, dass wir an die Kapazitätsgrenzen unserer Spitäler kommen. Wir wollen diese Situation nicht, daher wird schrittweise geöffnet, in 14-Tage-Schritten.

Der Fahrplan ist offiziell verkündet worden, gestern wieder im Rahmen einer Presse­konferenz der Bundesregierung, in der ganz klar festgehalten worden ist, wie das jetzt ablaufen wird (Zwischenrufe bei der SPÖ): Anfang Mai öffnen die Geschäfte, auch die Dienstleistungsbetriebe, Mitte Mai die Tourismusbetriebe, die Gastronomie, auch die Gotteshäuser; diesbezüglich gibt es auch viele Anfragen. Das ist ganz klar geregelt und auch der Öffentlichkeit mitgeteilt worden.

Ich verstehe nicht, meine Damen und Herren, warum wir uns nicht gemeinsam über diese Schritte verständigen können. Das ist der Weg, der unter Einbeziehung von Erfahrungswerten jener Länder, die diese bereits haben, natürlich auch unter Ein­beziehung der Expertinnen und Experten eingeschlagen worden ist (Abg. Loacker: Welcher? – weiterer Zwischenruf der Abg. Belakowitsch) und der dafür sorgen wird, dass wir diese sogenannte zweite Welle so niedrig wie möglich halten können, damit wir schön langsam wieder in eine gewisse Normalität zurückkehren können. Es wird eine andere Normalität sein (Abg. Belakowitsch: Welche andere Normalität?), aber wir wollen natürlich wieder aufmachen, was wir aufmachen können und wo wir uns auch einigermaßen sicher sein können, dass wir letzten Endes unsere Ziele erreichen können. Darum geht es uns, meine Damen und Herren, und um sonst nichts! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte zum Schluss kommen!

Abgeordneter August Wöginger (fortsetzend): Abschließend noch einmal ein großes Dankeschön an die österreichische Bevölkerung: Die Einhaltung der Hygienevor­schrif­ten, des Mindestabstands, das funktioniert, und das werden wir auch weiterhin brauchen, weil wir noch keine Medikamente und keinen Impfstoff haben.

Ich möchte mit folgendem Satz schließen: Wir sind dafür verantwortlich, so viel Freiheit wie möglich zu geben – natürlich! –, aber auch so viel Einschränkung, wie es notwendig ist, beizubehalten. – Danke sehr. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

10.32

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Leichtfried.